Buddhismus und Religion

  • Ich bin dagegen schon einigen begegnet, sogar sehr nahe. Aber meine Argumentation würde der Worttreue von Buddhisten zu Übersetzungen oder sogar unsicheren Palitexten nicht standhalten.

    Dazu lebe ich zu sehr in heutigem Wortgebrauch und Verständnis, das durch heutiges Wissen geprägt ist und nicht dem zur Zeit des Wechsels von der Bronze- zur Eisenzeit.

  • Warum sollte er extra darauf hinweisen, dass das Floß der Lehre losgelassen werden muss, um den Stromeintritt zu vollenden?

    Das wäre mir neu, dass der achtfache Pfad als ein Floß zu betrachten ist, das zurückgelassen werden kann.


    Das mag schon eher für die Ansicht zur bedingten Entstehung gelten (MN 38):


    "Ihr Bhikkhus, so geläutert und klar diese Ansicht auch ist, wenn ihr euch daran klammert, sie festhaltet, sie auf ein Podest stellt und wie einen Besitz behandelt, würdet ihr dann das Dhamma verstehen, von dem gelehrt wird, daß es einem Floß gleiche, das zum Übersetzen, nicht zum Festhalten da ist?" - "Nein, ehrwürdiger Herr." - "Ihr Bhikkhus, so geläutert und klar diese Ansicht auch ist, wenn ihr euch nicht daran klammert, sie nicht festhaltet, sie nicht auf ein Podest stellt und nicht wie einen Besitz behandelt, würdet ihr dann das Dhamma verstehen, von dem gelehrt wird, daß es einem Floß gleiche, das zum Übersetzen, nicht zum Festhalten da ist? - "Ja, ehrwürdiger Herr."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Wenn alles Dukkha ist, also auch der Pfad, dann hat man kein Mittel, die wahren Beendigungen zu erreichen. Zu sagen, auch der Pfad ist Dukkha, bedeutet zu sagen, dass das Medikament Krankheit ist.

    Oh, du weißt doch, dass ein Medikament auch Gift sein kann. Hängt davon ab. wie man es verwendet.

    Ist der Pfad Dukkha, dann gäbe es kein Mittel zur Überwindung der Ursachen von Dukkha, denn der achtfache Pfad bliebe dann ja immer Dukkha. Egal was man wie praktizieren würde, die Praxis bliebe immer Dukkha. Dies hieße in der Konsequenz, der achtfache Pfad fesselt uns weiter an Samsara und führt nicht zur Befreiung aus Samsara.

    Tja, dann frage ich mal so: Es gibt ja bekanntlich jede Menge Leute, die den Pfad seit Jahrzehnten praktizieren, ohne dass es zu merklichen Erfolgen im Sinne von MN10 geführt hätte, außer, dass sie sich in einem Samsara mit "8fachem Pfad" gemütlich eingerichtet haben.
    Ist der Pfad dann immer noch Medizin? Ich denke nicht.

  • Also, ich bin jedenfalls bisher noch keinen Wesen begegnet, die den Wunsch geäußert hätten: Ach, wären wir doch nicht der Geburt unterworfen! Es soll keine Geburt über uns kommen!'

    Wo siehst Du da Metaphysik?


    Die meisten Anhaftungen bestehen an Dinge, die es nicht gibt, oder von denen man nicht wissen kann, ob es sie gibt. Ewige Liebe, ewige Gesundheit, ewiger Reichtum.


    Der Satz, mit dem Du den Buddha zitierst, sagt nur etwas über Anhaftungen aus, aber nichts über Wiedergeburt selbst.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich finde jede religiöse Gruppe auf Dauer problematisch.

    Da ist was dran.
    Wenn buddhistische Zirkel, Gruppen oder Gemeinschaften ins Religiöse, abdriften, weil sie die einzig richtige mindestens aber beste Vision vertreten und ganz fest daran glauben wollen (Unfehlbarkeit des Lamas, Wiedergeburt etc.) wird es kritisch. Die Auswirkungen sind hinlänglich bekannt. Manchmal hat man kaum eine andere Möglichkeit, als sich einer Gruppe, auch wenn sie fragwürde Dinge (nicht nur) vertritt. So habe ich es mal gehalten. Es gab eben nur ein Shambhala Zentrum. Und, was tun, wenn man auch vor und nach Retreats mit anderen praktizieren möchte…
    Dann kommt es auf die innere Haltung an, mit der man „dabei“ is. Thich Nhat Hanh sagte einmal: „Der Sangha, den du hast, ist der beste.“ Stimmt irgendwie, aber das heißt nicht, dass man nichts tun kann und jeden Quatsch gutheißen muss. manchmal muss man sich aber auch trennen, wenn man nichts verändern kann.


    Es gibt inzwischen aber auch Gruppen, die traditionsübergreifend und traditionsverbindend arbeiten, wo niemand in eine Richtung genötigt wird, wo kein Geld abgezockt wird, sondern der Versuch gestartet wird, einfach den Dhamma zu leben. In beispielsweise Marburg (metta.de), Paderborn (buddhismus-paderborn.de), Karlsruhe (https://www.vipassana-karlsruhe.info/) und anderen Orten haben sich solche Gruppen gebildet. Viele Vipassanagruppen sind sehr offen und niedrigschwellig, ohne zu den Dharma verwässern. Letzteren Vorwurf hört man oft von „sortenreinen“ Sanghas.

    Einmal editiert, zuletzt von Ruediger ()

  • Wo siehst Du da Metaphysik?


    Die meisten Anhaftungen bestehen an Dinge, die es nicht gibt, oder von denen man nicht wissen kann, ob es sie gibt. Ewige Liebe, ewige Gesundheit, ewiger Reichtum.


    Der Satz, mit dem Du den Buddha zitierst, sagt nur etwas über Anhaftungen aus, aber nichts über Wiedergeburt selbst.

    Vielleicht versuche ich, meinen Gedankengang noch einmal etwas anders zu erklären.


    Angenommen, jemand hat körperliche Beschwerden, zum Beispiel quälenden Husten, und geht damit zum Arzt. Der Arzt verschreibt ihm ein Medikament. Die Wirkung des Medikamentes wird vermutlich nicht davon abhängen, ob er dessen Wirkung versteht. Also beispielsweise, dass der Husten durch Bakterien verursacht wird und dass das Medikament die Bakterien beseitigt.


    Lässt sich diese Erkenntnis auf die vier edlen Wahrheiten übertragen? Also, wirkt der achtfache Pfad (vierte Wahrheit) auch so gegen Dukkha, wenn man sich mit dem Wirkungsmechanismus (zweite und dritte Wahrheit) nicht weiter beschäftigt und wenn man sich bei Dukkha (erste Wahrheit) auf etwas beschränkt, was laut MN 141unter Dukkha fällt und was man für sich zutreffend hält? Beispielsweise könnte man sich anhand MN 141 heraussuchen:


    "Und was, Freunde, ist Kummer? Der Kummer, die Besorgnis, Kümmernis, innere Sorge, der innere Gram, von einem, dem irgendein Unglück widerfahren ist, oder der unter dem Einfluß von irgendwelchen schmerzhaften Zuständen steht - dies wird Kummer genannt."


    Und alles andere, was in MN 141 unter Dukkha aufgelistet wird, einfach als solches stehen lassen. So, wie es ja auch Sinn machen kann, ein Medikament einzunehmen, das noch gegen weitere Beschwerden wirkt, auch wenn man unter denen gerade gar nicht leidet.


    Dann könnte man den achtfachen Pfad praktizieren, ohne dafür metaphysische Annahmen machen zu müssen oder sich religiöse Überzeugungen zulegen zu müssen.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Qualia was findest Du denn so lustig an dem Zitat?


    Es mag ja durchaus stimmen, dass Aspekte der Lehre insofern als Floß verstanden werden können, als dass ihre Bedeutung sich nach erfolgreicher Überfahrt verändert.


    Für den achtfachen Pfad gilt jedenfalls, dass er sich nicht erübrigt, sondern in eine zehnfache Ausstattung mündet. Jedenfalls, wenn man den Ausführungen in Majjhima Nikaya 117 und 78 Bedeutung beimessen möchte.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Angenommen, jemand hat körperliche Beschwerden, zum Beispiel quälenden Husten, und geht damit zum Arzt. Der Arzt verschreibt ihm ein Medikament. Die Wirkung des Medikamentes wird vermutlich nicht davon abhängen, ob er dessen Wirkung versteht. Also beispielsweise, dass der Husten durch Bakterien verursacht wird und dass das Medikament die Bakterien beseitigt.


    Lässt sich diese Erkenntnis auf die vier edlen Wahrheiten übertragen? Also, wirkt der achtfache Pfad (vierte Wahrheit) auch so gegen Dukkha, wenn man sich mit dem Wirkungsmechanismus (zweite und dritte Wahrheit) nicht weiter beschäftigt und wenn man sich bei Dukkha (erste Wahrheit) auf etwas beschränkt, was laut MN 141unter Dukkha fällt und was man für sich zutreffend hält? Beispielsweise könnte man sich anhand MN 141 heraussuchen:

    Nur bedingt. Heilung erfordert nicht nur die blinde Einnahme eines Medikaments, sondern in den meisten Fällen eine aktive Mitwirkung des Patienten. Aktive Mitwirkung erfordert sehr oft auch Verstehen. So ist es auch beim 8fachen Pfad. Allein durch bloße Befolgung der Silas oder Samadhi, lässt sich keine Weisheit erreichen, das erfordert aktives Verstehen.