Die Grenze

    • Offizieller Beitrag

    Ich frage mich, wo die Grenze zwischen Mahayana und Vajrayana verläuft. Und da sich ja die Tendai-Schule als Ekayana verstand und sowohl Vajrayana als auch Mahyana-Elmente enthält, ist sie wohl für eine solche Untersuchung ein guter Ort. Und da sich die Schulen Nichirens direkt aus dem Tendai-Buddhismus und seiner Verehrung hervorgegangen ist, ist dies wohl eine gute Stelle zum Fragen.


    Mit dem Vajrayana verbinden sich Elemente wie Mantra und Mandala. Auf der anderen Seite ist es aber natürlich so, dass es auch im Mahayana Mantras gibt z.B im Herzsutra oder im Lotussutra oder im Amida-Buddhismus. Und es ist interessant, dass z.B das Herzsutra im tibtischen Bereich als tantrischer Text gesehen wird, weil es Teil einer tantrischen Praxis sein kann.


    Und auch der Gohonzon im Nichiren-Buddhismus kann ja als Mandala gesehen werden.


    Ich bin inziwschen bei der These, dass das besondere an eine Varayana-Praxis ist, dass eine Vereinigung mit der Gottheit stattfindet während das bei eine Mahayana-Praxis nicht so ist. Von daher ist so etwas wie eine tantrische Herzsutra-Praxis möglich oder eine tantrische Amida-Praxis, bei der man sich an die Stelle des Buddhaspekt setzt, von dem aus das Mantra gesprochen wird. Während bei exoterischen Praxis man sich dem Lotussutra oder Amida verhrend nähert, aber sich nicht anmasst von dessen Stelle aus zu handeln.


    Stimmt das?



    Auf der anderen Seite ist es glaube ich so, dass vom Tendai-Denken aus, zwischen Hinayana, Mahayana und dem im Lotussutra verköperten Ekayana getrennt wird, während die Unterschediung Mahyana-Vajrayana als nicht sehr wichtig gesehen wird.


    Und dass auf der anderen Seite Amidabuddhismus und Nichirenbuddhismus als Buddhismen des Mappo-Zeitalter verstehen, in der die alten Pfade hinfällig geworden sind. Was dann langsam so ein Diagramm braucht.,,,,

    • Offizieller Beitrag

    Von dem Amidmsus-Lexikon Eintrag bin ich zu diesem Eintrag gekommen:

    or Kūkai be­stan­den bud­dhis­tische Riten in Japan vor allem aus Rezi­ta­tionen von (nicht nur für Laien meist un­ver­ständ­lichen) Sutrentexten. Kūkai kritisierte diese Praxis. Er verglich das rituelle Rezitieren von Sutren mit der Situation eines Kranken, dem der Arzt ledig­lich ein medizi­nisches Buch vor­liest. Zu einer prak­tischen Hei­lung könne es jedoch nur kommen, wenn die in den Sutren be­schriebenen Wahr­heiten in Form von Gebets­formeln (skt. mantra), Handzeichen (skt. mudra) und visualisierten Bildern (mandala), rituell an­ge­wandt werden. Das Ritual erhält im eso­terischen Bud­dhis­mus dem­nach den Stellen­wert eines Medika­ments, dessen An­wen­dung erst die „Genesung“ nach sich zieht. Die ver­schiedenen Sparten von rituellen Heils­praktiken — Formeln, Gesten und Bilder — werden im esoterischen Bud­dhis­mus übrigens auch „Ge­heim­nisse des Mundes“, „Geheimnisse des Geistes“ und „Geheimnisse des Körpers“, zusammen die „Drei Geheimnisse“ (sanmitsu) genannt. Die Be­deu­tung von magisch-rituellen Elementen spiegelt sich auch im Namen, den Kūkais Schule schließ­lich annahm: shingon, wtl. „wahres Wort“ ist eine mögliche Über­setzung des Sanskrit­wortes mantra, Gebetsformel.


    Grob ge­sprochen liegt die Betonung bei mikkyō eher auf dem Ritual­wesen als auf Sutren­aus­legung oder Dogmatik.

    Im "exoterischen Fall" wirkt ein Sutra darüber, dass der Empfänger es anwendet, während im "esoterischen Fall" die Wirkung auf der Ebene des Rituals funktioniert. Aber was bedeutet das? Was ist denn ein Ritual?


    Auch im Palikanon gibt es ja sowas wie das Metta Sutta.


    Zitat

    Und man erwecke gegen die ganze Welt ein unbegrenztes liebevolles Gemüt, unbeengt, ohne Hass, ohne Feindseligkeit, nach oben, unten und nach allen Seiten.


    ist das nicht auch ein wenig eine minimale "Ritualanweisung". Wenn ich mich als Verkörrperung des allumfassenden Mitgefühls visualisiere, Mtgefühl entwickle und dieses Mitgefühl an alle Wesen als Strahlen ausstrahlen lasse, dann sind da doch nur ein paar Elemente hinzugefügt, oder? ist es jetzt auf einmal Mahayana, Yarayana? Oder wie?

  • Ich sehe die beiden Kernunterschiede immer noch in den beiden Kernmethoden. Einmal Bodhichitta im Mahayana und einmal in der Hingabe im Vajrayana.

    Natürlich gibt es auch im Vajrayana Bodhichitta, sowie es auch den achtfachen Pfad gibt, aber die Methodik der Meditation liegt in der Hingabe.


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

    • Offizieller Beitrag

    void

    Yarayana sagt mir nix. Was ist das?

    Ich meint Vajrayana.

    Ich sehe die beiden Kernunterschiede immer noch in den beiden Kernmethoden. Einmal Bodhichitta im Mahayana und einmal in der Hingabe im Vajrayana.

    Natürlich gibt es auch im Vajrayana Bodhichitta, sowie es auch den achtfachen Pfad gibt, aber die Methodik der Meditation liegt in der Hingabe.

    Das ist doch eher so eine didaktische Einteilung im Yajrayana oder?


    In der Lehre von den Drei Zeitalter kommt es mir doch genau umgekehrt vor:


    Zitat

    Da die Menschen auch die traditionellen buddhistischen Praktiken nicht mehr erlernen oder ausüben könnten, müsse ihnen dazu auch ein anderes Mittel gegeben werden. Dies besteht im Amitabha-Buddhismus in dem völligen Vertrauen in bzw. in der Hoffnung auf die „Kraft des Anderen“, d. h. die Kraft Amitabhas, alle empfindungsfähigen Lebewesen in sein Reines Land aufzunehmen.


    Die Mappō-Ideologie war von eminenter Wichtigkeit für den buddhistischen Reformer Nichiren. Während seiner Zeit als Tendai-Mönch auf dem Hiei-zan entwickelte er das Kernstück seiner religiösen Lehre: Im Zeitalter der Degeneration der Lehre Buddhas vermöge einzig und allein das Hokke-kyō den Menschen noch Hoffnung auf Erlösung aus dem Kreislauf des Leidens (輪廻 rinne) zu bieten. Die Verbreitung des Lotos-Geistes und damit die Errettung Japans verstand Nichiren als seine heilige Aufgabe, da der historische Buddha seine Lehre in diesem Zeitalter nicht mehr vermitteln könne.

    Hier sind es zwei wichtige Mahayana-Lehren, die einem "dritten Buddhismus" zuogeordent wird, wo nur mehr vollkommene Hingabe zur Befreiung verhilft, während sowohl von Nichiren als auch von Shinran das Vajrayana dem alten Buddhismus zugrechnet wurde, in dem man noch an eine Befreiung aus eigener Kraft glaubte.


    Während sowohl im Amidabuddhismus als auch bei Nichiren "hingebende Verehrung" Im Zentrum steht, ist es doch im Vajrayana eher eine "Hingabe hin zur Vereinigung"?

  • Also, manchmal habe ich den Eindruck, man würde meinen, der Vajrayana sei Wellnessbuddhismus.

    Das mit dem Amitabha-Buddhismus hat meines Erachtens wenig mit dem Vajrayana zu tun, sonder mit christlichen Glauben.

    Mit Hingabe ist die Hingabe an den Guru gemeint. Dieser Guru kann eine Meditationsgottheit (also ein Buddha-Aspekt, den man selbst durch Meditation und Abgeschiedenheit verwirklichen möchte, damit ist die volle Erleuchtung gemeint) sein oder eben ein lebender Guru.


    Im Grunde ist es aber so, das sowohl der Vajrayani (oder auch Tantriker) die völlige Befreiung anstrebt sowie auch der Theravada Mönch. Es sind nur andere Methoden die zum Einsatz kommen...

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Das mit dem Amitabha-Buddhismus hat meines Erachtens wenig mit dem Vajrayana zu tun, sonder mit christlichen Glauben.

    Sehe ich anders. Ich würde empfehlen sich mal mit den Praktizierenden zu unterhalten. Es geht um Vertrauen (saddha) im Buddhismus. Das spielt in allen Richtungen eine wichtige Rolle.


    Noch ein Zitat:

    Zitat

    "Wir Jünger Buddhas

    geloben, von unserer jetzigen Verkörperung an
    bis ans Ende aller Zeiten
    nicht an Leib und Leben zu haften,
    sondern uns ganz dem Urgelöbnis hinzugeben.
    Bis zu unserem Lebensende
    rezitieren wir von ganzem Herzen den 'Namen'. [das Nenbutsu]
    Wir predigen weder Gut noch Böse,
    noch handeln wir gut oder böse.
    Denen, die dieses praktizieren,
    da sie dem Urgelöbnis Amidas folgen,
    mögen Buddha Amida,
    Kannon und Seishi,
    alle fünf mal fünf Bodhisattvas,
    die unzähligen Heiligen
    und alle Buddhas, die für Amida zeugen,
    - in allen sechs Himmelsrichtungen und so zahlreich wie der Sand des Ganges -
    zu allen sechs Stunden des Tages und der Nacht
    fortgesetzt und ohne Unterlaß
    wie der Schatten, der der Form folgt
    und sich niemals von ihr trennt,
    ihr Mitleid und ihren Schutz gewähren.
    Möge unser Geist nicht in Verwirrung geraten.
    Von plötzlicher Krankheit seien wir verschont
    und vor einem jähen Tod bewahrt.
    Unser Leib sei frei von Schmerzen
    und unser Geist nicht voll von Tollheit.
    Mögen Geist und Leib gelassen bleiben
    wie im Zustand der Meditation.
    Geht dann unser Leben zu Ende,
    kommen alle Heiligen, uns zu empfangen
    und, vom Urgelöbnis Amidas getragen,
    werden wir in das Land der Glückseligkeit hinübergeboren.
    "

    von hier: Zitate aus dem Amida-Buddhismus, die mich berühren


    Imho ist Amidismus ein sehr kluger Weg und hat nichts mit blindem Glaube zu tun.


    Viele Grüsse

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Okay, es war nur eine Vermutung meinerseits. Dort kenne ich mich nicht aus.


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Namaste!


    Hallo void!

    Ich frage mich, wo die Grenze zwischen Mahayana und Vajrayana verläuft. Und da sich ja die Tendai-Schule als Ekayana verstand und sowohl Vajrayana als auch Mahyana-Elmente enthält, ist sie wohl für eine solche Untersuchung ein guter Ort. Und da sich die Schulen Nichirens direkt aus dem Tendai-Buddhismus und seiner Verehrung hervorgegangen ist, ist dies wohl eine gute Stelle zum Fragen.

    Begriffe wie "Mahayana", "Vajrayana" oder auch "Hinayana" sind Konzepte, welche Klassifizierungen und Werturteile begünstigen sollen.

    Zu Lebzeiten des Buddha gab es wohl schlicht "den Dharma".

    Nach Buddhas Tod wurde der Begriff "Buddha-Dharma" etabliert, um sich von brahmanischen und später hinduistischen Lehren und Übungswegen differenzieren zu können.

    Anhänger "reformierter" Lehren und Sichtweisen nannten ihre Lehren und Übungen später "Mahayana" und grenzten sich von den orthodoxeren Lehren ab, welche sie als "Hinayana" bezeichneten. Die Orthodoxen wiederum gaben sich den Namen "Theravadins" um auf die ältere Tradition (und Authentizität) hinzuweisen.


    Der Begriff "Vajrayana" dient genau demselben Zweck. Er soll implizieren, dass es Lehren gibt, die noch mächtiger, weil effektiver, sind als diejenigen des "bloßen" Mahayana... usf.



    In Japan wurde bei Einführung des Buddhismus hauptsächlich zwischen Mahayana und Hinayana unterschieden.

    Mit Aufkommen des Mikkyô kam dann auch die Unterscheidung zwischen esoterischen und exoterischen Lehren, wobei insbesondere Kôbô Daishi Kûkai den esoterischen Lehren (= Mikkyô) den höchsten Wert in seiner Klassifizierung einräumte - wohl auch um damit die Überlegenheit seiner Lehren der Shingon Shû zu "belegen".


    Die Tendai Shû (aber auch die Sôtô Shû des Zen!) bezeichnen sich als Ekayana - das eine (Buddha-) Fahrzeug - in Anlehnung an das Lotos-Sutra. Dort wird gelehrt, das letztlich alle buddhistischen Lehren [im Text wird zwischen Sravakayana, Pretyekabuddhayana und Bodhisattvayana unterschieden] teil eines einzigen Fahrzeuges - nämlich des Buddhafahrzeuges sind.



    Eine EXAKTE oder gar WAHRE Einteilung oder auch "Grenze" gibt es nicht!

    Derjenige, welcher die Einteilung vornimmt, die Grenzen zwischen den Fahrzeugen zieht und dem jeweiligen Begriff die Definition bzw. das Konzept verpasst, der hat eine bestimmte Intention die er damit verfolgt - und sei es auch manchmal nur, sich selbst davon zu überzeugen, dass der von ihm gewählte WEG - das von ihm gewählte Fahrzeug (Yana) richtig oder gar universell ist!


    Aber was ist schon universell?

    Universalität ist ein unhaltbarer Anspruch - schlicht Blödsinn!


    Der Buddha und die Patriarchen haben zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen für verschiedene Menschen zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, den WEG zu gehen. Da gibt es keine universelle Lehre und auch keine bessere, höherwertige oder schlechte.

    Da gibt es lediglich die (momentan) passende und demgegenüber die (momentan) unpassende.


    Und auch die sogenannten "Drei Zeitalter" sind vor diesem Hintergrund zu sehen.


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Mahavairochana-Sutra (Tantra)
    http://www.spiritwiki.de/w/mahavairocana_sutra


    Tantrische Herz-Sutra Praxis

    Hannya shingyō hiken. (般若心經秘鍵), “Secret the Key to the PRAJÑĀPĀRAMITĀHRIDAYA by KŪKAI in Hakeda, Kukai: Major Works, pp. 262-275
    Hannya shingyö hiken ryakuchū, by Kakuban, in Kögyó Daishi senjutsushu, part 2, pp. 197–217
    24_thomas.pdf


    Tantrische Amida-Praxis
    Esoteric & Tendai contemplation of Amida - Dharma Wheel

    The Esoteric Meaning Of ‘Amida’ | Shingon Dharma Zazen

  • Antwort Teil 1:


    Tibetischer Buddhismus

    Aus tibetisch-buddhistischer Sicht (und hier beziehe ich mich auf Belehrungen welche ich im Umfeld der Karma-Kagyü-Tradition erhielt) gibt es die Ansicht der drei Fahrzeuge als eine Art Stufenweg. Hinayana als Ausgangspunkt wo der Suchende beginnt sich selbst zu hinterfragen, über die kostbare menschliche Existenz, die vier edlen Wahrheiten usw. reflektiert und versucht einen klaren Geist durch Shamatha-Meditation zu entwickeln. Mahayana öffnet dann den Geist des Praktizierenden zu einer weiteren und altruistisch geprägten Perspektive wo die Befreiung der anderen Wesen Priorität vor der eigenen Befreiung haben. Die Entwicklung von relativen und absoluten Bodhicitta (wobei absolutes Bodhicitta hier auch gleichbedeutend mit der Realisierung von Shunyata einhergeht) bilden hier den Kern. Vajrayana beinhaltet dann nochmals besondere Methoden um gewisse Prozesse beim entwickeln von Bodhicitta zu beschleunigen und um den Praktizierenden zu vollständiger Erleuchtung zu führen.


    Sharmar Rinpoche und auch Trungpa Rinpoche beharrten jedoch darauf, dass eine Vajrayana-Praxis ohne die vorhergehenden Prozesse des Hinayana und Mahayana und ohne ein klares Verständnis und Wissen von Shunyata völlig nutzlos sei und das ganze dann eher zu einem Egotrip wird. Und natürlich spielt hier dann auch die Lehrer-Schüler-Beziehung eine sehr wichtige Rolle.


    Sicherlich gibt es andere Ausführungen und Ebenen der Belehrungen dazu, aber wie anfangs gesagt...so habe ich es gelehrt bekommen und hier in meinen eigenen Worten stark vereinfacht und verkürzt wieder gegeben.


    Antwort Teil 2:

    Tendai, Ekayana, Nichiren....

    folgt in Kürze:)


    Viele Grüße

    _()_

    Myoho

  • Antwort Teil 2:

    Tendai, Ekayana, Nichiren....


    Aus der Sicht der Schulen und Traditionen, welche sich exklusiv auf das Lotos-Sutra berufen ist die Grenze eigentlich sehr klar. Den sowohl Saicho (Dengyo Daishi) als auch Nichiren Daishonin folgen in ihren Ansichten der Doktrin von Tiantai Zhiyi und der damit verbundenen Einteilung der Sutras (Vergleich hierzu: Nichirens Gosho Nr. 187 - Diagramm of the Five Periode of the Buddha's Lifetime Teachings). Dabei muss man generell auch das als Einführung zum Lotos-Sutra geltende Sutra "der unermesslich Bedeutungen" berücksichtigen. Hier tätigt Buddha Shakyamuni die Aussage, das er in den vergangenen Jahren seiner bisherigen Lehrzeit die Wahrheit noch nicht offenbart hat und dies nun mit dem verkünden des Lotos-Sutra tun wird. Er deutet dadurch auch an, dass alle vorangegangenen Sutras vorläufige und hilfreiche Mittel waren um die Wesen mit ihren verschiedenen Neigungen und Tendenzen auf die im Lotos-Sutra verkündete Wahrheit vorzubereiten.


    Ekayana aus der Sicht von Tiantai, Saicho und Nichiren bedeutet also nicht, wie so oft behauptet, dass alle Lehren gleich sind und es egal ist was man praktiziert, sondern dass das Ekayana, das Eine Fahrzeug, das Lotos-Sutra ist in dem Buddha Shakyamuni den Kern seiner Lehren offenbart. Es handelt sich ursprünglich also nicht um die so oft gepriesene synkretische Einstellung. Anmerken möchte ich noch zwei historische Begebenheiten dazu: Sowohl Taintai in China als auch Saicho in Japan stellten sich mit ihrem Konzept des Ekayana einer öffentlichen Debatte mit den Vertretern aller anderen damals ansässigen buddhistischen Traditionen auf Anregung des jeweiligen Kaisers/Herrschers. Beide gewannen die Debatte haushoch und dies ist auch schriftlich in den historischen Annalen der beiden Länder festgehalten.


    Neben Saicho (Dengyo Daishi) gründete auch der Mönch Kukai (Kobo Daishi) eine neue, auf dem Mahavairochana-Sutra aufbauende Schule des esoterischen, also Vajrayana-Buddhismus und gewann damit schnell Anerkennung bei den Herrschenden seiner Zeit, versprach er doch durch esoterische Rituale Regen und Frieden für das Land zu bringen. Kukai selbst schrieb dabei in einer seiner Abhandlungen sehr herablassend über das Lotos-Sutra als ein "Konstrukt kindischer Ansichten" (eigene, sinngemäße Wiedergabe von mir, ich werde versuchen das Original-Zitat nachzureichen). Bei der Tendai-Schule, welche sich natürlich ebenfalls der herrschenden Klasse anbiedern wollte kam es durch den dritten Hauptpriester Ennin (auch als Jikaku bekannt) zu maßgeblichen Abweichung der ehemals von Saicho Gelehrten Doktrin. Ennin entwickelte die Ansicht, dass das Lotos- und das Mahavairochana-Sutra ebenbürtig sein was den Kern betrifft, jedoch das Mahavairochana-Sutra dem Lotos-Sutra überlegen ist was die Praxis betrifft, denn nur das Mahavairochana-Sutra beschreibt auch Mudras und Mantras. Ennin war damit maßgeblich an der Entwicklung des Tendai-Mikkyo (dem Tendai-Vajrayana, auch als Taimitsu bekannt) beteiligt als Gegengewicht zum Shingon-Mikkyo (auch Tomitsu genannt).


    Nichiren Daishonin (genauso wie Dogen Zenji, Honen Shonin und Shinran Shonin) erhielten also alle die Tendai-Mikkyo Ausbildung welche sich bereits weit von der ursprünglichen Doktrin von Saicho und Tiantai entfernt hatte.


    Nichiren Daishonins ursprüngliches Ansinnen war es daher wohl, die Tendai-Doktrin wieder zu ihren ursprünglichen Aussagen zurück zu bringen. Doch im Laufe seiner Studien und seiner Ausübung erwachte er selbst zu der im Lotos-Sutra offenbarten Wahrheit (darum wird er in der Nichiren-Shoshu und der SGI als der "Buddha von Kuonganjo" bezeichnet) und begann daufhin selber das mystische Gesetz zu verbreiten (mystisch in diesem Sinne bedeutet, dass es nicht sofort erkennbar, nicht augenscheinlich oder direkt offensichtlich, also esoterisch im Gegensatz zu exoterisch ist).


    Ist das Lotos-Sutra und die von Nichiren Daishonin gelehrte Praxis nun dem Mahayana oder Vajrayana zugehörig und wo wäre hier die Grenze?


    Der bzw. die von Nichiren Daishonin eingeschriebenen Gohonzon sind in jedem Fall ein Mandala, welches die "Zeremonie in der Luft" darstellt und was im Lotos-Sutra mit dem 11. Kapitel "Das Erscheinen des Juwelenstupa" beginnt und mit dem 22. Kapitel "Das Anvertrauen" endet. Und Nichiren Daishonin umschreibt seine Ansichten dazu in vielen seiner Gosho unter anderem mit Aussagen wie "Suchen sie niemals den Gohonzon außerhalb von sich selbst" oder "das mystische Gesetz findet sich nur im Fleisch Sterblicher" u.v.m.


    Bei der Geisteshaltung wird gesagt, den Geist auf dem dritten Schriftzeichen von "Nam Myoho Renge Kyo" einsgerichtet ("one-pointed") zu halten und die innere Motivation für das Verwirklichen von "Kosen-Rufu" (alles Wesen zur Buddhaschaft zu führen) zu entwickeln, was im Umkehrschluss wieder die Verwirklichung der eigenen Buddhaschaft vorraussetzt.


    Das Daimoku könnte man von der Art der Ausübung mit einem Mantra vergleichen, wobei Nichiren Daishonin diesem Ansatz in seinen Gosho ganz deutlich widerspricht. Es ist mehr der direkte Ausdruck des Buddhazustandes an sich.


    Die Handhaltung bzw. die gefalteten Hände mit der auf spezielle Art und Weise gehaltenen Juzu/Mala darin könnte man mit einer Mudra vergleichen. Denn hier spiegeln die Hände das Konzept der Zehn Welten wieder und die Nichiren-Juzu ist in ihrer besonderen Art unter anderem ein Symbol für die "Zeremonie in der Luft" und dient nicht zum zählen.


    Somit hätten wir alle Elemente einer Vajrayana-Praxis zusammen und auch das Konzept des Tendai-/Shingon-Mikkyo von "Sanmitsu", der Einheit von Gedanke, Wort und Tat.


    Eine letztendliche Grenze wird hier also wohl kaum feststellbar sein (:. Auch wenn da Lotos-Sutra als Mahayana-Sutra gilt und sich Tiantai Zhiyi nie auf esoterische Rituale bezog (es gab zu seiner Zeit keine Vajrayana-Lehren in China und sein Schüler Miaole schrieb später einen Kommentar zu Tiantai's Hauptwerk worin er dann auch die esoterischen Lehren widerlegte), so denke ich, dass Nichiren Daishonin davon beeinflusst war und einige Elemente in seine Ausübung mit einbezogen hat. Für ihn galt jedoch der Grundsatz, das seine Lehre für alle anwendbar und im Alltagsleben umsetzbar und realisierbar ist. Also keine Einweihungen in irgendwelche Geheimnisse, kein erlesener Zirkel von Auserwählten und keine Übungen die nur wenigen Vorbehalten sind. Leider wurde dieser Grundsatz nach seinem Tod bereits von einigen seiner Schülern ignoriert und heute sieht man die Folgen unter anderem darin, dass manche Gosho des Daishonin nicht anerkannt werden, weil sie nicht, wie damals unter der gebildeten Elite üblich, in chinesischer Sprache verfasst wurden oder in der "Aragyo-Praxis" der Nichiren-Shu, einer dreimonatigen Zurückziehung in der die Teilnehmer "esoterische und geheime" Rituale erlernen und die dem normalen "Laien" nicht zugänglich sind.


    Zitat

    Während sowohl im Amidabuddhismus als auch bei Nichiren "hingebende Verehrung" Im Zentrum steht, ist es doch im Vajrayana eher eine "Hingabe hin zur Vereinigung"?

    Es geht im Nichiren-Buddhismus nicht um hingebende Verehrung, auch wenn das manche vielleicht so sehen mögen. Josei Toda (der zweite Präsident der SGI) sagte einmal dazu, das reine Verehrung und blinder Glaube so sinnlos sei, wie wenn man in einen Topf etwas kaltes Wasser und Reis schüttet und dann zum Gohonzon betet der Reis möge doch gekocht werden. Damit der Reis wirklich gekocht wird bedarf es eben, das wir aktiv etwas tun, in diesem Fall den Herd einzuschalten und zusehen, das der Reis nicht anbrennt wenn er das Wasser aufgenommen hat. Und laut Richard Causton beinhaltet das japanische Wort für Glaube (eng. "faith") auch die Bedeutung von "Handlung".


    Der Gohonzon ist ein Spiegel unseres Geistes und dieser muss ganz aktiv jeden Tag poliert werden.:grinsen:


    Ich bitte um Entschuldigung wenn es etwas viel Text geworden ist und manches davon vielleicht nicht ganz den Kern des Ausgangsposts trifft, aber mir war es wichtig auch einige Punkte klarzustellen.


    Mit vielen Grüßen

    _()_

    Myoho