Wie praktiziert Ihr Mitgefühl ?

  • Hi Mirco,
    Wenn ich von Leerheit spreche meine ich die Leerheit der eigenständigen und dauerhaften Existenz.


    Wenn also Gedanken und Gefühle leer sind, dann heißt es dass sie vorrübergehend sind und dass diese Gedanken und Gefühle keine dauerhafte Wirkung haben.
    Deshalb gibt es auch keinen Grund Gedanken oder Gefühle festzuhalten oder sich sogar mit ihnen zu identifizieren. Denn sie sind von Natur aus leer.


    Liebe Grüße
    Tobias

  • von mir selbst.
    Es gibt nicht eine von anderen abgetrennte Person. Wenn man im non- dualen Bewusstsein ist, dann fühlt es sich auch so an, als wenn man sich selbst aus dem Gesicht des anderen anguckt. Um die Sache mal etwas einfach zu beschreiben.

  • Turmalin:


    wieso glaubst du, dass Tobias deine Zitate gelesen hat? ;) die Ansicht ist schlicht richtig... mit weiterem Erklärungsbedarf... aber es ist ganz klar, dass im Buddhismus unterschieden wird zwischen normalen positiven Handlungen, die mit Anhaften einhergehen und transzendenten Handlungen ( Paramitas)- die ohne Anhaften an die Vorstellung eines " Ich" einhergehen. Solange man sein Gegenüber als ein Objekt erlebt und sich selbst als das mitfühlende Subjekt, ist Anhaftung an sich selbst da. Das heißt, man hat nicht nur das Gefühl ein "ich " zu sein. Sondern auch Empfindungen wie " ich bin ein guter Mensch" usw. Beim " Objekt" des Mitgefühl treten daher dann oft Empfindungen des Verletztseins auf. Weshalb es dann auch dazu kommt, dass Leute sich nicht helfen lassen wollen. Weil sie das Gefühl haben, derjenige, der helfen will, erhöht sich selbst damit. Und drückt die zu- helfende person irgendwie subtil runter. Verletzt ihr Selbstwertgefühl.Diese Problematik kann nur dann mit der Wurzel ausgerissen werden, wenn der Glaube an ein" ich" erlischt.


    Ich denke in deinen Posts kommt noch heraus, dass die ganze Sache nicht so einfach ist. Da gebe ich dir Recht. ;) Denn irgendwie sollte man ja schon mit dem Mitgefühl- üben anfangen, auch wenn man noch nicht in der Lage ist, eine echte Leerheitserfahrung zu haben.


    also, die Meditation von Mitgefühl versucht ja gerade, egozentrische Vorstellungen und ichbezogene Wünsche ein bisschen zu verlassen und beispielsweise einem Menschen ohne alle Besitzansprüche liebevoll zu begegnen, für andere da zu sein und nur diesen Blickwinkel zu bewahren (und so weiter). Dabei erlebt man Freude. Der Pfiff an der Sache liegt also gerade darin, selbstbezogene Vorstellungen zu überwinden und vielleicht auch einen kognitiven Zustand abseits der Egozentrik zu verwirklichen, was durchaus zu einer Versenkung führen kann.


    Im realen Leben machen sich diese Übung und Erfahrung inneren Glücks mehr als bezahlt, da man automatisch eine positive Einstellung hat und eine gelungene gemeinsame Situation mit anderen Menschen sucht. Unwillkürlich erfährt diese Einstellung auch Anerkennung, denn im Prinzip ist das genau jenes, wenn es ehrlich ist, was einen Menschen sympathisch macht.


    das allein reicht nicht, das ist schon klar, sondern der Geist braucht eine Vorstellung, Erfahrung, ein Wissen, das ihn zutiefst erfüllt und berührt, die Angst von ihm nimmt und sein Verhaftetsein relativiert. Wie du richtig bemerkt hast, besitze ich aber keine echte Leerheitserfahrung und, offen gesagt, strebe ich sie auch nicht übermäßig an, wenngleich ich deren Gültigkeit wirklich anerkenne.

  • Hi Tonbias,

    tobias:

    Wenn ich von Leerheit spreche meine ich die Leerheit der eigenständigen und dauerhaften Existenz.


    Ach so. Ich dachte erst, Du meinst Leerheit im Sinne der Meditation (M121, M122).


    tobias:

    Wenn also Gedanken und Gefühle leer sind, dann heißt es dass sie vorrübergehend sind und dass diese Gedanken und Gefühle keine dauerhafte Wirkung haben.


    Also erstmal würde ich Gedanken und Gefühle überhaupt nicht in einem Topf werfen, das sind zwei verschiedene paar Schuhe.
    Und keine Dauerhafte Wirkung? Na klar, nichts ist von Dauer. Die Wirkung der Gedanken ist jedoch enorm und bestimmt darübe, was mit uns geschieht.


    tobias:

    Deshalb gibt es auch keinen Grund Gedanken oder Gefühle festzuhalten oder sich sogar mit ihnen zu identifizieren. Denn sie sind von Natur aus leer.


    Es gibt vielleicht keinen Grund. Du, ich , wir tun es trotzdem. Warum? Aus Gewohnheit.


    tobias:

    Denn die Leerheit muss meiner Meinung nach immer erkannt werden, egal welche Gefühle und Gedanken da sind.


    Ich wüsste ehrlich gerne, wie es dazu führen soll, zu verstehen, zu erkennen, wie Gedanken und Gefühle funktionieren.


    :) Gruß

  • Zitat

    Wie du richtig bemerkt hast, besitze ich aber keine echte Leerheitserfahrung und, offen gesagt, strebe ich sie auch nicht übermäßig an, wenngleich ich deren Gültigkeit wirklich anerkenne.


    wieso strebst du sie nicht an? Ganz davon abgesehen dass ein ´übermäßiges streben klassischer Weise ein Hindernis auf dem Weg zur Erleuchtung ist.


    Aber ohne Leerheit gibt es keine Weisheit und ohne Weisheit gibt es keine Erleuchtung.


    Mir fällt hier wieder die wunderbare Geschichte von einer früheren Geburt de Buddha ein. Als er noch nicht erleuchtet war, sah er 2 Tiere. Eine Mutter und ein Jungtier. Sie waren am Verhungern. Der zukünftige Buddha töte sich aus übergroßen Mitgefühl. Die Tiere stillten ihren Hunger an seiner Leiche.
    Wenn mich nicht alles täuscht wurden die Tiere später als Schüler des Buddha wiedergeboren.


    Ich finde diese Geschichte ist ein gutes Beispiel für fehlende Weisheit und übermäßiges Mitgefühl. Deshalb finde ich Weisheit also die Einsicht in Leerheit so wichtig.
    Und Mitgefühl entsteht trotzdem. Es haftet nur nicht so stark an.


    Liebe Grüße
    Tobias

  • Hallo Mirco,


    Also ich habe ehrlich gesagt, oft Schwierigkeiten den Palikanon in seiner Komplexität zu verstehen.
    Deine Verweise helfen mir daher nicht.
    Eine Definition von Leerheit wie ich sie verstehe findest du hier
    http://buddha-berlin.blogspot.…7/leerheit-verstehen.html



    Zitat

    Es gibt vielleicht keinen Grund. Du, ich , wir tun es trotzdem. Warum? Aus Gewohnheit.


    Diese Verallgemeinerung ist nicht korrekt. Woher willst du wissen was ich tue?
    Aber ich nehme es dir nicht übel.
    Genau aus diesem Grund ist meine Praxis so wichtig, ob die Identifikation mit den Dingen abzubauen,
    bzw. sie radikal zu lösen.


    Zitat

    Ich wüsste ehrlich gerne, wie es dazu führen soll, zu verstehen, zu erkennen, wie Gedanken und Gefühle funktionieren


    Vielleicht habe ich dich hier falsch verstanden. Aber ich sehe in dieser Sichtweise die Gefahr eines Teufelskreises.
    Wieso sollte ich wissen wollen wie meine Gedanken und Gefühle im einzelnen funktionieren? Nachdem Motto warum denke Ich dieses... weil ich vorher jenes gedacht habe...und warum denke ich jenes? weil vorher wieder ein anderer Gedanke war.


    Diese Sichtweise ist meiner Meinung nach ein Irrweg.
    Es ist für mich nicht entscheidend warum genau Gedanken und Gefühle entstehen.
    Fakt ist dass sie leer von eigenständiger Exsistenz sind. Da sie unbeständig sind, ist eine Identifikation mit ihnen unnötig.


  • spannendes posting! Zukünftiger Buddha... auch nicht schlecht :)
    ja, das Urteilsvermögen (Weisheit), damit will ich mich ohnehin beschäftigen - mach ich gleich morgen!


    LG, Wolfgang


  • Soweit ich das bei mir betrachtet habe sind da Gefühle und meine Gedanken interpretieren die Gefühle dieses Interpretieren gibt den Gefühlen eine Richtung die dann die Gefühle verstärkt.
    Was ich auch betrachtet habe ist das dieser Körper nur wenig Möglichkeiten hat Unterschiede zu erzeugen. Die Gefühle sind in ihrer Grunderscheinung sehr ähnlich.
    Mein Ergreifen dieser Gefühle und die Assoziationen die ich aus meiner Umgebung aufnehme gibt die Art vor wie dieser Körper reagiert. Gefühle können auch durch Gedanken erzeugt werden, doch das ist einfach zu durchschauen.
    Die Gefühle die dieser Körper erzeugt sind immer eng mit den Sinnen verbunden die Informationen aus der Umwelt dieses Körpers empfangen, bevor die Informationen gedanklich erfasst worden sind. Gefühle erscheinen nicht einfach so ohne Grund. Sie sind Mechanische Mittel um den sie erzeugenden Körper vor Schaden und nicht geprobten Situationen zu schützen.
    Je genauer jemand seine Gefühle betrachtet ohne sie zu ergreifen, ihnen somit eine Bedeutung gibt, je stärker wird Mitgefühl. (Worunter ich verstehe das dieses Gefühl bedingungslos ist, also keine Ziele verfolgt, außer dieses: auf neue unbekannte oder möglicherweise gefährliche Sinneswahrnehmungen aufmerksam zu machen.)
    Mitgefühl hat seine Wurzel im Gefühl dieses Körpers. Mitleid hat seine Wurzel im Ergebnis der Interpretation dieser Gefühle. Der Mitleidende ist sich nicht bewusst das er Mitgefühl durch Gedanken verändert. Wer einmal nur Mitgefühl bei sich erkannt hat, dem ist klar was Mitleid ist. Von Mitleidenden wird er immer öfter zu hören bekommen das er gefühlskalt ist.

  • Danke für deinen lehrreichen post, Ellviral.


    Siehst du eigentlich einen Unterschied zwischen Körper und Geist? Ich frag das nur, weil viele Menschen zwischen Körper und Geist unterscheiden. Mir gelingt das nicht wirklich,
    daher bin ich irgendwann auf "Körpergeist" oder "Geistkörper" gekommen. Wie siehst du diese Sache?


    LG

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • freeman:

    daher bin ich irgendwann auf "Körpergeist" oder "Geistkörper" gekommen.
    LG


    Finde ich gut. Allerdings muß man wissen, das es wohl nicht ein
    einziges Wort gibt, das man nicht auch falsch bzw. ungenügend
    auffassen und verstehen kann.

  • accinca:
    freeman:

    daher bin ich irgendwann auf "Körpergeist" oder "Geistkörper" gekommen.
    LG


    Finde ich gut. Allerdings muß man wissen, das es wohl nicht ein
    einziges Wort gibt, das man nicht auch falsch bzw. ungenügend
    auffassen und verstehen kann.


    Dem kann ich nur zustimmen _()_

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • HAllo Tonies, danke für asuführliche Antwort.
    Nur kurz:

    tobias:

    Vielleicht habe ich dich hier falsch verstanden. Aber ich sehe in dieser Sichtweise die Gefahr eines Teufelskreises. Wieso sollte ich wissen wollen wie meine Gedanken und Gefühle im einzelnen funktionieren? Nachdem Motto warum denke Ich dieses... weil ich vorher jenes gedacht habe...und warum denke ich jenes? weil vorher wieder ein anderer Gedanke war. Diese Sichtweise ist meiner Meinung nach ein Irrweg.


    Ja hast Du und so wäre es auch ein Irrweg.
    Die Frage nach dem Funktionieren ist aber nicht warum, sondern wie.


    :) Gruß

  • @ Mirco
    kannst du deinen letzten Beitrag bitte ausführlicher präzisieren?



    was meinst du mit warum?
    Was meinst du mit wie?


    Liebe Grüße
    Tobias


  • Warum beinhaltet dieser Thread so viele Seiten ?



    Anscheinend, weiß keiner WAS Mitgefühl ist.


    Die Praxis, das Mitgefühl auch wirklich und wahrhaft umzusetzen
    bedeutet:


    LEIDEN


    nämlich täglich und dauerhaft mit den Mitmenschen
    in Kommunikation zu treten und Anteil zu haben
    an ihren Schmerzen, ihrer Ohnmacht, ihrer Hiflosigkeit,
    ihrer Perspektivlosikkeit -
    alles Schiffbrüchige !!!


    Wir sehen uns in der Obdachlosenherberge
    oder der Suppenküche . ..


    :evil:

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • freeman:

    Danke für deinen lehrreichen post, Ellviral.


    Siehst du eigentlich einen Unterschied zwischen Körper und Geist? Ich frag das nur, weil viele Menschen zwischen Körper und Geist unterscheiden. Mir gelingt das nicht wirklich,
    daher bin ich irgendwann auf "Körpergeist" oder "Geistkörper" gekommen. Wie siehst du diese Sache?


    LG


    Ich sehe das so das dieser Körper die Entstehung von Geist ermöglicht und darum stimme ich , wenn schon dem Begriff KörperGeist zu.
    Ich sehe da einen Unterschied! Da ist dieser Körper und da ist Geist. Schwierig wird es wenn der Geist nicht mehr erkennen kann das er durch diesen Körper ist.
    Da kommt dann der Glaube auf das er, der Geist, Bestand hat. Ich bin wird zu ich bin dies oder das.

  • Herzlichen dank für deine Antwort, Ellviral,



    ich möchte Deine Sicht zu dieser mir wichtigen Frage verstehen. Du sagst, der Körper "ermögliche" dem Geist, zu entstehen. Du siehst einen Unterschied
    zwischen Körper und Geist. Gibt es da einen Unterschied, wenn der Geist, Dein Geist keinen Unterschied wahrnimmt? Ist unsere unterscheidende Wahrnehmung evt. die Grundlage dafür,
    daß wir zwischen Körper und Geist unterscheiden?


    Egal, wie tief ich auch in der Meditation schaue- ich finde keine substanzielle Unterscheidung zwischen Körper und Geist. Ich finde unterscheidende Wahrnehmung in Bild und Begriff als Grundlage
    für jede unterscheidende Aussage.


    Ich finde Bild und Begriff, Nama Rupa als Grundlage. Wenn ich noch tiefer schaue, verschwindet die unterscheidende Wahrnehmung und somit jede Grundlage für eine
    Unterscheidung gleich welcher Art, auch die Unterscheidung zwischen Körper und Geist (oder auch Eins-Sein/Nicht-Eins-Sein, etc etc), verschwindet dann.
    Und daher sehe ich bloß diesen Geistkörper oder Körpergeist, gegründet auf Bild und Begriff, gegründet auf unterscheidende Wahrnehmung, auftauchend in Bild und Begriff.


    Schaue ich noch tiefer, dann sehe ich den Tod, das Ende aller Unterscheidung als Zentrum meiner Selbst, hier und jetzt, nicht in der Zukunft findet der Tod statt.
    Ich bin der Tod und ich bin das Leben. Auch zwischen Leben und Tod kann ich nicht unterscheiden. Leben und Tod bin ich selbst durch und durch, ich seh da keine Unterscheidung.
    So ist meine (unbuddhistische?) Sicht.


    Du schreibst:

    Zitat


    Da kommt dann der Glaube auf das er, der Geist, Bestand hat. Ich bin wird zu ich bin dies oder das.


    Genau das meine ich. Da kommt der Glaube auf, der Geist oder der Körper seien dies oder das. Verschwindet jedoch die unterscheidende Wahrnehmung, dann verschwindet der unterscheidende Glaube
    und dann verschwindet auch der Unterschied, oder wie siehst Du das?


    LG,
    freeman
    _()_

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Zitat

    Wenn du auch nur ein Haarbreit von Unterscheidung machst, wird sich eine Kluft wie zwischen Himmel und Erde auftun.
    Wenn du dem einen folgst und dem anderen widerstrebst, wird dein Geist wie Pulver vom Wind verweht.


    (Meister Dogen, aus dem Fukanzazengi)

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Zitat

    brigittefoe hat geschrieben:
    Die Praxis, das Mitgefühl auch wirklich und wahrhaft umzusetzen
    bedeutet: LEIDEN


    Nein und nochmals Nein! Mitgefühl (karuna) ist kein Mitleid. Das schließt Engagement für andere nicht aus!
    Bei Mitleid leiden gleich zwei: Der zu Bedauernde und der Mitleidende. Das ist eine Form des Anhaftens.
    Daß auf solche Weise noch einer leidet hat, meiner Meinung nach, Buddha nicht gewollt.


    Ganz liebe Grüße
    Sarvamitra


    PS: gelingt mir aber nicht immer, nicht mitzuleiden!
    Da wär mal der Begriff "Empathie" ein Thema

    "Warum muß eine Sache oder ein Gedanke, um richtig zu sein, unbedingt sein?"
    Mircea Eliade


  • Nö, absolut nicht!
    Wenn ich leide, weil andere leiden, dann leide ich nur an meinem Gefühl. Dann schwelge ich in meinen Emotionen und pflege mein Selbstbild.
    Das geht immer in die Hose.
    Mitgefühl kann sehr wohl bedeuten, dass da für einen Moment eine Identifikation entsteht, dass also das Leid des anderen nachempfunden wird. Aber das dauert nur einen Moment und zieht einen nicht hinunter. Es entsteht kein Leiden.


    Du ergehst Dich in Klischees, liebe Brigitte.
    Warum sollen das alle "Schiffbrüchige" sein? Sollte ich im Krankenhaus liegen, weil eine Krankheit mich zerfrisst, dann bin ich deshalb nicht "schiffbrüchig", am Leben gescheitert. Nur krank. Alles, was ich dann brauche ist angemessene Hilfe: Pflege, Medikamente, Versorgung. Ganz einfach und schnörkellos. Ich benötige dann keine Leute um mich, die meine Krankheit nicht aushalten, die an MEINEM Kranksein leiden, die dieses Leiden, das MEINE Krankheit bei IHNEN verursacht, mit aller Gewalt beenden wollen. Ich brauche SELBSTLOSE Hilfe, keine Helfer, die sich für mich aufopfern, damit sie sich besser fühlen. Ich will nicht missbraucht werden und würde jeden mitleidtriefenden Opferhelfer vor die Tür setzen.


    Wenn einer in einer unangenehmen Lage zu mir käme und mir seine Hilfe anbieten würde, vielleicht gar mit dem Hinweis er sei Christ oder Buddhist oder Muslim oder sonst so ein ideologiezerfressener Selbstverliebter, dann hätte er keine Chance sich an mir auszuleben. Mir wäre die ruppige Pflegerin, die mich trotz Schmerzen zum Aufstehen zwingt, weil es die Ärzte angeordnet haben, viel lieber. Und wenn ich in einer anderen Sch… säße, dann würde ich denjenigen vorziehen, der mir einen Tritt in den Hintern gibt, der mich aus meinen Selbstmitleid herausholt, der mir klarmacht, dass ich für mein Elend selbst verantwortlich bin und damit meine Blick darauf lenkt, dass ich den Schlüssel selbst in der Hand habe, ich, und niemand sonst. Und sollte ich Unterstützung brauchen, dann kann ich darum fragen. Ich werde mir keine mitleidigen Leute suchen, sondern Leute mit Distanz, die sachlich und unaufgeregt mit mir zusammen nach Lösungen suchen, die heimgehen, wenn sie müde sind, mir sagen, dass sie die Schnauze voll haben, wenn ich mich blöd stelle. Wenn sie mit mir lachen und Witze über all das machen, umso besser.


    Schmerzen, Perspektivlosigkeit usw., das ist immer nur ein Aspekt eines Menschen. Um den würde ich mich nie kümmern, der erhält sich selbst. Mich interessieren die anderen Aspekte. Das bedeutet auch, die Menschen nicht zu infantilisieren, sie zu Opfer meiner Hilfssucht zu machen.


    Obdachlosenherberge, Suppenküche … Wie romantisch!
    Das ist nichts weiter, als sich im Elend der anderen suhlen. Wer ist da wohl elender?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Zitat

    Da wär mal der Begriff "Empathie" ein Thema


    Empathisch sind auch Sadisten. Gerade aus der Fähigkeit den Schmerz des anderen mitzufühlen, beziehen sie ihre Lust.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Da wär mal der Begriff "Empathie" ein Thema


    Empathisch sind auch Sadisten. Gerade aus der Fähigkeit den Schmerz des anderen mitzufühlen, beziehen sie ihre Lust.



    Oder die Werbeindustrie - sie versuchen, sich in die anderen hineinzuversetzen mit dem Ziel ihren Profit zu steigern.


    Empathie ist m.E. immer ein Teil von Mitgefühl, aber letztlich kommt es auf die MOTIVATION an. Daher ist Mitgefühl für mich der Wunsch (und nicht nur der Wunsch), dass jedes Lebewesen frei sein möge von Leid und von den Ursachen des Leids.

  • Motivation … Sofern sie selbstlos ist.
    Ansonsten kann die Motivation auch sein: Ich helfe, weil ich …
    Ich vermute, dass jedes "Weil" irgendwie vergiftet ist. Vielleicht kann Mensch oft auch gar nicht ohne Gift, aber es geht auch ohne.
    Wenn ich spüre, da ist viel Gift dabei, dann halte ich ein, zögere ich. Das ist ein Lernprozess und war nicht immer so. Oft habe ich es erst zu spät gemerkt.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.


  • zur Leerheit:


    zunächst muss man, so wenigstens meine Meinung, deutlich sehen, worum sich alles dreht: nämlich um das Bewusstsein unseres Todes und um jene Beunruhigung, ins Nichts geworfen zu sein. Diese Verfasstheit wird mehr oder weniger bewusst erlebt und steht in unmittelbaren Zusammenhang mit teils gierigen Anhaftungen, die in ihrer Unbesonnenheit nur Leid erzeugen, und der hartnäckigen Bildung der Geistesgifte.


    von daher braucht es eine Erfahrung (die einen Glauben unterstützt, erzeugt, festigt), die den Menschen von Grund auf komplettiert und befähigt, sein Dasein in dieser Welt einzuordnen. Dies ist überaus schwierig. Offenbar gibt es jedoch eine Tür zu einer möglichen Erfahrung, d.h. es gibt eine Möglichkeit, einen Weg zu unterrichten, der zu einer Erfahrung führt, die unsere fundamental destruktive und verängstigte Verfasstheit heilt.


    natürlich weiß ich nicht genau, wie mit dem Streit und der Unsicherheit bezüglich der Erfahrung Leerheit umzugehen ist, da ich sie ja nicht besitze. Gesucht ist jedenfalls eine Erfahrung, die unzweifelhafte Gewissheit gibt und von daher zunehmend eine heilsame Wirkung entfaltet. Dabei kann ich gut verstehen, dass diese Erfahrung der Reflexion bedarf und befähigt, leidenschaftlich davon zu sprechen.


    dennoch habe ich einen Einwand: es gibt kein Ausweichen ins Metaphysische! Für mich zeigt sich hier in der Diskussion und anderswo schon auch die Tendenz, die Frage der Ethik eher links liegen zu lassen. Sicher wird kaum wer die Frage nach seinen persönlichen Geistesgiften im Internet ausführlich beantworten. So nehme ich aber das oben angesprochene Thema Urteilskraft (Weisheit) als nächstes mal bewusst, um mich von der Metaphysik zu befreien! :)

  • Doris Rasevic-Benz:

    Motivation … Sofern sie selbstlos ist.


    Sonst ist es für mich kein Mitgefühl im buddhistischen Sinne....
    Wenn das Ego sich auf Spendengalas (oder vor dem Spiegel v :) ) präsentieren kann und man hilft nur scheinbar um zu helfen, d.h. die altruistische Motivation ist immer zu hinterfragen.