Was ist Achtsamkeit / sati / smrti ?

  • Achtsamkeit oder auf Englisch Mindfulness ist in aller Munde, aber was bedeutet eigentlich Achtsamkeit? Wie wird der Begriff Achtsamkeit / sati (Pali) /smrti (Sanskrit) im Buddhadharma verwendet? Was ist damit genau gemeint? Und welche Funktion hat sie? Und wie wird der Begriff in anderen Kontexten heutzutage definiert und verwendet? Gibt es da eine Übereinstimmung oder eine Diskrepanz?


    Als Anregung und Diskussionsgrundlage hänge ich einen Text an, der eine Korrespondenz zwischen Bhikkhu Bodhi und Alan Wallace zu genau diesem Thema wiedergibt.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Zu Beginn der Korrespondenz stellt Wallace folgende These auf:

    Zitat

    Der Grund, warum ich Ihnen jetzt schreibe, ist, dass ich Sie nach der Bedeutung von sati in den maßgeblichen, Pāli/Theravāda-Quellen aus der Zeit vor dem zwanzigsten Jahrhundert fragen möchte. Wie Sie sehr wohl wissen, ist in der gegenwärtigen Vipassana-Tradition, wie sie im Westen weit verbreitet ist, sati mehr oder weniger als "bloße Aufmerksamkeit" definiert, oder als das von Moment zu Moment nicht urteilende Gewahrsein, dessen was auch immer im gegenwärtigen Moment auftaucht. Es besteht kein Zweifel, dass die Kultivierung einer solcher Achtsamkeit sehr hilfreich ist, aber seltsamerweise habe ich keine Hinweise in den traditionellen Pāli-, Sanskrit- oder tibetischen Quellen gefunden, die diese Definition von sati (smṛti) unterstützen.


    (übersetzt von mir mit Hilfe deepL)

    Sati meint laut Wallace also etwas anderes als offenes Gewahrsein und es gibt hier seinem Verständnis nach eine große Diskrepanz zu der Verwendung des Begriffs in der modernen Vipassana Bewegung.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Es gibt dazu diesen sehr guten Text von.

    Anālayo er geht zunächst von der Grundbedeutung des Erinnerns aus:

    Das Wort sati ist eng mit dem Verb sarati, „erinnern“, verwandt. Die Beziehung von sati zum Erinnerungsvermögen kehrt in der formalen Definition von sati in den Pali Lehrreden wieder. Diese lautet: „Er (oder sie) ist achtsam, ausgestattet mit der höchsten Form klar unterscheidender sati, (so dass er oder sie) Dinge, die vor langer Zeit gesagt oder getan wurden, sich ins Gedächtnis zurückrufen und erinnern kann“.


    Die enge Beziehung von sati zum Gedächtnis wird zudem in der Person des Ananda deutlich, dem persönlichen Begleiter des Buddha. Einer Lehrrede zufolge, welche die hervorragenden Qualitäten verschiedener Schüler auf-listet, war gerade Anandas sati außergewöhnlich entwickelt.

    Auf den ersten Blick erscheint die Assoziation des Erinnern mit sati etwas ver- wirrend, da sati-Meditation ja bedeutet, im gegenwärtigen Moment zu verweilen und zu vermeiden, dass der Geist sich in Erinnerungen aus der Vergangenheit verliert. Dieser offensichtliche Widerspruch lässt sich jedoch durch eine genauere Betrachtung der oben gegebenen Definition von sati auflösen. Dabei zeigt sich, dass die P¤li Lehrreden sati nicht wirklich mit dem Erinnern gleichsetzen, sondern vielmehr darauf hinweisen, dass die Erinnerung gut funktioniert, wenn sati gegenwärtig ist.

  • Er zählt da Gleichnisse auf, die sāti mit "geistiger Weite" in Verbindung bringen:


    Diese enge Verbindung von sati zu geistiger Weite drückt sich auch in mehreren Gleichnissen in den Lehrreden aus. Die in solchen Gleichnissen aus den Pāli Ni-kāyas entworfenen Bilder sind oft sehr hilfreich, um einen deutlichen Eindruck von der Bedeutungsvielfalt von sati im frühen Buddhismus zu bekommen.

    Eines dieser Gleichnisse handelt von einem Kuhhirten, der gut auf seine Kühe achten muss, um zu verhindern, dass sie in die reifen Getreidefelder streunen. Sobald die Ernte eingebracht ist, kann der Hirte sich entspannen, unter einen Baum setzen und seine Kühe aus der Ferne beaufsichtigen. In Bezug auf diese entspannte und distanzierte Art der Beobachtung, spricht das Gleichnis davon, dass er einfach nur auf die Kühe „achtsam sein soll“.


    Die Haltung, die in diesem Gleichnis dargestellt wird, ist ein ruhiges und abgelöstes Beobachten, ein buchstäblich weiter Geisteszustand, der die gesamte Situation im Blick hat.


    Ein weiteres Gleichnis, welches diese Qualität des Überblickens einer Situation von einer abgelösten Position aus untermauert, findet sich in einem Therag¤th Vers. Dieser Vers vergleicht die Übung von sati mit dem Erklimmen einer erhöhten Plattform oder eines Turmes.


    Dieses Turmgleichnis hebt plastisch die Fähigkeit hervor, eine Gesamtsituation zu überblicken und sich dadurch ihrer verschiedenen Aspekte bewusst zu sein. Um die ganze Situation überblicken zu können, ist es nötig, auf einen Turm zu klettern und dadurch Distanz zwischen dem Beobachteten und dem Beobachter herzustellen. Das Gleiche gilt auch für die Entwicklung von sati. Hier ist es innerer Abstand durch Losgelöstheit, der es ermöglicht, einen Überblick über das Geschehen zu erhalten. Diese Distanz ist nicht die eines Kopfmenschen, der den Bezug zum Geschehen verloren hat, son-dern eine affektive Distanz, die von der Situation emotional nicht überwältigt wird. Die Fähigkeit, eine Situation zu überblicken, erscheint noch in einem weiteren Gleichnis. Hier wird sati mit einem umsichtigen Wagenlenker verglichen. Die Qualität, die dieses Bild vermittelt, ist eine vorsichtige und ausgeglichene Übersicht über die Situation. Eine solche Übersicht dürfte im alten Indien schon ge- nauso notwendig gewesen sein, um heil durch den Verkehr steuern zu können, wie in der modernen Welt.

    Aber auch wenn sāti solche Elemente von offener Aufmerksamkeit enthält, ist es nicht gut, es darauf zu reduzieren.


    Mann muß ja nur an Wagenlenker denken. Es mag im Profisport viele Rennfahrer geben, die ganz konzentriert im Augenblick bleiben. Aber eben nicht aus buddhistischen Gründen sondern um zu gewinnen.


    Damit aus bloßer Aufmerksamkeit sāti wird, muß sie sich in den Dienst des Dharma stellen - d.h des Projekt die Wahrnehmung zu betrachten und das Aufkommen von Gier und Hass entgegenzuwirken. Antālayo zitiert hier das Gleichnis von Torwächter:


    Eine solch reine sati zu entwickeln, steht in enger Verbindung mit der Übung der „Zügelung an den Sinnestoren“. Zügelung an den Sinnestoren ist ein wichtiger Aspekt des Stufenweges der meditativen Übung. Der oder die Übende verweilt hierbei hinsichtlich jedes Sinneseindrucks mit reiner sati. Dadurch wird vermieden, dass der oder die Meditierende von den durch das Erlebte ausgelösten Assoziationen und Reaktionen mitgerissen wird. Die Präsenz von sati an den Sinnestoren bedeutet jedoch nicht, dass Sinneseindrücke vermieden werden sollen. Der Buddha erklärt in einer Lehrrede: Wenn das Vermeiden von Sehen und Hören der Verwirklichung zuträglich wäre, dann wären Blinde und Taube fortgeschrittene Übende.Stattdessen zügelt das einfache Gegenwärtighalten der reinen sati die Neigung des Geistes, empfangene Informationen zu beeinflussen. Ein Gleichnis in den P¤li-Lehrreden illustriert dies, indem es sati mit dem Torwächter einer Stadt vergleicht.Im alten Indien war es die Aufgabe eines solchen Torwächters, sicherzustellen, dass wirklich nur die Bürger der Stadt durch die Tore kamen. Zu diesem Zweck musste ein Torwächter mit den Bürgern vertraut sein und er musste während seines Dienstes am Tor wach und aufmerksam bleiben. Gerade so, wie ein guter Torwächter schnell jene erkennt, die die Stadt nicht betreten dürfen, so ermöglicht auch das Vorhandensein von sati das schnelle Erkennen von unheilsamen Assoziationen und Reaktionen an den Sinnestoren.

    Sāti ist daran gebunden, dass die Aufmerksamkeit den Ziel des Dharma folgt.

    also der Torwächter die Differenz heilsam/unheilsam bewacht.


    Wenn der Torwächter etwas anderes bewacht, z.B im Dienste des Abnehmens auf die Kalorien schaut, dann ist das vielleicht lobenswert und eine Form der "Achtsamkeit" aber eben nicht mehr im buddhistischen Kontext -also nicht mehr sāti.

  • Hier eine Wortwolke zu dem Briefwechsel von Alan Wallace und Bhikkhu Bodhi. Was ist in Zusammenhang mit Achtsamkeit von Bedeutung?


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  • Mein Mentor in meinem zweiten Beruf schärfte mir ständig ein:


    "

    Jedesmal, wenn Sie Änderungen an diesem Programm vornehmen, stellen Sie sich unter allen Umständen folgende drei Fragen:

    1) Haben Sie eine Sicherung ?

    2) Wissen Sie, was Sie da tun ?

    3) Wissen Sie wirklich, was Sie da tun ?

    "


    Übertragen auf das Buddha-Dhamma bedeutet Achtsamkeit für mich:

    "Weiss ich, was ich da gerade denke, weiss ich wie ich gerade emotional drauf bin, weiss ich was ich da gerade tue ?"


    Wenn ich wirklich weiss, was ich da tue, wenn ich diese Partei wähle, diese Chaotin noch einmal date, diesen magic mushroom probiere, ... werde ich vielleicht davon Abstand halten.


    :)

  • Hallo Mabil,

    desto achtsamer ich werde, desto mehr kristallisiert sich heraus, wie tief der "Blick" werden muss.


    Ich übe mich schon seit vielen Jahren darin. Sehr hilfreich war und ist das Buch von Analayo "Der direkte Weg - Satipathana", der einen tiefen Einblick vorallem auch durch seine Interpretation verschafft.


    Dennoch musste ich durch den Tod meines Mannes auf schmerzhafteste Weise erfahren, wie unachtsam ich dennoch war.


    Ich hatte es mir offenbar auf einer bestimmten Ebene "gemütlich" gemacht und bildete mir ein, sehr achtsam zu sein.


    Wachgerüttelt dadurch öffnen sich seither Einblicke, die mich eher zum Schweigen bringen.


    Zum Beispiel fällt mir auf, wie lieblos einfach kritisiert wird, obwohl das völlig überflüssig ist. Nur um die eigene "Bildung" zur Schau zu stellen.


    Das fällt mir dann auch bei mir auf.

    Deshalb frage ich mich jetzt immer, warum willst Du das, wem nützt das, möchtest Du Dich rächen, möchtest Du jemanden klein machen ...


    Da geht es nicht nur um Gedanken, Worte, Taten, sondern die Wirkung zieht Kreise - positive Kreise, für die ich wiederum dankbar bin.


    Alles Gute für Dich Mabil

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Dann ist Achtsamkeit, aus früheren Erfahrungen zu wissen, was ich tue. Die Sicherung ist mit Achtsamkeit meine gerichtete Aufmerksamkeit zu überprüfen. Erkenne ich wirklich das Wahrgenommene oder nur meine Vorstellung davon.

    Prüfen des Handelns ist die Achtsamkeit darauf richten: Weiß ich, was ich da tue.

    Die Aufmerksamkeit richtet sich auf das handeln und die Achtsamkeit fragt: Weiß du wirklich, was du tust?


    Aus dem Wissen der Vergangenheit glaube ich zu wissen, was ich tue.

    Das weiß die Aufmerksamkeit, die Achtsamkeit weiß, dass sich die Aufmerksamkeit irrt.


    Die Aufmerksamkeit ist das impulsiv schnell handeln, aber nur in Notlagen erlaubt. Die Achtsamkeit ist der Bremser, die Sicherung, ob überhaupt ein schnelles handeln nötig ist.


    Die Achtsamkeit hindert schnelles handeln der Aufmerksamkeit, wenn sie keine Notlage erkennt. In einer körperlich bedrohenden Notlagen schaltet die Aufmerksamkeit die Achtsamkeit komplett aus, reines instinktives handeln ohne nachdenken.


    Achtsamkeit ist also ein Indikator für Notlagen ohne echtes körperlich bedroht sein und die müssen verhindert werden, denn sie können zu Schäden am eigenen und fremden Körper führen.


    Als der Mensch Sprache und Aufzeichnen von Erfahrungen gelernt hat, wurde die Achtsamkeit erfunden. Denn die benötigt nur der Mensch eben, weil er aus vergangenem, aufgezeichneten Erfahrungen mit Vergangenem, eine Notlage für sein Ego erkennen konnte.


    Die Aufmerksamkeit musste sich mehr um Ego Notlagen kümmern, das gefährdete aber das aufmerksame Wahrnehmen von körperlichen Notlagen. Sogar dazu, dass körperliche Schäden und Lebensgefahr hingenommen wurde, um das Ego zu erhalten. So wurde das Ego Herr über die Vernichtung seines körperlichen.


    Achtsamkeit ist für das Verhindern von Egoschäden.

    Aufmerksamkeit für das Verhindern von Körperschäden.


    Ein Mensch, der keine bewusste Achtsamkeit einübt, wird mit dem impulsiven Ego (Geist) Handlungen nicht die Aufmerksamkeit (Körper) Handlungen vor Schäden durch das erzwungene Ego Wollen verhindern und Dukkha erzeugen.

    Blöde nur das man, um von dukkha frei zu werden, Achtsamkeit erkennen muss und sie nicht mit Aufmerksamkeit gleichsetzen.


    Eingeübte Synonyme sind der Tod befreiten Denkens.

  • Wie wird der Begriff Achtsamkeit / sati (Pali) /smrti (Sanskrit) im Buddhadharma verwendet? Was ist damit genau gemeint? Und welche Funktion hat sie? Und wie wird der Begriff in anderen Kontexten heutzutage definiert und verwendet? Gibt es da eine Übereinstimmung oder eine Diskrepanz?

    Lieber Maha,


    zu deiner Frage: Das ganze Wirrwarr mit den Begriffen hatte mich immer irritiert. Es ist besser, immer die ursprünglichen Quellen zu lesen. Außer Analayo, der meiner Meinung nach der beste ist, gibt es alle drei Bände( von Ihm) zu Satipatthana zum Herunterladen. Zwei Bücher sind auf Deutsch erschienen. Ich kann das kleine Büchlein von Amadeo Sole-Leris empfehlen: "Die Meditation, die der Buddha selber lehrte. Wie man Ruhe und Klarblick gewinnen kann" (Herder-Spektrum, 1994). Schau auf Amazon, es kostet nicht viel.


    Zum Thema einige Worte: So wie Nyanaponika und auch der Visuddhi Magga unterscheiden zwischen "Ruhe", also "Konzentration", und der "Einsicht". Der klare Blick in die Natur der Dinge, also in die Leerheit, zeigt, dass alles, was entsteht, auch vergeht. Dies folgt dem Kausalitätsgesetz. Im Sinne, dass uns absolut nichts gehört oder anders betrachtet, dass wir mit allem verbunden sind. Das gleitet jedoch in Off-Topic ab, sorry...


    Was ich sagen wollte: Das sind zwei verschiedene Schuhe. Ohne eine fest verankerte Konzentration wäre es nicht möglich, den klaren Blick zu bekommen. Zumindest habe ich es so verstanden und entsprechend praktiziere ich es. Alles Gute dir herzlich. :) _()_ :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Mit verankerter Konzentration wird sowohl Aufmerksamkeit als auch Achtsamkeit torpediert und verankerte Konzentration zu einer Falle, dem Starren des verankert Konzentrierten auf ein Seil, das eine Schlange sein könnte, eine Schlange, die ein Seil sein könnte. Tödlich oder lächerlich kann weder mit Achtsamkeit noch mit Aufmerksamkeit erkannt werden.

  • Mit verankerter Konzentration

    Richtig, deswegen sollte man die richtige Balance finden, lieber Qualia, und das ist sehr individuell. :dao: :) :taube:

    Die richtige Balance erscheint, wenn die gelernte verankerte Konzentration erkannt und dann losgelassen wird. Nicht individuell, die Lehre alles festhalten, verankertes loszulassen.

  • Gerade wenn man selber an einer möglichst "reinen" Motivation arbeitet, wo Achtsamkeit dem Ziel dient Befreiung zu erlangen, kann es einen ja verwirren, wenn "Achtsamkeit" zu einem Trend wird, der

    er Verbesserung des Lebens ( Beruf, Partnerschaft, Gesundheit) dienen soll. Dies kann das Bedürfnis weckt sich davon abzugrenzen.


    Wobei das schwer ist: Weil man selber ja in Allgemeinen vielleicht keine so reine Motivation hat, wie man sie sich wünschen würde. Man meditiert ja mitunter auch weil es einen freudiger, gelassener, ausgeglichener und glücklicher macht. Aber gerade so ein Zweifel kann einen noch mehr dazu bringen, rein von unrein trennen zu wollen. Einerseits ist es natürlich sinnvoll Dharma von Weltlichen abzugrenzen, aber es kann natürlich in einen "religiösen Dünkel" münden, wo man auf den anderen herabschaut.

  • Das "von Moment zu Moment nicht urteilende Gewahrsein, dessen was auch immer im gegenwärtigen Moment auftaucht" erinnert an die Übungsanweisung des Buddha an Mālukyaputta:

    Zitat

    Hier wird, Mālunkyaputto, für dich bei den Dingen, die gesehen, gehört, erlebt, bewusst geworden sind, das Gesehene nur Gesehenes sein, das Gehörte nur Gehörtes sein, das Erlebte nur Erlebtes sein, das Bewusstgewordene nur Bewusstgewordenes sein. (S.35.95)

    Mir scheint das eine Kurzfassung von sati, zu sein, wie es im Mahāsatipaṭṭhānasuttaṃ (D.22) dargestellt ist. Paṭṭhāna bedeutet errichten und sati wird im Hinblick auf den Körper, die Gefühle, des Geisteszustandes und der Lehrglieder errichtet. Das ist der Weg "zur Läuterung, zur Überwindung von Kummer und Jammer, zum Schwinden von körperlicher und geistiger Pein, zum Erlangen des Wissens, zur Verwirklichung des Erlöschens." Am Ende kommt das selbe dabei heraus wie bei der Übung des Mālunkyaputto, Läuterung des Ich-Dünkels und Anatta-Verwirklichung.


    Nach Nyanatiloka bedeutet Vipassanā (Hellblick) das Erkennen der drei Daseinsmerkmale dukkha, anicca und anattā. Das "nicht urteilende Gewahrsein" wäre also mit dieser Verwirklichung verbunden. Ich glaube nicht, dass sich satipaṭṭhāna und der achtfache Pfad abkürzen lässt indem man sich einfach hinsetzt und dieses Gewahrsein lange genug aufrecht erhält.

    Nach Nyanatiloka ist sati "im weitesten Sinne ein mit allem heilsamen und edlen Bewusstsein untrennbar verbundener Geistesfaktor". Die Unterscheidung von heilsam und unheilsam und das alltägliche Handeln danach ist wohl eine Stufe von sati, die zuerst einmal bewältigt werden muss, um mit Vipassanā voranzukommen. Gewöhnlich ist es schon schwer dieses höchste Gewahrsein auch nur für einen Augenblick ganz klar zu etablieren.

  • Aber auch wenn sāti solche Elemente von offener Aufmerksamkeit enthält, ist es nicht gut, es darauf zu reduzieren.


    Mann muß ja nur an Wagenlenker denken. Es mag im Profisport viele Rennfahrer geben, die ganz konzentriert im Augenblick bleiben. Aber eben nicht aus buddhistischen Gründen sondern um zu gewinnen.


    Damit aus bloßer Aufmerksamkeit sāti wird, muß sie sich in den Dienst des Dharma stellen - d.h des Projekt die Wahrnehmung zu betrachten und das Aufkommen von Gier und Hass entgegenzuwirken.

    Nyanaponika hat Achtsamkeit wohl mit "bare attention" übersetzt. Das kann man auf deutsch vielleicht mit bloßer Aufmerksamkeit ausdrücken. Er sah laut Bhikkhu Bodhi aber diese Übersetzung nicht als den kompletten Begriff der Achtsamkeit, sondern mehr als eine Phase , einen Aspekt oder eine Anwedndung an. Bhodi betont auch mehrmals, dass Aufmerksamkeit nicht absolut bloß jeder anderen Qualitäten sein kann:


    Zitat

    In fact, I doubt very much that there is such a thing as “bare attention” in the sense of mindfulness completely devoid of ethical evaluation and purposive direction.


    In der Tat bezweifle ich sehr, dass es so etwas wie "bloße Aufmerksamkeit" im Sinne von Achtsamkeit ohne ethische Bewertung und zweckgebundene Richtung geben kann.

    Die Achtsamkeit kommt auch nicht ohne begleitende Geisteszustände und Haltungen vor. Bodhi stellt sie in den Kontext des achtfachen Pfads und führt weiter aus:

    Zitat

    In the actual development of right mindfulness, as I understand it, sammā sati must always be guided in right view, steered by right intention, grounded in the three ethical factors, and cultivated in conjunction with sammāvāyāma, right effort; right effort necessarily presupposes the distinction of mental states into the unwholesome and the wholesome.


    Bei der eigentlichen Entwicklung der rechten Achtsamkeit, so wie ich sie verstehe, muss sammā sati immer in rechter Sichtweise geführt werden, gelenkt von rechter Absicht, in den drei ethischen Faktoren gründen und in Verbindung mit sammā vāyāma, rechter Anstrengung, kultiviert werden; rechte Anstrengung setzt notwendigerweise die Unterscheidung der geistigen Zustände in das Unheilsame und das Heilsame voraus.

    Diese Eigenschaft der unterscheidenen und ethischen Bewertung von Geisteszuständen muss also zur Achtsamkeit hinzu kommen. Und hier wird auch eine wesentliche Differenz zu modernen Adaptionen der Achtsamkeit in anderen Kontexten sichtbar. Hier geht es anscheinend oft ausschließlich darum im jetzigen Moment gegenwärtig zu sein und alles was sich zeigt anzunehmen. Das kritisiert Alan Wallace, wenn er schreibt:


    Zitat

    One of the most disturbing trends I’ve seen in the modern Vipassana tradition is a kind of ethical neutrality that acknowledges no significant difference between wholesome and unwholesome mental states and rejects any attempt to favor one kind of mental process over another. “Nonjudgmentally accept every aspect of yourself” is a refrain I’ve heard time and again, and on multiple levels this is fundamentally at variance with the whole of the Buddha’s teachings.


    Einer der beunruhigendsten Trends, die ich in der modernen Vipassana-Tradition beobachtet habe, ist eine Art ethischer Neutralität, die keinen signifikanten Unterschied zwischen heilsamen und unheilsamen Geisteszuständen anerkennt und jeden Versuch ablehnt, eine Art von geistigem Prozess gegenüber einem anderen zu bevorzugen. "Nimm jeden Aspekt deines Selbst wertfrei an" ist ein Refrain, den ich immer wieder gehört habe, und auf mehreren Ebenen steht dies im grundlegenden Widerspruch zu den gesamten den Lehren des Buddha.

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    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Paṭṭhāna bedeutet errichten und sati wird im Hinblick auf den Körper, die Gefühle, des Geisteszustandes und der Lehrglieder errichtet.

    Eine andere Übersetzung / Herleitung von satipatthana wird von Bodhi favorisiert:

    Zitat
    There is one word often used in relation to sati which, I think, gives evidence of an attempt to ascribe a new meaning to the old word. This word is Pāli upaṭṭhāna (Skt upastāna). The word is closely connected with sati, and indeed the best known compound involving sati is comprised of sati and this word: satipaṭṭhāna (in my notes to the Connected Discourses of the Buddha I present reasons for preferring a derivation of the compound from sati + upaṭṭhāna to a derivation from sati + paṭṭhāna; Skt in fact has smṛtyupasthāna). The word upaṭṭhāna has the sense of “presence, standing near, attendance upon."

    Es gibt ein Wort, das oft im Zusammenhang mit sati verwendet wird, das meiner Meinung nach von dem Versuch zeugt, dem alten Wort eine neue Bedeutung zuzuschreiben. Dieses Wort ist Pāli upaṭṭhāna (Skt upastāna). Das Wort ist eng mit sati verbunden, und tatsächlich besteht die bekannteste Verbindung, die sati beinhaltet, aus sati und diesem Wort: satipaṭṭhāna (in meinen Notizen zu den Zusammenhängenden Reden des Buddha führe ich Gründe an, warum ich eine Ableitung der Verbindung von sati + upaṭṭhāna gegenüber einer Ableitung von sati + paṭṭhāna vorziehe; Skt hat in der Tat smṛtyupasthāna). Das Wort upaṭṭhāna hat die Bedeutung von "Anwesenheit, Stehen in der Nähe, Anwesenheit bei".

    So auch Analayo:

    Zitat

    In den Lehrreden erscheint sati häufig mit dem Verb upatthahati, was darauf hinweist, dass upatthana die etymologisch korrekte Herleitung wäre. Dies wird untermauert durch den Sanskrit Begriff smrtyupasthana, der bestätigt, dass upasthana oder sein P¤ai Equivalent upatthana, die richtige Wahl für den zweiten Teil des Kompositum ist. Satipatthana von sati + upatthana herzuleiten ist auch grammatikalisch korrekt, da entsprechend der Regeln zur Bildung eines Kompositums entweder der letzte Buchstabe i von sati oder der erste Buchstabe u von upatthana wegfallen kann. Somit wäre das Wort satipatthana also tatsächlich ein mögliches Ergebnis der Kombination von sati mit upatthana.

    Das Wort upatthana steht für „nahebei platzieren“ oder „präsent sein“. Damit würde dann des Begriff satipatthana auf eine besondere Weise des Gegenwärtigseins durch sati hinweisen. Durch satipatthana ist sati „präsent“, im Sinne einer dem hier und jetzt zugewandten Aufmerksamkeit. Das Wort satipatthana könnte dann also als „Gegenwärtigsein von sati“ übersetzt werden.


    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    2 Mal editiert, zuletzt von Maha () aus folgendem Grund: Ergänzung Zitat von Analayo

  • Gerade wenn man selber an einer möglichst "reinen" Motivation arbeitet, wo Achtsamkeit dem Ziel dient Befreiung zu erlangen, kann es einen ja verwirren, wenn "Achtsamkeit" zu einem Trend wird, der

    er Verbesserung des Lebens ( Beruf, Partnerschaft, Gesundheit) dienen soll. Dies kann das Bedürfnis weckt sich davon abzugrenzen.

    Das heißt im Grunde genommen ist Achtsamkeit zunächst ein neutrales Werkzeug, das man für verschiedene Zwecke einsetzen kann. Ein Zweck ist der Fortschritt auf einem spirituellen Weg. Aber an sich ist Achtsamkeit nicht per se eine spirituelle (nicht-weltliche) Praxis.

    Ich bin mir noch nicht so ganz sicher: Ist Achtsamkeit wirklich ethisch völlig neutral oder ist alleine schon die Haltung der Achtsamkeit mit einer bestimmten ethischen Qualität - einer heilsamen oder ganzheitlichen Qualität - verbunden?

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  • . Gewöhnlich ist es schon schwer dieses höchste Gewahrsein auch nur für einen Augenblick ganz klar zu etablieren.

    Richtig, weil die Art der Wahrnehmung stark durch die Triebe( kilesa) beeinflusst wird. Deshalb muss man den ganzen Weg gehen, alle Stufen durchlaufen, und nicht nur meditieren. Das steht für mich nicht zur Debatte.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich bin mir noch nicht so ganz sicher: Ist Achtsamkeit wirklich ethisch völlig neutral oder ist alleine schon die Haltung der Achtsamkeit mit einer bestimmten ethischen Qualität - einer heilsamen oder ganzheitlichen Qualität - verbunden?

    Ich weiß es nicht.


    Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass die Realität selber ja ich-los und vergänglich ist und dass man, wenn man Achtsamkeit und Sammlung sorgsam schult, automatisch auf diese Wahrheit stößt.


    Aber auf der anderen Seite gibt es ja das Beispiel von Leuten, die über bemerkenswerte spirituelle Fähigkeiten verfügten, aber dann an einen Punkt kam, wo das nicht reicht. Mir fällt da Devadatta ein, der ja ein Vorbild an Asketentum, Disziplin und Sammlung war. Der edle echtfache Pfad hat ja mehrere Pfadglieder und vielleicht sind Achtsamkeit, Sammlung und Disziplin nicht genug. Und stößen von da aus alleine an eine Grenze?

  • Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass die Realität selber ja ich-los und vergänglich ist und dass man, wenn man Achtsamkeit und Sammlung sorgsam schult, automatisch auf diese Wahrheit stößt.

    Oder kann Achtsamkeit in der Meditation z.B. auf den Atem als Objekt zu einer Geistesruhe führen und wie ein Anaestethikum wirken, das uns gegenüber der schmerzhaften Realität betäubt statt uns direkt zu höherer Einsicht in die Wahrheit zu führen? Der fließende Übergang von Shamata (Ruhe) zu Vipashyana (Einsicht) ist eine Frage, die in dem Briefwechsel auch angeschnitten wird. Es werden zwei verschiedene Formen genannt, einmal mit Vertiefungen (jhanas) als Basis für Einsicht und einmal ohne Vertiefungen, der sogenannte "dry insight" Weg. Wie die Gestaltung dieses Übergangs in der Praxis aussehen kann ist mir auch noch nicht so ganz klar.

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  • Asketentum ist für mich keine Achtsamkeit, sondern eine Konzentration mit einem Willen zum Zwang. Der ist nutzlos und vom Ego gesteuert.


    Einsichten erscheinen da nur selten. Deshalb hat der Buddha auch erst durch die "Ent-Spannung" danach Erleuchtung erlangt.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass die Realität selber ja ich-los und vergänglich ist und dass man, wenn man Achtsamkeit und Sammlung sorgsam schult, automatisch auf diese Wahrheit stößt.

    Oder kann Achtsamkeit in der Meditation z.B. auf den Atem als Objekt zu einer Geistesruhe führen und wie ein Anaestethikum wirken, das uns gegenüber der schmerzhaften Realität betäubt statt uns direkt zu höherer Einsicht in die Wahrheit zu führen? Der fließende Übergang von Shamata (Ruhe) zu Vipashyana (Einsicht) ist eine Frage, die in dem Briefwechsel auch angeschnitten wird. Es werden zwei verschiedene Formen genannt, einmal mit Vertiefungen (jhanas) als Basis für Einsicht und einmal ohne Vertiefungen, der sogenannte "dry insight" Weg. Wie die Gestaltung dieses Übergangs in der Praxis aussehen kann ist mir auch noch nicht so ganz klar.

    Achtsamkeit ist für mich ein von Moment zu Moment wachsames wertfreies Beobachten dessen, was geschieht - sowohl in sich selbst als auch aussen herum.


    Die Achtsamkeitsmeditationist nur ein Achtel der Regeln.


    _()_

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    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Was bleibt, wenn der achtfache Weg nicht ausreicht, man auf eine Grenze stößt, von der man weiß, dass es eine Grenze ist? Es ist alles in Ordnung und doch nicht Frieden? Wie Buddha es machte, verlassen aller Lehrer.


    Was bleibt, kann ich nicht beschreiben, wenn der achtfache Pfad losgelassen wurde. Das beschreiben, meines Sitzens ist auch nicht mehr zu beschreiben.


    Um handeln zu entscheiden, bleibt nur nicht festhalten von Lust oder Schmerz. Nicht sich bremsen vor einen Griff ins Klo, ich kann mir ja nachher die Hände waschen. Abenteuerlich für mich, stinklangweilig für jeden, der mich beurteilt.

  • Wenn es nicht weitergeht, weil die Grenze erreicht wurde, habe ich jeden Lehrer verlassen, blieb ihm/ihr aber bis heute dankbar.


    Denn ohne ihn/sie wäre ich ja gar nicht so weit gekommen.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • Bhikkhu Bodhi:

    He [Nyanaponika] held that in the proper practice of right mindfulness, sati has to be integrated with sampajañña, clear comprehension, and it is only when these two work together that right mindfulness can fulfill its intended purpose.


    Er [Nyanaponika] vertrat die Ansicht, dass in der richtigen Praxis der rechten Achtsamkeit sati mit sampajañña, dem klaren Verständnis, integriert werden muss und nur, wenn diese beiden zusammenwirken, kann die rechte Achtsamkeit ihren beabsichtigten Zweck erfüllen.

    Sampajañña, die "Wissensklarheit", muss mit der Achtsamkeit zusammen wirken, um zu dem beabsichtigten Zweck, was hier wohl Sammlung (Konzentration), Einsicht in die drei Daseinsfaktoren und letztlich Befreiung aus Samsara meint, zu gelangen.


    [80.] 86. Welcher Mensch gilt als "wissensklar", und was ist da "Wissensklarheit" (sampajaññam)?


    Die Weisheit, die da Wissen ist, Forschen, Erforschen, Ergründen der Wahrheit, Beobachtung, Unterscheidung, Beurteilung, Aufgeklärtheit, Geschicklichkeit, Scharfsinn, Gewißheit, Überlegung, Untersuchung, umfassendes Wissen, Klugheit, lenkende Weisheit, Klarblick, Wissensklarheit, anspornende Weisheit, Fähigkeit der Einsicht, Kraft der Einsicht, Schwert der Weisheit, Turm der Weisheit, Licht der Weisheit, Glanz der Weisheit, Leuchte der Weisheit, Schatz der Weisheit, Unverblendung, Wahrheitsergründung, rechte Erkenntnis: das nennt man Wissensklarheit. Der mit dieser Wissensklarheit ausgerüstete Mensch aber gilt als wissensklar.

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  • Paṭṭhāna bedeutet errichten und sati wird im Hinblick auf den Körper, die Gefühle, des Geisteszustandes und der Lehrglieder errichtet.

    Eine andere Übersetzung / Herleitung von satipatthana wird von Bodhi favorisiert:

    Zitat
    There is one word often used in relation to sati which, I think, gives evidence of an attempt to ascribe a new meaning to the old word. This word is Pāli upaṭṭhāna (Skt upastāna). The word is closely connected with sati, and indeed the best known compound involving sati is comprised of sati and this word: satipaṭṭhāna (in my notes to the Connected Discourses of the Buddha I present reasons for preferring a derivation of the compound from sati + upaṭṭhāna to a derivation from sati + paṭṭhāna; Skt in fact has smṛtyupasthāna). The word upaṭṭhāna has the sense of “presence, standing near, attendance upon."

    Es gibt ein Wort, das oft im Zusammenhang mit sati verwendet wird, das meiner Meinung nach von dem Versuch zeugt, dem alten Wort eine neue Bedeutung zuzuschreiben. Dieses Wort ist Pāli upaṭṭhāna (Skt upastāna). Das Wort ist eng mit sati verbunden, und tatsächlich besteht die bekannteste Verbindung, die sati beinhaltet, aus sati und diesem Wort: satipaṭṭhāna (in meinen Notizen zu den Zusammenhängenden Reden des Buddha führe ich Gründe an, warum ich eine Ableitung der Verbindung von sati + upaṭṭhāna gegenüber einer Ableitung von sati + paṭṭhāna vorziehe; Skt hat in der Tat smṛtyupasthāna). Das Wort upaṭṭhāna hat die Bedeutung von "Anwesenheit, Stehen in der Nähe, Anwesenheit bei".

    So auch Analayo:

    Zitat

    In den Lehrreden erscheint sati häufig mit dem Verb upatthahati, was darauf hinweist, dass upatthana die etymologisch korrekte Herleitung wäre. Dies wird untermauert durch den Sanskrit Begriff smrtyupasthana, der bestätigt, dass upasthana oder sein P¤ai Equivalent upatthana, die richtige Wahl für den zweiten Teil des Kompositum ist. Satipatthana von sati + upatthana herzuleiten ist auch grammatikalisch korrekt, da entsprechend der Regeln zur Bildung eines Kompositums entweder der letzte Buchstabe i von sati oder der erste Buchstabe u von upatthana wegfallen kann. Somit wäre das Wort satipatthana also tatsächlich ein mögliches Ergebnis der Kombination von sati mit upatthana.
    Das Wort upatthana steht für „nahebei platzieren“ oder „präsent sein“. Damit würde dann des Begriff satipatthana auf eine besondere Weise des Gegenwärtigseins durch sati hinweisen. Durch satipatthana ist sati „präsent“, im Sinne einer dem hier und jetzt zugewandten Aufmerksamkeit. Das Wort satipatthana könnte dann also als „Gegenwärtigsein von sati“ übersetzt werden.



    Die Übersetzung habe ich aus dem Wörterbuch von Klaus Mylius: paṭṭhāna n <vgl skr prasthāna> Beginnen tr, Errichten.


    Ich habe keine Ahnung, aber der Mann ist Indologe und Universitätsprofessor. Jedenfalls dürften beide Übersetzungen ihre Berechtigung haben, damit sati gegenwärtig ist, muss es ja durch eine "dem hier und jetzt zugewandten Aufmerksamkeit" begonnen bzw. errichtet werden.