Bekenntnisse eines ungläubigen Buddhisten

  • Hallo KDR,


    ich habe mittlerweile ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu dem Buch (s.o). Gleichwohl finde ich es als persönliches Dokument (Die intensive Begegnung eines Westlers mit dem Buddhismus) hochinteressant. Weil Fragen aufgeworfen werden, die sich generell stellen, wenn ein westlich geprägter Mensch mit dem europäischen Rationalismus im Marschgepäck in Berührung gerät mit einer Religion, die aus einem ganz anderen Kulturkreis stammt.


    Inwiefern findest Du Batchelors Verständnis des Kalama-Suttas naiv?


    LG
    Lena

  • Hallo Lena,


    du hast Recht: der selbstreferentielle Aspekt seiner "Bekenntnisse" ist an Inhalt und Bedeutung nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus, d.h. was alles andere als die Person des Autors und die westliche Kultur angeht - unter anderem also den ganzen asiatischen Buddhismus, wie er ihn vorgefunden hat - ist das Buch allerdings praktisch wertlos (sofern die Passagen, die ich gelesen habe, repräsentativ sind). Es ist immer das gleiche - Stephen Batchelor findet Tantrapraxis sinnlos, Stephen Batchelor kommt nicht mit der tibetischen Tradition klar. Weil das Buch eben so sehr persönlich ist, sagt das alles nichts über die Ablehnungsobjekte aus, wohl aber über das Subjekt, das immer das gleiche ist: Stephen Batchelor.


    Über das Kalama-Sutra hatte ich bereits folgendes geschrieben:

    KDR:

    Batchelors naive und idealistische Interpretation des Kalama-Sutra verleitet ihn dazu, die Tradition der indo-tibetischen Erkenntnistheorie zu verwerfen, nach der auch zuverlässige Zeugenaussagen (auch und gerade in Bezug auf spirituelle Dinge) gültige Erkenntnisse darstellen, obwohl dort auch davon die Rede ist, das anzunehmen, was "von den Verständigen gepriesen wird" - die Grundlage der von ihm fast rundum abgelehnten tibetischen Tradition findet sich also schon in den von allen Schulen als BUddhawort anerkannten Sutras. Das übersieht Batchelor aber in seinen westlichen Projektionen und Vorstellungen bezüglich dessen, wie "aufgeklärter", "richtiger" Buddhismus zu sein habe und wie nicht.


    Schöne Grüße
    KDR

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

  • KDR:

    Hallo Lena,
    du hast Recht: der selbstreferentielle Aspekt seiner "Bekenntnisse" ist an Inhalt und Bedeutung nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus, d.h. was alles andere als die Person des Autors und die westliche Kultur angeht - unter anderem also den ganzen asiatischen Buddhismus, wie er ihn vorgefunden hat - ist das Buch allerdings praktisch wertlos (sofern die Passagen, die ich gelesen habe, repräsentativ sind). Es ist immer das gleiche - Stephen Batchelor findet Tantrapraxis sinnlos, Stephen Batchelor kommt nicht mit der tibetischen Tradition klar. Weil das Buch eben so sehr persönlich ist, sagt das alles nichts über die Ablehnungsobjekte aus, wohl aber über das Subjekt, das immer das gleiche ist: Stephen Batchelor.


    Hallo KDR,


    Batchelor hier - Buddhismus da. Das kann man nicht so sauber trennen. Es sei denn, man steht ganz in der Tradition westlicher Entweder-Oder-Logik.
    Persönliche Zeugnisse sind nie ausschließlich persönlich (das müsste dir als jemandem, der mit buddhistischem Denken vertraut ist, eigentlich klar sein). Persönliche Dinge stehen immer in einem Kontext, aus dem man sie nicht lösen kann, ebensowenig, wie man irgendetwas je aus den Zusammenhängen lösen kann, in denen es steht. Alles ist grundsätzlich vieltausendfach vernetzt. Indem Batchelor über sich erzählt, erzählt er beileibe nicht nur von sich, auch dort, wo er nur und am radikalsten von sich erzählt - und gerade dort am wenigsten.


    Je persönlicher, also ehrlicher und authentischer das Zeugnis eines Menschen ist, umso unpersönlicher und allgemeiner wird es. Es entpersönlicht sich gleichsam in dem Maße, in dem es sich immer dichter der Person nähert. Natürlich erzählt Batchelor über sich. Die eigene Person ist in der Regel das Thema, über das jeder Mensch am besten berichten kann. Letztlich kann jeder Mensch nur über sich berichten. Aber indem Batchelor über sich berichtet, erzählt er auch die Geschichte des Westens, der sich dem Osten nähert, er erzählt stellvertretend die Geschichte vieler Westler, die im Buddhismus ihr Heil suchen. Und er ist dabei so ehrlich, von den Konflikten zu berichten, von den schmerzenden Punkten, an denen die Assimilation nicht gelingt. Das ist mir tausendmal lieber als schauspielerisch begabte Westler, die sich in ihrer Suche nach Halt einer asiatischen Mimikri unterziehen, die nur an der Oberfläche gelingen kann aber nicht in der Tiefe.


    LG
    Lena

  • KDR:
    Aiko:

    [...] und der Götterbereich, da wo der DL ist [...]


    Was soll der Dalai Lama denn im Götterbereich? Kannst du das näher erklären?


    Schöne Grüße
    KDR


    Die sechs Daseinsbereiche sind ja im Zusammenhang zum Konzept der Wiedergeburt zu sehen und natürlich auch mit dem Konzept von Karma, das grob gesagt die Wirkungen von Handlungen mit den Ursachen - z.B. Wille, Absicht, -verbindet.
    Nun kann man das zur Rechtfertigung von sozialen Strukturen insbesondere Herrschaftstrukturen benutzen und damit den Ist-Zustand festlegen. Aus diesem Ist-Zustand kommt man nur durch eine ethisch sauberes Leben heraus, durch den Tod, also vertröstend ins nächste Leben geschoben.
    Man kann es aber auch nicht als Drei-Leben-Theorie betrachten, sondern als Drei-Zeiten-Theorie, nämlich vorher, jetzt und nachher. Dann kann ich wie z.B. Epstein die Daseinsbereiche als psychische Zustände betrachten oder auch als Lebenswirklichkeit.
    In diesem Sinn lebt der Mensch DL vorwiegend im Daseinsbereich der Götter bzw. des einen Gottes.


    _()_

  • Zum Thema Buddhismus und Hinduismus:
    "Ich erkannte, dass ich gerade mit den Vorstellungen und Lehren im Buddhismus Schwierigkeiten hatte, die er hat mit seiner indischen Schwesterreligion, dem Hinduismus, teilt. Wiedergeburt, das Karma-Gesetz, Götter, andere Existenzbereiche, die Freiheit vom Kreislauf von Geburt und Tod, nicht bedingtes Bewusstsein: dies alles waren Vorstellungen, die bereits vor dem Buddha existierten. Viele seiner Zeitgenossen hätten solche Vorstellungen kritiklos als Beschreibung, wie die Welt geschaffen ist, hingenommen. Sie gehörten daher nicht zu den speziellen Inhalten, die er lehrte, sondern spiegeln einfach die klassische indische Kosmologie und Soteriologie wider.


    Weiter gelangte ich zu der Erkenntnis, dass mich genau die Ideen am unmittelbarsten bei den buddhistischen Lehren ansprachen, die nicht aus der Matrix des klassischen indischen Gedankenguts abgeleitet sein konnten. Meine Aufgabe berstand somit darin, sorgfältig durch den Palikanon zu gehen und alle jene Stellen herauszuziehen, die den Stempel von Siddhatta Gotamas eigener, unverkennbarer Stimme trugen. All das, was ihm zugeschrieben wird, was aber genauso gut in den klassischen indischen Schriften der Upanishaden oder Veden hätte stehen können, würde ich ausklammern und beiseite stellen. Am Ende dieser Arbeit würde ich erkennen, ob das, was ich als die Worte des Buddha herausgefiltert hatte, als Grundlage für den Entwurf einer schlüssigen Vision eines zeitgenössischen buddhistischen Laienlebens ausreichte."
    (134)


  • Hm, einerseits hast du Recht: zu einer Begegnung gehören immer zwei. Andererseits sitzt Batchelor seiner Westlerbrille so sehr auf der Nase, dass sie einen (jedenfalls mich) anzuspringen scheint, wenn man seion Buch liest. Es ist weit von Objektivität entfernt und nimmt daher den vorhandenen asiatischen Buddhismus sehr verzerrt wahr.



    Mich wundert immer wieder, dass viele Zennies anscheinend in Tibetologie promoviert haben! :lol: Wenn man sich solche Meinungsbildungsbildungsprozesse ansieht, ahnt man, wie Sektierertum entsteht.


    • Anscheinend siehst du die Linie der Dalai Lamas als machtpolitisches Instrument. Das ist schon mal haltlos, da erst der fünfte Dalai Lama über Tibet geherrscht hat.
    • Dein Verständnis des Tulkusystems geht völlig an der Realität vorbei, da ein Tulku , wie der Name (skrt.: Nirmanakaya; dritter von drei Kayas) schon sagt, frei ist von karmischem Zwang und nicht etwa deshalb, sondern aus Mitgefühl mit dem im Gegensatz zu ihm in Samsara leidenden Wesen Geburt annimmt.
    • Der Rest ist einfach aus der Luft gegriffen, von wegen "Ist-Zustand-Festlegung" und der angeblichen, nach wie vor nicht erklärten Verbindung des Dalai Lama in den Götterbereich.


    Schöne Grüße
    KDR

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

  • KDR:


    Mich wundert immer wieder, dass viele Zennies anscheinend in Tibetologie promoviert haben! :lol: Wenn man sich solche Meinungsbildungsbildungsprozesse ansieht, ahnt man, wie Sektierertum entsteht.


    • Anscheinend siehst du die Linie der Dalai Lamas als machtpolitisches Instrument. Das ist schon mal haltlos, da erst der fünfte Dalai Lama über Tibet geherrscht hat.
    • Dein Verständnis des Tulkusystems geht völlig an der Realität vorbei, da ein Tulku , wie der Name (skrt.: Nirmanakaya; dritter von drei Kayas) schon sagt, frei ist von karmischem Zwang und nicht etwa deshalb, sondern aus Mitgefühl mit dem im Gegensatz zu ihm in Samsara leidenden Wesen Geburt annimmt.
    • Der Rest ist einfach aus der Luft gegriffen, von wegen "Ist-Zustand-Festlegung" und der angeblichen, nach wie vor nicht erklärten Verbindung des Dalai Lama in den Götterbereich.


    Schöne Grüße
    KDR


    Die schöne bildliche Darstellung des sechs Daseinsbereiche ist nichts anderes als aus dem Pali-Kanon künstlerisch zusammengefasst.
    Mir ist relativ wurscht auf welches System die Herrschaft der Tibeter sich stützt - jedenfalls waren die Gefängnisse vor der Besetzung Chinas in Lhasa ebenfalls grauenhaft. In dieser Hölle hat der DL natürlich nie gelebt.


    _()_

  • Lena:

    Zum Thema Buddhismus und Hinduismus:
    "Ich erkannte, dass ich gerade mit den Vorstellungen und Lehren im Buddhismus Schwierigkeiten hatte, die er hat mit seiner indischen Schwesterreligion, dem Hinduismus, teilt. Wiedergeburt, das Karma-Gesetz, Götter, andere Existenzbereiche, die Freiheit vom Kreislauf von Geburt und Tod, nicht bedingtes Bewusstsein: dies alles waren Vorstellungen, die bereits vor dem Buddha existierten. Viele seiner Zeitgenossen hätten solche Vorstellungen kritiklos als Beschreibung, wie die Welt geschaffen ist, hingenommen. Sie gehörten daher nicht zu den speziellen Inhalten, die er lehrte, sondern spiegeln einfach die klassische indische Kosmologie und Soteriologie wider.


    Weiter gelangte ich zu der Erkenntnis, dass mich genau die Ideen am unmittelbarsten bei den buddhistischen Lehren ansprachen, die nicht aus der Matrix des klassischen indischen Gedankenguts abgeleitet sein konnten. Meine Aufgabe berstand somit darin, sorgfältig durch den Palikanon zu gehen und alle jene Stellen herauszuziehen, die den Stempel von Siddhatta Gotamas eigener, unverkennbarer Stimme trugen. All das, was ihm zugeschrieben wird, was aber genauso gut in den klassischen indischen Schriften der Upanishaden oder Veden hätte stehen können, würde ich ausklammern und beiseite stellen. Am Ende dieser Arbeit würde ich erkennen, ob das, was ich als die Worte des Buddha herausgefiltert hatte, als Grundlage für den Entwurf einer schlüssigen Vision eines zeitgenössischen buddhistischen Laienlebens ausreichte."
    (134)


    Ich denkes ist zumindest ein gangbarer Ansatz. Wieviel er trägt, ist dann nochmal eine andere Frage.
    Ich denk, daß eine Beschäftigung mit dem Hinduismus (oder eben den lehren, auf die Buddha sich bezog, weil Hinduismus ein sehr schwammiger Begriff ist) sehr wichtig sein kann, um Buddha zu verstehen, auch um die Unterschiede zu kapieren.
    Zum Beispiel wird oft aus der Anatman Lehre des Buddha eine Nicht-Ich Lehre, aber das da kein Ich ist, bzw. das die Skhandas nicht das Selbst sind, wird ja auch in den Upanischaden so gesagt. Es geht aber bei Buddha um die Nichtexistenz dieses Selbst. Eine andere spannende frage ist, was bedeutete das Bild einer Ausgehenden Flamme (das Bild für Nirvana) für einen Zeitgenossen Buddhas. Weil auch dies ist ein altes upanischadisches Bild.
    Inwieweit es sinnvoll ist, Buddha ganz aus seiner Kultur herausgelöst zu sehen, bin ich mir nicht so sicher. Er hat in ihr und für sie gelehrt.
    Aber wenn es hier schon noch für einige um eine kleine Richtung innerhalb des Buddhismus geht: Für sie wäre es sicher eine genauso spannende Analyse: Was sind die lehren des hinduistischen Tantra, was die Lehren des Bön, und wo ist das neue im Vajrayana.
    Aber insgesamt betrifft die Speziallehren der tibetischen Form des Vajrayana (Bardos, Tulku, ihre speziellen Vorstellungen von Wiedergeburt) nur sie, so wie Speziallehren des Nichiren- oder des Shinbuddhismus ja auch nicht hier an dieser Stelle diskutiert werden würden. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welcher Selbstsicherheit (um kein negativeres Wort zu verwenden) hier einige von ihnen immer so tun, als seien es allgemeinbuddhistische Lehren.
    Die Frage ist aber letztlich nicht: Was hat Buddha übernommen aus dem Hinduismus, sondern was ist der Kern seiner Lehre für uns, für dieses Leben jetzt. Und da sind die Hauptpunkte ja schon in der Tradition benannt worden.
    Vergänglichkeit, Leben als dhukha, Anatman, Nirvana. Bedingtes Entstehen, die vier edlen Wahrheiten, der achtfache Pfad.
    Was diese bedeuten, das müssen wir für uns ergründen und mit Leben füllen. Wenn die Randlehren (z.B. Wiedergeburt, Götterbereiche, kosmologische Vorstellungen) für uns keinen Sinn machen, warum sollten wir sie übernehmen?
    Und für dieses können Leute wie Batchelor eine Inspiration sein, klären können sie diese Frage nicht. Sie können sie nur für sich klären. Und wir für uns. Und mal ehrlich: Wer hält schon länger an Sachen fest, die er als falsch und unsinnig erkannt hat.
    Aber für andere Leute können sie ja wichtig sein. Dann sind sie halt für sie wichtig, für uns nicht. Und ich hab auch keine Probleme mit Leuten, die meinen, dann seien wir keine richtigen Buddhisten (da gibt es ja auch etliche hier im Forum). Bezeichnungen sind nämlich nicht unbedingt das wichtigste im Leben.

  • Ryonin:


    Ich denk, daß eine Beschäftigung mit dem Hinduismus (oder eben den lehren, auf die Buddha sich bezog, weil Hinduismus ein sehr schwammiger Begriff ist) sehr wichtig sein kann, um Buddha zu verstehen, auch um die Unterschiede zu kapieren.


    Inwieweit es sinnvoll ist, Buddha ganz aus seiner Kultur herausgelöst zu sehen, bin ich mir nicht so sicher. Er hat in ihr und für sie gelehrt.


    Ich denke, es geht Batchelor nicht darum, Buddha aus seiner Kultur herauszulösen - also gleichsam kontextfrei zu betrachten. Das wäre unsinnig und letztlich auch "unbuddhistisch" (mein neues Lieblingswort).
    Batchelor möchte gleichsam mit dem Skalpell den Kernbuddha aus dem hinduistischen Drumherum heraussezieren.
    Ein interessantes Projekt.


    Zitat

    Die Frage ist aber letztlich nicht: Was hat Buddha übernommen aus dem Hinduismus, sondern was ist der Kern seiner Lehre für uns, für dieses Leben jetzt. Und da sind die Hauptpunkte ja schon in der Tradition benannt worden.


    Das stimmt - was ist der Kern der Lehre? - für uns. Heute.
    Für mich gehört Wiedergeburt z.B. nicht zum Kern, ich halte das für ein verzichtbares hinduistisches Relikt. Aber das ist nur meine Meinung. Für meine konkrete Praxis ist die Beantwortung der Frage nach der Wiedergeburt schlicht nicht relevant. Sie ist wurscht.
    Batchelor stellt gute Fragen. Die Antworten müssen wir natürlich alle selber finden.


    LG
    Lena

  • Aiko:

    Die schöne bildliche Darstellung des sechs Daseinsbereiche ist nichts anderes als aus dem Pali-Kanon künstlerisch zusammengefasst.


    Eine bildliche Darstellung ist natürlich immer künstlerisch - was nichts daran ändert, dass der Buddha diese sechs Bereiche auch so gelehrt hat.


    Aiko:

    Mir ist relativ wurscht auf welches System die Herrschaft der Tibeter sich stützt [...].


    Welche "Herrschaft der Tibeter" denn? Hast du nicht konkret vom Dalai Lama geredet?


    Aiko:

    Mir ist relativ wurscht auf welches System die Herrschaft der Tibeter sich stützt - jedenfalls waren die Gefängnisse vor der Besetzung Chinas in Lhasa ebenfalls grauenhaft. In dieser Hölle hat der DL natürlich nie gelebt.


    Der negative Tibet-Mythos ist ja bekanntermaßen genauso faktenresistent wie der positive. Nichtsdestotrotz hier ein Versuch, dem mit Argumenten beizukommen: http://info-buddhismus.de/Tibe…rden_Elliot_Sperling.html. Außerdem: Erstens der Dalai Lama hat nie in einer Hölle gelebt, weil Tibet, jedenfalls vor der Okkupation, nie eine Hölle war (genauso wenig wie ein Himmel), zweitens war er ganze fünfzehn Jahre alt, als er aus Tibet fliehen musste, weil es durch besagte Okkupation in großen Schritten näher an den Zustand einer Hölle herangeführt wurde.


    Schöne Grüße
    KDR

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

  • KDR:
    Aiko:

    Die schöne bildliche Darstellung des sechs Daseinsbereiche ist nichts anderes als aus dem Pali-Kanon künstlerisch zusammengefasst.


    Eine bildliche Darstellung ist natürlich immer künstlerisch - was nichts daran ändert, dass der Buddha diese sechs Bereiche auch so gelehrt hat.


    Sagte ich doch - es sind symbolische Darstellungen, Bilder, so wie eben auch Sprache Bilder schafft und Vorstellungen. Buddhas Lehrreden enthalten diese Bilder, die man dann - hervorragend übrigens - auf eines Seite zusammen fasste. Aber es sind Symbole und Hölle oder Himmel sind Namen bzw. Symbole für Wirklichkeiten, in denen Menschen leben.



    Zitat
    Aiko:

    Mir ist relativ wurscht auf welches System die Herrschaft der Tibeter sich stützt - jedenfalls waren die Gefängnisse vor der Besetzung Chinas in Lhasa ebenfalls grauenhaft. In dieser Hölle hat der DL natürlich nie gelebt.


    Der negative Tibet-Mythos ist ja bekanntermaßen genauso faktenresistent wie der positive. Nichtsdestotrotz hier ein Versuch, dem mit Argumenten beizukommen: http://info-buddhismus.de/Tibe…rden_Elliot_Sperling.html. Außerdem: Erstens der Dalai Lama hat nie in einer Hölle gelebt, weil Tibet, jedenfalls vor der Okkupation, nie eine Hölle war (genauso wenig wie ein Himmel), zweitens war er ganze fünfzehn Jahre alt, als er aus Tibet fliehen musste, weil es durch besagte Okkupation in großen Schritten näher an den Zustand einer Hölle herangeführt wurde.


    Ein Mythos gründet immer im Realen und ich erzähl hier nichts mythisches , sondern das, was sich aus Erzählungen von Tibetern und anderen nachvollziehen lässt. ich bin da für einen realistischen Blick und fand den auch bei Donald S. Lopez - Prisoner of Shangri-La oder aus den Arbeiten von und über Gendun Chopel.
    Hölle oder Himmel gibt es nur als symbolische, seelische Strukturen und daher gebe ich dir recht, jemand der ausgewählt wurde, natürlich bewußt und nicht zufällig, man nimmt ja nicht den erst besten Ziegenhüter - der wird nicht in Lebensumständen sein, die ihn nicht überleben lassen. Insofern ist eben "Himmel" der reale Ort, in dem man sehr alt wird, lange lebt, gesund bleibt und viel Zeit hat für Meditation, Philosophie, angenehme Gespräche, Kunst und Wissenschaft - und selbstverständlich angehimmelt oder verklärt wird.
    Für mich ist der DL ein Gefangener seiner Struktur, seines Systems und er tat mir Leid, als ich seine Biographie gelesen habe, vor Jahren. Beruhigt hat mich dann, dass seine Mutter in unmittelbarer Nähe dann auch lebte. Er hatte aber keine Wahl - also auch keine Freiheit. Genauso gefangen, wie die Bevölkerung.
    Das ist im übrigen Kindesmißbrauch, Mißbrauch der Bevölkerung und üblich in allen feudalen oder totalitären Gesellschaften. Religion ist dabei ein hervorragendes System, gleichgültig woran geglaubt wird - wenn es verbunden ist mit einer jenseitigen Perspektive wirkt es als Drohkulisse und Gefängnis.


    _()_

  • Aiko:

    Sagte ich doch - es sind symbolische Darstellungen, Bilder, so wie eben auch Sprache Bilder schafft und Vorstellungen. Buddhas Lehrreden enthalten diese Bilder, die man dann - hervorragend übrigens - auf eines Seite zusammen fasste. Aber es sind Symbole und Hölle oder Himmel sind Namen bzw. Symbole für Wirklichkeiten, in denen Menschen leben.


    Bilder gehen nicht aus Sprache hervor, es ist umgekehrt! Deine Behauptung, diese in Worten vermittelten Bilder seien nur symbolisch, d.h. nicht tatsächlich wörtlich zu nehmen, finde ich alles andere als tragfähig. Erinnert sehr an Batchelor. Einfach alles wegrationalisieren, was dem westlichen Menschen nicht in sein Konzept von Dharma passt - schließlich seien es ja nur "Namen bzw. Symbole für Wirklichkeiten, in denen Menschen leben." Typisch "westlicher Buddhismus".


    Aiko:

    Ein Mythos gründet immer im Realen [...].


    Ein hehrer Unterfangen, mithilfe der Tatsache, dass Mythen dadurch gewoben werden, dass auf Elemente des Realen zurückgegriffen wird, irgendwie durch die Hintertür den Wahrheitsgehalt des Mythos zu behaupten. Im Zweiten Weltkrieg haben sie den jungen Soldaten erzählt, die Engländer hätten pro Person drei Köpfe. Darauf lässt sich dein Satz wunderbar anwenden: Dieser Mythos gründet im Realen, da es genauso Engländer gab, wie jene über Köpfe verfügten. Der feine Unterschied ist hier also nur quantitativer Natur, d.h. liegt auschließlich in der Steigung des Funktionsgraphen Engländer-Köpfe.


    Aiko:

    Ein Mythos gründet immer im Realen und ich erzähl hier nichts mythisches , sondern das, was sich aus Erzählungen von Tibetern und anderen nachvollziehen lässt. ich bin da für einen realistischen Blick und fand den auch bei Donald S. Lopez - Prisoner of Shangri-La oder aus den Arbeiten von und über Gendun Chopel.


    Ich bezweifle, dass sich aus den Arbeiten der Genannten der negative Tibet-Mythos herleiten lässt. Da ich für einen realistischen Blick bin, empfehle ich dir, dich doch mal zu bequemen und den verlinkten Artikel zu lesen, der wirklich sehr kurz ist, aber Aufklärung pur.


    Aiko:

    Hölle oder Himmel gibt es nur als symbolische, seelische Strukturen und daher gebe ich dir recht, jemand der ausgewählt wurde, natürlich bewußt und nicht zufällig, man nimmt ja nicht den erst besten Ziegenhüter - der wird nicht in Lebensumständen sein, die ihn nicht überleben lassen. Insofern ist eben "Himmel" der reale Ort, in dem man sehr alt wird, lange lebt, gesund bleibt und viel Zeit hat für Meditation, Philosophie, angenehme Gespräche, Kunst und Wissenschaft - und selbstverständlich angehimmelt oder verklärt wird.


    Womit gibst du mir Recht? Das, was du hier zusammengeschrieben hast, kommt garantiert nicht von mir. Deine voreingenommenen Ansichten über die Auffindung des Dalai Lama muss man ja zum Glück nicht teilen. Auch das, was du des weiteren über das alte Tibet schreibst, ist doch negativer Tibet-Mythos pur, olle Kamellen aus dem Pekinger Wahrheitsministerium, tausendmal behauptet, nie belegt, dafür tausendmal widerlegt (siehe z.B. den Link), aber, wie schon der Große Vorsitzende wusste: Eine Lüge, die tausendmal erzählt wird, wird zur Wahrheit. Alle Achtung, der Mann war ein Genie. Als erste hatten er und seine Leute diese Ideen in die Welt gesetzt, und ihren durchschlagenden Erfolg derart präzise vorausgesagt. Damit kann sich nur noch einer messen:


    Der 13. Dalai Lama:

    Unter Umständen werden hier, im Zentrum von Tibet, Religion und Regierung gleichermaßen von innen wie von außen angegriffen. Wenn wir nicht unser Land beschützen, werden der Dalai und der Pantschen Lama, der Vater und der Sohn, und alle verehrten Hüter der Wahrheit verschwinden und vergessen werden. Mönche und ihre Klöster werden vernichtet. Die Herrschaft des Gesetzes wird geschwächt. Alle Menschen werden von großem Elend und überwältigender Furcht ergriffen.


    (http://www.zeit.de/1997/35/Chi…n_ueber_dem_Dach_der_Welt)


    Schöne Grüße
    KDR

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

  • KDR:
    Aiko:

    Sagte ich doch - es sind symbolische Darstellungen, Bilder, so wie eben auch Sprache Bilder schafft und Vorstellungen. Buddhas Lehrreden enthalten diese Bilder, die man dann - hervorragend übrigens - auf eines Seite zusammen fasste. Aber es sind Symbole und Hölle oder Himmel sind Namen bzw. Symbole für Wirklichkeiten, in denen Menschen leben.


    Bilder gehen nicht aus Sprache hervor, es ist umgekehrt! Deine Behauptung, diese in Worten vermittelten Bilder seien nur symbolisch, d.h. nicht tatsächlich wörtlich zu nehmen, finde ich alles andere als tragfähig. Erinnert sehr an Batchelor. Einfach alles wegrationalisieren, was dem westlichen Menschen nicht in sein Konzept von Dharma passt - schließlich seien es ja nur "Namen bzw. Symbole für Wirklichkeiten, in denen Menschen leben." Typisch "westlicher Buddhismus".


    Also - mit dem Verweis auf Batchelor kannst du mich nicht treffen - ich bin hier im Westen geboren und nicht in irgendeinem asiatischen Kulturkreis. Ich rechtfertige auch nicht "mein" Zen - das natürlich deutsch, weiblich und christlich ist. Zen geht aber darüber hinaus und ist nicht-deutsch, nicht-weiblich, nicht-christlich, nicht-westlich, nicht-östlich etc.
    Du hast mich nicht richtig gelesen - ich schrieb NICHT Bilder gehen aus Sprache hervor - sondern die sechs Daseinsbereiche sind symbolische Darstellungen, Bilder - so wie eben auch Sprache Bilder schafft und Vorstellungen. Genauso wie du mich richtig stellst. Richtig. Bilder gehen nicht aus Sprache hervor - es ist umgekehrt - Klar - die Bilder sind vor den Namen.



    Zitat


    Ich bezweifle, dass sich aus den Arbeiten der Genannten der negative Tibet-Mythos herleiten lässt. Da ich für einen realistischen Blick bin, empfehle ich dir, dich doch mal zu bequemen und den verlinkten Artikel zu lesen, der wirklich sehr kurz ist, aber Aufklärung pur.


    Tibet war vor der Besetzung durch die kommunistischen Chinesen ein feudalistisches Land mit einem System von Mönchsherrschaften als Grundherren und dazugehörigen Bauern, die ihre Überschüsse da abgeben mussten. Lesen und Schreiben konnten nur die in den Klöstern und auch da nicht diejenigen, die da erstmal sauber machen sollten. Möglicherweise hätte Tibet eine ähnliche Entwicklung vollzogen wie Bhutan - das weiß aber niemand und ob Bhutan wirklich so ist, wie die schwärmerischen Touristen es sehen, weiß man nur, wenn man da geboren ist und aufwächst.
    Du hast nun ja leider nichts sachliches gesagt über Tibet zur Zeit vor der Flucht des DL - aber bei Batchelor, den ich nun ein wenig weiter gelesen habe, zeigt sich eben doch die große Ähnlichkeit mit Glaubenssystemen. Wenn man nicht daran glaubt, kann man keine Einweihungen nehmen - klar. Das ist dasselbe, wenn ich nicht an die Transsubstantiation glaube, dann .... ja was dann?
    Einweihungen muss man aber nehmen - was kosten die? - irgendjemand hat mal da von 10 Euro was gesagt - das Stück - wenn man da auf dem Einweihungsweg fortkommen will. Irgendwie eine Art Spendensystem - dafür habe ich Verständnis.
    Außerdem ist so eine Mönchskultur in einer abgeschlossenen Gesellschaft, wie es Tibet mal war,auch für die Regulierung der Bevölkerung nützlich. Batchelor hatte offenbar intuitiv eingesehen, dass er als Übersetzer ganz gut gebraucht wurde, aber als Lama doch ihm zu viel Selbst-Verleugnung abverlangt worden wäre. Die Schilderungen eingangs in seinem Buch über den Regenschamanen ist ja sowas - man muss an Schamanentum glauben, so wie man an Psychotherapie glauben muss, damit es funktioniert. Außer dem Fakt, dass da jemand sich in monatelangen Gesprächen mit dir befasst und deinen Befindlichkeiten, passiert ja in einer Psychotherapie nichts - Veränderung geschieht (von selbst) - und das gilt auch für den Schamanen.


    Zitat


    Das, was du hier zusammengeschrieben hast, kommt garantiert nicht von mir. Deine voreingenommenen Ansichten über die Auffindung des Dalai Lama muss man ja zum Glück nicht teilen. Auch das, was du des weiteren über das alte Tibet schreibst, ist doch negativer Tibet-Mythos pur, olle Kamellen aus dem Pekinger Wahrheitsministerium, tausendmal behauptet, nie belegt, dafür tausendmal widerlegt (siehe z.B. den Link), aber, wie schon der Große Vorsitzende wusste: Eine Lüge, die tausendmal erzählt wird, wird zur Wahrheit. Alle Achtung, der Mann war ein Genie. Als erste hatten er und seine Leute diese Ideen in die Welt gesetzt, und ihren durchschlagenden Erfolg derart präzise vorausgesagt. Damit kann sich nur noch einer messen:


    Der 13. Dalai Lama:

    Unter Umständen werden hier, im Zentrum von Tibet, Religion und Regierung gleichermaßen von innen wie von außen angegriffen. Wenn wir nicht unser Land beschützen, werden der Dalai und der Pantschen Lama, der Vater und der Sohn, und alle verehrten Hüter der Wahrheit verschwinden und vergessen werden. Mönche und ihre Klöster werden vernichtet. Die Herrschaft des Gesetzes wird geschwächt. Alle Menschen werden von großem Elend und überwältigender Furcht ergriffen.


    (http://www.zeit.de/1997/35/Chi…n_ueber_dem_Dach_der_Welt)


    Also der DL ist doch nicht das Problem - es ist doch der Kreis, der sich um ihn scharen muss - sowie in der katholischen Kirche nicht der Papst das Problem ist, sondern die Kurie, die den Papst auswählt. Der DL UND die Familie/ der Clan aus dem er kommen soll, wird ausgewählt von den herrschenden Clans - das religiöse Brimborium dient doch nur der "Rationalisierung" - sonst würde doch schon viel früher von neidischen anderen Clans das hinterfragt werden - also dient es dem Frieden. Ist doch ok.
    Nur ich glaube nicht daran - und ich habe noch nie für irgendeine Person - oben - irgendwas empfunden, wie Begeisterung, Feeling, etc. Das empfinde ich für die Menschen, mit denen ich zusammen bin.
    Die chinesische Keule kannst du dir sparen.


    _()_

  • KDR:


    Hm, einerseits hast du Recht: zu einer Begegnung gehören immer zwei. Andererseits sitzt Batchelor seiner Westlerbrille so sehr auf der Nase, dass sie einen (jedenfalls mich) anzuspringen scheint, wenn man seion Buch liest. Es ist weit von Objektivität entfernt und nimmt daher den vorhandenen asiatischen Buddhismus sehr verzerrt wahr.


    KDR:


    Mich wundert immer wieder, dass viele Zennies anscheinend in Tibetologie promoviert haben! :lol: Wenn man sich solche Meinungsbildungsbildungsprozesse ansieht, ahnt man, wie Sektierertum entsteht.


    Stephen wurde am 7. April 1953 in der schottischen Gemeinde Dundee geboren. Er wuchs in Watford, nordwestlich von London, bei seiner Mutter Phyllis (geb. 1913) zusammen mit seinem Bruder David (geb. 1955) in einer humanistisch geprägten Umgebung auf. Nach Abschluss des Gymnasiums in Watford begann er im Alter von 18 Jahren im Februar 1972 eine Reise über Land nach Indien. Er ließ sich in Dharamsala, der Hauptstadt des im Exil lebenden Dalai Lama nieder und studierte an der tibetischen Library of Tibetan Works and Archives bei Geshe Ngawang Dhargyey. 1974 wurde er als buddhistischer Mönch ordiniert. Er verließ Indien 1975, um unter der Anleitung von Geshe Rabten buddhistische Philosophie und Lehre zu studieren. Zuerst studierte er in der Schweiz im Tibetischen Kloster-Institut in Rikon, dann in Le Mont Pelerin, wo Geshe Rabten Tharpa Choeling (heute Rabten Choeling) gegründet hatte. Im Jahr 1979 zog er nach Hamburg, wo er als Übersetzer für Geshe Thubten Ngawang am Tibetischen Institut arbeitete. Im April 1981 ging er ins Songgwangsa Kloster nach Südkorea, um sich bei Kusan Sunim einer Ausbildung in Zen-Buddhismus zu unterziehen. Er blieb bis 1984 im Herbst in Korea und brach dann zu einer Pilgerreise nach Japan, China und Tibet auf. Im Februar 1985 legte er seine Mönchsrobe ab und heiratete Martine Fages in Hongkong. Im Anschluss kehrte er nach England zurück und schloss sich der Sharpham North Community in Totnes in Devon an. Während der fünfzehn Jahre, die er in Sharpham lebte, wurde er Koordinator des Sharpham Trust (1992) und Mitbegründer des Sharpham College for Buddhist Studies and Contemporary Enquiry (1996). Während dieser Zeit arbeitete er als buddhistischer Seelsorger von HMP Channings Wood. Von 1990 an war er Lehrer im Gaia House meditation centre in Devon und ist seit 1992 Autor und Herausgeber der Zeitschrift Tricycle: The Buddhist Review.


    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stephen_Batchelor_%28Autor%29


    Also, ich vermute mal, er hat den tibetischen Buddhismus nicht weniger praktiziert (auch in Asien) als du es tust. Und ich nehme an, daß er auch gerade deshalb zu seiner Anschauung kommt. Und seine Frau ist sehr im Son verwurzelt, hat lange Zeit in Korea praktiziert (http://www.stephenbatchelor.org/martinebio.html), er ja auch einige Jahre.. Da denk ich schon, daß sie einen guten Einblick haben, vielleicht wesentlich mehr als wir.

  • @ KDR
    Hallo KDR,
    du hast jetzt im Zusammenhang mit Batchelor wiederholt das Wort "kolonialistisch" verwendet.
    Ich finde es unangemessen.
    Was ist "Kolonialismus"? - das ist Okkupation, Ausbeutung, Imperialismus - mit einem Wort: Raub.
    Batchelor klaut nichts und er verleibt sich auch nichts anderes ein.
    Er nähert sich dem Buddhismus aus der ihm einzig möglichen Perspektive: aus der des Westlers.
    Batchelor hat nur diese "Brille", als Westler wurde sie ihm gleichsam in die Wiege gelegt. Will sagen: er kann nicht anders, denn er ist nicht als Sohn asiatischer Eltern in Asien geboren und dort sozialisiert.
    EInem Menschen, der mit westlichem Denken groß geworden ist, werden sich - vorausgesetzt natürlich er ist ein intellektuell redlicher Mensch - bei der Auseinandersetzung mit dem Buddhismus zwangsläufig gewisse Fragen stellen. Ein Mensch, der die europäische Aufklärung und den europäischen Rationalismus im Rücken hat, kann sich dem Buddhismus nicht naiv und unvoreigenommen nähern. Unvoreingenommenheit ist eine Utopie. Wer intellektuell redlich ist, wird seine Voreingenommenheit erkennen - und zu ihr stehen.


    Auch unser Blick auf den Buddhismus wird immer der Blick von Westlern sein.
    Das hat nichts mit Kolonialismus zu tun. Diese polemische Vokabel bringt die Debatte keinen Zentimeter weiter.
    Es ist Batchelor auch nicht anzulasten, dass er die Doktrin der Wiedergeburt in Frage stellt - das tun auch buddhistische Asiaten.
    Letzlich bleibt nur die Frage, ob wir den Buddha mit Batchelor "lesen" wollen oder ob wir eine eigene, andere Lektüre entwickeln.


    LG
    Lena

  • Lena:

    Ein Mensch, der die europäische Aufklärung und den europäischen Rationalismus im Rücken hat, kann sich dem Buddhismus nicht naiv und unvoreigenommen nähern. Unvoreingenommenheit ist eine Utopie. Wer intellektuell redlich ist, wird seine Voreingenommenheit erkennen - und zu ihr stehen.


    Lena, ich schätze Dich sehr, aber meinst Du wirklich, daß einer hier nur annähernd seinen eigenen kluturhistorischen Hintergrund reflektiert hätte? Hier ist ein Sammelsurium von Eklektizisten unterwegs, die weder Wissen, wo sie herkommen, noch wirklich wissen, wo sie eigentlich hinwollen.
    Wenn das nicht so wäre, würde man mit dem historisch geprägten Begriff "Kolonialimus" nicht so unreflektiert hausieren gehen müssen. Und man würde auch nicht versuchen mit dem abendländischen Geistesbegriff esoterische Buddhie-spielchen zu spielen.

  • Hallo Lena,


    mir gefallen deine Beiträge zu Batchelor, sie decken sich mit meinen eigenen Überlegungen (zuminest soweit ich "Buddhismus für Ungläubige" gelesen habe, "Die Bekenntnisse..." kenne ich noch nicht, Zeitmangel....).


    Wie du schreibst, wir sind nunmal s.g. Westler, wir haben eine Sozialisation durchlaufen, die das Ergebnis der europäischen Aufklärung ist. Ich vermute, selbst wenn wir nicht an den allmächtigen Gott glauben, ist uns dieses Konzept dennoch vertrauter als die Idee der Wiedergeburt. Wir müssen und dürfen die Aufklärung als unser Erbe nicht verleugnen.


    Gerade der Buddhismus bietet Lösungen für unsere skeptische, säkulare Gesellschaft, die dennoch ein Bedürfnis nach Spiritualiät verspürt. Die theistischen Religionen sind in unserer Zeit eine Falle. Ich träume von einer Verbindung von Rationalismus, Säkularität, Demokratie, Menschenrechten und Dharma. Es ist eine Aufgabe für dieses Jahrhundert.


    Hmm..schon während ich es schreibe, merke ich, dass meine Aussagen teilweise mißverstanden werden können... Den Worten kann eine Tendenz unterstellt werden, die sie in meinem Verständnis nicht haben (und wie ich dieses Forum mittlerweile kenne, wird es garantiert passieren... ;) ).


    Mit lieben Grüßen... und Metta...



    Kat

    appamadena sampadetha!

  • Nun ja - nicht nur der tibetische Buddhismus glaubt an Wiedergeburt, sondern "Buddhisten" insgesamt oder insgeheim - je nachdem, wie man das sieht.


    http://www.buddhakids.de/page12/page48/page48.html


    Zitat

    Buddhisten glauben an Wiedergeburt. Das heißt, sie vertrauen darauf, dass nach diesem Leben nicht alles zu Ende ist und dass dieses Leben auch nicht das erste ist.
    Buddhisten sind überzeugt davon, dass sie nach diesem Leben als jemand „Neues“ wiedergeboren werden. Das kann als Mensch sein oder als Tier. Im Buddhismus glaubt man, dass man auch als Geist (zum Beispiel Baumgeist), Gott oder Halbgott wiedergeboren werden kann. Es gibt sogar die Möglichkeit, als eine Art Gespenst an einem düsteren, furchterregenden Bereich wiedergeboren zu werden. Das passiert, wenn man in diesem Leben unvorstellbar viele böse, gemeine und grausame Taten begangen hat.


    Da kämpft Batchelor wohl gegen Windmühlen.


    _()_

  • Aiko:

    Nun ja - nicht nur der tibetische Buddhismus glaubt an Wiedergeburt, sondern "Buddhisten" insgesamt oder insgeheim - je nachdem, wie man das sieht. Da kämpft Batchelor wohl gegen Windmühlen.


    Hi Aiko


    Jup, nicht nur der tibetische Buddhismus, jeder Buddhist kann an Wiedergeburt glauben.


    Aber der weise Mensch hat Entstehen, Vorzüge, Gefahren & Vergehen des Wiedergeburt-Glaubens durchschaut.


    Dann ist es nicht mehr notwendig, gegen Windmühlen zu kämpfen.


  • Aiko:

    Da kämpft Batchelor wohl gegen Windmühlen.


    Er kämpft gegen sich selbst. Ein Kampf den er bereits verloren hat.


    LG

    Alle fühlenden Wesen wollen Glück und kein Leid.
    "Es gibt nichts 'Absolutes' im Buddhismus. Wenn es etwas 'Absolutes' geben würde, dann wäre es 'Mitgefühl'." (HHDL)
    oṃ vajrapāṇi hūṃ phaṭ

  • Dudjom:

    Er kämpft gegen sich selbst. Ein Kampf den er bereits verloren hat.


    das ist deine meinung und du solltest es auch so zum ausdrück bringen, denn es "könnte" ja sein dass du, der bekanntlich nicht Batchelor bist, keinen ahnung hast ob er meint den kampf verloren zu haben oder nicht, oder überhaupt... :D

  • sumedha:
    Dudjom:

    Er kämpft gegen sich selbst. Ein Kampf den er bereits verloren hat.


    das ist deine meinung und du solltest es auch so zum ausdrück bringen, denn es "könnte" ja sein dass du, der bekanntlich nicht Batchelor bist, keinen ahnung hast ob er meint den kampf verloren zu haben oder nicht, oder überhaupt... :D


    Ein Kampf den ich gegen mich verloren habe schafft Frieden vor mir selbst. Wer das erreicht hat tritt eben für einfache Gemüter auf alsob er gegen sich kämpft.


    _()_

  • Dudjom:
    Aiko:

    Da kämpft Batchelor wohl gegen Windmühlen.


    Er kämpft gegen sich selbst. Ein Kampf den er bereits verloren hat.


    LG


    Nein - er ist komischerweise da angekommen, wo ich mit ihm übereinstimmen kann. Nach 300 Seiten, durch die ich mich nicht gekämpft habe, weil ich Bücher auch von hinten nach vorn und queerbeet lese, schreibt Batchelor:


    Batchelor:


    Buddhistische Praxis besteht für mich nicht länger einfach darin, zu lernen, wie man meditiert und "spirituelle" Ziele erreicht. Meiner Meinung nach liegt die Herausforderung des achtfachen Pfades Gotamas darin, ihn in der Welt so zum Ausdruck zu bringen, dass sich jeder Aspekt unserer Existenz entfalten kann: Sehen, Denken, Sprechen, Handeln, Arbeiten usw. Jedes Feld des Lebens ruft nach einer bestimmten Art, den Dhamma zu praktizieren. Meditation und Achtsamkeit allein reichen nicht aus. Angesichts der Aufgabe, auf das LEiden eine Antwort zu finden, das mir jedes Mal entgegenspringt, wenn ich die Zeitung aufschlage, empfinde ich es als unmoralisch, die Anforderungen, die dieses Leben stellt, zugunsten der "höheren" Aufgabe, sich für eine Existenz (oder Nichtexistenz) nach dem Tod vorzubereiten, zur Seite zu schieben. Ich sehe mich als einen weltlichen Buddhisten, der sich ganz dem Anliegen seiner Zeit zuwendet, ganz gleich, wie unzulänglich und unbedeutend meine Antworten auf die Bedürfnisse auch sein mögen. Und wenn sich am Ende herausstellt, dass es irgendwo doch einen Himmel oder ein Nirvana gibt, dann sehe ich keinen besseren Weg, um mich darauf vorzubereiten.


    Was er da aufzählt Sehen, Denken, Sprechen, Handeln, Arbeiten und Meditation und Achtsamkeit sind die Teile des achtfachen Pfades - in anderen Worten und was er ausgelassen hat ist "Anstrengung" oder Rechte Bemühung- . Das lese ich auch aus seinen Bekenntnissen heraus.
    Allerdings kam dann in Korea die Krankheit des Zen-Meisters hinzu und dessen Tod, was sein Zen-Zwischenspiel auch beendet hatte. Das ist auch ein Problem, wenn man jemanden gefunden hat, dem man vertrauen kann und der stirbt oder der sich als doch nicht so vertrauenswürdig entpuppt. Ersteres empfand er bei den "Tibetern" und dann beim zweiten Versuch starb der Meister. Aber dafür fand er ja seine Frau - was ja wieder Glück ist. Und letztlich stellt sich das Leben selbst als Meister zu Verfügung - umsonst. Die Zeit nach Korea war ja dann wohl die wichtigste Lehrzeit für ihn. Das muss ich aber noch lesen. Ich denke inzwischen anders über ihn, aber leider hapert es bei der Anstrengung - also auch im Denken strengt er sich zu wenig an. Aber immerhin hat er seine Gedanken in mehreren, etwas schwubbeligen (unpräzise heißt das) Büchern niedergeschrieben.



    _()_