Verlangen nach "Nicht-Werden"

  • Die Zweite Edle Wahrheit lautet:


    „Und dieses ist die edle Wahrheit vom Ursprung von Leiden: das Verlangen, welches zu weiterem Werden treibt, begleitet von Begierde und Erfreuen, genössen nun hier und nun dort, d. h. Verlangen nach Sinnesvergnügen, Verlangen nach Werden, Verlangen nach Nicht-Werden.“


    Vollkommen klar und einleuchtend, dass das Verlangen, der Daseinsdurst, der Wille zum Leben, oder wie auch immer man es nennen möchte, zu neuem Leiden, neuer Anhaftung, neuem Dukkha führt, und die Verstrickung in Samsara somit aufrecht erhält.


    Der letzte Teil des Satzes irritiert mich aber ein wenig. Ist das "Verlangen nach Nicht-Werden", also das Bestreben, sich aus Samsara zu lösen, um Nirwana zu erreichen und letztlich rückstandslos zu verlöschen, nicht das eigentliche Ziel des Buddhismus, und somit die Triebfeder für alle ernsthaft Praktizierenden? Wieso wird das hier in einem Atemzug mit dem "Verlangen nach Werden" genannt?

    • Offizieller Beitrag

    Verlöschen soll das Verlangen. Jedes Verlangen. Das nach "Werden" genauso wie das nach "Nicht-Werden".


    Sonst muss nichts Verlöschen. Buddha lebte nach seiner Befreiung ja noch ewig und störte sich nicht am Leben.

  • Der Punkt, lieber void, ist ein anderer.

    Du schreibst es ja selbst: „Verlöschen soll das Verlangen“. Das „soll“ impliziert doch einen Willen, eine Richtung, ein Ziel!

    Wie kann sich ein Wille durch sein Wollen aus dem dharma befreien, wenn ein Verlöschen des Willens das Ziel, nämlich das Verlöschen, quasi aus den Augen verliert, schon allein dadurch, dass es den Willen zu verlöschen, auslöscht? Oder noch simpler: ist Wille nicht gleich dharma?

    Es läuft wohl auf das Henne/Ei-Problem hinaus. Was war zuerst da: der Wille oder die Auslöschung.;)

  • ich kenne diese Übersetzung nicht … und imho ist sie etwas komisch …


    Was Du vergisst ist, das auch das Verlangen nach nicht - werden nur eine art des anhaftens ist …


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Der Punkt, lieber void, ist ein anderer.

    Du schreibst es ja selbst: „Verlöschen soll das Verlangen“. Das „soll“ impliziert doch einen Willen, eine Richtung, ein Ziel!

    Wie kann sich ein Wille durch sein Wollen aus dem dharma befreien, wenn ein Verlöschen des Willens das Ziel, nämlich das Verlöschen, quasi aus den Augen verliert, schon allein dadurch, dass es den Willen zu verlöschen, auslöscht? Oder noch simpler: ist Wille nicht gleich dharma?

    Es läuft wohl auf das Henne/Ei-Problem hinaus. Was war zuerst da: der Wille oder die Auslöschung.;)

    verlöschen ohne ziel … es gibt ein wort dafür … sunnata … dies sollte man anstreben zu erfahren und zu leben

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Das Paliwort heißt vibhava und ich habe dazu schon verschiedene Kommentare gelesen, dh. darüber welche Übersetzungen passend oder unpassend sind. Die einen sagen so und die anderen so...

    Bei mir heißt es nicht nur vidhava sondern vibhavatanhā, Entscheidend ist also wenn es sich dabei um tanhā handelt

    was oft auch mit "Durst" übersetzt wird. Die Aufhebung von bava ist eben nicht durch Tanhā bedingt.

    Wobei Vibhava nur ein Teil von bava ist und hier nur als Dualität genannt ist.

  • In dem zitierten Sutra steht das Wort "vibhava", nicht "vibhavatanha". Das musst du dem PK sagen, nicht mir.

    Welches ist denn das zitierte Sutta? Es gtibt ja auch nicht nur bava sondern bavathanha und vibhavathanha.

    Diese werden immer zusammen genannt.

  • Geht mit dem Verlangen nach nicht-werden ein Verlangen nach nicht-sein einher?

  • "Werden" oder "Dasein" sind nur unterschiedliche deutsche Übersetzungen, beides ist in Pali "bhava".

    Genau, könnte man auch mit gleicher Berechtigung als "Vergehen" übersetzen.

  • Im Herzsutra heißt es:

    Zitat

    Form ist Leere,

    Leere ist Form

    bei der Anhaftung am Nicht-Werden unterschlägt man den zweiten Halbsatz und bei der Anhaftung am Werden den ersten Halbsatz. Es gehören aber beide zusammen.

  • Niemand

    Form ist Leere------ Sein-----Leere ist Form

    Es gibt keine Form-----Sein-----Es gibt keine Leere

    Form ist das Bild das man sich durch mit seine Sinnes-Wahrnehmungen gemacht hat.

    Leer ist das Geistige das duch Benennungen, Bezeichnungen, Bewertungen die Bilder verarbeitet.

    rupa = Form nama = Leere


    Genau so werden Empfindungen, Wahrnehmung Gestaltungen, Bewusstsein/Erfahrung-suchen-lauf behandelt.

    Empfindungen ist Leere, Leere ist Empfindungen

    Wahrnehmung ist Leere, Leere ist Wahrnehmung

    Gestaltungen ist Leere, Leere ist Gestaltungen

    Erfahrungsbewusstsein ist Leere, Leere ist Erfahrungsbewusstsein



    XXX---Sein---XXX

    Sein nennt Buddha: Erleben, Alles ist Erleben.

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  • Bei mir heißt es nicht nur vidhava sondern vibhavatanhā, [...]

    In dem zitierten Sutra steht das Wort "vibhava", nicht "vibhavatanha". Da musst du dich beim PK beschweren, wenn du das nicht gut findest.

    Zitat

    ‘‘Kathañca, bhikkhave, atidhāvanti eke? Bhaveneva kho paneke aṭṭīyamānā harāyamānā jigucchamānā vibhavaṃ abhinandanti – yato kira, bho, ayaṃ attā [satto (sī. ka.)] kāyassa bhedā paraṃ maraṇā ucchijjati vinassati na hoti paraṃ maraṇā; etaṃ santaṃ etaṃ paṇītaṃ etaṃ yāthāvanti. Evaṃ kho, bhikkhave, atidhāvanti eke.

    Itivuttakapāḷi

    Es heisst auch : ´Vibhavanirodho ist nibbana´.

  • In dem zitierten Sutra steht das Wort "vibhava", nicht "vibhavatanha". Da musst du dich beim PK beschweren, wenn du das nicht gut findest.

    Zitat

    ‘‘Kathañca, bhikkhave, atidhāvanti eke? Bhaveneva kho paneke aṭṭīyamānā harāyamānā jigucchamānā vibhavaṃ abhinandanti – yato kira, bho, ayaṃ attā [satto (sī. ka.)] kāyassa bhedā paraṃ maraṇā ucchijjati vinassati na hoti paraṃ maraṇā; etaṃ santaṃ etaṃ paṇītaṃ etaṃ yāthāvanti. Evaṃ kho, bhikkhave, atidhāvanti eke.

    Itivuttakapāḷi

    Es heisst auch : ´Vibhavanirodho ist nibbana´.

    Sollte sein bhavanirodho ist nibbana! Entschuldigung. Ich meine dass bhavanirodho und vibhava zwei verschiedene Dinge sind.

    In dem zitierten Sutra steht das Wort "vibhava", nicht "vibhavatanha". Da musst du dich beim PK beschweren, wenn du das nicht gut findest.

    Zitat

    ‘‘Kathañca, bhikkhave, atidhāvanti eke? Bhaveneva kho paneke aṭṭīyamānā harāyamānā jigucchamānā vibhavaṃ abhinandanti – yato kira, bho, ayaṃ attā [satto (sī. ka.)] kāyassa bhedā paraṃ maraṇā ucchijjati vinassati na hoti paraṃ maraṇā; etaṃ santaṃ etaṃ paṇītaṃ etaṃ yāthāvanti. Evaṃ kho, bhikkhave, atidhāvanti eke.

    Itivuttakapāḷi

    Es heisst auch : ´Vibhavanirodho ist nibbana´.

  • Du schreibst es ja selbst: „Verlöschen soll das Verlangen“. Das „soll“ impliziert doch einen Willen, eine Richtung, ein Ziel!

    Genau um dieses Dilemma geht es mir: Wenn man danach strebt, alles Begehren los zu werden, bleibt ja trotzdem immernoch ein Begehren übrig, nämlich das Begehren, alles Begehren loszuwerden. Natürlich kann man sagen, dass ein Erwachter auch dieses allerletzte Begehren losgelassen hat. Aber um sich erstmal auf den Weg machen zu können, ein Erwachter zu werden, braucht es eben diesen Antrieb. Wieso sollte sich jemand auf den Buddha-Weg machen, wenn er nicht von dem Begehren getrieben wäre, aus Samsara auszusteigen?

  • Nicht Begehren, sondern Streben nach dem Loslassen.

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Wenn man danach strebt, alles Begehren los zu werden, bleibt ja trotzdem immer

    noch ein Begehren übrig, nämlich das Begehren, alles Begehren loszuwerden.

    Das ist aber unlogisch. Wieso sollte auch begehren übrig bleiben wenn man

    das Begehren hat einen Garten zu besuchen wenn man ihn doch gerade besucht?

    Wie kann also Begehren übrig bleiben wenn anattā völlig verstanden wurde?

    • Offizieller Beitrag

    Es gibt eben die Situation, dass bestimmte Arten von Anhaftung (z.B am Dharma) dabei helfen können, andere Anhaftungen zu überwinden und von daher - so lange man dies nicht getan hat - nützlich sind. Dies wird mit einem Floß verglichen. Etwas, was man so lange Wasser zu überqueren ist, als Mittel dazu braucht. Was man aber nicht mehr braucht - und sogar zur Last wird - wenn man Land erreicht hat.


    Von daher ist es nur wichtig zu sehen, ab wann man Land unter den Füßen hat und kein Floß mehr braucht.

  • void Wer braucht noch ein Floß wenn er die sichere Burg an unbekanntem, unbenanntem Ort erreicht hat? Na ja? Ich brauch es denn dieser Ort kann mich nicht verlassen selbst wenn ich versuche ihn zu verlassen. Das Floß wird auch zu einer erkannten Form des Glaubens. Sehr wichtig für ein bis zum Zerfallen sich immer wandelnden Ich. Irgendwo muss sich dieses flüchtige Ich sich ja fest machen können. Was gibt es Besseres als das Floß der Gemeinschaft der Heilgänger, der Lehre, des Buddha? Kennt jemand Besseres?

    Land erreichen, das andere Ufer, macht schnell klar das das nicht besser ist, denn dreh ich mich um sehe ich ein anderes Ufer. Das Floß bringt mich in die erlebte Erfahrung des Ortes der unbenannt und unbekannt, nicht geschaffen ist und dann ist das Floß kein Lebensretter mehr es wird ein Transportmittel für sein im Samsara.


    Die Frage ist damit wohl beantwortet: Verlangen nach Nicht-Werden ist ein Verlangen nach nie wieder werden, schon an sich bescheuert, denn das gibt es beweisbar nicht. Woher soll ich wissen das es beim erreichen des Nibbana ein Nicht-Werden gibt? Aber Verlangen kann ich danach.

    Nicht Wiedergeboren werden heißt ja nicht auch das es Nicht-Werden gibt.

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  • Wieso muss ein Ich sich irgendwo "festmachen"?

    Und nebenbei - es ist nicht flüchtig - es ist erst gar nicht vorhanden.

    Nur Dein Geist versucht mit diesem Ego ein bißchen Sicherheit vorzuspiegeln.

    Weil er von der (falschen) Grundlage des "Mein" ausgeht.


    _()_


    PS: SRY, doch bestimmte Dinge kann man nicht "Idiotensicher" beschreiben. Dazu ist der intellektuelle Weg zu lang und dann würde immer noch das Erkennen fehlen.

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • jianwang Transportmittel für das Sein in Samsara. Das was ich von Dir gelesen habe ist also von jemanden der nicht mehr im Samsara lebt aber die Mittel des Samsara benutzt um sein Ich sprechen zu lassen das nicht mehr Samsara ist. Eigenartig???

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  • -100 kein Ich--- 0alles ist Erleben0--- ein Ich +100

    -99 wahrscheinlich gibt es ein Ich, alles ist Erleben, +99 wahrscheinlich gibt es kein Ich.

    Buddha hat nie behauptet das es ein Ich gibt noch das es kein Ich gibt.

  • Noreply

    sicher gibt es ein Ich, denn wer sollte sonst gerade im Buddhaland schreiben? Ich erlebe das Forum ja nicht nur, sondern agiere auch darin. Ich weiß aber auch, dass ich morgen vielleicht einen anderen Satz schreiben würde, aber man kann ja nur mit dem Ich agieren, das gerade da ist. Dazu gibts ja keine Alternative.

  • Du schreibst es ja selbst: „Verlöschen soll das Verlangen“. Das „soll“ impliziert doch einen Willen, eine Richtung, ein Ziel!

    Genau um dieses Dilemma geht es mir: Wenn man danach strebt, alles Begehren los zu werden, bleibt ja trotzdem immernoch ein Begehren übrig, nämlich das Begehren, alles Begehren loszuwerden. Natürlich kann man sagen, dass ein Erwachter auch dieses allerletzte Begehren losgelassen hat. Aber um sich erstmal auf den Weg machen zu können, ein Erwachter zu werden, braucht es eben diesen Antrieb. Wieso sollte sich jemand auf den Buddha-Weg machen, wenn er nicht von dem Begehren getrieben wäre, aus Samsara auszusteigen?

    Vielleicht ist nur das Begehren alleine gemeint, es ist in diesem Zusammenhang ja auch nicht die Rede vom Weg. Durch das Begehren entsteht das Leid beim Nichterlangen dessen, was man wünscht. So ist es jedenfalls in D.22 erklärt:


    Zitat

    Den dem Altern, dem Sterben, den Sorgen, Klagen, Schmerzen, der Trübsal und Verzweiflung unterworfenen Wesen steigt der Wunsch auf: «Ach, daß wir doch nicht mehr diesen Dingen unterworfen wären, daß uns doch diese Dinge nicht mehr bevorstünden!» Solches aber läßt sich nicht durch Wünschen erreichen. Das ist das Leiden beim Nichterlangen dessen, was man wünscht.

    Maha Satipatthana Sutta (D.22)

  • Noreply

    sicher gibt es ein Ich, denn wer sollte sonst gerade im Buddhaland schreiben? Ich erlebe das Forum ja nicht nur, sondern agiere auch darin. Ich weiß aber auch, dass ich morgen vielleicht einen anderen Satz schreiben würde, aber man kann ja nur mit dem Ich agieren, das gerade da ist. Dazu gibts ja keine Alternative.

    Ich muss sogar schon soweit gehen das ich mir erstmal durchlesen muss was ich da überhaupt geschrieben hab, auf was geantwortet wird. Find ich in Ordnung bei mir damit bleib ich für mich nicht festlegbar und dogmatisch. Im miteinander mit anwesend agierenden Menschen hab ich schon lange Zeiten in denen ich ein Ich vermindern kann weil es einfach das miteinander stört. Da sind genug Ego die glauben Ego zu sein da ist meins obsolet.