Der nächste Schritt

  • Worauf ich hinauswollte, Leonie war, dass Praxisformen, die man einem Buddhismus zuschreibt, dazu führen sollen, kein eigenes Selbst beispielsweiseweise formuliert in aufkommenden Gefühlen zu sehen.


    Du schriebst ja diesen Satz:


    Zitat

    Im Buddhismus entspricht "Wesen" dem Atta - oder dem Selbst, ich und mein.

    - und dazu mein Hinweis auf anatta.


    Ich würde dann eher schreiben, ausserhalb buddhistischer Lehren wird in den Skandhas unachtsamer, Eigenes erkannt - es wird also diese Entsprechung unbewusster vorgenommen.


    Ich finde aber, so allgemein nicht sagen/es stimmt sicher nicht.


    Letztlich hiesse Buddhismus für mich aber auch ein Bündel an Lehraussagen, die diesen Wahrnehmungsstandard (die Skandhas repräsentieren ein eigenes Selbst/entsprechen dem) im Sinne grösserer Nüchternheit widersprechen.

  • Die Skandhas repräsentieren die Persönlichkeit als ein Zusammengesetztes - das ist eine konventionelle Aussage. Wenn sich dann aber jemand über diese konventionelle Aussage mit den Teilen faktisch identifiziert, dann nennt sich das Ergreifen und anhaften. Er verwechselt nämlich bloße Benennung/Konvention mit Identifikation - und glaubt, dieser Körper ist seiner, dieses Gefühl ist seiner etc. Die Gründe für diese Indentifikation liegen einmal in der Gewohnheit, aber auch in den Ängsten, der Gier, dem Hass und der Verblendung. Wenn ich nicht die Wirklichkeit kenne, dann falle ich auf diese Täuschungen rein.


    Worauf ich hinauswollte, Leonie war, dass Praxisformen, die man einem Buddhismus zuschreibt, dazu führen sollen, kein eigenes Selbst beispielsweiseweise formuliert in aufkommenden Gefühlen zu sehen.

    Und welche Praxisformen sind das nun?

    :zen:

  • Die Skandhas repräsentieren die Persönlichkeit als ein Zusammengesetztes - das ist eine konventionelle Aussage. Wenn sich dann aber jemand über diese konventionelle Aussage mit den Teilen faktisch identifiziert, dann nennt sich das Ergreifen und anhaften. Er verwechselt nämlich bloße Benennung/Konvention mit Identifikation - und glaubt, dieser Körper ist seiner, dieses Gefühl ist seiner etc. Die Gründe für diese Indentifikation liegen einmal in der Gewohnheit, aber auch in den Ängsten, der Gier, dem Hass und der Verblendung. Wenn ich nicht die Wirklichkeit kenne, dann falle ich auf diese Täuschungen rein.


    Die Skandhas repräsentieren die Persönlichkeit als ein Zusammengesetztes - das würde ich nicht als konventionelle Aussage betiteln sondern als verwirrende Aussage.


    Gruppen des Ergreifens - Persönlichkeit - diese Begriffe meinen in Buddhas Lehre ein und dasselbe. Mit dieser Gleichsetzung kann man zB besser verstehen, dass die Personen, die Menschen sich wandeln und formen, Veränderung unterliegen - verbrennen - so traurig möchte ich es gerade nicht schreiben, aber es ist eine zentrale buddhistische Metapher für den Daseinsprozess, für bedingtes Entstehen, für das Personsein - oder nicht sein - je nachdem?


    Ich wollte dich ja nur auf diesen Satz hinweisen, den ich zwei mal schon zitiert hatte. Selbst und Atta gibts nicht im Bewusstsein und im Gefühl, nicht im Willen usw - so eine starke Erklärung findet man ja gerade in Texten, die man dem Buddhismus zuordnet, oder nicht? Insofern habe ich mich auch gerne an diesem Satz von dir 'vergriffen', weil du danach was über 'Gott' sprichst -ein Thema bei dem ich zum Beispiel lieber schweige. Wo ich jedenfalls einem solchen Vereinnahmungswunsch, hierzu in der Art wie du schriebst, zu schreiben nicht anhängen kann :)


    Ich hab mich dann lieber hieran mal gehängt, mir diese Nahrung zugeführt, die Gewohnheit, diesen Unterscheidungswillen aufrechtzuerhalten, gestärkt ;)


    Worauf ich hinauswollte, Leonie war, dass Praxisformen, die man einem Buddhismus zuschreibt, dazu führen sollen, kein eigenes Selbst beispielsweiseweise formuliert in aufkommenden Gefühlen zu sehen.

    Und welche Praxisformen sind das nun?


    hmm ... ausgewähltere Nahrungsaufnahme?

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  • Gruppen des Ergreifens - Persönlichkeit - diese Begriffe meinen in Buddhas Lehre ein und dasselbe.

    Hier die dazu passende Lehrrede. Aber es wird auch zwischen Persönlichkeit, also sakkāya unterschieden und die ist die Täuschung, die durch Anhaften an die Daseinsgruppen zustande kommt, hier gleichgesetzt mit Dukkha; dagegen dann "Person" (puggala), der Individualität, die auch arhats zukommen, was darauf hinweist, dass es auch die fünf Daseinsgruppen ohne Ergreifen gibt.

    Majjhima Nikāya 44


    Außerdem sind zwei weitere Lehrreden hier von Interesse:

    Das Vajira sutta SN 5.10 sagt über Wesen bzw. Lebewesen folgendes:

    Samyutta Nikaya 5

    Zitat

    Wo da nur eine Anhäufung von bloßen Gestaltungen ist, da nimmt man kein Lebewesen wahr [3]. Denn wie bei Ansammlung der Bestandteile das Wort "Wagen" entsteht, So entsteht, wenn die Lebensbestandteile vorhanden sind, der Ausdruck "Lebewesen [4] ". Aber nur das Leiden entsteht da, Leiden ist vorhanden und vergeht. Nichts außer dem Leiden entsteht, nichts andres als das Leiden wird aufgehoben."


    Und da wird dann verwiesen auf

    Milindapañha 2.1.1-2.1.14


    Zitat

    Auch die Nonne Vajirā, o König, hat in Gegenwart des Erhabenen gesagt: <Gerade wie man infolge des Zusammentreffens einzelner Bestandteile das Wort "Wagen" gebraucht, ebenso auch gebraucht man, wenn die fünf Daseinsgruppen (khandha) da sind, die konventionelle Bezeichnung "Wesen">."


    Das Wesen "Gott" oder höchstes Wesen, wie auch immer, ist also eine konventionelle Bezeichnung, ein Name für etwas, das nur mit den khandhas auftreten kann. Ob das Anhaften dabei bewusst ist oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle - aber Leiden kann ins Bewusstsein treten - weil nur Leiden entsteht und das kann dann als Anlass genommen werden für den Weg der zur Auflösung des Leidens führt.

    :zen:

    Einmal editiert, zuletzt von Leonie ()

  • Gruppen des Ergreifens - Persönlichkeit - diese Begriffe meinen in Buddhas Lehre ein und dasselbe.

    Hier die dazu passende Lehrrede. Aber es wird auch zwischen Persönlichkeit, also sakkāya unterschieden und die ist die Täuschung, die durch Anhaften an die Daseinsgruppen zustande kommt, hier gleichgesetzt mit Dukkha; dagegen dann "Person" (puggala), der Individualität, die auch arhats zukommen, was darauf hinweist, dass es auch die fünf Daseinsgruppen ohne Ergreifen gibt.

    https://palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m044z.html


    Ja die hier zugrundeliegende Unterscheidungnotwendigkeit gibt es konkret vielfach, je nach Begriffsdimension, je nach Kontext des Lehrredeninhalts. Natürlich gibt es ein von Bewusstsein und vom Gefühl stark eingenommenes Handeln, und auch ein distanzierteres, ein nüchterneres, bedachteres Handeln. Hier kommt die extreme andere Seite durch den Begriff Persönlichkeitsglauben zum Ausdruck.


    Es gibt sie (die Daseinsgruppen) eben in Form von klareren Momenten oder auch Menschen und in Form von viel trüberen, affektmässigen Momenten, Stimmungen aber beispielsweise auch in Form von ganzen Menschen, in denen das Affektmässige gefestigt ist.


    Zu dem Wort 'Individalität' im Zusammenhang mit den von dir genannten 'Arahants' - das ist ein interessanter Nebeneffekt oder? - dass diejenigen Menschen, die sich nicht so leicht von einem schnellen Gefühl bewegen lassen, dass diejenigen, die bedachter, nüchterner urteilen oftmals gerade mehr als eine Persönlichkeit angesehen und bezeichnet werden. Und dass es auch ein Bedürfnis gibt, das zu betonen, dass Buddha und auch andere erhelltere Gemüter doch eine Individualität hatten ...


    Konventioneller Bereich des Beschreiben? Ein Wagen hat ja auch Räder. Aber ist ein Wagen ohne Räder schon ein Wagen, so dass man sagen kann, dieser Wagen ohne Räder - der hat Räder?


    ...


    Zitat

    Wo da nur eine Anhäufung von bloßen Gestaltungen ist, da nimmt man kein Lebewesen wahr [3]. Denn wie bei Ansammlung der Bestandteile das Wort "Wagen" entsteht, So entsteht, wenn die Lebensbestandteile vorhanden sind, der Ausdruck "Lebewesen [4] ". Aber nur das Leiden entsteht da, Leiden ist vorhanden und vergeht. Nichts außer dem Leiden entsteht, nichts andres als das Leiden wird aufgehoben


    So erklärt jetzt nicht Buddha, und ich finde das nachvollziehbar, es so nicht zu sagen. Gleichwohl gibt es aber diesen Zustand der Wahrnehmung, in dem man beispielsweise die Zähne in dem Gesicht eines vertrauten Menschens als blosse individuelle Auswachsung in einer fleischlichen Landschaft sozusagen sieht, und nicht als Teil einer Person, eines Wesens


    Zitat

    Auch die Nonne Vajirā, o König, hat in Gegenwart des Erhabenen gesagt: <Gerade wie man infolge des Zusammentreffens einzelner Bestandteile das Wort "Wagen" gebraucht, ebenso auch gebraucht man, wenn die fünf Daseinsgruppen (khandha) da sind, die konventionelle Bezeichnung "Wesen">."


    Eben deswegen kritisierte ich ja den Satz den du da schriebst:


    Zitat

    Im Buddhismus entspricht "Wesen" dem Atta - oder dem Selbst, ich und mein.


    Es war ja auch mein Hinweis, dass Buddha den Begriff Wesen so benutzt wie er den Begriff der Person benutzt. Und da ist ja 'im Buddhismus' die Idee, dass in den Daseinsgruppen jeweils kein Selbst zu finden ist, dass keine Erscheinung wirklich (endgültig, wie man es sich oft erhofft) mein sein kann.


    Was du da immer mit Gott hast ... brauchst du jemanden, der dir sagt. es gibt so ein Wesen nicht, und dann fühlst du dich sicherer, möcht ich mal provokant fragen.