Die Normalen sind die Kränkesten

  • Würdest du dich deshalb als "krank" bezeichnen, wie es Fromm anheim legt?

    Zumindest als unterbelichtet, weil ich nicht ausreichend in der Lage bin, entsprechende Handlungen aus meinem Wissen zu generieren. Zudem ist es schon recht bizarr, an Handlungen festzuhalten, deren Nutzen sich als Trugschluss und schädlich erwiesen hat.

    Das ist in meinen Augen auch nur normal, hahahhah. Ich bin dazu noch "Spätmerker".

  • Ich kenne das nicht, dass mich jemand wegen dieser Eigenheiten als "nicht normal" wahrgenommen hätte. Meine Mitmenschen und auch ich selber sind damit eigentlich gut klargekommen. Das gehört eben auch zur "Normalität".

  • Fromm meint womöglich was anderes: Normatives Verhalten und normative Erwartungen. Nur behandelt er das völlig abstrakt und will (ob seiner Theorie) nicht wahrhaben, dass Gesellschaften nur dann funktionieren, wenn diese Normative regelmäßig und in einem gewissen Umfang unterlaufen werden.

  • „Normalität“ ist Geschmacksache.

    Menschen haben oft Schwierigkeiten, auf das Wesentliche reduzierte Menschen zu verstehen.

    Ein Mensch, der sich auf das Wesentliche reduziert, hat Schwierigkeiten, sich anderen Menschen verständlich zu machen.

    Ich werde den Weg des mich Reduzierens nicht mehr verlassen, kann ich auch nicht.

    Den gehe ich seit Jahrzehnten.

  • Ich kenne das nicht, dass mich jemand wegen dieser Eigenheiten als "nicht normal" wahrgenommen hätte. Meine Mitmenschen und auch ich selber sind damit eigentlich gut klargekommen. Das gehört eben auch zur "Normalität".

    Kann man das immer wissen, wie einen die anderen wahrnehmen?

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Normal wird oft mit angepasst, rational und leistungsfähig verknüpft. Wer all das nicht ist, gilt als unnormal. Nun leben wir in einer Zeit, in der viele Erkenntnisse und Gewohnheiten von gestern, heute ihre schädlichen Konsequenzen offenbaren.

    Normalität verknüpfe ich auch mit eingefahren, relativ konstant/stabil, verlässlich, vertraut....

    Das Unnormale, von der Norm Abweichende, beunruhigt zunächst einmal, lenkt dadurch die Aufmerksamkeit auf sich.

    Z.B. kann, auf körperlicher Ebene, ein Mensch mit Tics bei Menschen, die das nicht kennen und einordnen können, Irritationen auslösen (und er gilt als "krank"/unnormal).


    Ebenso wird abweichendes Verhalten, beispielsweise ein Leben ohne PKW im ländlichen Bereich, knallrot gefärbte Haare bei einer 80-Jährigen, etc. pp. (heute "noch"?) Belustigung oder abwertende Reaktionen nach sich ziehen.

    So ticken die "Normalen"...

    Als normal gilt was die meisten Menschen machen, aber deshalb muss es nicht das Richtige sein.

    Genau, aber was richtig und was falsch ist, darüber streiten sich auch die Geister....


    Darum ist jetzt vielleicht die Zeit der Unnormalen angebrochen, die Anpassung, Rationalität und den Leistungsbegriff generell infrage stellen.

    Eine neue Ära ist auf jeden Fall angebrochen, wo "Normalität" (business as usual) stark und berechtigt hinterfragt wird, aber "Anpassung", im Sinne von "Flexibilität" wird immer vonnöten sein - die Fähigkeit, sich neuen Verhältnissen flexibel anzupassen, erhöht die Überlebenschancen für alle Lebewesen.


    Kranken mangelt es oft an dieser wichtigen Kompetenz, weshalb sie am Altgewohnten/Althergebrachten und Vertrauten anhängen/festzuhalten versuchen.

    Loslassen....öffnen... - und alles fügt sich.


    "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." (F. Hölderlin)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)

  • Ich kenne das nicht, dass mich jemand wegen dieser Eigenheiten als "nicht normal" wahrgenommen hätte. Meine Mitmenschen und auch ich selber sind damit eigentlich gut klargekommen. Das gehört eben auch zur "Normalität".

    Kann man das immer wissen, wie einen die anderen wahrnehmen?

    Das teilt man sich den Kreisen, in denen ich verkehre, idR mit.

  • Das teilt man sich den Kreisen, in denen ich verkehre, idR mit.

    Wenn man sich näher kennt, mag das ja sein, aber es gibt ja auch flüchtige Begegnungen.

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Wenn man sich näher kennt, mag das ja sein, aber es gibt ja auch flüchtige Begegnungen.

    Was bedeutet, dass solche Einschätzungen (falls sie denn getroffen werden) eher ungenau und meistens von geringer Relevanz sind. Ich selbst habe mir angewöhnt, das völlig zu unterlassen.

  • Was bedeutet, dass solche Einschätzungen (falls sie denn getroffen werden) eher ungenau und meistens von geringer Relevanz sind. Ich selbst habe mir angewöhnt, das völlig zu unterlassen.


    Ich danke nämlich man würde Ihn als krank deklarieren und Psychiatrische Begriffe für ihn finden.

    Reine Projektion.
    Kein Interesse an weiterer Unterhaltung mit dir. Dank.

    Steht das nicht im Widerspruch

    denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, drum besser wär's, dass nichts entstünde.


    (Goethes Faust)

  • Steht das nicht im Widerspruch

    Nein, das erste ist ne inhaltliche Aussage zum Text (nicht zur Person). Darüber hinaus möchte ich es bei dieser flüchtigen Begegnung belassen.

  • Ich kann schon lange nicht mehr verstehen, dass man sich in dieser Welt

    wohl fühlen kann.

    Wo hakt es denn genau?

    Hat das "Wohlfühlen" den Anspruch, pausenlos mit positiven Gefühlen erfüllt zu sein, oder ist dir folgendes "Wohlfühlen" bisher unverständlich, dass man seinen Frieden mit dem, was ist schließen kann, und die positiven wie auch die negativen abwechselnd durch einen hindurch ziehen?

  • Ich moechte noch mal auf Fromm's Videostream vom ersten Beitrag zurueckkommen.

    Da sagt Fromm ja u.A. (frei ziiert), dass das Ziel in unserer 'modernen' westlichen Gesellschaft moeglichst grosse Produktion und auch Konsumtion sei, sowie stetiger technischer Fortschritt.


    Ich moechte dazu nur sagen:

    Meiner Meinung nach ist es so, dass wohl diese Gegebenheiten sehr wohl in der 'Masse der Menschen' liegt. Denn jeder Einzelne bestimmt mit, was Produziert wird und was nicht. Wenn die meisten Menschen eher Konsumkritisch eingestellt waeren, dann wuerde auch die Porduktion sehr viel kleiner ausfallen. Wir alle haben es in der Hand, ob mehr Wert auf Quantitaet und 'Massenwarenramsch' gelegt wird oder stattdessen eher Wert auf Qualitaet und Langlebigkeit.


    Und zur Frage, ob die 'Normalen Menschen eher die Kranken' sind. Da sage ich mal: Als krank wird man eingestuft, wenn man unter seinem Zustand leidet. Also Schmerzen, Unwohlsein oder so was hat. Und das ist bei 'den Normalen' eher nicht der Fall. Denn sonst wuerden sie ja was an ihrem Zustand aktiv aendern wollen.


    Ich jedenfalls fuer meinen Teil sehe mich in dieser Gesellschaft als 'krank' an, weil ich unter dem Zustand leide. Aber ich bin mir bewusst, dass es an mir selbst liegt. Ich koennte mich jetzt einfach in 'Traeumereien, Wehklagen und Selbstbemitleidung' fluechten und einfach definieren, ich sei gesund und 'die Normalos' waeren krank. Aber das waere in meinen Augen Realitaetsflucht. Ich moechte wenigstens so ehrlich sein und den gegebenen Ist-Zustand als 'Natur der Primatengattung Mensch' anerkennen. Die Natur hat immer Recht. Wenn der Apfel nun mal immer wegen der Schwerkraft nach unten faellt, kann ich nun mal nicht verlangen, dass er einfach in der Luft schweben bleiben wuerde.

    "Moegen alle Wesen frei von Leid sein."

  • Ich denke, es kommt sehr auf das eigene Menschenbild an, ob man die Normen der Gesellschaft als was positives ( Den Wolf zähmen!) oder negatives ( Verkrüppelung ursprünglicher Gutheit!) sieht.


    Ich denke Buddha ist da näher an Freud.

    Wenn ich an das Wenige denke, was ich über die "Natur des Geistes" gelesen und gehört habe, so finde ich da auch häufig die Rede von einer grundlegenden Gutheit. Diese Gutheit liegt unter den Verschleierungen "verborgen". Daher bin ich mir da nicht sicher, ob man das pauschal so sagen kann.


    Es gab übrigens in den späten 60er Jahren mal einen Versuch die These von Fromm in die Praxis umzusetzen. In Heidelberg wurde ein sozialistisches Patientenkollektiv gegründet, das "die Krankheit zur Waffe" machen wollte. Der Versuch damals muss wohl als gescheitert betrachtet werden. Unter anderem die Nähe zur RAF wurde dem Ganzen zum Verhängnis.


    Die Antilopengang hat dem Patientenkollektiv einen Song gewidmet.


    External Content www.youtube.com
    Content embedded from external sources will not be displayed without your consent.
    Through the activation of external content, you agree that personal data may be transferred to third party platforms. We have provided more information on this in our privacy policy.


    Meiner Meinung nach muss man beide Pole, die Gesellschaft und das Individuum, betrachten, wenn man krankmachende und Krankheit aufrechterhaltende Faktoren ergründen möchte. Wenn das Pendel zu sehr zu einer Seite ausschlägt, wird es zu einseitig.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte