Die andere Sichtweise


  • Dort lese ich:


    Zitat

    „Wiedergeburt“ im buddhistischen Sinn bedeutet nichts anderes als das wiederholte Auftauchen der „Ich“-Illusion - jede Stunde mehrmals, tagtäglich, ein Leben lang - so lange, bis wir auf dem vom Buddha beschriebenen Weg des achtfachen Pfades, einem Weg konzentrativer Entwicklung, alle geistigen Befleckungen ausgelöscht und die höchste Stufe des Nibbana, das „Absolute Nibbana“ erreicht haben, aus dem keine Wiedergeburt mehr möglich ist, weil kein „Ich bin“, „Ich bleibe“, „Ich werde“ mehr existiert.


    Hier

    Es ist halt nicht so einfach, die höchste Stufe des Nibbana in diesem Leben zu erreichen. Da kann die Ansicht, dass nach dem Tod ohnehin keine Ich-Illusion mehr auftauchen würde, schon ein Trost sein.

  • Ich stelle mir eine andere Frage:


    Wenn ich behaupte, dass etwas als ein „Ding“ hin- und herwandert, widerspricht das dem Prinzip von anatta. Da muss ich gar nicht weiter zitieren.


    Wie dieser Autor weiter ausführt, ist es nur mitten im Saṃsāra überhaupt möglich, Nirvāṇa zu finden. Denn es gibt da gar nichts, was "mir" gehört. Das kann ich sogar einem kleinen Kind ohne große Mühe erklären. Hoffe ich.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich stelle mir eine andere Frage:


    Wenn ich behaupte, dass etwas als ein „Ding“ hin- und herwandert, widerspricht das dem Prinzip von anatta. Da muss ich gar nicht weiter zitieren.

    Aufgrund von Unwissenheit und Begehren gibt es die Annahme eines Ich, die ununterbrochen entsteht und vergeht. Das hört nicht auf wenn der Körper stirbt, sondern erst wenn Unwissenheit und Begehren erloschen sind. Ich denke darin sind sich alle alten buddhistischen Traditionen einig.

    Wie dieser Autor weiter ausführt, ist es nur mitten im Saṃsāra überhaupt möglich, Nirvāṇa zu finden. Denn es gibt da gar nichts, was "mir" gehört. Das kann ich sogar einem kleinen Kind ohne große Mühe erklären. Hoffe ich.

    Wo soll Nirvāṇa auch sonst gefunden werden, als im Samsara. Leider genügt es nicht intellektuell zu verstehen, dass "mir" gar nichts gehört.

  • Aufgrund von Unwissenheit und Begehren gibt es die Annahme eines Ich, die ununterbrochen entsteht und vergeht. Das hört nicht auf wenn der Körper stirbt, sondern erst wenn Unwissenheit und Begehren erloschen sind. Ich denke darin sind sich alle alten buddhistischen Traditionen einig.

    Nāma-rūpa bedingt das Bewusstsein – und umgekehrt. Das sind wie zwei Schiffsbündel: So wie ich es verstehe, ist es nicht möglich, den Körper vom Bewusstsein zu trennen, sehr vereinfacht ausgedrückt.


    Deshalb sagt Buddhadasa Bhikkhu sinngemäß: „In den Sarg, aber nur einmal.“


    Ich habe darum gebeten, den Text zu lesen. Jeder kann natürlich anders denken, aber es geht mir darum, die Sache ohne mystische Überlagerungen zu betrachten. Der Autor hat deshalb viele ursprüngliche Zen-Texte übersetzt. Das erinnert mich an Dōgen, an das „Körper und Geist fallen lassen“.


    Wie gesagt, es ist nicht meine Pflicht, diese Position zu verteidigen. Danke.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wie gesagt, es ist nicht meine Pflicht, diese Position zu verteidigen. Danke.

    Ich habe auch nichts zu verteidigen. Wenn es hier nur darum geht eine andere Sichtweise darzustellen, lasse ich es gerne dabei und äußere mich nicht mehr dazu.

  • Es ist durchaus möglich, einen anderen Zugang nachzuvollziehen, wenn man die Geschichte der buddhistischen Philosophie von Volker Zotz liest. Denn es gab schon immer einen Wandel in der Natur: Nach dem Tod folgte Geburt – das konnte der Mensch damals wie heute beobachten.

    Deshalb waren die Theorien über Wiedergeburt, rein buchstäblich betrachtet, damals allgemein verbreitet.

    Im Laufe der Geschichte musste sich der Buddhismus anpassen, um als Religion für die Massen zu wirken. Sein ursprünglicher, eher existenzieller Sinn jedoch wurde dadurch verschleiert.

    So argumentiert auch Buddhadasa Bhikkhu – und er wusste, wovon er sprach, denn er wurde für diese Ansichten überall angefeindet.

    Wenn die Religion jedoch nur noch als Trostspender dient, dann besteht kein Unterschied mehr zum Christentum.

    Nachdenken und Hinterfragen sollte in unserer Zeit nicht verboten sein.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Nāma-rūpa bedingt das Bewusstsein – und umgekehrt.


    Das nama-rupa im Sinn von Name und Objekt bedingt das Bewusstsein des Wahrgenommenen.

    Nama-rupa bedingt das Sich-Bewusstsein. Das Wahrnehmen eines benannten Objektes bedingt das Bewusstsein eines nama-rupa.

    Bewusstsein bedingt nama-rupa


    Eben nicht, auch umgekehrt. Bewusstsein und nama-rupa ändern ihre Bedeutung.


    Nama-rupa bedingt das Sinnesbewusstsein, das Objekte der Sinne zu Sinnesobjekten gestaltet.

    Nama-rupa bedingt Sinnesobjekte


    Die Sinnesobjekte bedingen Berührung. Ich will meine Sinnesobjekte berühren/prüfen, doch das geht nicht, weil die Objekte der Sinne nicht gleich den Sinnesobjekten sind.


    Hier kann ich entscheiden, ob ich den Objekten der Sinne glaube oder meinen Sinnesobjekten. Damit beginnt das Unwohl/Zweifel.

    Denn jede Entscheidung gegen die Objekte der Sinne führt zu Unwohlsein. Der Glaube an meine Sinnesobjekte bringt mich in Opposition zu der Soheit der Objekte der Sinne, und drum werde ich leiden.


    Meine Sinnesobjekte werden auch als die sechs Stäube bezeichnet, und diese fallen auf meine Scheibe, und wenn ich die nicht immer wieder wegputze, wird die Scheibe zu einem Spiegel, der meine Sicht noch weiter verfälscht. Kann man sogar ausprobieren: Sieh durch eine Scheibe, dann ist sie nicht mehr, sieh auf den Staub auf der Scheibe und deine Sicht wird getrübt und du erkennst auch dein Spiegelbild.


    An einem klaren Teich kann man bis zu seinem Grund sehen, doch wenn man auf das Insekt auf der Wasserfläche sieht, ist der Grund des Teiches kaum noch wahrzunehmen, wird zu einer Fata Morgana, unbewusst, Hintergrundrauschen. Der Himmel wird gespiegelt und man kann glauben, dass das Insekt im Himmel ist.

  • Deshalb klammern sich viele an die Wiedergeburt – aber das bleibt eine Hypothese, keine überprüfbare Wissenschaft.

    Jenes "Klammern" beruht, zum einen, auf Glauben und Vertrauen in das, was in den Suttas niedergeschrieben und wie es, entsprechend der jeweiligen buddhistischen Tradition, der man sich zugehörig fühlt, interpretiert wurde.

    (Buddhismus steht ja auch für Religion...)


    Zum anderen hat der traditionelle Wiedergeburtsglaube viele Vorteile gegenüber der "Hier-und-Jetzt- Interpretation des Buddhadasa Bhikkhu, welche recht nüchtern und pragmatisch ausfällt, zwar Sinn macht und m.E. auch die Essenz der Buddha-Lehre -größtenteils- wiedergibt, ABER

    eben keine befriedigende Antwort auf die (vor allem für Trauernde oder Sterbenskranke) drängende Frage gibt, was nach dem Tod passiert.


    Der Übungsweg kann ja viele Jahre/Jahrzehnte, u.U. lebenslänglich, andauern und währendessen verliert der Praktizierende, wie jedermann, geliebte Wesen durch deren Ableben, außerdem erkrankt, altert, stirbt er schließlich (selbst).

    Wer Schwierigkeiten damit hat, all das zu akzeptieren/anzunehmen, wird zwangsläufig leiden und demzufolge häufig (schnelleren) Trost suchen -> Religion...


    Der Buddha hat Wiedergeburt in vielen Lehrreden gelehrt, er hat aber nicht gesagt, dass dies bedeutet, dass die Person dieses Lebens einfach in ein nächstes Leben hinüber geht.


    Er hat Wiedergeburt verbunden mit unserem wandelbaren zusammengesetzten Bewusstseinskontinuum, in dem die Prägungen unserer Handlungen gespeichert werden.

    "Mich" geht dieses rätselhafte "Bewusstseinskontinuum" (das sich bislang nicht nachweisen, nur glauben lässt) also nicht wirklich etwas an?!

    Höchstens den "karmischen Nachfolger", in dessen Körper sich dieses Bewusstseinskontinuum nach meinem Ableben manifestiert?... :?


    (Allein aus Mitgefühl mit diesem, sollte man sich wohl bemühen, einen ethischen Lebenswandel zu führen... ;) )


    NORBU (KI) erklärt dazu:


    Vielleicht möchte man das gerne so glauben...



    Liebe Grüße, Anna _()_ :heart: :)

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

  • ABER

    eben keine befriedigende Antwort auf die (vor allem für Trauernde oder Sterbenskranke) drängende Frage gibt, was nach dem Tod passiert.


    Mich" geht dieses rätselhafte "Bewusstseinskontinuum" (das sich bislang nicht nachweisen, nur glauben lässt) also nicht wirklich etwas an?!

    Höchstens den "karmischen Nachfolger", in dessen Körper sich dieses Bewusstseinskontinuum nach meinem Ableben manifestiert?... :?

    Anna Panna-Sati .


    Ich werde da hier keine KI befragen.


    Mein Anliegen war, die Frage zu stellen: Brauchen wir alle Religion als Trostpflaster oder als geistiges Opium, oder sind wir imstande, uns ethisch zu verhalten, einfach weil wir es nicht anders können?


    Mir persönlich würde es genügen, wenn mich jemand daran erinnert – was mit dem "Geistes-Kontinuum" dabei geschieht, ist mir nicht wichtig, sehr milde ausgedrückt.


    Ich kann natürlich nur für mich sprechen; jeder entscheidet selbst.


    Was passiert nach dem Tod?

    Ein Arahat stellt keine Fragen mehr, denn er kann sich mit dem Tod nicht mehr identifizieren.

    Dazu gibt es ein sehr kleines Sutta:


    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das sind einige Suttas( aus dem Buch von P.A. Payatto):


    "Genug, Udayi, über frühere Zeiten und künftige Zeiten. Ich

    werde dich die Essenz des Dhamma lehren: Wenn dies ist, ist

    jenes. Mit dem Erscheinen von diesem, erscheint jenes. Wenn

    dies nicht ist, kann jenes nicht sein; wenn dies endet, endet auch

    jenes.“ (M 79)


    "`In

    der Zukunft wird dies sein´, dann würden sich in dir darüber

    Zweifel und Ratlosigkeit erheben. Stattdessen Hausherr, werde

    ich dich, hier und jetzt, den Ursprung und das Ende des Leids

    lehren.“ (S 42, 11)


    "Aus diesem Grunde kann

    von jedem Einsiedler oder Heiligem, der behauptet, `Alle Gefühle,

    die entstehen, seien sie angenehm oder unangenehm, sind ausschließlich

    das Ergebnis von früherem kamma´ mit Recht gesagt

    werden, dass er über das hinausgegangen ist, was für alle Leute

    überall offenkundig ist, und ich sage, dass solche Ansichten

    falsch sind.“ (S 36, 21)




    SN 35.70:„Hat da, Upavana, ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, so empfindet er diese bloß, ohne Begierde danach. Wenn er innerlich keine Begierde danach hat, dann weiß er: ‚In mir ist keine Begierde danach‘. Eben deshalb, ist der Dhamma hier-und-jetzt sichtbar, zeitlos, einladend, anwendbar, dem Verständigen von selbst verständlich.“



    MN 79:"Aber lass die Vergangenheit sein, Udayin, las die Zukunft sein. Ich werde dich den Dhamma lehren: Wenn dies existiert, ist jenes; mit der Entstehung von diesem, entsteht jenes. Wenn dies nicht existiert, ist jenes nicht; mit dem Aufhören von diesem, hört jenes auf."

    Und so weiter.



    Ich bitte wenigstens darum, diesen Faden in Ruhe zu lassen. _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich werde mich tiefer mit Theravāda beschäftigen und bitte darum, einen anderen Faden zu eröffnen.


    Zitat

    Buddhistische Gesellschaft München e.V.

    Die Hauptaufgabe der Buddhistischen Gesellschaft München e.V. (BGM) ist die Förderung eines authentischen Buddhismus. Grundlage dafür sehen wir im ursprünglichen Pali-Buddhismus, der die Lehre des Buddha nahezu unverfälscht überliefert hat. Dem Buddha zufolge erfordert die Verwirklichung (pativedha) sowohl ein gezieltes Studium der Lehre (pariatti) als auch die praktische Anwendung im Alltag und in der Meditation (patipatti). Das Dhamma Dana Projekt möchte mit seinen Texten, Büchern und Audiovorträgen hierzu einen Beitrag leisten. Neben diesen Publikationen bieten wir außerdem eine Vielzahl von Veranstaltungen an:

    • öffentliche Vorträge & Gesprächsabende
    • Einführungen in den Buddhismus (nach vorheriger Anmeldung)
    • Aufbauende Studienseminare (am Wochenende & als Studienwochen)
    • Meditationsveranstaltungen

    Weitere Informationen, Adressen und alle kommenden Veranstaltungen finden Sie auf der Website der Buddhistischen Gesellschaft München e.V.:


    www.buddhismus-muenchen.de

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates


  • Hallo, ich bitte darum, diesen Faden wieder zu öffnen. Ich habe Hendrik bereits geschrieben. _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Katukurunde Nyanananda Mahathera beschäftigt sich in drei Bänden über Nibbāna mit dieser Scholastik, die starr am Drei-Leben-Modell festhält.


    Ich bitte darum, den Faden zu öffnen. Es besteht Bedarf, dass sich alle Theravāda-Mitglieder ausführlich mit diesem Thema befassen.


    Zitat

    While at Nissarana Vanaya, at the invitation of the Ven. Matara Sri Nanarama Mahathera, Ven. Ñāṇananda Thera delivered 33 sermons on the subject of Nibbana, during the period 1988.08.12 – 1991.01.31. This often controversial set of talks were then distributed in cassettes among interested monastics and lay Buddhists.[27] In 1997, a publications trust named Dharma Grantha Mudrana Bharaya (D.G.M.B.) was set up with the public trustee of Sri Lanka to freely distribute Ven. Ñāṇananda's works. The first publications of D.G.M.B. were these sermons in Sinhala, made available in 11 volumes, titled Nivane Niveema.[2] Since 2003 the English translations have been made available in a 7-volume series titled Nibbana – The Mind Stilled.[27]

    In these sermons Ven. Ñāṇananda attempted to “trace the original meaning and significance of the Pali term Nibbana based on the evidence from the discourses of the Pali Canon”. This has led to a detailed analysis and a re-appraisal of some of the most controversial suttas on Nibbana. While this collection develops on his earlier works, the Nibbana sermons are presented with a more pragmatic outlook to benefit those who are keen on realizing this ultimate goal of Buddhist practice.[27]


    Wikipedia.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Aber leider war der Ehrwürdige Buddhaghosa nicht darauf vorbereitet,

    diesen Gesichtspunkt zu würdigen. In seinem Visuddhimagga sowie

    in den Kommentaren Sāratthappakāsinī und Sammohavinodanī gibt

    er eine lange Diskussion über Nibbāna in der Form eines Streitgesprächs

    mit einem imaginären Häretiker wieder.43 Einige seiner

    Argumente stimmen mit dem Dhamma weder im Wortlaut noch

    sinngemäß überein.

    Zuerst lässt er den Häretiker die Idee vorbringen, dass die Zerstörung

    von Gier, Hass und Verblendung Nibbāna sei. Tatsächlich

    zitiert der Häretiker einfach das Buddha-Wort, weil im Nibbānasutta

    des Asaṅkhatasaṃyutta die Zerstörung der Gier, des Hasses und der

    Verblendung Nibbāna genannt wird: Rāgakkhayo, dosakkhayo,

    mohakkhayo – idaṃ vuccati Nibbānaṃ.44


    S. 41;


    https://www.dhamma-dana.de/files/Dhamma%20Dana/Buecher/bgm/Texte_zum_Thema_Nibbana.pdf

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates