Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

  • Krishnamurti verfolgt im Grunde folgende Auffassung:

    Wenn ich mich auf die Suche nach etwas (Wahrheit, Erlösung, Rettung, etc.) begebe, werde ich auch etwas finden, das dem entspricht, was ich suche, weil die Suche immer schon das impliziert, was dann gefunden werden soll.

    Wenn ich nach Wahrheit und Erlösung suche, werde ich Befreiung von Unwissenheit und Leiden finden.


    Wenn ich etwas suche, ist damit zugleich auch eine ganze Vorstellungswelt verbunden, wie das, was ich finden möchte, beschaffen sein soll. Diese Erwartungen erfüllen dann verschiedene religiöse und spirituelle Systeme, indem sie anhand der Konstanten Alter, Krankheit, Tod und Leiden Wege suggerieren, die die als beängstigend und unzufriedenstellend erlebte Wirklichkeit gegen eine andere Seinsebene einzutauschen vorgeben. Wie sehr diese neue Ebene auf Autosuggestion und Abhängigkeit beruht, kann man anhand der Gewaltbereitschaft messen, wenn diese Systeme durch andere, konkurrierende Systeme infrage gestellt werden. Mit der Wirklichkeit haben sie jedenfalls meist nicht viel zu tun. Es sind tröstliche Spiele, Halluzinationen.

    Mit einem spirituellen System, das nicht von allen Vorstellungen befreit, werden sich Unwissenheit und Unzufriedenheit nicht vollständig auflösen.

    Letztlich kann nur jeder seinen eigenen "Pfad" finden. Aber auch hier ist schon die Metapher "Pfad" irreführend, denn das, wohin all das Suchen und Streben nicht führt, ist immer schon anwesend, und es wäre alles schon "da" also Wirklichkeit, wenn wir nicht dauernd anhand exotischer oder heimischer Choreografien irgendwelche Pirouetten drehen würden, die sich Wahrheitssuche nennen.


    Der "Pfad" besteht also darin, nicht mehr zu laufen und zu suchen. Was nach Stillstand klingt, ist eine echte Bewegung, im Gegensatz zum Stillstand des Umherirrens.

    "Pfad" bedeutet für mich eine Anleitung was zu tun ist um die Wirklichkeit zu erfahren, die immer schon anwesend ist, bzw. um die Dinge so zu sehen wie sie wirklich sind. Ohne diesen Pfad bleibt nur Umherirren mit Stagnation oder Abstieg. Ich bin gezwungen entweder den materiellen oder den spirituellen Weg zu gehen und kann nicht genau jetzt alle Wege für immer aufgeben. Es bedarf viel Vorbereitung, um diese Fähigkeit zu erlangen. Auf beiden Wegen gibt es naturgegebene Gesetze, System, Ordnung, Hierarchie und Autorität, mit einem gewissen individuellen Spielraum.

  • Pfad" bedeutet für mich eine Anleitung was zu tun ist um die Wirklichkeit zu erfahren, die immer schon anwesend ist, bzw. um die Dinge so zu sehen wie sie wirklich sind.

    Na ja, es kann auch von mir anmaßend oder sogar provokativ klingen, aber der Mensch braucht keinen Buddha – genauso wenig wie die ganze Lehre.

    Die einzige echte Wahrheit besteht darin, paññā zu entwickeln. Und das würde bedeuten, keinen Gott und keine Stütze zu suchen – denn dann veralbere ich mich selbst, mache aus mir selbst einen Narren.

    Und warum? Weil es nichts gibt, das mir gehört. Alles ist vergänglich, also entgleitet es mir. Ich kann es nicht beherrschen – deshalb ist es leid-haft.

    Wenn ich mich dann wähne, ICH sei sozusagen die feste Instanz – wie mein Laptop, mein Handy, meine Frau oder mein Leben – dann unterliege ich einem Irrtum und leide brav weiter. Aber das ist meine eigene Entscheidung, meine eigene Wahl.

    Also, ich habe immer die Option. Aber es ist nicht einfach, das alles zu sehen – denn ich verliere sofort all meine Illusionen, egal welche "Krücken".

    Doch fürs eigene Überleben brauche ich sie vielleicht.

    Oder anders gesagt:

    Was ist für mich wichtiger – das Brot und die Show wie im alten Rom, oder die Wahrheit?

    Im Sinne von Erich Fromm: haben oder sein?

    Die Mehrheit der Menschen entscheidet sich fürs Haben – was, rein evolutionär-biologisch gesehen, sehr verständlich ist.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Na ja, es kann auch von mir anmaßend oder sogar provokativ klingen, aber der Mensch braucht keinen Buddha – genauso wenig wie die ganze Lehre.

    Mich wundert ja gar nichts mehr, was im buddhistischen Forum zu lesen ist, nur komme mir immer öfter etwas deplatziert vor.

  • Na ja, es kann auch von mir anmaßend oder sogar provokativ klingen, aber der Mensch braucht keinen Buddha – genauso wenig wie die ganze Lehre.

    Mich wundert ja gar nichts mehr, was im buddhistischen Forum zu lesen ist, nur komme mir immer öfter etwas deplatziert vor.

    Warum.

  • Die "Unbestechlichkeit des Selbst" ist für mich der zentrale Begriff. Sich nicht korrumpieren lassen. Sich selbst nicht verarschen. Sich nichts einbilden. Die Verantwortung nicht delegieren, um sich schlafen legen zu können.

    Schön gesagt - aber am Ende seiner Rede deckt Krishnamurti seine Absichten auf - und die sind leider doch wieder eine weitere Vorstellung über das bekannte Thema:


    Zitat

    Doch diejenigen, die wirklich verstehen wollen, die Ausschau halten nach dem, was ewig ist, ohne Anfang und ohne Ende, werden gemeinsam mit großer Intensität diesen Weg gehen, sie werden eine Gefahr sein für alles, was unwesentlich ist, für Unwirkliches, für Schatten. Und sie werden sich zusammenschließen, sie werden die Flamme sein, denn sie verstehen. Eine solche Gemeinschaft müssen wir bilden, und das ist mein Ziel. Aufgrund dieses wirklichen Verstehens wird es dort wahre Freundschaft geben. Aufgrund dieser wahren Freundschaft - die Sie nicht zu kennen scheinen - wird eine wirkliche Zusammenarbeit möglich sein. Und das nicht aufgrund von

    Autorität, nicht aufgrund von Erlösung, nicht aufgrund der Aufopferung für eine Sache, sondern weil Sie wirklich verstehen und daher fähig sind, im Ewigen zu leben. Das ist etwas Größeres als alles Vergnügen, als jedes Opfer. Dies sind die Gründe, weshalb ich nach zwei Jahren reiflicher Überlegung diese

    Entscheidung getroffen habe. Sie kommt nicht aus einem momentanen

    :zen:



  • Na ja, es kann auch von mir anmaßend oder sogar provokativ klingen, aber der Mensch braucht keinen Buddha – genauso wenig wie die ganze Lehre.

    Mich wundert ja gar nichts mehr, was im buddhistischen Forum zu lesen ist, nur komme mir immer öfter etwas deplatziert vor.

    Warum.

    Mein Beitrag war überhaupt nicht provozierend gemeint, oder „deplatziert“.

    Kleine Skizze:


    Theravāda:

    Der Buddha war auch früher, in seinen vorigen Inkarnationen, also Existenzen, tätig. So sagt er zu Ānanda, dass er genau hier sterben wollte, denn es sei bereits sein siebter Tod. Nur als Illustration.


    Mahāyāna:

    Der Buddha ist wie ein ewiges Prinzip geworden. Aus der Lehre ist die Leerheit von allem entstanden. So sinngemäß der Dalai Lama in den Harvard-Vorlesungen: Am Ende kann man weder einen Buddha noch eine Leerheit finden – und so geht es weiter, ad infinitum.


    Zen:

    Im Zen sagt man: Wenn ich dem Buddha begegne, sollte ich ihn töten. Natürlich nicht buchstäblich, sondern es geht darum, meine eigenen Konzepte oder Vorstellungen loszulassen.


    Abschließend:

    Michael Zimmermann sagt deshalb, es gebe überhaupt keinen Buddhismus – jedenfalls nicht im Sinne von „aus einem Guss“.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Na ja, es kann auch von mir anmaßend oder sogar provokativ klingen, aber der Mensch braucht keinen Buddha – genauso wenig wie die ganze Lehre.

    Mich wundert ja gar nichts mehr, was im buddhistischen Forum zu lesen ist, nur komme mir immer öfter etwas deplatziert vor.

    Warum.

    Weil ich Buddhist bin.

  • Andere Menschen hatten und haben auch Weisheit, nicht nur der Buddha. Ich finde es aber angebracht, Ansprüchen wie diesen mit Vorsicht zu begegnen:


    Zitat

    Weil ich frei bin, unkonditioniert, vollkommen - nicht die partielle, nicht die

    relative, sondern die ganze Wahrheit, die ewig ist -, deshalb wünsche ich,

    dass diejenigen, die mich zu verstehen suchen, frei sind;

    ....

    Seit Sie zu der Organisation des Ordens des Sterns gehören, haben Sie Ihre Sympathie, Ihre Energie teilweise oder ganz dazu verwandt, zu bestätigen, dass Krishnamurti der Weltlehrer ist: ganz diejenigen, die wirklich suchen, nur teilweise diejenigen, die mit ihren eigenen Halbwahrheiten zufrieden sind.

    .....

    Warum sollen falsche, heuchlerische Menschen mir, der personifizierten

    WAHRHEIT, folgen?

    .....

    Dieses Jahr habe ich es vollkommen klargemacht. Ich weiß nicht, wie

    viele Tausende auf der ganzen Welt - Mitglieder des Ordens - sich achtzehn

    Jahre lang auf mich vorbereitet haben, und doch sind sie jetzt nicht bereit,

    bedingungslos und total auf das zu hören, was ich sage.


    Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

  • Nach dieser Mindestvoraussetzung bin ich eben Buddhist. Wenn andere das Buddhist-sein anders interpretieren, sei es ihnen gegönnt und es sollte kein zwischenmenschliches Problem daraus entstehen, wenn die Interpretationen nicht zusammenpassen. Schließlich üben sich Buddhisten im Wohlwollen für alle Wesen.

  • Na, was ich dazu noch bemerken will, wo ich gerade so in Fahrt bin:


    Michael Zimmermann sagt deshalb, es gebe überhaupt keinen Buddhismus – jedenfalls nicht im Sinne von „aus einem Guss“.

    Was geht mich Professor Zimmermann an, wo ich doch gerade entdecke, dass die Lehre des Buddha aus einem Guss ist.

  • Na, was ich dazu noch bemerken will, wo ich gerade so in Fahrt bin:


    Michael Zimmermann sagt deshalb, es gebe überhaupt keinen Buddhismus – jedenfalls nicht im Sinne von „aus einem Guss“.

    Was geht mich Professor Zimmermann an, wo ich doch gerade entdecke, dass die Lehre des Buddha aus einem Guss ist.

    Lass einfach die anderen Meinungen gelten, nicht nur deine eigene – mehr kann ich dazu nicht sagen.


    Wenn wir uns alle am Dickicht unserer eigenen Ansichten festklammern und nur unsere Version gelten lassen wollen, dann ist das geistige Gewalt – und zugleich die Fessel, die uns daran hindert, erwacht zu sein. Punkt. LG. _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    4 Mal editiert, zuletzt von Igor07 ()

  • Krishnamurti verfolgt im Grunde folgende Auffassung:

    Wenn ich mich auf die Suche nach etwas (Wahrheit, Erlösung, Rettung, etc.) begebe, werde ich auch etwas finden, das dem entspricht, was ich suche, weil die Suche immer schon das impliziert, was dann gefunden werden soll. (Joseph Beuys: Nicht suchen, finden!)


    Wenn ich etwas suche, ist damit zugleich auch eine ganze Vorstellungswelt verbunden, wie das, was ich finden möchte, beschaffen sein soll. Diese Erwartungen erfüllen dann verschiedene religiöse und spirituelle Systeme, indem sie anhand der Konstanten Alter, Krankheit, Tod und Leiden Wege suggerieren, die die als beängstigend und unzufriedenstellend erlebte Wirklichkeit gegen eine andere Seinsebene einzutauschen vorgeben. Wie sehr diese neue Ebene auf Autosuggestion und Abhängigkeit beruht, kann man anhand der Gewaltbereitschaft messen, wenn diese Systeme durch andere, konkurrierende Systeme infrage gestellt werden. Mit der Wirklichkeit haben sie jedenfalls meist nicht viel zu tun. Es sind tröstliche Spiele, Halluzinationen.

    Religiöse Konzepte dienen ja nicht vorrangig der Welterklärung sondern sind upāya - geschickte Mittel. Wie man aus der Medizin weiß hat jedes Medikament seinen Beipackzettel - wann und unter welchen Bedingungen es genommen werden soll, was die Risiken und Nebenwirkungen sind


    Bei den Hindus gibt es bzw den Begriff "bhakti-yoga":


    Bhakti-Yoga (Sanskrit, m., भक्ति योग, bhakti yoga) oder Bhakti Marga (Sanskrit: "Weg der Hingabe") ist im Hinduismus die Bezeichnung für den Weg der liebenden Hingabe an Gott, der meist als persönlich angesehen wird. Bhakti ist in allen Hauptrichtungen des Hinduismus, dem Vishnuismus, Shivaismus und Shaktismus, zu finden. Dabei nutzt Bhakti Gefühle als einen Weg, Gott nahezukommen oder sich mit ihm oder ihr zu vereinen. Meist setzt das eine dualistische Gottesvorstellung voraus, da man annimmt, dass Liebe ein Objekt benötige.

    So wie das ich im Buddhismus auf anderem Weg aufgegeben wird, wird es hier in der Liebenden Hingabe aufgegeben. Einerseits geben zahlreichen Heilige Zeugnis davon ab, wie das im Idealfall gut funktioniert, aber ebenso klar sind die Nebenwirkungen, die eben an der egoistischen Anhaftung an diesen Gott besteht. Teilweise sieht man das sogar bei einzelnen Menschen wie dem heiligen Franziskus.


    Ich denke, man mus sich der Ambiguität stellen, dass religiöse Methoden einerseits funktionieren aber auch schädliche Nebenwirkungen haben können. Viele religiöse Menschen tun das nicht - sie negieren die Risiken und Nebenwirkungen. Sie denken z B dass nur weil bhakti heilsam ist, die damit verbundenen Konzepte auch die Welt erklären, die Gesellschaft organisieren sollten und teilweise andere mit Gewalt dazu gebracht werden sollen.


    Während Krishnamurti der Ambiguität in die andere Richtung entkommt. Nur weil etwas erhebliche Risiken und Nebenwirkungen hat, bedeutet es ni hat, dass es nicht funktioniert. Jemand kann durchaus durch Hingabe sein Ego verkleinern, unabhängig ob die damit verbundene Gottesvorstellung ein Äquivalent in der Realität findet. Von daher schüttet Krishnamurti das Kind mit dem Bad aus.


    Die Aussage, dass bei manchen Systemen die Risiken die Vorteile überwiegen, ist die eine Sache. Religiöse Pfade generell auf ihre negative. wirkungen zu reduzieren, ist aber eine Extremposition, die in ihrer Tendenz zu Verallgemeinerung und Dogmatik ebenfalls zu hinterfragen ist .

  • Was geht mich Professor Zimmermann an, wo ich doch gerade entdecke, dass die Lehre des Buddha aus einem Guss ist.

    Lass einfach die anderen Meinungen gelten, nicht nur deine eigene – mehr kann ich dazu nicht sagen.


    Wenn wir uns alle am Dickicht unserer eigenen Ansichten festklammern und nur unsere Version gelten lassen wollen, dann ist das geistige Gewalt – und zugleich die Fessel, die uns daran hindert, erwacht zu sein. Punkt. LG. _()_


    Eine Ansicht nicht anzunehmen ist keine Kampfansage und nach dem Buddhadhamma geht rechte Ansicht dem Pfad des Erwachens voran.

  • Was geht mich Professor Zimmermann an, wo ich doch gerade entdecke, dass die Lehre des Buddha aus einem Guss ist.

    Lass einfach die anderen Meinungen gelten, nicht nur deine eigene – mehr kann ich dazu nicht sagen.


    Wenn wir uns alle am Dickicht unserer eigenen Ansichten festklammern und nur unsere Version gelten lassen wollen, dann ist das geistige Gewalt – und zugleich die Fessel, die uns daran hindert, erwacht zu sein. Punkt. LG. _()_


    Eine Ansicht nicht anzunehmen ist keine Kampfansage und nach dem Buddhadhamma geht rechte Ansicht dem Pfad des Erwachens voran.

    Na ja, lieber mukti ,

    habe ich mich nicht korrekt ausgedrückt?

    Die rechte Ansicht kann unterschiedlich aussehen – aus der Sicht von Theravāda, Mahāyāna, Zen oder Vajrayāna.

    Wer hat dann recht? Ich habe auch den säkularen Buddhismus vergessen, der nicht an Karma, Wiedergeburt, Leben nach dem Tod usw. glaubt.

    Der Buddha war ein Kind seiner Zeit.

    Wenn mir jemand sagt, die Erde sehe aus wie eine Scheibe, nur weil es irgendwo in heiligen Texten steht – dann würde ich sofort das Weite suchen.

    Ich kann meine Gedanken auch anders formulieren, im Sinne von:

    Wer bestimmt eigentlich, ob meine eigene Ansicht „richtig“ oder „korrekt“ ist?

    Dann landen wir alle bei der Frage: Was macht die sogenannte Realität aus?

    Und auch die moderne Geisteswissenschaft hat das Leib-Seele-Problem bisher nicht wirklich gelöst.

    Jeder Mensch lebt in seinem eigenen Tummel der Wahrnehmung.

    Was für mich schwarz erscheint, ist für den anderen vielleicht weiß.

    Und wer hat dann recht?

    Ich kann für mich selbst entscheiden – auf Basis meiner eigenen Erfahrungen –, was mir gut tut, was mich heilt und was mir schadet.

    Aber nicht deshalb, weil es irgendwo in den Sūtren steht.

    Wenn ich in allen bedingten Phänomenen die drei Daseinsmerkmale erkenne, dann kann ich etwas damit anfangen.

    Aber ich würde meine Sichtweise keinem anderen Menschen aufzwingen.

    Das ist alles. _()_


    P.S.


    Ohne Gier, Hass und Verblendung sich bemühen zu leben – das sollte für mich ausreichen.


    Weil ich es so will, also aus mir selbst heraus,


    nicht weil es irgendwo geschrieben steht.


    Ich kann nicht anders.


    Bin ich deswegen ein Buddhist oder nicht – das interessiert mich einfach nicht.


    Ich bin nur ein Mensch.


    Und genau als Mensch möchte ich leben und sterben.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Die Positionen von Professor M. Zimmermann und mukti widersprechen sich ja nicht. Igor07 hat die Position von Zimmermann mit eigenen Worten dargelegt und nicht anhand eines Zitates. Zu sagen, es gäbe keinen Buddhismus aus einem Guss drückt Zimmermanns Position nicht besonders gut aus, Zimmermann betont immer wieder, dass es den einen Buddhismus nicht gibt. Zimmermann betont immer wieder, dass der Buddhismus ein heterogenes Phänomen ist. Dass zeigt sich an den verschiedenen Traditionen, die sich auf der Grundlage der überlieferten Lehrreden entwickelt haben. Das bedeutet aber nicht, dass der Dharma nicht aus einem Guss ist. Trotz der verschieden gearteten Lehrreden des Buddha ist der Dharma aus einem Guss, nämlich widerspruchsfrei. Das schließt nicht aus, dass man manche Lehrreden interpretieren muss, man nicht jede Lehrrede wortwörtlich nehmen kann.


    Die Aussage von Zimmermann, dass es den einen Buddhismus nicht gibt, und mukti s Aussage, dass die Lehre des Buddha aus einem Guss ist, widersprechen sich auch deshalb nicht, weil sie zwei unterschiedliche Perspektiven auf den Dharma darstellen, die sich nicht gegenseitig ausschließen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Zu sagen, es gäbe keinen Buddhismus aus einem Guss drückt Zimmermanns Position nicht besonders gut aus, Zimmermann betont immer wieder, dass es den einen Buddhismus nicht gibt.

    Gut, sehen wir es:


    Zitat

    Ich möchte gleich eine Schlüsselfrage stellen: Gibt es den Buddhismus?

    Eigentlich nicht, oder? Mit dieser Frage beginne ich auch immer meine Vorträge. Den Buddhismus gibt es gar nicht! Man muss immer konkret sein, über welche Zeit und über welche geografische Region man sprechen will. Wenig hilfreich ist auch diese plumpe West-Ost-Differenzierung. Asien ist ein riesiger Raum. Was heutzutage in Asien in buddhistischen Gruppierungen passiert, ist dynamisch und wahnsinnig spannend. Das nehmen wir im Westen oft gar nicht wahr, weil wir nur mit uns selbst beschäftigt sind.... Ich bin sehr skeptisch, ob man wirklich herausfinden kann, was der Buddha, wer auch immer er war, gesagt hat. Hat er überhaupt existiert? Wir wissen es nicht. Ich hörte einmal einen Mönch in Sri Lanka sagen: „This comes from the golden lips of our Lord Buddha“, „Dies kommt aus dem goldenen Mund unseres Herrn Buddha“. Da dachte ich mir: ‚Na ja, jetzt sage ich lieber nichts, weil ich seine religiösen Gefühle nicht verletzen will.‘ An den Buddha kommen wir nicht mehr heran und auch nicht an die früheste Gemeinde...

    Ich würde aber auch nicht behaupten wollen, dass alles, was wir im Pali-Kanon finden, nichts mit dem Buddha zu tun haben könnte. Das ist nicht wahrscheinlich. Man muss jedoch vorsichtig sein, wenn man den Versuch unternimmt, zu rekonstruieren, was Buddha wirklich gelehrt hat.


    „Den Buddhismus gibt es gar nicht“
    Michael Zimmermann ist seit 2007 Professor für indischen Buddhismus am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg. Nach einem Studium der klassischen…
    www.ursachewirkung.com


    Die andere Quelle:


    Zitat

    Alles, was wir hier erörtern,

    ist Spekulation. Mein Eindruck ist,

    dass der Buddha nicht viel Zeit darauf

    verwendete, sich Gedanken über

    zukünftige Leben zu machen. Auch

    die Beschreibungen von Höllen und

    anderen Daseinsbereichen sind spätere

    Entwicklungen des Buddhismus.

    Ob es 27 Höllen gibt oder 108, das

    war nicht das Thema des Buddha.

    Ihm ging es um Folgendes: Wenn du

    diese oder jene gute Tat vollbringst,

    ist das heilsam und bringt Glück in

    diesem und im nächsten Leben. In

    den Schriften steht, dass karmische

    Handlungen dreifach positiv sind: Du

    fühlst dich gut, du erfährst Anerkennung

    von anderen, und du hast

    eine gute Zukunftsperspektive. So

    liegt es im eigenen Interesse, heilsam

    zu handeln.


    Okay, viel Spaß damit. Ich hänge das ganze Interview als PDF an.

  • Es existiert ein Unterschied zwischen Buddhismus und der Lehre des Buddha, die Verwirrung hört auf, wenn man das erkennt. Über den Unterschied sprechen, sollte man vermeiden.

  • .

    Was für mich schwarz erscheint, ist für den anderen vielleicht weiß.

    Und wer hat dann recht?

    Ob etwas schwarz oder weiß oder grün usw. ist, ist ja keine individuelle Entscheidung. Was schwarz, weiß, grün usw. ist, das ist eine überindividuelle gesellschaftliche Übereinkunft. Wenn man dann das was aufgrund dieser Übereinkunft als schwarz gilt für weiß oder grün hält, dann liegt man eben verkehrt. Die konventionelle Übereinkunft was welche Farbe ist, ist das Kriterium dafür, ob man falsch liegt oder nicht.


    Wenn man farbenblind ist, dann fällt es natürlich schwer, die Farben korrekt zu erkennen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Was schwarz, weiß, grün usw. ist, das ist eine überindividuelle gesellschaftliche Übereinkunft.

    Das sogenannte konventionelle Übereinkommen ist keine endgültige Wahrheit in letzter Instanz.

    Was in Nazideutschland als „normal“ galt, sieht man heute ganz anders.

    Was im modernen Russland als normal gilt, ist anderswo nicht normal.

    Was früher auf abgelegenen Inseln als normal galt – zum Beispiel, die eigene Frau einem Gast zu überlassen –, ist hier im Westen nicht akzeptabel.

    Lange Rede, kurzer Sinn:

    Wir können nur über Konventionen sprechen, aber sie sind nie absolut.

    Sie entstehen immer abhängig – also aus bestimmten Ursachen und Bedingungen, aus dem Inhalt und der begrifflichen Zuschreibung. (oder: abhängige Benennung.)

    Schönen Tag noch – ich habe genug geschrieben.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • "Wahrheit" hat im Grunde zwei Bedeutungen:


    1. Normalerweise bezieht man "Wahrheit" auf "wahre Aussagen". Das heißt Wahrheit ist etwas, was auf der sprachlichen Ebene spielt. Es werden darunter also gute Modelle verstanden. Dass sich die Erde um die Sinne dreht ist so eine Aussage. Aber es sind sozusagen "gute Pfade". Die Wirklichkeit selbst ist jenseits von Wahrheiten. Die Idee Wirklichkeit auf Wahrheitwn reduzieren zu können ist (Platos Ideen) ist eine der Grundsünden der westlichen Welt. Die Wirklichkeit ist jenseits von "wahren Aussagen". Dies entspricht wohl dem, was man im Mahayana konventionelle Wahrheit nennt.
    2. Von seiner Grundbedeutung ist etwas dann wahrscheinlich, wenn man ihm vertrauen kann. Von daher sind religiöse Wahrheiten oftmals eben keine Aussagen sondern "Wege denen man vertrauen kann". Diese Wege können wie Buddhas Weg zum Erwachen weitgehend jenseits von Logik, Sprache.

    Von daher ist die Aussage "Die Wahrheit ist ein pfadloses Land" für mich in mehrerlei Hinsicht verdreht.


    Ich würde das gemeint ist, genau umgekehrt ausdrücken: Der Pfad / das Dao ist jenseits von (konventioneller) Wahrheit.

  • Was schwarz, weiß, grün usw. ist, das ist eine überindividuelle gesellschaftliche Übereinkunft.

    Das sogenannte konventionelle Übereinkommen ist keine endgültige Wahrheit in letzter Instanz.

    Lange Rede, kurzer Sinn:

    Wir können nur über Konventionen sprechen, aber sie sind nie absolut.

    Sie entstehen immer abhängig – also aus bestimmten Ursachen und Bedingungen, aus dem Inhalt und der begrifflichen Zuschreibung. (oder: abhängige Benennung.)

    Dass konventionelle gesellschaftliche Übereinkommen endgültige Wahrheiten sind habe ich nirgends hier auf dem Forum jemals behauptet.


    Obwohl konventionelle Übereinkommen abhängig entstanden sind, können sie doch über lange Zeit Gültigkeit besitzen. Herr von Goethe hat mit dem Begriff 'Grün' nichts anderes bezeichnet als wir es heute tun.


    Man muss schon die konventionelle und die endgültige Wahrheit korrekt voneinander unterscheiden. Die konventionellen Wahrheiten spielen für unser alltägliches Leben eine große Rolle und müssen deshalb auch korrekt erkannt werden. So lange wir die konventionellen Wahrheiten nicht korrekt erkennen, werden wir auch nicht erfassen können was die endgültige Wahrheit ist, die nur in Abhängigkeit von den konventionellen Wahrheiten existiert.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Wer bestimmt eigentlich, ob meine eigene Ansicht „richtig“ oder „korrekt“ ist?

    Jemand der das weiß und ich selber.

    Zitat

    Zwei Bedingungen gibt es, ihr Mönche, für die Entstehung rechter Erkenntnis: Die Stimme eines anderen und weises Nachdenken.

    A.II.126-127


    Ich kann für mich selbst entscheiden – auf Basis meiner eigenen Erfahrungen –, was mir gut tut, was mich heilt und was mir schadet.

    Aber nicht deshalb, weil es irgendwo in den Sūtren steht.

    Wenn ich in allen bedingten Phänomenen die drei Daseinsmerkmale erkenne, dann kann ich etwas damit anfangen.

    Aber ich würde meine Sichtweise keinem anderen Menschen aufzwingen.

    Die drei Daseinsmerkmale habe ich aus dem Sutta Pitaka, habe darüber nachgedacht und sie als rechte Ansicht angenommen, die eine heilsame Wirkung hat.

    Die eigene Sichtweise einem anderen Menschen aufzwingen zu wollen halte ich für sinnlos und verwerflich.


    Ohne Gier, Hass und Verblendung sich bemühen zu leben – das sollte für mich ausreichen.


    Weil ich es so will, also aus mir selbst heraus,


    nicht weil es irgendwo geschrieben steht.

    Ohne Gier, Hass und Verblendung zu leben wäre mir auch genug, und wenn es nicht in der buddhistischen Überlieferung stünde, wüsste ich das nicht. So aber ist es möglich diese Trübungen zu erkennen. Wie man sie los wird, steht da auch drin und danach zu handeln führt zu befreienden Erfahrungen.

  • nd wenn es nicht in der buddhistischen Überlieferung stünde, wüsste ich das nicht.

    Doch – nur am Rande bemerkt: Sowohl die existenzielle Philosophie als auch die Psychoanalyse sagen im Grunde dasselbe wie der Buddhismus. Auch über die „Trübungen“ wurde mehr als genug geschrieben – nur mit anderem Vokabular.

    Der normale Mensch erkennt, wenn er gründlich nachdenkt, früher oder später, dass alles, was das Leben im Kern ausmacht, letztlich unzulänglich ist. Es bringt kein dauerhaftes Glück, nichts davon lässt sich festhalten oder „festnageln“.

    Deshalb wollte ich eigentlich zum Thema zurückkommen: Der Pfad – ganz gleich welcher, ganz gleich in welcher Religion – stellt eher nur eine Krücke dar, eine Stütze, ein Vehikel. Wenn ich mich daran klammere, fühle ich mich nur noch ausgelieferter und hilfloser.

    Der Kern bei der ganzen Sache liegt darin, dass ich mir einbilde/ mich wähne --Ich-Wahn/, als feste und unabhängige Instanz zu existieren. Ich will mich behaupten – sei es durch Projektion, Angst, Schuldgefühle oder Ähnliches. Heidegger spricht sinngemäß vom „Hinausgeworfensein“ in ein fremdes Universum – ich fühle mich innerlich heimat-los.

    Mein "Ich" aber entpuppt sich als reine Konstruktion – und dennoch klammere ich mich daran. Deshalb leide ich weiter.

    Das ist ein sehr guter Essay zum Thema: um zu verstehen, wie unterschiedlich man über dasselbe Phänomen sprechen kann. Es lohnt sich :like: .



    Zitat

    Wenn das Ego-Selbst eine mentale Konstruktion ist, deren Funktion es ist,
    ein Gefühl der Sicherheit aufrechtzuerhalten
    (wie Sullivan es versteht),
    dann sollte solch eine Übung der Dekonstuktion der Sicherheit das
    Selbst-Gefühl auflösen. Normalerweise ist ein großer Teil
    unserer geistigen Aktivität von dem Bedürfnis bestimmt, beruhigende
    Verstecke zu finden, in die wir fliehen können, wenn unser
    Selbstbewußtsein bedroht ist. Ein triviales Beispiel: wenn ich ein
    Schachspiel gegen einen Gegner mit einer viel geringeren Einstufung verliere,
    so kompensiere ich automatisch: die offiziellen Einstufungen zeigen ja, daß
    ich in Wirklichkeit der bessere Spieler bin. Durch Wiederholung verfestigt
    bildet das Netz solcher Automatismen meinen Charakter und damit meine Unfreiheit:
    all die Verhaltensweisen, mittels derer ich gewohnheitsmäßig vor
    einer Begegnung mit der Welt davonlaufe. Sowohl im Buddhismus wie auch bei
    Kierkegaard muß ich diese gedanklichen Stützen aufgeben, und das
    bedeutet zu leiden. Ohne diese Verteidigung des Selbstbewußtseins sterbe
    ich Tausende kleiner Ego-Tode, oder in der Zen-Metapher, ich laufe auf den
    Schneiden Tausender Schwerter. Nach Kierkegaard sind solche gedanklichen
    Stützen die Endlichkeiten, welche entwurzelt werden müssen, um
    das Unendliche freizulegen, das unser wahrer Grund ist.


    Das Vermeiden der Leere: Der Mangel eines Selbst in Psychotherapie und Buddhismus. David R. Loy Chigasaki, Japan

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates