Bedingungen und Ursachen

  • Eigentlich war ja meine ursprüngliche Idee für diesen Thread sich über die Theorien von Ursachen und Wirkungen in der buddhistischen Abhidharma-Philosophie auszutauschen.


    Jetzt ist daraus doch eher eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Philosophie und Philosophieren an sich geworden. Ist ja auch spannend. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns in dem Punkt einig werden.

    Das Debattieren über Philosophie an sich macht keinen Sinn. Philosophie besteht nicht aus sich selbst heraus. Das gilt für alle Philosophien, die auf der Welt entstanden sind, auch wenn sie recht unterschiedlich sind. Philosophie dient der Gewinnung von Weisheit.


    So ist es auch im Abhidharma. Er ist auch eine Philosophie und ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Analyse der Bewusstseinsphänomene und Darstellung ihrer Beziehungen zueinander und zur Außenwelt. Dies dient dazu, das abhängige Entstehen immer besser zu verstehen. Je besser man das abhängige Entstehen versteht desto besser versteht man, dass die Bewusstseinsphänomene kein Eigenwesen besitzen. Weil sie kein Eigenwesen besitzen, kann man die falschen Vorstellungen, die einen an das Samsara fesseln, überwinden.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

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    :zen:



  • Eigentlich war ja meine ursprüngliche Idee für diesen Thread sich über die Theorien von Ursachen und Wirkungen in der buddhistischen Abhidharma-Philosophie auszutauschen.

    Und warum bleibst du dann nicht bei deiner ursprünglichen Frage und führst den Thread?

  • Diese reine Lehre und deren Einfachheit sind wie du sagst eine Überlieferung (von vielen) und eine Vorstellung. Einen unmittelbaren Zugang zu der authentischen Einfachheit gibt es nicht. Nur durch Vermittlung einer bestimmten Tradition und Schulbildung sind sie für uns heute zugänglich.

    Von "reiner Lehre" habe ich nichts geschrieben, eher etwas vom Kern der Lehre. Es ist aber auch richtig, dass die Lehre immer nur über Traditionen vermittelt wird, also als Praxis. Die verschriftlichen Formen der Lehre,wie auch die Elemente bevorzugter Prais können sich tatsächlich sehr unterscheiden, aber das sind nach meinem Schluß eher Äußerlichkeiten, die sich aus dem konkreten historischen Kontext, jeweils aktuellen Fragestellungen usw ergeben haben.
    Manche Leute meinen, dass es einen unüberwindlichen Graben zwischen meiner Zen-Tradition und dem Pali-Suttapitaka gibt. Ich finde das nicht, ich sehe, dass der Kern der Lehre völlig unversehrt ist.

    Und der Fokus wäre, das Leiden und dessen Aufhebung? Die philosophische Erklärung und Untermauerung von der Lehre Buddhas soll stets auf diese Kernfrage bezogen bleiben. Das ist sicher ein sinnvoller Grundsatz beim Philosophieren im Sinne des Buddhismus.

    Will ich wohl meinen, nicht nur was die Philosophie betrifft, sondern eben auch die allgemeine Praxis. Bei der Fülle des Materials verlieren sich manche nur zu gern unter Bäumen, ohne noch den Wald sehen zu können.

    Du meinst, dass die mangelnde Belesenheit und das fehlende Wissen über die Primärquellen, was zum Verlust des Fokus auf die Kernfrage führt, gegen philosophische Diskussion sprechen. Wenn sie entsprechend fundiert, belesen und fokussiert daher kommt, wäre sie durchaus sinnvoll? Da das aber nicht möglich ist, sollte man es lieber gleich lassen.

    Es liegt eher selten an "mangelnder Belesenheit", sondern an mangelnder Bereitschaft, seinen eigenen Standpunkt zu hinterfragen (Bestätigungsfehler) und deshalb das Gelesene oder Gehörte misszuverstehen. Warum sollte es nicht möglich sein, das zu korrigieren? Ich sehe das als wesentlichen Punkt buddhistischer Praxis.

    Eigentlich war ja meine ursprüngliche Idee für diesen Thread sich über die Theorien von Ursachen und Wirkungen in der buddhistischen Abhidharma-Philosophie auszutauschen.

    Tja, dumm gelaufen, aber so ist das hier.

    Wobei ich mich wieder frag, auf welche konkreten Abhidhamma-Quellen du dich eigentlich beziehst. So ganz allgemein wird das wohl nix.

    Jetzt ist daraus doch eher eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Philosophie und Philosophieren an sich geworden

    War nicht mein Punkt, will mich da nicht wiederholen.

  • Im Koma-Zustand oder während eines sehr tiefen Schlafes ohne Träume gibt es keine "Sinnenkraft".

    Wie kann man den "Haupt-Geist" definieren? :?:

    Das Ganze wirkt für mich wie eine ausgeklügelte intellektuelle Akrobatik, und ich bezweifle sehr, dass es in der Praxis tatsächlich nützlich sein kann.

    Sowohl im Koma-Zustand als auch im Schlaf gibt es Bewusstsein und somit auch begleitende Geistesfaktoren und die Übereinstimmungen zwischen beiden. Im Gegensatz zum Wachzustand ist das Bewusstsein nicht manifest, sondern nur latent gegeben. Gäbe es im Koma oder im Schlaf keine Bewusstsein, dann könnte man weder aus dem Koma noch aus dem Schlaf erwachen.


    In Unterscheidung zwischen der Mitte und den Extremen (Madhyanthavibhanga), das traditionell Maitreya zugeschrieben wird, heißt es:

    Zitat

    Das Wahrnehmen des Objektes ist das Hauptbewusstsein; dessen Besonderheiten sind die Geistesfaktoren. (I, 8 )


    Vasubhandu schreibt im Abhidharmakosa

    Zitat

    Das Hauptbewusstsein ist die Haupterkenntnis des Objektes als etwas Individuelles. (I, 16a)


    Dem gegenwärtigen Bewusstseinsmoment ging ein unmittelbar vorhergehender Bewusstseinsmoment voraus. Der gegenwärtige Bewusstseinsmoment wird ein vorhergehender Bewusstseinsmoment für den folgenden Bewusstseinsmoment sein.


    Ist ein Bewusstseinsmoment von unheilsamen Geistesfaktoren geprägt wird dies Auswirkungen auf den nachfolgenden Bewusstseinsmoment haben; ebenso wenn er durch heilsame Geistesfaktoren geprägt ist. In der Dharmapraxis haben wir die Möglichkeit unsere Bewusstseinsmomente heilsam auszurichten und die unheilsamen Prägungen zu bereinigen und keine neuen unheilsamen Prägungen hervorzubringen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Sowohl im Koma-Zustand als auch im Schlaf gibt es Bewusstsein und somit auch begleitende Geistesfaktoren und die Übereinstimmungen zwischen beiden. Im Gegensatz zum Wachzustand ist das Bewusstsein nicht manifest, sondern nur latent gegeben. Gäbe es im Koma oder im Schlaf keine Bewusstsein, dann könnte man weder aus dem Koma noch aus dem Schlaf erwachen.

    Tja, Helmut . .

    Aber kann man nicht auch vom Nicht-Erwachen sprechen, also von den Bardo-Zuständen oder dem "Grundbewusstsein" (alaya-vijnana) nach der Nur-Geist-Schule?

    Genau diese "Latenzen" würden weiter in bestimmten Weise transportiert werden. (entsprechend"karmischem Muster", sozusagen).

    Ich persönlich betrachte dies als ein Schlupfloch zum Atman, also dem universellen Träger.

    Besonders interessant es ist hier die Frage über die Wiedergeburt, aber was konkret wird dann geboren? Weiß ich nicht, siehe hier, das ist von Nayanatiloka:


    Zitat

    «Gesetzt, o König, ein Mann zünde sich zur Zeit des Frostes ein Feuer an. Und nachdem er sich gewärmt habe, gehe er weg, ohne das Feuer auszulöschen. Jenes Feuer aber ergreife das Feld eines anderen. Und der Eigentümer jenes Feldes nehme ihn fest und bringe ihn vor den König mit der Anklage, ihm sein Feld eingeäschert zu haben. Jener aber sage: <Ich habe nicht dessen Feld angezündet, o Herr. Denn das Feuer, das ich versäumt habe auszulöschen, war nicht dasselbe, wodurch dessen Feld eingeäschert wurde. Ich habe keine Strafe verdient.> - Würde da nicht jener Mann doch der Strafe schuldig sein?»

    «Gewiß, o Herr!»

    «Und aus welchem Grunde?»

    «Was jener auch immer vorbringen mag, so verdient er eben Strafe wegen des letzten Feuers, denn dieses konnte ohne das frühere Feuer nicht entstehen.»

    «Genau in derselben Weise nun, o König, wird durch diese gegenwärtige körperlich-geistige Verbindung ein gutes oder böses Wirken betätigt, und zufolge jenes Wirkens wird wiederum eine neue körperlichgeistige Verbindung geboren.»

    Das ist für mich nicht genug stichhaltig. Denn es gibt so wie die Lücke dazwischen. Wenn ich es richtig erinnere, dieses Detail war sehr gut von Sudhana bemerkt. ( Visuddhi-Magga)


    Mil. 2.2.6. Wiedergeburt

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Jetzt ist daraus doch eher eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Philosophie und Philosophieren an sich geworden. Ist ja auch spannend. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns in dem Punkt einig werden.

    Für mich ist da nicht sehr viel Widerspruch. Es ist wie Metta schreibt:


    Ich meine den Buddha, von dem überliefert wurde, dass er nur das "Leiden und des Leidens Aufhebung" lehrte

    Der Erhabene hielt mehrere Jahrzehnte lang den unterschiedlichen Menschen Lehrreden. Was für den Moment ok war, aber als man dann die Lehrreden zusammenfasste, merkte man das unterschiedliche Leute das unterschiedlich verstanden und versuchte es zu systematisieren und die einzelnen Begriffe zu klären. Es handelt sich also nicht um spekulative Philosophie die zu neuen Ideen kommen will sondern um eine Hilfswissenschaft deren Ziel es ist das vom Buddha gesagte für alle klar und nachvollziehbar zu machen.

  • Sowohl im Koma-Zustand als auch im Schlaf gibt es Bewusstsein und somit auch begleitende Geistesfaktoren und die Übereinstimmungen zwischen beiden. Im Gegensatz zum Wachzustand ist das Bewusstsein nicht manifest, sondern nur latent gegeben. Gäbe es im Koma oder im Schlaf keine Bewusstsein, dann könnte man weder aus dem Koma noch aus dem Schlaf erwachen.

    Tja, Helmut . .

    Aber kann man nicht auch vom Nicht-Erwachen sprechen, also von den Bardo-Zuständen oder dem "Grundbewusstsein" (alaya-vijnana) nach der Nur-Geist-Schule?

    Genau diese "Latenzen" würden weiter in bestimmten Weise transportiert werden. (entsprechend"karmischem Muster", sozusagen).

    Ich persönlich betrachte dies als ein Schlupfloch zum Atman, also dem universellen Träger.

    Du würfelst hier doch einiges durcheinander. Im Dhammasangani, eine der wichtigsten Schriften des Theravada-Abhidharma, geht es zum die Analyse der Bewusstseinsvorgänge. Allein beim heilsamen Bewusstsein werden 52 Faktoren genannt und erklärt. Im Abhidharmakosa von Vasubandu geht es darüber hinaus um die Zusammenhänge zwischen diesen Bewusstseinsfaktoren. Es geht dabei überhaupt nicht um Bardo-Zustände oder das Allem-zugrundeliegende Bewusstsein der Cittamatrins.


    Dass Bewusstseinsmomente latent bzw. manifest sein können, kennen wir doch auch aus der westlichen Psychologie. Da wird das eben mit unbewusst bzw. bewusst ausgedrückt.


    Ich habe außerdem nicht von Latenzen gesprochen, sondern davon, dass es Bewusstseinszustände gibt, die nicht manifest, sondern latent sind. Latente Bewusstseinsmomente können sich in manifeste Bewusstseinsmomente umwandeln und umgekehrt. Dies zeigt schon, dass sie unbeständige Phänomene sind und deshalb bildet die Feststellung, dass es latente Bewusstseinsmomente gibt, kein Schlupfloch zum Atman, der ja bekanntlich von seinen Vertretern als beständig aufgefasst wird.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Im Gegensatz zum Wachzustand ist das Bewusstsein nicht manifest, sondern nur latent gegeben.

    Was bedeutet "latent"?


    Zitat

    Das Wahrnehmen des Objektes ist das Hauptbewusstsein; dessen Besonderheiten sind die Geistesfaktoren. (I, 8 )


    Woher ist das?
    Was ist dieses "Objekt"?

    Dem gegenwärtigen Bewusstseinsmoment ging ein unmittelbar vorhergehender Bewusstseinsmoment voraus.

    So unmittelbar kann das nicht sein, weil ja "dazwischen" das "Objekt" liegt.

  • Dass Bewusstseinsmomente latent bzw. manifest sein können, kennen wir doch auch aus der westlichen Psychologie. Da wird das eben mit unbewusst bzw. bewusst ausgedrückt.

    Weiß ich nicht weiter, siehe hier:


    Zitat

    Wenn dies klarer wird, ist es sogar

    möglich zu erkennen, daß ein Objekt vorhanden ist, von dem uns gelehrt

    wird, daß es mit Kamma aus vergangenen Leben verbunden ist, welches

    zu seinem Entstehen geführt hat. Es gibt 19 Arten davon innerhalb der 89

    Bewußtseinsarten, die im Handbuch aufgezählt werden. Zehn gehören zur

    Sinnessphäre (k¯am¯avacara) und neun zur erweiterten Sphäre der Brahmas

    (mahaggata).

    Lebenskontinuum

    Geistesprozesse

    Abbildung 6.5: Prozeßfreie Phasen, unterbrochen von Geistesprozessen.

    Die ersten drei Bewußtseinsmomente in Abb. 6.4 beschreiben das Lebenskontinuum

    vom Augenblick des Auftreffens an der Sinnesgrundlage

    bis zum Moment, in dem sein Fluß angehalten wird.



    S.192, Und wie sollte man das Geisteskontinuum bitte definieren?



    Das ist bestimmt Abhidhamma:


    Zitat
    Zitat
    • Ersterer Begriff (bhavanga-sota) wird erklärt als 'die die Bedingung zum Dasein bildende (unterbewußte) Strömung',
    • letzterer (bhavanga-citta) als das die Bedingung zum Dasein bildende (Unter-) Bewußtsein: bhavanga = bhava anga (kārana).

    Beide Begriffe werden nur ganz vorübergehend in Patthāna erwähnt, sind aber sehr häufig in den Kommentaren anzutreffen.

    In den Kommentaren werden diese Begriffe erklärt als der Grund und die Bedingung des Daseins, als das sine qua non alles Lebens, u.zw. in Form eines Prozesses, wörtl. 'Fließens' oder 'Stromes' (sota), in dem seit Urzeiten alle Eindrücke und Erfahrungen gleichsam aufgespeichert sind, die aber als solche dem Oberbewußtsein verschlossen bleiben, doch als Geisttor (manodvāra), sowohl während des Schlafens als auch Wachens, entsprechende Bilder und Vorstellungen im Oberbewußtsein wachrufen.

    Dieser unterbewußte Daseinsstrom ist eben das, was die Psychologen als Unterbewußtsein, auch als das Unbewußte oder die Seele, bezeichnen. Es ist das, worauf alle Erinnerung beruht und wodurch sich das aus früheren Existenzen Ererbte erklären läßt.


    Der Vergleich, lieber Helmut, stammt nicht von mir.



    https://www.palikanon.com/wtb/bhavanga_sota_citta.html

  • Der Erhabene hielt mehrere Jahrzehnte lang den unterschiedlichen Menschen Lehrreden. Was für den Moment ok war, aber als man dann die Lehrreden zusammenfasste, merkte man das unterschiedliche Leute das unterschiedlich verstanden und versuchte es zu systematisieren und die einzelnen Begriffe zu klären. Es handelt sich also nicht um spekulative Philosophie die zu neuen Ideen kommen will sondern um eine Hilfswissenschaft deren Ziel es ist das vom Buddha gesagte für alle klar und nachvollziehbar zu machen.

    Die Frage nach dem Sinn dieser philosophischen Hilfswissenschaft wurde hier gestellt, indem das Sutta Majjhima Nikaya 2 angeführt wurde, insbesondere das Zitat zu dem "Dickicht der Ansichten".


    Man kann da geteilter Meinung sein, ob so eine Hilfswissenschaft zur Erläuterung der Lehre notwendig ist. Oder ob man sich bei dem Versuch der Erläuterung ohne den richtigen Fokus früher oder später im Dickicht der Ansichten verliert. Wobei die Fragen, auf die sich das Dickicht der Ansichten in dem Sutta bezieht sich ja alle um das Selbst und dessen Existenz drehen.


    Zitat

    7. "Auf solche Weise erwägt er unweise:

    • 'Gab es mich in der Vergangenheit?
    • Gab es mich nicht in der Vergangenheit?
    • Was war ich in der Vergangenheit?
    • Wie war ich in der Vergangenheit?
    • Was war ich, und was bin ich daraufhin in der Vergangenheit geworden?
    • Wird es mich in der Zukunft geben?
    • Wird es mich in der Zukunft nicht geben?
    • Was werde ich in der Zukunft sein?
    • Wie werde ich in der Zukunft sein?
    • Was werde ich sein, und
    • was werde ich daraufhin in der Zukunft werden?

    Oder ansonsten ist er über die Gegenwart verwirrt:

    • 'Bin ich?
    • Bin ich nicht?
    • Was bin ich?
    • Wie bin ich?
    • Wo kam dieses Wesen her?
    • Wo wird es hingehen?'"


    Da müsste man vielleicht auch nochmal genauer hinschauen, was mit dem Dickicht der Ansichten eigentlich gemeint sein könnte.


    Es liegt eher selten an "mangelnder Belesenheit", sondern an mangelnder Bereitschaft, seinen eigenen Standpunkt zu hinterfragen (Bestätigungsfehler) und deshalb das Gelesene oder Gehörte misszuverstehen. Warum sollte es nicht möglich sein, das zu korrigieren?

    Ja, warum eigentlich nicht.

    Wobei ich mich wieder frag, auf welche konkreten Abhidhamma-Quellen du dich eigentlich beziehst.

    Ich beziehe mich vor allem auf das Abhidharmakosabashya von Vasubandhu, also eine wichtige Zusammenfassung des Sarvastivada-Abhidharma. Zu dem Thema hat auch der Buddhologe Bhikku Dhammajoti aktuelle Beiträge veröffentlicht.


    Im Sarvastivada Abhidharma spielte die Theorie der Verursachung eine besondere Rolle, auch da in dieser Richtung die Existenz der Dharmas in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit einer charakteristischen Eigennatur (svabhava) postuliert wurde. Das entspricht natürlich weder dem buddhistischem Mainstream heutzutage noch der Madhyamika und Prajnaparamita Lehre von der Leerheit. Gerade das finde ich besonders spannend.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Das „Dickicht der Ansichten“ aus DN 2 kann durchdrungen werden:

    Durch eine von keinem Menschen anzweifelbare Klarheit.

    Oder durch Erkennen, dass jede dieser Ansichten Bullshit Denken ist.

    Beide Ergebnisse befreien vom Dickicht der Ansichten. Die vom Bullshit am schnellsten, weil die erste Jahrhunderte der Irrwege benötigt.

  • Da müsste man vielleicht auch nochmal genauer hinschauen, was mit dem Dickicht der Ansichten eigentlich gemeint sein könnte.

    In MN 2 werden genau die Fragen aufgezählt, die letztlich mit svabhava gemeint sind.

    Im Sarvastivada Abhidharma spielte die Theorie der Verursachung eine besondere Rolle, auch da in dieser Richtung die Existenz der Dharmas in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit einer charakteristischen Eigennatur (svabhava) postuliert wurde. Das entspricht natürlich weder dem buddhistischem Mainstream heutzutage noch der Madhyamika und Prajnaparamita Lehre von der Leerheit. Gerade das finde ich besonders spannend.

    Ich finde es bemerkenswert, dass dir das nicht aufgeht.

    :zen:



  • Ich finde es bemerkenswert, dass dir das nicht aufgeht.

    Manchmal sind die Dinge etwas komplexer als sie auf den ersten Blick scheinen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ich beziehe mich vor allem auf das Abhidharmakosabashya von Vasubandhu, also eine wichtige Zusammenfassung des Sarvastivada-Abhidharma.

    Das dir als Pdf oder gedruckte Version zur Verfügung steht?

    Ich habe in gedruckter Form die neue Übersetzung von Lodro Sangpo und die Übersetzung von Pruden z.t. als PDF.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ich finde es bemerkenswert, dass dir das nicht aufgeht.

    Manchmal sind die Dinge etwas komplexer als sie auf den ersten Blick scheinen.

    Hm, mein Lieber, der Mensch macht die Dinge manchmal komplizierter, als sie sind. Ich könnte dem Kellner sagen: "Bitte, ich brauche ein Glas mit H₂O." Dann würde ich es nicht trinken, sondern den Stoff mit allen möglichen Mitteln untersuchen. So könnte man am Ende verdursten, denke ich.

    Oder ich könnte sagen: "Bitte, ich habe Durst. Ich brauche ein Glas frisches Wasser." Und dann trinke ich es und spüre die sanfte Kühle in meiner Kehle. Das wäre die unmittelbare Erfahrung – keine trockene Philosophie, die unfähig ist, das Geheimnis des Lebens zu lösen, und doch verzweifelt versucht, das Mysterium in eine Mathematikaufgabe zu verwandeln.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • In MN 2

    Leonie, Qualia, was bedeuten denn die Abkürzungen "MN 2", "DN 2" u.s.w., von denen ich hier oft lese ? Verzeiht meine Faulheit, selbst zu recherchieren ...


    _()_

    Das sind die Abkürzungen für die Insider. Majjhima Nikaya (mittlere Lehrreden) und Digha Nikaya (längere Lehrreden). Die "2" steht für die Nummer der Lehrrede in der entsprechenden Sammlung. Man könnte das schon so formulieren, dass das auch die Nicht-Eingeweihten verstehen finde ich. Es sei denn man möchte lieber unter sich bleiben.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ich beziehe mich vor allem auf das Abhidharmakosabashya von Vasubandhu, also eine wichtige Zusammenfassung des Sarvastivada-Abhidharma.

    Das dir als Pdf oder gedruckte Version zur Verfügung steht?

    Wobei man die Frage natürlich auch aus der Perspektive jeder anderen Schule betrachten kann. So wie du es aus einer bestimmten Theravada-Perspektive getan hast. Die Vielfalt der Perspektiven macht die Diskussion interessanter. Das Dickicht womöglich auch dichter.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Man könnte das schon so formulieren, dass das auch die Nicht-Eingeweihten verstehen finde ich.

    Ich vermute mal Joju91 kann Google nutzen - und wenn man dann noch denken kann, dann kommt man bei einem Suchversuch auf MN 2.

    Wer sich mit Buddhismus beschäftigt und in einem Forum zu Buddhismus postet, dem unterstelle ich schon mal, dass da Kenntnisse vorhanden sind.

    :zen:



  • Wobei man die Frage natürlich auch aus der Perspektive jeder anderen Schule betrachten kann. So wie du es aus einer bestimmten Theravada-Perspektive getan hast. Die Vielfalt der Perspektiven macht die Diskussion interessanter. Das Dickicht womöglich auch dichter.

    Wie viele Perspektiven brauchst du denn, um einen Weg zu gehen? Kannst du mehrere (unterschiedliche) Wege gleichzeitig gehen?
    Oder bist du überhaupt nicht am selber gehen interessiert, und guckst lieber anderen zu, die sich da auf ihren Wegen abrackern?

    Es ist aber OK für mich, wenn du deine (jeweilige) Perspektive hier begründet vorbringst, dabei werde ich dir stets aus meiner Perspektive antworten, aber ich antworte nicht auf Perspektiven, die nicht begründet sind, oder höchstens mit "unbegründet".

    Einmal editiert, zuletzt von Metta ()

  • Wie viele Perspektiven brauchst du denn, um einen Weg zu gehen? Kannst du mehrere (unterschiedliche) Wege gleichzeitig gehen?

    Ich gehe davon aus, dass es einen Weg gibt und viele unterschiedliche Perspektiven auf diesen Weg. Und ich denke nicht unbedingt, dass eine Perspektive per se besser als die andere ist. Das ist je nach Situation und individuellen Voraussetzungen zu beurteilen, ob eine Perspektive hilfreich sein kann oder nicht. Ich nehme mal auf, was du zu einem vorigen Zeitpunkt geschrieben hast.

    Es liegt eher selten an "mangelnder Belesenheit", sondern an mangelnder Bereitschaft, seinen eigenen Standpunkt zu hinterfragen (Bestätigungsfehler) und deshalb das Gelesene oder Gehörte misszuverstehen. Warum sollte es nicht möglich sein, das zu korrigieren? Ich sehe das als wesentlichen Punkt buddhistischer Praxis.

    Den eigenen Standpunkt zu hinterfragen ist eine Fähigkeit, die für mich wesentlich mit der Fähigkeit zusammenhängt unterschiedliche Perspektiven einzunehmen - oder zumindest offen zu sein für unterschiedliche Perspektiven. Nur dann kann man den eigenen Habitus und das eigene Milieu transzendieren und eigene Bestätigungsfehler reflektieren.


    Daher gerne so viele Perspektiven wie möglich! Und so wenige, dass wir nicht überfordert damit sind.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ich gehe davon aus, dass es einen Weg gibt und viele unterschiedliche Perspektiven auf diesen Weg. Und ich denke nicht unbedingt, dass eine Perspektive per se besser als die andere ist.

    Wenn man mal statt "Perspektive" den Begriff der Ansicht verwendet, dann kommt man wieder auf den Punkt der Ich-Ansichten und dann erkennt man auch, dass nicht Ansichten per se gemeint sind auf die es so nicht drauf ankommt - jeder hat ja eben so seine (persönliche) Ansicht - sondern dass es um Rechte und Falsche Ansicht geht - also um rechte und falsche Perspektive.

    :zen: