Erfahrungen beim ersten Zen-Sesshin

  • Hallo Zusammen,


    mittlerweile bin ich an einem Punkt angekommen, an dem mich ein Sesshin durchaus reizen würde. Derzeit ist es mir aufgrund von Arbeit und Uni leider zeitlich nicht möglich, daher wird es noch etwas dauern. Dennoch beschäftige ich mich schon mit dem Thema. Auf der einen Seite durchaus eine große Neugier, aber auch - wohl typische? - Fragen/Sorgen, u.a. ob ich denn durchhalten könnte. Daher dachte ich, ich könnte einfach hier mal nach ein paar Erfahrungen / Eindrücke fragen:

    • Was waren eure Eindrücke / Erfahrungen bei eurem ersten Sesshin?
    • Habt ihr Tipps?
    • es irgendwelche Dinge die man unbedingt vermeiden sollte, oder unbedingt tun sollte?

    _()_

  • An mein erstes Sesshin 2013 kann ich mich kaum noch erinnern. Ich hatte damals so etwa 3 Jahre mehr oder weniger regelmäßig gesessen (Zazen geübt). Eindrücklich waren dann die Schmerzen, aber die kannte ich auch schon vom privaten Üben und eben die Zeitwahrnehmung, welche sehr gedehnt wurde.


    Beim zweiten und dritten Sesshin dann, ein Jahr später, oder so, ging es mir psychisch sehr schlecht. Das Sesshins waren dann die Hölle im Kopf und im Körper, die Haltung war die selbe. Danach hatte ich dann erstmal kein Bock mehr auf Zen und hatte persönlich einiges aufzuarbeiten.


    Nach einer Weile fing ich wieder mit dem Sitzen an und bin auch mal wieder ins Dojo. Das führte dann dazu, dass ich von einem Zen-Tempel in Frankreich Wind bekam und dort dann einige Wochen verbrachte. Während dieser Zeit waren auch wieder einige Sesshins. Dort machte ich die Erfahrung, dass körperlicher/geistiger Schmerz losgelassen werden kann, was aber nicht bedeutet, dass es nicht mehr wehtut - die Haltung blieb natürlich die selbe.

    es irgendwelche Dinge die man unbedingt vermeiden sollte, oder unbedingt tun sollte?

    Nimms nicht so ernst, aber beweg dich nicht :)

  • 1. Nimm dir ein paar Schokoriegel mit. Genmai ist echt Pampf und ich kann das Zeug auf jeder Sesshin schon nach dem ersten Tag nicht mehr sehen. Und 'n bisschen Serotonin schadet ja nie !

    2. Jaja, die Schmerzen. Wer nicht vorhat in der Tradition von Muho einfach still auf dem Zafu zu verrecken, sollte Ibuprofen mitnehmen.

    3. Ohrenstopfen ! Wahrscheinlich schläfst du in einem größeren Schlafsaal und da ist mindestens immer einer der heftig schnarcht. Wenn es richtig übel ist, dann bist du wohl auf einem Sesshin mit mir.

    5. Freunde dich mit der eventuell vorhandenden Tempelkatze an!


    BATZ!

    妙竜

  • Hallo xiaojinlong , ich kann mich sehr an die Schmerzen erinnern. Vorwiegend Schmerzen :erleichtert:.

    Am Ende war ich dann geläutert und inspiriert. Dieses Jahr mache ich wieder eines wenn es zu stande kommt. Sehr hilfreich für die Praxis und auf dem Weg.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Danke für die Antworten bisher! Das mit den Schmerzen ist mit einer der größten Sorgen - aber schon mal etwas beruhigend dass ich da nicht der einzige bin mit den Problemen. :D


    Wie lange hattet ihr bereits vor eurem ersten Sesshin praktiziert?

    _()_

  • Warum ist dieser "Schmerzfaktor" bei euch so präsent?


    Wird das erwünscht? Darf man sich nicht entlasten, um den Schmerz zu vermindern? Wenn nein - warum?

  • Warum ist dieser "Schmerzfaktor" bei euch so präsent?


    Wird das erwünscht? Darf man sich nicht entlasten, um den Schmerz zu vermindern? Wenn nein - warum?

    Weil es "praktischer" Buddhismus ist. Das Leiden am körperlichen Verfall/Schmerzen gehört eben zum Sitzen dazu, ebenso wie angenehme Erfahrungen. Man wird mit der gesamten Bandbreite an "angenehm und ungangenehm" konfrontiert, und die einzige Regel lautet: Nicht Anhaften, was heißt, dass man da durch muss und klar geht das mit Druck und Zwang, aber dann wird es die Hölle. Entscheidend ist dann der Moment des Loslassens.


    Es ist deine Sache ob du dich entlastet, jeder macht das freiwillig.

    Aber du wirst irgendwann sterben und du wirst Schmerzen haben. Das passiert nicht freiwillig.

    Die Erfahrungen in Sesshins haben mich da (ein wenig) gelassener gemacht.


    Danke für die Antworten bisher! Das mit den Schmerzen ist mit einer der größten Sorgen - aber schon mal etwas beruhigend dass ich da nicht der einzige bin mit den Problemen.

    Für mich gibts da so eine Regel: Wenn Schmerzen in den Knien oder so nach ein zwei Tagen nach dem Sitzen noch zu spüren sind, dann wars zuviel und man sollte einen leichteren Sitz einnehmen. Aber während eines Sitzens beweg ich mich einfach nicht und das kann man aushalten, sind ja immer nur so 30/40 Minuten.


    Wenn du halt einmal anfängst, den Schmerzen bei einem Sesshin nachzugeben, dann werden sie schlimmer. Das überhaupt nicht bewegen ist der einfachste Weg sie loszulassen. Das kleinste Nachgeben beim Sitzen führt zu einer Kettenreaktion des Begehrens, die Schmerzen loszuwerden und dann gehts dir nur noch darum keine Schmerzen mehr zu haben und nicht ums Sitzen und das tut dann nicht nur körperlich, sondern auch geistig weh.

    2 Mal editiert, zuletzt von Katrin. ()

  • Danke für die Antworten bisher! Das mit den Schmerzen ist mit einer der größten Sorgen - aber schon mal etwas beruhigend dass ich da nicht der einzige bin mit den Problemen. :D


    Wie lange hattet ihr bereits vor eurem ersten Sesshin praktiziert?

    Eine Sesshin insofern praktizierte ich ja nicht kann jedoch körperliche Askese aus meiner Praxiserfahrung evtl. gleichtun wenn ich darüber nachdenke.


    So lebe ich ja seit 2011 in der Entsagung und durch die zb hohe Gewichtsabnahme kam es ebenso nicht nur emotional zu Schmerzen, sondern ebenso zu körperlichen Schmerzen. Verursacht zb durch die Bänder die ja nicht so schnell hinterkamen/kommen um Dir mal nur ein reales Bsp. zu nennen und auch die daraus entstehenden möglichen Folgebeschwerden mal mit anzusprechen.

    (Kann, muss nicht)


    In diesen Phasen helfen mir die analytischen Meditationen sehr weil ich dadurch eine neue und zusätzliche geistige Ausrichtungsbasis bekam die mir in Schmerzlichen körperlichen Situationen einen inneren Gefuehlsabstand 'antrainierte' dh die körperlichen Schmerzen fühle ich natürlich schon jedoch ist jetzt so eine Art 'Luftkissen' dazwischen.


    Meine Hochachtung fuer diese asketische Praxisform habt ihr/ hast Du sicher auch wenn diese Form jetzt nicht zu meiner Praxis gehört.


    So sehe ich die vielen Vorteile und Notwendigkeiten und kann es bestens nachvollziehen.

    Alles Gute fuer Dich dabei❤️🙏

  • Zum Thema Schmerzen "aushalten" kann ich auch was zusteuern. Das ist eigentlich mein Leben. Da ich immer irgendwelche Schmerzen gehabt habe, aber auch wusste das sie keine organische oder durch Handlungen erzeugten waren, musste ich lernen dieses "Luftpolster " zu schaffen. Bei Fibromyalgie ist das tatsächlich so das wenn ich in die Schmerzen gehe werden sie unignorierbar. Dann muss ich Medis nehmen. Ist mir nie aufgefallen das ich das auch beim Zazen mache. Aber wenn ich da Schmerzen bekomme die aufgrund falscher Sitzweise entstehen breche ich das stille sitzen ab und änder die Haltung. Bin ich beim Sitzen in den Schmerz gegangen kann ich mir helfen indem ich den wieder loslasse, Die Übung des Zazen oder ich brech das sitzen ab geh ein bisschen rum und versuch es noch einmal. Geht es nicht brech ich ganz ab und nehm die Runde wieder auf wenn mein Ich sich wieder von der Verhaftung an den Schmerz gelöst hat. Weil ich bei der Krankheit manchmal auch nur durch gehen schmerzfrei werde hab ich wohl auch das "Sitzen" im Gehen gelernt. Nachts aufwachen ist mir auch egal geworden, aufstehen ein bisschen PC, TV, eine Rauchen wieder müde werden weiter schlafen. Ist niemals so anstrengend wie sich darüber aufzuregen das man aufgewacht ist, warum auch immer.


    Erkenntnis: Ich kann nicht Zazen weil ich es gelernt hab, Zazen war immer, auch ohne das ich das wusste das es Zazen heißt, meine natürliche Rettung vor Schäden durch gutgemeinte ärztliche Behandlung. Ich gebe mich ganz der Führsorge durch Ärzte hin wenn ich weiß das es jetzt Not-Wendig ist. Aber wenn ich wegen jedem Schmerz zu ihnen gegangen wäre hätte es Behandlungen gegeben die vom Arzt gut gemeint ist, aber nur meinem Egoismus ein Leidender zu sein dient.

  • Nach all den Jahren auf dem Kissen gehe ich jetzt so einfach ohne Begründung dazu über nur noch auf dem Zabuton zu sitzen. Hat meine Haltung im normalen Leben verbessert. Dazu bestand kein erdachter Grund. Das war einfach da. Heute weiß ich das ich auch kein Kissen brauch. Fällt mir zum Thema Riten und Rituale ein. :)

  • Danke für die Antworten bisher! Das mit den Schmerzen ist mit einer der größten Sorgen - aber schon mal etwas beruhigend dass ich da nicht der einzige bin mit den Problemen. :D


    Wie lange hattet ihr bereits vor eurem ersten Sesshin praktiziert?

    Lass dich nicht entmutigen und mach es. Es ist sehr inspirierend für die Praxis. Man weiß schon selber wenn man dafür bereit ist. Ich hatte 3 Jahre Praxis vorher, wobei die immer variiert hat.

    Niemand kann dich zwingen zu leiden, du kannst ja selbst entscheiden wann du abbrichst oder ob du auf einem Stuhl sitzt oder was auch immer.


    ARYA DHARMA es zwingt mich niemand diese Schmerzen auszuhalten. Es ist etwas, was ich freiwillig mache. Es bringt mich an meine Grenzen und fordert mich. Es erweitert meinen Blickwinkel.

    Meine Frau meinte, sie würde das nie machen. Sie findet das unsinnig. Ich hingegen nicht.


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Ich fange mal ganz vorne an. Warum tun wir uns das eigentlich an ? Dogen sagt, dass wir praktizieren, weil wir bereits erleuchtet sind. Es ist der Ausdruck unserer erleuchteten Natur. Somit gibt es keinen anderen "Grund" für unser Zazen als den, dass es unsere Natur ist, so wie Fische fliegen, Vögel schwimmen und Politiker lügen. Wir sitzen, weil wir erleuchtet sind. Wir praktizieren weil wir praktizieren. Zazen ist im wahrsten Sinne des Wortes ein "Selbstzweck" weil wir in unserer andauernden Praxis unsere Buddha-Natur realisieren. Wir können nicht anders.


    Trotzdem haben wir alle Zeiten, in denen Zazen uns schwer fällt. Manchmal werden wir von körperlichen Schmerzen heimgesucht. Manchmal haben wir das Gefühl (und manchmal auch die Gewissheit), dass wir lieber woanders sein und fast alles andere lieber tun würden als weiter auf diesem beschissenen Kissen zu sitzen. Es gibt Zeiten, in denen wir keine Veränderungen als Ergebnis unserer Praxis sehen und frustriert sind und uns fragen, ob sich das alles wirklich lohnt. Und manchmal langweilen wir uns auch einfach nur zu Tode oder verbringen die meiste Zeit damit, nicht einzudösen. Tja ...


    Schmerzen beim Zazen sind, darin sind wir uns wohl alle einig, nicht erstrebenswert und auch kein Zweck, sondern ein unerwünschtes Phänomen. Sollte man die Schmerzen also einfach als Phänomen ertragen ? Sollte man, wie Muho sagt, "bereit sein, auf dem Zafu zu sterben" ? Anfänger (und nicht nur diese) haben oft Schmerzen im Rückenbereich. Wir versuchen dann alles Mögliche, um diese Schmerzen loszuwerden. Wir schieben das Becken vor, rutschen auf dem Kissen herum und versuchen mit weniger Nachdruck aus Tanden zu atmen. Oder ist es doch die Handhaltung ? Nützt am Ende des Tages alles nicht viel. In der Regel verschwinden die Schmerzen erst dann , wenn wir feststellen, dass wir eigenen Atem nicht beobachtet, sondern (bewusst oder unbewusst) kontrolliert haben.Der Schmerz entsteht, weil wir nicht entspannt genug sind, unnatürlich angespannt sind, uns ständig manipulieren und alles kontrollieren wollen. Was Muho mit der "Bereitschaft auf dem Kissen zu sterben" meint ist nicht, sich mit grimmiger Entschlossenheit auf das Zafu zu werfen wie ein Soldat in die Schlacht, sondern loszulassen. Loslassen kann manchmal auch bedeuten, sich bewusst vom Schmerz zu distanzieren und einfach wieder dem Atem zu folgen und nicht zu versuchen ihn zu führen.


    Rückenschmerzen / schmerzende Schultern /Bauchdrücken kriegt man so ggf. noch in den Griff aber wenn die Knie anfangen weh zu tun, ist damit nicht zu scherzen. Wer meint unbedingt im vollen oder halben Lotus sitzen zu müssen weil das das "bessere Zazen gibt", hat den Schuss nicht gehört. Und das mit dem "distanzieren" und "loslassen" ist aber eben so eine Sache. Manchmal geht das eben nicht, nix hilft, und dann ist es aus meiner Sicht Zeit, aufzuhören. Wir sind keine "Hardcore" Zenmönche in Eiheiji, die befürchten müssen, dass der Shusso sie deswegen verhaut.


    Deshalb plädiere ich dafür, sich, gerade beim ersten oder den ersten paar Sesshin, nicht zu überfordern. Sesshin ist eine Erfahrung mit vielen Komponenten und Schichten. Die Gemeinschaft der Sangha, das Oriyoki-Mahl, die Rezitationen, Kusen, Mondo, gemeinsames Samu; all das sind Teile der Erfahrung eines Sesshin. Und wenn ich den ganzen Tag und in der Nacht an nix anderes denke als meinen verf*ckten Rücken, dann entgeht mir einfach sehr viel. Deshalb finde ich es OK, sich (wenn Therma-Dingsbums-Pflaster nicht mehr helfen und auch der nette Shiatsu-Typ nicht helfen kann) mal ein paar 100 mg Ibu einzupfeifen oder aus dem Dojo zu empfehlen ...


    BATZ!

    妙竜

    5 Mal editiert, zuletzt von myoryu ()

  • Ähnlich wie meine Vorredner (-schreiber?) sehe ich das mit den Schmerzen auch. Der Schmerz ist ein Nebenprodukt das durch unterschiedliche Gegebenheiten entsteht. Manche davon kann ich direkt und bewusst beeinflussen, andere nicht. Ich verwende z.B. zwei kleine Kniekissen um zum einen ein Knie und zum anderen ein Sprunggelenk zu stützen. Dadurch wird es schon einmal einiges angenehmer. Jetzt habe ich auch ein eigenes Kissen im Dojo, welches ich nach und nach noch etwas an meine Sitzhöhe/-position besser anpassen werde. Die Kopfsache, und die damit einhergehende Wirkung auf den Körper ist natürlich nochmal etwas anderes. Daran wird jedes mal auf's neue gearbeitet.

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  • Ergänzend: ich war ein paar Mal während eines Sesshin ernsthaft in Versuchung aufzustehen und das Dojo mit einem kurzen lautstarken Resumee (etwa in der Art: "seid ihr eigentlich bekloppt oder Masochisten?") zu verlassen. Solche Anwandlungen kommen aber eher weniger beim ersten Sesshin als bei späteren, wenn sich der Reiz der neuen Erfahrung gelegt hat. Ich vermute mal, das ist dann auch der Punkt, an dem sich die Geister scheiden. Wo sich dann Leute, die vorher vier oder fünf Mal im Jahr zum Sesshin gekommen sind, plötzlich nicht mehr blicken lassen. Da kann man aber durch - und irgendwann hat man dann gelernt, 'richtig' zu sitzen und schüttelt nicht mehr verständnislos den Kopf, wenn man etwa bei Dōgen liest: "Zazen ist das Wahrheitstor zu großer Ruhe und Freude." Das kann freilich dauern, also muss man ausdauernd sein ... Jedenfalls ist es eine große Hilfe, wenn man dabei eine Begleiterin oder einen Begleiter hat, die/der auch den somatischen Aspekt des Sitzens im Blick hat und da nützlichen Rat geben kann.


    Es gibt Lehrer (bei Frauen ist mir das seltsamerweise noch nicht untergekommen), die sind da wirklich hardcore(oder macho?)-mäßig drauf. Halber Lotos ist da das Minimum; wenn Du den nicht drauf hast, lassen sie Dich gar nicht erst ins Dojo. Das sind dann Leute (so vermute ich zumindest), die selbst nie ernsthafte Probleme mit Lotos- oder Halblotossitz hatten (sowas gibt's durchaus auch) oder der Auffassung sind, wenn es nicht wehtut ist das kein echtes Zen ... Dummerweise sind solche Ansichten ansteckend. Und dann quält man sich halt, weil man sich Gedanken darüber macht, wie das für Andere aussieht, wenn man 'nur' auf Bänkchen oder Hocker sitzt statt darauf zu sch***en, wie es aussieht.


    Um nicht missverstanden zu werden: ja, Lotossitz ist optimal, weil man wegen des tiefen Schwerpunktes besser 'geerdet' ist. D.h. stabiler sitzt, "wie ein Berg". Also sollte man den Versuch, das zu erlernen, nicht vorschnell aufstecken. Aber man sollte dabei realistisch bleiben sowie achtsam und liebevoll (auch) mit dem eigenen Körper umgehen. Ich habe mich etliche Jahre mit Burmesensitz und Halblotos gequält - ein echter Zennie muss das halt 'draufhaben ... dachte ich. Seit ich mir eingestanden habe, dass ich das nicht hinkriege, sitze ich auf einem Bänkchen wie ein Huhn auf der Stange. Und das ist gut so. Letzten Monat z.B. das Rohatsu - ohne jegliche Schmerzen im Rücken, Knien oder Beinen. Auch das geht allerdings nicht notwendigerweise auf Anhieb - idR muss man auch da gelernt haben, Wirbelsäule, Schultern und Kopf richtig auszurichten. Und auch das braucht bei Vielen seine Zeit, wenn sie z.B. einen Rundrücken haben.


    Zum Thema Schmerzmittel (eigentlich der einzige Punkt, wo ich myoryu nicht ganz zustimmen mag). Auch ich habe da schon getrickst, wobei ich es mit einem, maximal zwei Mini-Aspirin (100 mg) am Morgen bewenden ließ. Sollte aber mE wirklich nur letztes Mittel sein, wenn es gegen Ende des Sesshin zu hart wird. Und zwar, weil es die Erfahrung des Sitzens 'dämpft' und damit die Achtsamkeit auf den oben erwähnten somatischen Aspekt des Sitzens behindert. Das erschwert das Erlernen der richtigen Haltung (Schmerzen sind Signale, dass da etwas nicht stimmt) und kann, wenn man durch das 'falsche' Sitzen ausgelöste Signale so einfach wegfiltert, sogar zu ernsten und dauerhaften körperlichen Problemen (vor allem mit den Knien) führen. Ich bin im Alltag gelegentlich auf starke Schmerzmittel angewiesen (Novalgin, wenn es ganz dick kommt Tilidin) - beim Zazen will ich solche Filter nicht und brauche sie (mit Ausnahme von Naratriptan bei einem Migräneanfall) auch nicht. Auch das ein Lernprozess, aber das kommt mit der Zeit. Sie sind ein Eingriff in die Soheit (tathatā, shinnyo), und wenn es beim Zazen um irgendetwas geht, dann darum, nicht einzugreifen und Soheit ohne Filter zu erfahren. Und wenn es weh tut, tut es halt weh ... Ich kann und will das (also Schmerzmittel beim Zazen) nicht pauschal verdammen, das hieße mich selbst zum Maßstab für Andere zu machen. Aber ich würde da schon zu Zurückhaltung raten.


    Ansonsten noch ein Hinweis xiaojinlong : das Sitzen in Gemeinschaft - besser: als Gemeinschaft - hat eine deutlich andere Qualität als das Sitzen alleine zu Hause. Genau das wird vermutlich die wichtigste Erfahrung bei Deinem ersten Sesshin sein. Nach einigen Sesshin verschwindet dieser Unterschied und dann sitzt Du auch zu Hause nicht mehr alleine. Dann hast Du zumindest eine erste Ahnung, was es mit dem dritten Juwel auf sich hat. In diesem Sinn wünsche ich Dir ein paar lehrreiche Tage.



    Wie weit auch der Ochse laufen mag bis in den hintersten Ort des tiefen Gebirges:

    Reicht doch seine Nase in den weiten Himmel, daß er sich nicht verbergen kann.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • Zum Thema Schmerzmittel (eigentlich der einzige Punkt, wo ich myoryu nicht ganz zustimmen mag). Auch ich habe da schon getrickst, wobei ich es mit einem, maximal zwei Mini-Aspirin (100 mg) am Morgen bewenden ließ. Sollte aber mE wirklich nur letztes Mittel sein, wenn es gegen Ende des Sesshin zu hart wird. Und zwar, weil es die Erfahrung des Sitzens 'dämpft' und damit die Achtsamkeit auf den oben erwähnten somatischen Aspekt des Sitzens behindert. Das erschwert das Erlernen der richtigen Haltung (Schmerzen sind Signale, dass da etwas nicht stimmt) und kann, wenn man durch das 'falsche' Sitzen ausgelöste Signale so einfach wegfiltert, sogar zu ernsten und dauerhaften körperlichen Problemen (vor allem mit den Knien) führen. Ich bin im Alltag gelegentlich auf starke Schmerzmittel angewiesen (Novalgin, wenn es ganz dick kommt Tilidin) - beim Zazen will ich solche Filter nicht und brauche sie (mit Ausnahme von Naratriptan bei einem Migräneanfall) auch nicht. Auch das ein Lernprozess, aber das kommt mit der Zeit. Sie sind ein Eingriff in die Soheit (tathatā, shinnyo), und wenn es beim Zazen um irgendetwas geht, dann darum, nicht einzugreifen und Soheit ohne Filter zu erfahren. Und wenn es weh tut, tut es halt weh ... Ich kann und will das (also Schmerzmittel beim Zazen) nicht pauschal verdammen, das hieße mich selbst zum Maßstab für Andere zu machen. Aber ich würde da schon zu Zurückhaltung raten.


    Du hast natürlich recht. Die Einnahme von Schmerzmittel sollte immer ein letztes Mittel sein aus den von dir genannten Gründen. Mir geht es nur darum, den Leuten, die das erste (oder zweite, dritte) Mal auf Sesshin gehen, zu sagen dass, bevor das Ganze für sie in der Rückschau eine einzige Qual ist, es besser ist, auf so etwas zurückzugreifen um die anderen Aspekte des Sesshin noch aufnehmen und würdigen zu können.

  • Zitat

    Der Schmerz begann anfangs wie heiße Blitze meine Handrücken und Füße zu durchdringen. Aber das war wirklich noch milde. Als er danach in voller Stärke aufstieg, brannte förmlich mein gesamter Körper vor Schmerzen. Es fühlte sich an, als ob alle Knochen und Gelenke ein Feuer anschürten, das meinen ganzen Körper zu verschlingen schien. Es war, als ob jeder einzelne Knochen in meinem Körper auseinanderbrechen und mein Kopf vom Hals zu Boden fallen würde. Wenn alle Körperteile gleichzeitig so intensiv schmerzen, weiß man nicht einmal mehr, wie man überhaupt noch atmen soll.


    Diese Krisensituation ließ Achtsamkeit und Weisheit keine andere Wahl, als tief in das Zentrum des Schmerzes einzudringen. Sie erkundeten und untersuchten den Schmerz genau an der Stelle, wo er am stärksten zu sein schien, und versuchten ihn dort zu isolieren, um ihn klar verstehen zu können. „Wo entsteht denn dieser Schmerz? Wer erleidet eigentlich gerade diesen Schmerz?“ Als sie genau auf diese Weise jeden einzelnen Körperteil befragten, stellten sie fest, dass sich jeder gemäß seiner eigenen innewohnenden Natur einfach so verhält. Haut war einfach Haut, Fleisch war einfach Fleisch, Sehnen waren einfach Sehnen usw. Sie waren schon von dem Tag der Geburt an so. Schmerz taucht dagegen nur in gewissen Zeitintervallen auf.


    Schmerz ist nicht auf die gleiche Weise ständig präsent, wie etwa Fleisch und Haut es sind. Normalerweise erscheinen Schmerz und Körper gemeinsam, eng verbunden. Aber sind sie es wirklich? Als ich nach innen schaute, konnte ich erkennen, dass jeder Teil des Körpers eine physische Realität ist. Als ich nun diese Vielzahl an körperlichen Schmerzen untersuchte, erkannte ich eine Stelle, wo der Schmerz stärker hervorstach. Wenn aber doch Schmerz und Körper ein und dasselbe sind, und alle Teile des

    Körpers gleichermaßen real sind, warum war dann der Schmerz in einem Teil stärker als in einem anderen? Deshalb versuchte ich, jede Amplitude des Schmerzes auszusondern und zu isolieren.


    An diesem Punkt der Untersuchung waren Achtsamkeit und Weisheit unerlässlich. Sie mussten die schmerzenden Bereiche durchsuchen und sich dann um die stärksten Schmerzgefühle sammeln. Beide waren ständig darum bemüht, diese Gefühle vom Körper zu trennen. Nachdem sie den Körper betrachtet hatten, richteten sie ihr Hauptaugenmerk auf den Schmerz und dann auf das Citta. Diese drei: Körper, Schmerz und Citta waren die Hauptobjekte dieser Untersuchung. Obwohl der körperliche Schmerz offensichtlich sehr stark war, sah ich, dass das Citta ruhig und unbeschwert blieb. Egal, wie viel Unbehagen der Körper auch erfuhr, das Citta war nicht belastet oder aufgewühlt. Dies weckte meine Neugier.


    Normalerweise verbünden sich die Kilesas mit dem Schmerz, und dies bringt das Citta dazu, vom körperlichen Schmerz beunruhigt zu werden. Das veranlasste die Weisheit, die Natur des Körpers, die Natur des Schmerzes und die Natur des Citta genau zu erforschen, bis alle drei deutlich als getrennte Realitäten wahrgenommen wurden. Alle sind in ihrer eigenen natürlichen Sphäre real. Ich erkannte deutlich, dass es das Citta war, welches Gefühle als schmerzhaft und unangenehm definierte. Andererseits war Schmerz bloß ein natürliches Phänomen. Er war weder ein integraler Bestandteil des Körpers noch dem Citta innewohnend.


    In dem Augenblick, als dieses Prinzip vollkommen klar erkannt wurde, verschwand der Schmerz. In diesem Moment war der Körper einfach Körper – eine gesonderte Realität. Schmerz war einfach nur Gefühl und dieses Gefühl verschwand blitzartig im Citta. Sobald der Schmerz im Citta verschwand, war es sich dessen bewusst. Der Schmerz hatte sich einfach spurlos aufgelöst. Zudem verschwand auch der gesamte physische Körper aus dem Gewahrsein. In diesem Moment war ich mir meines Körpers nicht im Geringsten bewusst. Lediglich ein einfaches und harmonisches Gewahrsein blieb zurück, welches allein für sich stand.

    Arahattamagga_-_Arahattaphala-german.pdf


    (auch für mich nur inspirierend, dermaßen durchgezogen hab ich das bei weitem nicht...)

  • Gegen Schmerzen in den Beinen aufgrund der Dehnung der Bänder oder Sehnen hatte ich vorsichtshalber eine Salbe zum einreiben benutzt. Hatte den Eindruck dass sie etwas hilft.

  • Ich hab eigentlich nur Wochenenden mitgesessen.

    Was mir gut getan hat, ist sich vorher mit Dehnungsübungen zu beschäftige,

    Ansonsten hatte ich ein paar mal Glück, und durfte öfter bei der Arbeit mit ner Sense Brennesseln mähen. Das lockert gut auf. In der Pause halfen mir meine Tai Chi Übungen.

    Letztlich half mir auch ein Spruch von Shengyen:

    Zitat

    Sei weich in deiner Übung. Denk dir den Weg als einen feinen, silbernen Strom, keinen tosenden Wasserfall. Folge dem Strom, habe Zuversicht in seinen Lauf. Er wird seine eigene Bahn gehen, mäandert hier, rieselt dort. Er findet die Rinnen, die Spalten,die Einschnitte. Folge ihm bloß. LAss ihn nie aus dem Blick. Er wird dich ergreifen.


    Und es wurde mit den Jahren leichter.

  • Namaste!


    Hallo xiaojinlong,


    mein erstes Sesshin liegt auch schon über zehn Jahre zurück. An Rückenschmerze kann ich mich erinnern, und vor allem an eingeschlafene Füße. Und an die Feststellung, dass Momente ohne Affengeist wirklich selten und kostbar sind, vor allem zu Beginn des Sesshins.

    Damals hat unser Meister noch kurze, meist drei- bis viertägige Sesshins angeboten, mit täglich 11 mal Zazen á 40 Minuten und einmal, zum Abschluss am Abend, á 25 MInuten. Die täglichen Zazen-Einheiten waren dabei in vier Blöcke zu je dreimal Zazen eingeteilt (dazwischen Kinhin und Pausen, nach der letzten Runde Sutra-Rezitation und Niederwerfungen), danach gab es meist Essen und kurzes Samu, danach eine längere Pause. Es gab auch die Möglichkeit, an weniger Tagen teilzunehmen, man konnte zwischen den Blöcken in den längeren Pausezeiten an- und abreisen, musste das aber im Vorfeld mit dem Meister absprechen - auch, damit der Essenseinkauf geplant werden und genügend Schlafplätze vorgehalten werden konnte.


    Irgendwann hatte ich dann auch mal bei anderen Lehrern und in anderen Sanghas an Sesshins teilgenommen. Da wurden meist weniger und kürzere Zazen-Einheiten gesessen, dafür gab es mehr Samu und die Sesshins hatten meist mehr Tage.


    Seit ein paar Jahren gehen die Sesshins bei uns nun meist auch länger, jetzt vier bis acht Tage. Aber die Anzahl der Übenden, die sich für die vollständige Sesshin-Dauer von Anfang bis Ende anmelden, ist eher gering; die meisten Sangha-Kollegen nehmen - wie ich meist auch - über ein (verlängertes) Wochenende teil. Die Zazen-Zeiten variieren mittlerweile auch. Vielen Sangha-Brüdern waren die 40minütigen Chû auf Dauer viel zu hart... So bietet unser Meister nun neben Sesshins nach "traditioneller Art" auch Sesshins für Jedermann an, mit 14 mal 25 Minuten pro Tag.

    Persönlich mag ich die traditionelle Art lieber, denn da gab es nach jedem Zazen (und Kinhin) ausreichend Zeit für einen Toilettenbesuch und zum Dehnen. Die kürzere Dauer mit dem häufigeren Wechsel zwischen Zazen und Kinhin geht bei mir dann eher auf die Knie, weniger auf den Rücken... schmerztechnisch, und Knieschmerzen sind schon mieser, weil für mich ungewohnter.


    Soviel zu meinen Erfahrungen...



    Tipps? -

    Sprich vor der Teilnahme mit Deinem Lehrer. Äußere einfach Deine Bedenken und Ängste. Ein guter Lehrer wird Dir da sicherlich Hilfestellungen geben und Ratschläge geben können. Vielleicht kann er auch ein Kurz-Sesshin zum Reinschnuppern anbieten oder ähnliches in der Art...


    Schmerzmittel hatte ich meist nicht dabei, aber sie für den absoluten Notfall vorzuhalten ist vielleicht nicht verkehrt. Allerdings sollte man dann auch vielleicht darüber nachdenken, mit dem Lehrer über einen Abbruch des Sesshins zu sprechen, wenn es gar nicht mehr geht.

    Was ich meist dabei hatte, war ein Bänkchen, wenn das Zafu-Sitzen zu schmerzhaft wurde, oder ich hatte mit meinem Lehrer abgesprochen, dass ich notfalls einen vorhandenen Stuhl benutzen könne. [Beide Optionen blieben aber aller meistens eben das: Optionen.]


    Essen-technisch empfehle ich eigentlich eher nicht, zusätzlichen Kram oder Snacks mitzunehmen. Das weckt nur die eigenen Begierden und lenkt bei den Mahlzeiten ab. Zu essen, was serviert wird, alles was man sich auftut auch leer zu essen und auch mal Genügsamkeit zu üben, das gehört ebenso zur Praxis wie die Sutra-Rezitationen oder die Niederwerfungen.

    Trink-technisch helfen (echter) Tee und starker Kaffee. Morgens auch mal mit Milch und Zucker, damit der Körper schnell in Schwung kommt und man nicht beim ersten oder zweiten Chû das "morgendliche Zazen-Zucken" bekommt.. sprich nicht wegdöst und zusammensackt vor Müdigkeit!


    In den Pausen helfen Tai-Chi und (kranken-)gymnastische Übungen, auch mal einfach nur lang hinlegen hilft, ebenso wie kurzzeitiges richtiges Lümmeln auf einem Stuhl helfen kann.


    Zu guter letzt:

    Ich würde nicht zu früh in der "Zazen-Laufbahn" mit einer Sesshin-Teilnahme liebäugeln.

    Man sollte schon regelmäßig mit der Sangha sitzen und eine eigene, möglichst tägliche Zazen-Praxis etabliert haben.

    Auch die Teilnahme an einem Zazen-kai ist ganz sinnvoll, bevor man sich auf ein mehrtägiges Sesshin einlässt.

    Dann steht aber nach ein paar Monaten dem Liebäugeln mit einem Sesshin nix mehr im Wege.


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Essen-technisch empfehle ich eigentlich eher nicht, zusätzlichen Kram oder Snacks mitzunehmen. Das weckt nur die eigenen Begierden und lenkt bei den Mahlzeiten ab. Zu essen, was serviert wird, alles was man sich auftut auch leer zu essen und auch mal Genügsamkeit zu üben, das gehört ebenso zur Praxis wie die Sutra-Rezitationen oder die Niederwerfungen.

    Ach ja, das Essen. Das fand ich recht problematisch. Aber nicht wegen nicht schmecken, sondern einerseits recht kompliziert und ritualisiert, und zweitens wurde für meinen Geschmack viel zu schnell gegessen.

  • Essen-technisch empfehle ich eigentlich eher nicht, zusätzlichen Kram oder Snacks mitzunehmen. Das weckt nur die eigenen Begierden und lenkt bei den Mahlzeiten ab. Zu essen, was serviert wird, alles was man sich auftut auch leer zu essen und auch mal Genügsamkeit zu üben, das gehört ebenso zur Praxis wie die Sutra-Rezitationen oder die Niederwerfungen.

    Ach ja, das Essen. Das fand ich recht problematisch. Aber nicht wegen nicht schmecken, sondern einerseits recht kompliziert und ritualisiert, und zweitens wurde für meinen Geschmack viel zu schnell gegessen.

    Wir waren mal mit einem Vipassana-Retreat in einem Zentrum, das bekannt für seine schlechte vegetarische Küche war. Mein Lehrer meinte nach dem ersten Abendessen: Nicht vergessen, das Essen hier ist Teil unserer Praxis! :)


    Liebe Grüße,

    Aravind.