Beiträge von Karnataka

    Onda,


    nach kurzem Durchlesen hätte ich kein Problem, dein Dharma Modell zu unterschreiben.
    Ist es Zufall, dass der Begriff der Leerheit darin fehlt?


    Wenn ich den Dalai Lama richtig interpretiere, bildet die Erkenntnis der Leerheit jedoch das Zentrum seiner Belehrungen. Ja, ich würde diese Erkenntnis beinahe als die buddhistische Erleuchtung bezeichnen.


    Ich selbst habe ordentliche Probleme damit und bin mir derzeit nicht mal sicher, ob ich diese Erkenntnis überhaupt erlangen möchte. Trotz größtem Respekt für den DL und großem Interesse!


    Wir sehen den Wandel, wie du schreibst, und zwar Veränderungen in unserer Welt, die zunehmend rascher passieren. Betrachtet man die Annahme der Leerheit aber ganz simpel als Nullsummenspiel von Ursachen und Wirkungen, dann passt das gar nicht zu einer Welt, die sich schon in einer Generation komplett verändert, finde ich.
    Gibt es eine Erklärung für die Leerheit der Phänomene, die ich übersehe?


    Gerne akzeptiere ich Erfahrungen und freue mich, wenn sie authentisch mitgeteilt werden, d.h. wie diese Erfahrung passiert ist, was ihr vorangegangen ist, woher die Sicherheit kommt, warum dieses Erlebnis so berührt etc.
    (Bloß die Aussage: ich seh was, was du nicht siehst, hilft nicht weiter. Ganz böse könnte man hier nämlich das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ unterstellen.)


    Auch interessiert mich der Zusammenhang von Erkenntnis der Leerheit und umfassendem Mitgefühl. Sicher muss diese befreiende Erkenntnis zum starken Bedürfnis führen, andere Menschen aus der Unwissenheit zu helfen. Dennoch frage ich mich, ob nicht eine gewisse öde Gleichgültigkeit in diesem Zusammenhang zu vermeiden ist. Dabei denke ich z.B. an Indien.

    ein paar persönliche Gedanken zu Anatta, die ich in den virtuellen Raum schicke:


    die Analyse des Leides oder die Leerheit und Vergänglichkeit der Phänomene, des Körpers, der Geistesinhalte, das alles scheint mir recht unproblematisch, vernünftig. Auch habe ich kein Problem damit, hinsichtlich einer lichten Eigenschaft, die unser Wesen kennzeichnet, nicht von Selbst zu sprechen. Allerdings ist diese lichte Eigenschaft, so wie ich sie verstehe, nicht Nichts.


    Für mich ist das kein theoretisches Problem, sondern es geht dabei um den vielleicht wesentlichen Punkt, wo sich der Buddhismus von anderen Religionen unterscheidet, oder?


    Natürlich habe ich mich bemüht, Argumentationen, die ich dazu fand, zu bedenken. Doch manche Argumente zur Leerheit erschienen mir als bis zur Bedeutlungslosigkeit gesteigerte Abstraktionen, Sprachspiele, die mich so wenig überzeugten wie mittelalterliche Gottesbeweise.


    Aber von mir aus soll auch hinter jener lichten, unsterblichen Eigenschaft Leerheit sein, worin sie sich schlussendlich auflöst, das kann ich gut annehmen. Leerheit ist dann nicht ein Nichts, sondern ein Etwas, das leer ist (was vermutlich auch ein Sprachspiel ist).


    Ich muss allerdings auch nicht unbedingt Buddhist sein, sondern bin es nur solange ich möchte.
    Da ich nicht religiös erzogen wurde, weiß ich nicht, ob für meinen persönlichen Glauben die christliche Kultur eine Rolle spielt.

    Ein paar Gedanken zur weiter oben gestellten Frage, ob es in 2500 Jahren Dharma Entwicklung gab.


    Ich würde vorschlagen, den Buddha zunächst als Philosophen zu nehmen. So lassen sich Parallelen beispielsweise zu Platon, einem Zeitgenossen, herstellen. Die platonischen Dialoge, besonders die Idee einer geistigen Welt, waren kaum weniger wirkmächtig als jene von Buddha. Bei Buddha erfahren wir das Fundament als stimmig, als große Wahrheit über das Wesen des Leides, dessen Beendigung usf.


    Auf dieser philosophischen Ebene lässt sich viel zu Buddha sagen. Doch weist die Lehre Buddhas offenkundig in die Religion und wurde zur Religion mit allen rituellen, ästhetischen, sinnlichen Formen, denken wir an Tibet. Um diesem heilsamen, aber auch problematischen Phänomen gerecht zu werden, reicht eine philosophische Diskussion über den Urtext nicht aus, denn sie sagt nichts über das Ertönen eines Gongs, das Rezitieren, das gemeinsame Erleben einer Feier, eines Begräbnisses usf. Das Erhabene einer Religion spricht das Erleben an.


    Somit ist die Frage, wie wir uns mit dem Thema Religion überhaupt vertragen. Können aufgeklärte Menschen eine Gemeinschaft bilden und eine Antwort darauf finden?


    off topic:
    Platon Ideenhimmel ist nicht uninteressant, auch was unseren Geist angeht. Platon hat erkannt, dass wir beispielsweise zuerst die Idee „Stuhl“ benötigen, um einen wahrgenommenen Gegenstand auch als etwas erkennen zu können. Für so eine Idee gibt es kein Patentrezept, denn Stühle können drei Beine oder aber vier haben, können unterschiedliche Farbe haben etc. Wir besitzen jedoch ein Schema (eine Art zeichnende Tätigkeit), das wir blitzschnell der Wahrnehmung überstülpen können. Interessanter Aspekt unseres Geistes!


    Soweit, so gut. Für Platon gab es folglich einen Ideenhimmel, wo die Idee „Stuhl“ zeitlos umherfliegt. Was das angeht, würden wir Platon heute wohl widersprechen und sagen, solche Ideen sind erlernt.


    Eigentlich ging es in Platons Ideenhimmel aber nicht um die Idee „Stuhl“ oder „Pferd“, sondern (neben den zeitlosen Ideen der Mathematik, die er liebte) um die Idee des Guten. Die Frage, ob so ein Urteil auch nur erlernt ist, ist nach wie vor offen.

    Onyx9,


    was für ein schöner Text, wunderbarer Text!


    nur in dem Maße, in dem ich das Heilsame erkenne und erfahre,
    kann ich der Bedingtheit und dem Anhaften begegnen
    und mich an meinen Begierden mit größerer Wachheit erfreuen.


    dann erfreue ich mich, ohne alle Gedanken daran zu verschwenden,
    ohne ausschließlich für eine Gier zu leben, um eine innere Not zu überdecken,
    so wie ein Spieler bis zu seinem Untergang das tut.


    wie hilfreich ist es, solcherart Buddhas Lehre mit Vernunft zu bedenken -
    versuchen wir, sie zu verstehen und den rechten Geist zu entfalten,
    voll Mitgefühl und Weisheit täglich neu zu errichten!

    Sprache und Denken benutzen eine Logik, die Widersprüche zulässt und versucht, sie durch ein Gemeinsames aufzuheben. Dies ist eine sehr erfolgreiche Methode, um menschliches Handeln, Urteilen, Zusammenleben usw. zu erklären. Diese denkende Methode ist ja irgendwie aus unserer Erfahrung mit der Wirklichkeit entstanden. Eine vernünftige Beschreibung eines Menschen baut darauf auf, ihn widersprüchlich zu charakterisieren, finde ich.


    wie, wo, warum entstehen Widersprüche? Jenseits unserer sprachlichen, denkenden Methode findet die Naturwissenschaft der unbelebten Natur erst auf Teilchenebene Widersprüche, würde ich sagen. Das ist aber nicht notwendig unvernünftig. Sicher gibt es kein Bibliothekssystem auf der Welt, das alle Bücher eindeutig zuordnen könnte, sag ich jetzt...


    Einen deutlichen Hinweis auf die Widersprüchlichkeit der Natur sehe ich besonders im lebenden Organismus, der mehr sein soll als die Summe seiner Teile. Ich halte diesen Widerspruch tatsächlich für unbegreiflich. Es ärgert mich immer, wenn Wissenschaften so tun, als hätten sie alles entdeckt und könnten alles erklären (und ich schalte das Radio ab).


    Spannendes Thema: Vernunft und Religion…

    Aus Mahayana Sicht gilt, denke ich, dass das Glück des anderen möglichst ehrlich und ganz im Vordergrund stehen sollte. Vielleicht das mächtigste Instrument, um die schädliche und letztlich Leiden schaffende Selbstsucht zu überwinden. Der Dalai Lama nennt Mitgefühl und Selbstvertrauen die wichtigsten Eigenschaften für glückliche Beziehungen.


    Zur Frage, ob ein Buddhist sich verlieben darf, ein paar allgemeine Gedanken, als Diskussionsbeitrag gedacht:


    Grundsätzlich können wir mit einer Angelegenheit wie hier besprochen Gier und Angst etc. verbinden. Rückblickend erkennen wir, dass dies nicht zu unserem Vorteil war und Leid geschaffen hat. Wie ist aber Verliebtheit an sich zu beurteilen? Sind die Faktoren Gier und Angst notwendiger Weise so eng mit der Sache verknüpft? Können und sollen wir uns vom Marktplatz Leben daher zurückziehen? Ich behaupte mal, im Normalfall nicht. Schließlich geht es doch darum, gemeinsam mit anderen Menschen etwas entstehen zu lassen.


    Mit der Abnahme von Gier und Angst wird der Zeithorizont, unter dem wir eine Entwicklung betrachten eher größer. Ich bin überzeugt, dass dies zu besseren Entscheidungen führt. Ich versuche daher meine emotionalen Zustände stets im Auge zu behalten und den Zusammenhang beider Seiten zu verstehen. Nichts kann sich bis in alle Ewigkeit positiv entwickeln, egal wie klug unsere Wahl etc. auch war. Und auch in einem kürzeren Zeitraum gedacht wird es immer frustrierende Situationen geben. Sind mein Anhaften und meine Gier dann aber so groß, dass ich sofort in Angst, Aggression etc. verfallen, ist es bereits zu spät.


    Ich muss aber auch sagen, dass ich die extreme Haltung, die sagt: es kommt dann noch mehr und noch mehr Leid bis du endlich aufwachst und radikal aussteigst, verstehe, auch wenn ich sie derzeit nicht teile.


    Schließlich gibt es auch Extremsituationen, den Tod eines geliebten Menschen - quasi eine Folge von Verliebtheit etc. Ist es dann aber zu spät, dieses Leben zu verlassen, um sich vor Leid zu schützen? Auch Extremsituationen haben einen Zeithorizont, den man in seiner Panik leicht vergisst. 20 Jahre nach dem Nationalsozialismus hat Deutschland ein ungeheures Wirtschaftswachstum erfahren etc. Solche Situationen, so entsetzlich sie sind, sind ebenso ein (buddhistisches) Naturgesetz. Ich selbst habe unter einer Situation sehr gelitten, doch hat sich mir dadurch eine tiefere spirituelle Ebene erschlossen. Vielleicht kann man das Leid nur durch das Leid überwinden? Erst wenn es solcherart überwunden ist, entsteht es (vielleicht) nicht mehr. Schon darum ist die Frage: Darf sich ein Buddhist verlieben? aus meiner Sicht mit JA zu beantworten.

    Raphy,


    danke für deine Antwort. Ich kann nur sagen, dass ich natürlich nicht erleuchtet bin. So wie du bin auch ich überzeugt, vom Buddhismus enorm viel lernen zu können und versuche, seine tiefe Weisheit und Vernunft mir anzueignen. In diesen alten Strom einzutreten und einen Lehrer wie seine Heiligkeit den Dalai Lama zu finden, hilft sicher sehr.

    ich hab die böse Vermutung, dass für den „Stromeintritt“ die Erfahrung von großem Leid notwendig ist. Das deckt sich auch mit der Lehre, oder? Der Buddha hat wohl intensiv gelitten und sich selbst mit der Askese fast umgebracht. Vielleicht kann dieses Zusammenbrechen bis zur absoluten Grenze die Möglichkeit herbeiführen, dass die störenden Emotionen beseitigt werden und Dinge wie Aussöhnung oder Einsicht oder Ähnliches entstehen, je nach Bedarf, und vielleicht auch eine Erfahrung schaffen, die dauerhaftes inneres Glück gibt.


    Auch aus Gesprächen habe ich herausgehört, dass ein bisschen „inneres Sterben“ notwendig ist, um die festgefahrenen Strukturen eines Erwachsenen verändern zu können.
    Dazu fallen mir die Koans aus dem Zen ein, die wohl dafür geschaffen sind, einen Menschen systematisch in die Verzweiflung zu treiben. Ist das die ehrlichste Art, Buddhismus zu unterrichten? Ich wünschte, es wäre nicht so.

    Maybe Buddha,


    du schreibst: „Durch Kontakt zwischen Sinnesorgan und Objekten entstehen Bewusstsein und Wahrnehmung.“
    Das entspricht aus meiner Sicht jedoch nicht der „Kette des bedingten Entstehens“ oder „Entstehen in Abhängigkeit“, da dort die Entstehung von Bewusstsein viel früher angesetzt wird.


    Für die Diskussion über Bewusstsein ist es nützlich, Begriffe zu unterscheiden, um halbwegs vom Gleichen zu reden. Solche Begriffe sind: Sein – Bewusstsein – Selbstbewusstsein (schön, wie in den Begriffen jeweils was hinzukommt…).


    Aus meiner Lesart des „bedingten Entstehens“ wird dem Leben von Anbeginn an „Bewusstsein“ zugesprochen, noch vor der Bildung erster Formen, eines ersten Zellhaufens.
    Liest man nämlich die Kette des bedingten Entstehens als Bedingungen für die Geburt eines Menschen, so folgen: „Unwissenheit“ – „Gestaltungen“ – „Bewusstsein“ – „Formen“ etc. Hier folgt Bewusstsein direkt aus der Zeugung (= unwissende Gestaltung?). Würde das Bewusstsein nicht dort hinreichen, wäre dem historischen Buddha keine solche Erfahrung möglich gewesen. Auch vermute ich, dass es keineswegs eine philosophische Spitzfindigkeit ist, ob man dem Leben von Beginn an etwas zuspricht.


    (Liest man die Kette als Bedingungen für die Geburt des Menschen (Selbstbewusstsein) überhaupt, so folgt Bewusstsein sogleich nach den ersten Formationen. Hier denke ich an die leblose Natur und das Leben. Dann erst treten die Eigenschaften hinzu.)


    Niemand kann den Schritt von der leblosen Natur (Stein) zum Bewusstsein (Leben) wissenschaftlich erklären. Doch stellt der Buddhismus sehr deutlich die Frage nach dem Sein, und das Verhältnis zur Leerheit wird gründlich thematisiert.

    „Wenn dies existiert, ist jenes; mit der Entstehung von diesem, entsteht jenes.


    Das heißt, bedingt durch Unwissenheit sind Gestaltungen; bedingt durch Gestaltungen ist Bewußtsein; bedingt durch Bewußtsein ist Name-und-Form…“


    Gesetzt, da wird die Entstehung eines Lebewesens beschrieben... Ich kann mir gut vorstellen, dass der Buddha in spiritueller Weise zu seiner Geburt und davor gelangt ist.
    Die unwissenden Gestaltungen wären beim Menschen Sexualität, woraus sich Bewusstsein bildet.
    Dazu denke ich: Wir können von nichts mit Bestimmtheit sagen, dass es außerhalb unseres Bewusstseins wäre. Über diese paradoxe Situation kann man freilich viel diskutieren. Fakt ist, wir brauchen ein Bewusstsein und womöglich braucht auch die Wirklichkeit eines. In diesem Sinne „entsteht“ Bewusstsein nach der Zeugung, "es" nimmt Anteil.
    Und schon bilden sich Formen. „Name“ würde ich hier als Begriff nehmen, als etwas allgemeines, eine Gesetzmäßigkeit: gesetzmäßige Formen.
    Durch die Sinnesorgane bzw. deren Grundlagen kommt es zu Kontakt, Gefühl, Begehren, Anhaften - da weiß ich zu wenig über die embryonale Entwicklung.
    „Werden“ würde ich als weiteres Wachstum interpretieren. Dann folgen die Geburt, Freude und Leid.

    an den hier behandelten Frage haben sich schon unzählige Fähigere die Zähne ausgebissen. Ich nehme das, was mich an möglichen Antworten überzeugt hat und reime es mir zusammen. Deine konkreten Fragen kann ich nicht beantworten.


    Das Weltbild der Naturwissenschaft ist reduktionistisch und aus idealistischer und, so hoffe ich, buddhistischer Sicht lässt sich das Phänomen Bewusstsein und die Möglichkeit von Wahrnehmung und Erkenntnis besser beschreiben, wenn wir unser (vereinzeltes) Bewusstsein zugleich als grundlegende Eigenschaft der Wirklichkeit betrachten. Das meint natürlich keinen Hokuspokus wie mit Gedanken einen Löffel verbiegen können und so weiter, sondern dass die Wirklichkeit erscheint und wir in jeder Hinsicht Teil davon sind.


    Allerdings ist zu sagen, dass die Kette bedingten Entstehens Gestaltungen schon vor dem Bewusstsein behauptet.


    Wenn wir aber die Lehre logisch hinterfragen, muss es erlaubt sein, die Naturwissenschaft zu interpretieren, so bescheiden die persönlichen Mittel auch sind!
    Für einen mit dem Licht Reisenden wären Raum und Zeit unendlich, so interpretiere ich die Spezielle Relativitätstheorie. Eine andere Ewigkeit als die des Lichtes ist mir nicht bekannt. Und sollte es zu einer Wiedergeburt kommen, denke ich nicht, dass eine Hinterwelt dafür verantwortlich ist. Vermutlich gibt es nur eine Wirklichkeit!


    Jetzt behauptet der Buddhismus, theoretisch gäbe es ein Bewusstsein, das solche Wiedergeburten beendet und diese Form erlöschen lässt. Dies hätte etwas mit unserem Selbstbewusstsein und unserem Denken zu tun. Dabei sind die Gedankeninhalte gemeint, die unsichtbar sind und nur zeitliche Ausdehnung haben, und in der Evolution zunehmend zu uns getreten sind. Besteht vielleicht ein Zusammenhang zwischen dem reineren Zeit-werden und dem Erlöschen?


    Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass die Wirklichkeit erlischt und es wäre genauso unlogisch, einfach darin etwas verschwinden zu lassen.
    Natürlich ist es höchst erfreulich, ein Mensch zu sein.
    Und natürlich begreife ich die Theorie von der Wiedergeburt und vom Verlöschen nur fehlerhaft, wahrscheinlich sogar ganz falsch.

    malsehen,


    danke für deine Antwort. Ich bin gespannt und es interessiert mich sehr, zu lesen.
    Momentan scheint hier in Wien die Sonne und zugleich regnet es - wir sind nur teilweise unterschiedlicher Meinung. Den Lebensspannen übergreifenden Karma Gedanken könnte ich mir nur so erklären, dass Menschen, die in der Menschlichkeit leben, gesünder und glücklicher sind, was ja nicht wirklich eine Erklärung ist. Wie immer die Theorie - in unserem Fall Wiedergeburt und Erlöschen – lautet, kann sie nur einen Mehrwert (value) haben, wenn sie unseren inneren Wert fördert, also angesichts des Todes unsere Menschlichkeit.


    Ich habe meinen Sohn erst in seinem zweiten Lebensjahr kennen gelernt (da ich nicht sein leiblicher Vater bin). Als ich dann ein frühes Bild von ihm sah, fühlte ich nicht meine Sterblichkeit sondern es kam mir so vor, als würde mich ein Buddha mit unendlicher Weisheit anblicken. Woher kommt dieses Licht, das kleine Kinder ausstrahlen?


    Ich habe eine feste Meinung, einen Glauben, eine Zuflucht, und versuche dies auch zu begründen. Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, bestärkt uns darin, unseren Glauben und besonders die buddhistische Lehre logisch zu überprüfen. Ich lese möglichst viel von ihm, doch auch er spricht in metaphysischen Fragen oft von dieser oder jener buddhistischen Lehrmeinung.


    Sicher ist es wichtig, sich dem Leben und seiner Verantwortung möglichst zu stellen.

    malsehen,


    danke für deine Antwort.
    du schreibst: „Ich suche nicht nach einer Unsterblichkeit, da ich sterblich bin.“ Für dich ist ausgemacht, dass die religiösen Konzepte einer „Hinterwelt“ ihren Ursprung im Wunsch nach Unsterblichkeit haben. Und natürlich hast du das gute Argument auf deiner Seite, dass wir ja tatsächlich sterben.


    Diese Sichtweise ist für mich gut nachvollziehbar. Dagegen kann ich nur Mutmaßungen halten. Ich würde damit beginnen, dass man Gedanken einfach nicht sehen kann, dann zum Bewusstsein kommen etc. Es wäre der Versuch, zu erklären, woran ich glaube.


    Allerdings stellt sich auch die Frage, was „tatsächlich sterben“ bedeutet. Ich möchte hier ein sehr blödes Beispiel nennen und entschuldige mich zugleich dafür. Also: Wenn wir beispielsweise mit einem Kanister Benzin in den Wald gehen und uns auf einer einsamen Lichtung entzünden, dann verwandeln wir uns ja irgendwie in Licht, oder? Dieses Licht nimmt wieder Anteil am Leben…


    ah... ich liebe dieses Beispiel :D

    Geronimo,


    danke für den link: viewtopic.php?f=1&t=10512


    Im dort eingestellten Text und in der Diskussion geht es um die Frage, ob eine bestimmte Erfahrung die Unterschiedlichkeit der Religionen nichtig macht, wenn ich richtig verstehe. Meine Frage galt dem moralischen Handeln in Christentum und Buddhismus, ob trotz sehr unterschiedlicher Begründung letztlich den gleichen Anspruch an den Menschen gestellt wird. Da dies mein Eindruck ist, kann ich dem Text soweit zustimmen. „Keiner der großen religiösen Lehrer“, heißt es weiter im Text, „gab jemals seinen Lehren einen persönlichen Namen, wie wir das heute tun. Sie lehrten uns lediglich, selbstlos zu leben.“


    Die Aussage „Religionen existieren tatsächlich gar nicht“ ist aber aus meiner Sicht problematisch, da sie eben doch die Leistung bringen, selbstloses Leben und Handeln in Bezug auf das eigene Seelenheil bzw. das eigene spirituelle Vorankommen zu setzen. Wir sind sozial und denken und tun Gutes letztlich für uns selbst. Wir trachten zu unserem eigenen Vorteil danach, selbstlos zu leben. Weiß nicht, ob man das ohne Religion erkennen kann (und dann auch die richtigen Leute findet, um sich auszutauschen). Was denkst du?

    malsehen,


    ich glaube, Besinnung auf den Tod ist ein wichtiger Bestandteil religiöser Praxis, da sie doch sehr hilft, uns zu finden und unsere Werte zu bestimmen. Ich bin überzeugt, du siehst das genauso. Daher kommt es aber, dass wir ein solches „Zimmer“ dringend benötigen, um halbwegs angstfrei eine solche Besinnung zu ermöglichen. So karg dieses Zimmer auch sein mag, denn das „Sein“, Bewusstsein oder auch die Wiedergeburt sind ja nach buddhistischer Auffassung frei von jeder Individualität und haben mit uns praktisch nichts mehr zu tun, so spendet (mir) diese Vorstellung vom unsterblichen Licht des Geistes etc. doch besondere Kraft für die Meditation und auch für das Leben. Im Nihilismus lebt es sich nicht.


    zum „Schlafen mit einer schönen Frau“ –
    ich finde, es geht weniger darum, sich eine Lust zu verbieten, als darum, das Glück eines anderen Menschen in den Vordergrund zu stellen. Wenn der Fokus möglichst ganz und möglichst ehrlich beim anderen Menschen liegt, sollte kein schädigender Gebrauch der Sexualität entstehen. Schädigend ist es, die Schwäche eines anderen Menschen auszunützen. Aus meiner Sicht ist die ethische Botschaft von Christentum und Buddhismus unterschiedslos, denn überall geht es darum, die egoistischen Ansprüche des Selbst zurückzustellen, um wahre Zufriedenheit zu erlangen. (Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, schreibt: Das Herz aller Religionen ist eins) Wie seht ihr das?

    Sonnenschein,


    theoretisch kann ich verstehen, wovon du sprichst. Das „Jetzt“ ist das Realste und doch kein Begriff der Naturwissenschaft. Dazu möchte ich sagen, dass unser Geist ja von vornherein das Dauern der Zeit in unsere Wahrnehmung legt, wir also von uns heraus die Empfindung Zeit schaffen. Denken und Zeit sind daher gar keine so unterschiedlichen Dinge, sondern haben wohl den gleichen Ursprung. (In Verbindung mit unserem Thema der Wiedergeburt müsste man vielleicht die Wiedergeburt des ewig Gleichen… wie dem auch sei… Heidegger hat das zu denken versucht)


    praktisch sehe ich aber, dass ich ohne eine Reflexion meiner Gedanken in der Meditation nicht auskomme. Mein Geist ist eine Wunschmaschine und ein großer Prozentsatz meiner Gedanken gründet in ständigen Wünschen, Begierden, „Anhaften“ oder auch Ängsten, Ablehnung, Neid und so weiter. Diese Gedanken sind jedoch tatsächlich für meine Zufriedenheit nicht notwendig und vielmehr sehr oft eine Wurzel der Unzufriedenheit, des Leides, für mich und meine Umwelt, so interpretiere ich Buddhas Lehre.
    So gründet vielleicht jene Zufriedenheit, die mich im Alltag etwas mehr im Hier und Jetzt verweilen lässt, in der Reflexion meiner Gedanken, die in der ersten Phase der Meditation auftauchen und mein Geist kann sich schließlich, mit der Empfindung von Wahrheit, in einen meditativen Gedanken versenken.

    Sonnenschein,


    du schreibst: „Die eigenen Gedanken beobachten zu lernen und zu erkennen, dass wir nicht unsere Gedanken sind halte ich für die beste Praxis…“ Diese Bemerkung scheint mir nicht fremd und ich antworte, indem ich meine Gedanken dazu formuliere. Ich hoffe, nicht gänzlich an dem von dir gemeinten vorbei zu schwadronieren.


    Zur Selbsttätigkeit des Denkens, dessen Beobachtung und zum aktiven Leiten der Gedanken:
    Wenn es in der Meditation gelingt, sich von störenden Emotionen (Wut, Angst, Gier, Neid…) frei zu halten, so fassen meine Gedanken schlussendlich von selbst einen wohltuenden Inhalt und der Geist versenkt sich durch das Festhalten dieses Inhalts, beispielsweise ein liebendes Gefühl für einen Menschen, mit dem ich zu tun habe. Vielleicht entspricht diese Beruhigung des Geistes seiner eigenen Natur. Hier sehe ich die Selbsttätigkeit des Denkens.
    Die Auswahl für das Festhalten sehe ich aber im Zusammenhang mit (buddhistischer) Weisheit und das ist dann doch eine aktive Tätigkeit, die von mir ausgeht. Es verlangt also ein aktives Erkennen, was dem Geist gut tut, nämlich beispielsweise Liebe zu einem Mitmenschen, für andere da sein, Besinnung auf Vergänglichkeit, Dankbarkeit für das Leben (…) oder auch die illusorische Seite des Selbst und das Schaffen von Unglück.


    Zu Vergänglichkeit und etwas, das nicht vergänglich ist:
    Du schreist: „Erkennen wir die Vergänglichkeit aller Dinge, so erkennen wir auch, dass es etwas geben muss das nicht vergänglich ist um die Vergänglichkeit zu erkennen...“ Dies ist auch für mich ganz entscheidend, allerdings war es weniger eine philosophische Argumentation, die mich schlussendlich zu diesem Glauben gebracht hat, sondern es war eine Lebenskrise. Erst nachdem der Gedanke so stark wie eine Erfahrung und überraschend zu mir getreten ist, gewannen die philosophischen Erklärungen erneut an Bedeutung. Dies ist auch der Grund, weshalb ich gerne von mir berichte und mich scheue, philosophische oder buddhistische Modelle allzu schnell hervor zu graben. Aber natürlich prägt das das Nachdenken und Erklären, keine Frage.


    Zusammenhang Praxis und Alltag:
    Der Zusammenhang von Praxis und Alltag ist, wie du schreibst, kritisch zu beobachten. Das tatsächliche Lernen des Geistes hinkt wohl der meditativen Praxis hinterher, doch bei kontinuierlichem Üben, einem optimistischen Geist und Rahmenbedingungen, die Achtsamkeit zulassen, ist dieser Zusammenhang praktisch ein Naturgesetz, oder?

    ich möchte zur Frage der Reinkarnation meine Meinung beisteuern und entschuldige mich zugleich, nicht im Sinn eines Gesprächs auf die vorherigen Beiträge einzugehen, die ich aber mit Interesse gelesen habe.


    ich persönlich bin vom „Geist des klaren Lichtes“ (tibet.: Ösel) sehr überzeugt. Damit ist etwas Lichthaftes gemeint, das nicht vom Tod dahin gerafft wird. Die Tibeter bezeichnen dies als Grundbewusstsein und man kann viele Überlegungen dazu anstellen. Ist dieses Licht für sich in der Zeit? Ist es dasjenige Grundbewusstsein, das die Welt in ihr Erscheinen bringt? Wie verhält sich diese Lichthaftigkeit zur großen Ruhe, dem Nirvana? etc.


    Ich denke, solch eine Überzeugung von einem lichthaften Substrat kann der Meditation nützen und durch die Meditation vertieft werden. Sie dürfte in allen Religionen zu finden sein. Vielleicht kann man von hier aus die Frage nach Reinkarnation stellen? Kann sich aus diesem Grundsubstrat eine neue Existenz d.h. Leben gründen? Könnte diese Lichthaftigkeit auch individuelle Eigenschaften, beispielsweise unser mitfühlende Verbundenheit, tragen?


    Ich meine aber, dass die mitfühlende Verbundenheit und das Reduzieren von Egozentrik und Selbstsucht, wie dies dem buddhistischen Weg entspricht, nicht unbedingt durch mögliche Konsequenzen einer Wiedergeburt argumentiert werden müssen, sondern dass diese Qualitäten für sich selbst sprechen und überzeugen, weil sie doch für ein glückliches Leben notwendig sind.