Ajahn Thanissaro und Wiedergeburt

  • Schon mehrfach wurde auf einen Essay von Ajahn Thanissaro zum Thema Wiedergeburt hingewiesen.


    Hier kann über diesen Essay und die dort aufgeführten Argumente Pro-Wiedergeburt diskutiert werden.


    Aus dem Klappentext:
    "Die Bedeutung des aufrichtigen Wunsches, sich ein für alle Mal aus dem leidhaften Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien, darf als Antriebsfeder für den Praxispfad nicht unterschätzt werden. Die heutigen Wiedergeburts-Skeptiker unter den Buddhisten müssen sich mit ihrem eigenen Widerstand auseinandersetzen, der auf ihre kulturellen Vorurteile zurückzuführen ist und ein Hindernis auf dem Praxispfad darstellt."


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:

    Aus dem Klappentext:
    "Die Bedeutung des aufrichtigen Wunsches, sich ein für alle Mal aus dem leidhaften Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien, darf als Antriebsfeder für den Praxispfad nicht unterschätzt werden. Die heutigen Wiedergeburts-Skeptiker unter den Buddhisten müssen sich mit ihrem eigenen Widerstand auseinandersetzen, der auf ihre kulturellen Vorurteile zurückzuführen ist und ein Hindernis auf dem Praxispfad darstellt."


    Das ist Unsinn.


    Ein guter Christ könnte sagen,


    "Die heutigen Gott-Skeptiker unter den Buddhisten müssen sich mit ihrem eigenen Widerstand auseinandersetzen, der auf ihre kulturellen Vorurteile zurückzuführen ist.".


    Dann würde er nicht ganz für voll genommen werden, weil er in dem Fall bloß seinen eigenen Stand auf 'andere' projiziert.


    Am besten keine Zeit mit sowas verschwenden.


    Der Erhabene sagte:



    Grüße


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Ich werde den Text von Thanissaro in den nächsten Tagen gründlich studieren und die zentralen Passagen dann hier posten.
    Was ich bislang flüchtig von ihm gelesen habe, scheint mir an den zentralen Fragen dieser Debatte vorbeizugehen.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Ein paar Zitate aus dieser Schrift:



    Bis wir das Erwachen vollkommen verwirklicht haben, können wir uns dieser Dinge nicht völlig sicher sein. Dennoch, so der Buddha, ist es vernünftig, diese Prinzipien als Arbeitshypothesen anzunehmen, wenn man sich auf dem Weg zum Erwachen befindet (…)
    (6)


    Das Thema der Wiedergeburt ist somit untrennbar mit den Lehren des Buddha verbunden, und die Freiheit von der Wiedergeburt war von Anbeginn der Tradition ein zentrales Merkmal des buddhistischen Ziels.
    (8)


    Von dieser Herangehensweise inspiriert, behaupten viele moderne buddhistische Lehrerinnen und Lehrer, dass die Wiedergeburtslehre genauso behandelt werden sollte. Ihrer Ansicht nach war die Wiedergeburt lediglich eine kulturelle Vorstellung aus der Zeit des Buddha, die, weil sie mit unseren kulturellen Vorstellungen und wissenschaftlichen Glaubenssätzen nicht mehr übereinstimmt, aufgegeben werden muss, um so eine Weiterentwicklung der buddhistischen Tradition zu ermöglichen.
    (10)


    ….die Erkenntnis von der Wiedergeburt [war] ein integraler Bestandteil seiner [Buddhas] Erwachenserfahrung…
    (22)


    Ein Grund, warum der Buddha das Vertrauen in die Wiedergeburt als eine nützliche Arbeitshypothese empfahl, war, wie wir angemerkt haben, dass er ein heilsames menschliches Handeln lehren musste, welches stark und verlässlich genug war, um das Ende des Leidens herbeizuführen; und seine Lehre über die Konsequenzen heilsamer und unheilsamer Handlungen wäre ohne den Bezug auf die Wiedergeburt unvollständig und somit unhaltbar.
    (27)


    Wenn man aber annimmt, dass das eigene Verhalten Folgen hat, und dass diese Folgen über viele Leben hinweg nachwirken, ist es einfacher, sich an die eigenen Prinzipien zu halten: nicht zu lügen, zu töten oder zu stehlen – auch unter großem Zwang. Und obwohl man nichts über den Wahrheitsgehalt dieser An- nahmen wissen kann, ist es nicht möglich, eine Handlung zu planen, ohne das Prinzip indirekt aufs Spiel zu setzen.
    (33)


    Im dritten Kapitel haben wir bereits erwähnt, dass eine Perspektive über viele Lebenszeiten hinweg es einfacher macht, auf dem Pfad des ethischen Verhaltens zu bleiben; (69)


    Er wusste, dass diese Art von Fragen den zum Ende des Leidens führenden Pfad nur behindern. Wie er in der Lehrrede MN 2 sagte, ist die Beschäftigung mit solchen Fragen wie „Bin ich? Bin ich nicht? Was bin ich? Was war ich in der Vergangenheit? Was werde ich in Zukunft sein?“ eine Form von falsch gelenkter Aufmerksamkeit: Eine Art von Aufmerksamkeit, die die Vier Edlen Wahrheiten ignoriert und zu wei- terem Leiden führt. Wenn also eine Weltanschauung eine Erklärung eines „Was“ hinter der Wiedergeburt verlangt – wie wir es nicht nur in den Weltanschauungen des alten Indiens finden, sondern auch in vielen modernen Weltanschauungen –, dann handelt es sich einfach um eine Form von falsch gelenkter Aufmerksamkeit, die das Leiden aufrechterhält. Soll das Leiden beendet werden, dann müssen die metaphysischen Ansprüche der eigenen Weltanschauung beiseitegelegt werden
    (47)


    So sprach sich der Buddha dafür aus, ein „Wesen“ lediglich als einen Prozess des Anhaftens, des Verlangens, der Leidenschaft und der Begierde zu betrachten. Ein Wesen kann in diesem Sinne viele Male am Tag geboren werden, sterben und wiedergeboren werden – wenn sich die Anhaftung nach einem Verlangen entwickelt, endet und dann für ein neues Verlangen wieder entsteht –, ganz zu schweigen von den vielen Malen, die sich während der Lebenszeit eines physischen Körpers ereignen. Deshalb kann der zur Wiedergeburt führende Prozess im gegenwärtigen Augenblick beobachtet und umgeleitet werden, denn die geistigen Prozesse, die sich auf der mikroskopischen Ebene von Augenblick zu Augenblick bewegen, sind, wie wir bereits erwähnt haben, mit den geistigen Prozessen, die sich auf der makroskopischen Ebene von Körper zu Körper bewegen, identisch.
    (55)


    Nur wenn wir bereit sind, uns dem Test der richtig gelenkten Aufmerksamkeit zu unterziehen, und die Annahmen und Theorien, die unser Denken über Fragen wie Karma und Wiedergeburt verzerren, aufgeben, werden wir die Werkzeuge, die uns der Pâli-Kanon zur vollkommenen Befreiung zur Verfügung stellt, richtig nutzen können.
    (86)

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Werden jetzt eigentlich sämtliche Bikkhu-Texte wie Esel zum Marktplatz der eigenen "Wiedergeburt-Debatte" geführt?

  • Onyx9:

    Werden jetzt eigentlich sämtliche Bikkhu-Texte wie Esel zum Marktplatz der eigenen "Wiedergeburt-Debatte" geführt?


    Der Text handelt von Widergeburt. Was soll die Frage?
    Wenns dich nicht intressiert, zwingt dich doch keiner zum lesen... :)

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Die "Esel" sind alle alleine & freiwillig zum Marktplatz getrottet, wo sie und ihre Argumente sich nun zum "Kauf" feilbieten.
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Maybe Buddha:
    Onyx9:

    Werden jetzt eigentlich sämtliche Bikkhu-Texte wie Esel zum Marktplatz der eigenen "Wiedergeburt-Debatte" geführt?


    Der Text handelt von Widergeburt. Was soll die Frage?
    Wenns dich nicht intressiert, zwingt dich doch keiner zum lesen... :)


    Ja, Widergeburt könnte zu einem vorläufigen, praxistauglichen Standpunkt führen, :D
    aber damit ihr nicht meint, ich wäre arrogant,
    opfere ich einen alten Hasen:


    Der Grund unserer Wiedergeburt in den sechs Daseinsbereichen
    sind die dunklen Pfade unserer Unwissenheit.
    Pfad um Pfad im Dunkeln wandernd,
    wann werden wir je Geburt und Tod entkommen?


    http://www.zen-guide.de/zen/te…itel=Lobbgesang+des+Zazen

  • Onda:

    Die "Esel" sind alle alleine & freiwillig zum Marktplatz getrottet, wo sie und ihre Argumente sich nun zum "Kauf" feilbieten.
    Onda


    Am Besten, loslassen, bzw. aus dem Weg gehen, sonst nimmt dieses „Leid“ kein Ende.
    Ursache und Wirkung > Wiedergeburt….


    hedin

  • Gibt es Wiedergeburt oder gibt es sie nicht? Mit logischem Denken allein lässt sich diese Frage sicherlich nicht beantworten. Gleichwohl wird in der Sache, wie Schopenhauer sagen würde, reichlich Tinte verkleckst. So auch, wie in diesem Forum, in der Schrift "Die Wahrheit der Wiedergeburt UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DIE BUDDHISTISCHE PRAXIS" von Ţhanissaro Bhikkhu. Thanissaro unternimmt hier den Versuch, Wiedergeburt als integralen Bestandteil des Buddha-Dharma darzustellen, den man aus dem Lehrgebäude nicht herauslösen könne, ohne diesem Schaden zuzufügen.


    In seiner Argumentation stützt sich Ţhanissaro Bhikku ausschließlich auf den Palikanon. Andere Schriften werden nicht zitiert, weder solche von Wiedergeburtsgegnern (deren es viele gibt, wie Thanisaaro durchaus einräumt) noch von Wiedergeburtsbefürwortern. Da sich Thanissaro ausschließlich auf den PK stützt, lässt sich seine Argumentation letztlich auf das schlichte Statement verkürzen: Es gibt Wiedergeburt, weil es im PK so steht. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten findet nicht statt und wenn dann nur an der Peripherie des Themas. Selbst modernen Buddhisten, die sich in dieser Sache auf die eigene Erleuchtungserfahrung berufen und in dieser Erfahrung keinerlei Bestätigung der Wiedergeburtslehre gefunden haben, hält er vor, dann könne eben einfach nicht von Erwachen im Sinne des Palikanons gesprochen werden, man möge sich bitte an den Vorgaben des Kanons orientieren und nicht seine eigenen Erfahrungen über die Vorgaben der Schrift stellen. Diese ausschließliche Fixierung auf den Palikanon ist der große Schwachpunkt von Tanissaros kleiner Streitschrift. Der Palikanon ist für ihn der unverrückbare Fels in der Brandung der Meinungen und auf diesem Fels errichtet er das feste Gebäude seiner Argumentation.


    Wie inkonsistent die Argumente der Wiedergeburtsbefürworter vielfach sind, zeigt sich auch in der Frage der Ethik. "Wenn man aber annimmt, dass das eigene Verhalten Folgen hat, und dass diese Folgen über viele Leben hinweg nachwirken, ist es einfacher, sich an die eigenen Prinzipien zu halten: nicht zu lügen, zu töten oder zu stehlen – auch unter großem Zwang." Hier erkennt man deutlich, dass Wiedergeburt als "ethisches Konzept" durchaus schlüssig ist, wenn sie die Dringlichkeit von ethischem Handeln auf ein mehrere Leben umspannendes Fundament stellt. Über diese Funktion im Rahmen einer ethischen Lehre hinaus kann "Wiedergeburt" jedoch vor dem Hintergrund der anatta-Lehre nicht beanspruchen, eine Beschreibung der Realität zu sein. Denn eine solche Argumentation setzt ein personales Verständnis von Wiedergeburt voraus, andernfalls ja kein Mensch vor "seiner" unvorteilhaften Wiedergeburt etwas zu fürchten hätte. Nur wenn ich davon ausgehen muss, dass "ich" in einer schlechteren Form wiedergeboren werde, nur wenn ich erwarte, dass
    "ich" auf personaler Ebene identisch bin mit einem zukünftigen Wesen, kann die Drohkulisse einer ungünstigen Wiedergeburt ihre Wirkung entfalten und mein Handeln - in Form eines egoistischen Kalküls - beeinflussen.


    Der berechtigten Frage, was denn da bei der Wiedergeburt wiedergeboren werde, geht Tanissaro elegant aus dem Weg: "Wenn also eine Weltanschauung eine Erklärung eines „Was“ hinter der Wiedergeburt verlangt – wie wir es nicht nur in den Weltanschauungen des alten Indiens finden, sondern auch in vielen modernen Weltanschauungen –, dann handelt es sich einfach um eine Form von falsch gelenkter Aufmerksamkeit, die das Leiden auf- rechterhält." Hier werden kritische Fragen einfach als "falsch gelenkte Aufmerksamkeit" disqualifiziert.


    Einen wirklich substantiellen Beitrag zur Debatte um die Wiedergeburt stellt Tanissaros Schrift - im Ggs. zu den ebenso brillianten wie kernigen Ausführungen von Buddhadasa zu diesem Thema - in meinen Augen nicht dar.


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Geronimo:

    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)


    So let's be quiet and practice noble silence, dear dharma friend.
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Onda:
    Geronimo:

    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)


    So let's be quiet and practice noble silence, dear dharma friend.
    Onda


    And metta and the whole eightfold path.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Onda:

    Hier werden kritische Fragen einfach als "falsch gelenkte Aufmerksamkeit" disqualifiziert.


    Durchaus möglich und häufig aber auch typisch. Man kann es
    aber auch anders interpretieren. Zum Beispiel durch Unverständnis
    bedingt oder Torheit und Ignoranz bedingt oder was es auch immer
    an, das rechte Verständnis blockierenden Eigenschaften, geben mag.
    Auch aus diesen Gründen können "kritische Fragen" durchaus gestellt werden.

  • Hallo Onda,


    ich halte die Diskussion sowohl hier, als auch im Buddhadasa-thread für überflüssig. Eine Glaubenswahrheit wird nie geglaubt, weil sie wahr ist, sondern weil sie Bedürfnisse erfüllt (ich werde hier jetzt nicht darüber spekulieren, welche). Und ebenso stirbt der Glaube an sie nicht aus, wenn er als Aberglaube entlarvt ist, sondern wenn die ihr zu Grunde liegenden Bedürfnisse durch etwas Anderes besser erfüllt werden (ich sage nicht: durch etwas unbedingt Besseres besser erfült werden! Das Ersetzen eines religiösen Glaubens durch eine politische Religion ist oft ein zivilisatorischer Rückschritt.).

  • Axel Benz:

    Hallo Onda,
    ich halte die Diskussion sowohl hier, als auch im Buddhadasa-thread für überflüssig. Eine Glaubenswahrheit wird nie geglaubt, weil sie wahr ist, sondern weil sie Bedürfnisse erfüllt (ich werde hier jetzt nicht darüber spekulieren, welche).


    Da muss ich dir auf einer gewissen Ebene spontan Recht geben. Über Glaubenswahrheiten kann man letztlich ebensowenig diskutieren wie über Geschmäcker.

    Wenn Glaubenswahrheiten im Gewand rationaler Begründung daherkommen, kann man ihnen allerdings auf den Zahn fühlen (so wie das auch Buddhadasa macht). Und wenn man dann immer tiefer bohrt, immer hartnäckiger nachfragt kommt man an einen Punkt, wo die Luft der Argumente immer dünner wird und sich die reine Qualität eines auf Aberglauben errichteten Hirngespinstes offenbart. Was mich immer wieder irritiert, ist die offensichtliche Blindheit für Widersprüche, die eigentlich auf der Hand liegen... Aber, da es hier im Kern um Glaubenswahrheiten geht, beißt man sich wahrscheinlich vergebens die Zähne aus. Bestenfalls bleibt die Befriedigung, ein paar Ungereimtheiten ans Licht gerückt und sich im Denken geübt zu haben...


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Axel Benz:

    Hallo Onda,
    ich halte die Diskussion sowohl hier, als auch im Buddhadasa-thread für überflüssig. Eine Glaubenswahrheit wird nie geglaubt, weil sie wahr ist, sondern weil sie Bedürfnisse erfüllt (ich werde hier jetzt nicht darüber spekulieren, welche). Und ebenso stirbt der Glaube an sie nicht aus, wenn er als Aberglaube entlarvt ist, sondern wenn die ihr zu Grunde liegenden Bedürfnisse durch etwas Anderes besser erfüllt werden (ich sage nicht: durch etwas unbedingt Besseres besser erfült werden! Das Ersetzen eines religiösen Glaubens durch eine politische Religion ist oft ein zivilisatorischer Rückschritt.).


    Wohl wahr, aber darum ging es ja auch nicht.
    Es ging darum was der Buddha lehrte, ob man das nun für
    wahr hält oder nicht ist natürlich eine andere Sache.

  • ist das jetzt der offizielle wiedergeburt-diskussionsthread? dass eine debatte darum hier negativ bewertet wird, stimmt mich nachdenklich. die rechte ansicht muss natürlich auch über logische argumente verteidigt werden können, nichts anderes ist ja der komplette pali-kanon.


    nibbuti:
    Onda:

    Aus dem Klappentext:
    "Die Bedeutung des aufrichtigen Wunsches, sich ein für alle Mal aus dem leidhaften Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien, darf als Antriebsfeder für den Praxispfad nicht unterschätzt werden. Die heutigen Wiedergeburts-Skeptiker unter den Buddhisten müssen sich mit ihrem eigenen Widerstand auseinandersetzen, der auf ihre kulturellen Vorurteile zurückzuführen ist und ein Hindernis auf dem Praxispfad darstellt."


    Das ist Unsinn.


    das ist kein unsinn, denn der westliche hintergrund ist vor allem ein materialistischer/atheistischer vernichtungsglauben - also tendieren westliche buddhisten automatisch dahin, sofern sie eben atheisten & materialisten sind. beides ist ja bis zu einem gewissen satz mit dem buddhismus vereinbar, stellt aber auch ein hindernis dar, zumind. nach dem tod.
    wer davon ausgeht, dass er nicht weiter existieren wird, wird auch nicht davon ausgehen, dass er gestorben sein wird - dazu ist die noch vorhandende anhaftung an das leben eben zu groß, sofern man nicht weit fortgeschritten ist. im westen wimmelt es von toten, die nicht erkennen, dass sie tod sind. das erzählen aufjedenfall schamanen, die sich mit psychopompos auskennen.
    demnach ist der glaube an nur ein leben halt auch eine anhaftung an dieses, und damit ein subtiles hindernis.
    es ist also schon wichtig, sich damit auseinander zu setzen. womöglich droht dadurch eben durch diese verwirrung eine wiedergeburt in niederen bereichen.


    wie man den pali-kanon lesen kann und dann annehmen möge, dass buddha keine wiedergeburt gelehrt hätte, ist mir sowieso schleierhaft :?


    hier mal argumente von wissenschaftlicher seite aus zur wiedergeburt, bzw. wenigstens einer aufhebung des rein materialistischen paradigmas.
    http://www.gasperl.at/michael/extern/morpho/morpho.htm


    es gibt noch mehr themen in die richtung. das ganze geht definitiv über reinen glauben hinaus mittlerweile: Nahtoderlebnisse, Rückführungstherapien, Jungsche Archetypenm Hellsichtigkeit, Astralreisen, Meditationserlebnisse etc.


    es

  • Hi raterZ


    Du hast recht, insofern, als dass die meisten Westler tatsächlich "atheistisch" & "materialistisch" geneigt sind (was ich persönlich aber nicht als Problem ansehe, was das Dhamma angeht, welches "klar sichtbar, unmittelbar wirksam, einladend, zum Ziel führend" ist).


    Aber es ist schon Unsinn, insofern, als dass es nicht zwangsläufig "ihr eigener" Widerstand und "ihre kulturellen Vorurteile" sein müssen, wie am Beispiel vom guten Christen und dem Gott-Skeptiker/Buddhisten deutlich gemacht.


    Dieser Vortrag von Ajahn Sumedho ist in dem Zusammenhang sehr empfehlenswert (original in Englisch): http://www.buddhaland.de/viewt…&t=10544&p=194051#p193985


    Grüße


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Axel Benz:

    Hallo Onda,


    ich halte die Diskussion sowohl hier, als auch im Buddhadasa-thread für überflüssig. Eine Glaubenswahrheit wird nie geglaubt, weil sie wahr ist, sondern weil sie Bedürfnisse erfüllt (ich werde hier jetzt nicht darüber spekulieren, welche). Und ebenso stirbt der Glaube an sie nicht aus, wenn er als Aberglaube entlarvt ist, sondern wenn die ihr zu Grunde liegenden Bedürfnisse durch etwas Anderes besser erfüllt werden (ich sage nicht: durch etwas unbedingt Besseres besser erfült werden! Das Ersetzen eines religiösen Glaubens durch eine politische Religion ist oft ein zivilisatorischer Rückschritt.).


    Dummerweise haben "gläubige" Buddhisten, von denen ja nicht wenige all die intellektuellen Fragen, die im Forum immer wieder auftauchen, durchgekaut haben
    oder noch nochkauen, und schon aufgrund ihrer Erziehung und Ausbildung null zum Aberglauben tendieren, nicht das Bedürfnis wiedergeboren zu werden, noch das Bedürfnis in einer Götterwelt zu erscheinen, siehe Schicksalsrad - welche Bedürfnisse sollte also die Überzeugung von der Wiedergeburt stillen ? " Religion ist Opium für das Volk" gilt also im Buddhismus mitnichten. Wenn man genau hinsieht, ist der Buddhismus sogar eine äußerst anspruchsvolle Wissenschaft und Religion, denn sie verlangt sogar für eine menschliche Wiedergeburt die "Ansätze eines Heiligenscheins", einen hohen Grad an Loslösung von triebhaften und negativen Eigenschaften.

  • Onda:

    Diese ausschließliche Fixierung auf den Palikanon ist der große Schwachpunkt von Tanissaros kleiner Streitschrift. Der Palikanon ist für ihn der unverrückbare Fels in der Brandung der Meinungen und auf diesem Fels errichtet er das feste Gebäude seiner Argumentation.


    Das sehe ich eher als Vorteil gegenüber den Erfindern eigener Lehren und "Interpretationen".


    Onda:

    Wie inkonsistent die Argumente der Wiedergeburtsbefürworter vielfach sind, zeigt sich auch in der Frage der Ethik. "Wenn man aber annimmt, dass das eigene Verhalten Folgen hat, und dass diese Folgen über viele Leben hinweg nachwirken, ist es einfacher, sich an die eigenen Prinzipien zu halten: nicht zu lügen, zu töten oder zu stehlen – auch unter großem Zwang." Hier erkennt man deutlich, dass Wiedergeburt als "ethisches Konzept" durchaus schlüssig ist, wenn sie die Dringlichkeit von ethischem Handeln auf ein mehrere Leben umspannendes Fundament stellt. Über diese Funktion im Rahmen einer ethischen Lehre hinaus kann "Wiedergeburt" jedoch vor dem Hintergrund der anatta-Lehre nicht beanspruchen, eine Beschreibung der Realität zu sein. Denn eine solche Argumentation setzt ein personales Verständnis von Wiedergeburt voraus, andernfalls ja kein Mensch vor "seiner" unvorteilhaften Wiedergeburt etwas zu fürchten hätte. Nur wenn ich davon ausgehen muss, dass "ich" in einer schlechteren Form wiedergeboren werde, nur wenn ich erwarte, dass
    "ich" auf personaler Ebene identisch bin mit einem zukünftigen Wesen, kann die Drohkulisse einer ungünstigen Wiedergeburt ihre Wirkung entfalten und mein Handeln - in Form eines egoistischen Kalküls - beeinflussen.


    Nicht unbedingt. Es heisst ja:


    Zitat

    So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines Wesens: man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind.


    (Majjhima Nikāya 57: Der Asket mit der Hundeübung - Kukkuravatika Sutta)


    Wenn Dein Anatta-Verständnis nun erfordert, dass es sich zum zwei verschiedene Wesen handeln muss, dann könnte Dein moralischer Anspruch auch immer noch darin bestehen, einem zukünftigen Wesen, das seine Lebensumstände Deinem Handeln verdankt, möglichst keine gravierenden Nachteile zu bescheren.


    Onda:

    Der berechtigten Frage, was denn da bei der Wiedergeburt wiedergeboren werde, geht Tanissaro elegant aus dem Weg: "Wenn also eine Weltanschauung eine Erklärung eines „Was“ hinter der Wiedergeburt verlangt – wie wir es nicht nur in den Weltanschauungen des alten Indiens finden, sondern auch in vielen modernen Weltanschauungen –, dann handelt es sich einfach um eine Form von falsch gelenkter Aufmerksamkeit, die das Leiden auf- rechterhält." Hier werden kritische Fragen einfach als "falsch gelenkte Aufmerksamkeit" disqualifiziert.


    Thanissaro weist völlig zu recht darauf hin, dass die Frage "was wird wiedergeboren" sich nicht in der geringsten Weise unterscheidet von der Frage "Was bin ich":



    Insofern ist Tanissaro all denen weit voraus, die aufgrund ihrer Anatta-Fixierung darin stecken bleiben, um die "Was"-Frage zu kreisen.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:
    Onda:

    Diese ausschließliche Fixierung auf den Palikanon ist der große Schwachpunkt von Tanissaros kleiner Streitschrift. Der Palikanon ist für ihn der unverrückbare Fels in der Brandung der Meinungen und auf diesem Fels errichtet er das feste Gebäude seiner Argumentation.


    Das sehe ich eher als Vorteil gegenüber den Erfindern eigener Lehren und "Interpretationen".


    Auch der Palikanon ist eine "eigene Lehre" und Interpretation. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht von anderen buddhistischen Texten.


    Onda

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  • Onda:


    Auch der Palikanon ist eine "eigene Lehre" und Interpretation.


    Das widerspricht sich



    Onda:

    In dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht von anderen buddhistischen Texten.



    Beim PK gehen wir davon aus, dass es zum größten Teil Buddha-Wort ist, also auf den historsichen Buddha zurückzuführen ist, bzw. auf diejenigen die den Buddha noch selber gehört haben.
    "So habe ich gehört....."


    Was man von anderen viel späteren Interpretationen selten behaupten kann. Erst recht nicht von den Texten, die den halben PK negieren und ( meist in guter Absicht) den Buddha-Dhamma modernisieren/verbessern wollen.


    Also, entweder Buddha-Dhamma oder es ist einfach eine ganz andere Lehre (A-dhamma). Was ja auch nicht weiter schlimm ist.
    Man kann ja durchaus sagen, dieses oder jenes hat seine Wurzeln im Buddha-Dhamma, aber wir sehen dieses oder jenes anders als der Buddha.


    Aaber dann ist es kein Buddha-Dhamma mehr.


    ()

  • Sukha:
    Onda:


    Auch der Palikanon ist eine "eigene Lehre" und Interpretation.


    Das widerspricht sich


    Onda:

    In dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht von anderen buddhistischen Texten.


    Das ist kein Widerspruch. Es heißt nur: der PK ist einer von vielen buddhistischen Texten.


    Zitat

    Beim PK gehen wir davon aus, dass es zum größten Teil Buddha-Wort ist, also auf den historsichen Buddha zurückzuführen ist, bzw. auf diejenigen die den Buddha noch selber gehört haben.


    Davon gehst du aus. Andere Dharma-Freunde sehen das anders und verweisen auf die vielen Hundert Jahre, die zwischen Buddhas Leben und der Niederschrift des Kanons lagen.

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Elliot:


    Wenn Dein Anatta-Verständnis nun erfordert, dass es sich zum zwei verschiedene Wesen handeln muss, dann könnte Dein moralischer Anspruch auch immer noch darin bestehen, einem zukünftigen Wesen, das seine Lebensumstände Deinem Handeln verdankt, möglichst keine gravierenden Nachteile zu bescheren.


    Das wäre sicherlich nobel aber keine gute Basis für ein ethisches Drohszenario, wie es die "Wiedergeburt" ist. Wenn ich keine persönlichen Konsequenzen zu befürchten habe, warum soll ich dann ethisch handeln? Wirksame moralische Drohkulissen kann man nur auf der Basis des Egoismus errichten. Darum kann auch nur die persönliche Wiedergeburt im Rahmen einer ethischen Argumentation funktionieren.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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