Buddhaghosa:Alles anzeigenZitat„Als mein konzentriertes Herz auf solche Weise geläutert ... war, richtete ich es auf das Wissen von der Erinnerung an frühere Leben. Ich erinnerte mich an viele frühere Leben, das heißt, an eine Geburt, zwei Geburten, drei Geburten, vier Geburten, fünf Geburten, zehn Geburten ... viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog und ausdehnte: ,Dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, solcherart war meine Nahrung, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich woanders wieder; auch dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, war meine Nahrung solcherart, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich hier wieder.‘ So erinnerte ich mich an viele frühere Leben mit ihren Aspekten und Besonderheiten.“
Wenn dies nicht wortgetreu verstanden wird,
- was lehrt uns der Buddha hier?
- was meint der Buddha mit "wurde ich soundso genannt" und "solcherart war meine Nahrung"? Wenn es mentale Anwandlungen innerhalb eines Lebens sind, ist dann sein Erleuchtungswissen wirklich, dass er sich an seinen Namen in diesem Leben erinnern kann und was er gegessen hat?
- Falls wortgetreue Wiedergeburt nur gelehrt wurde, um die Leute bei ihrem ursprünglichen Glauben abzuholen, warum ist sie dann Bestandteil seiner Erleuchtungserfahrung?
- Ist Wiedergeburt nur mentale Anwandlung, warum spricht der Buddha dann in so missverständlichen Worten, die auf ein wortgetreues Verständnis hindeuten? Geburt in 4 Arten (Ei, Schoß usw.), Erinnerung an seinen Namen, die Wesen sterben und wiedererscheinen, weiterwandern, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode usw.
- Warum benötigt man für die Erkenntnis, dass die Wesen bedingt durch ihre Handlungen weiterwandern - wenn es nur mentale Anwandlungen sind - ein himmlisches Augen?
- Was ist mit Erinnern intendiert?
Dies sind Fragen, die ich mir stelle, wenn ich mich mit einer nicht-wortgetreuen Interpretation von Wiedergeburt beschäftige. Ich finde jedoch keine Antwort, daher benötige ich eure. Es gibt noch viele andere Punkte, greife jedoch nur noch einen auf.
Man kann das - isoliert von der übrigen "Lehre" - nicht beantworten.
Mein Verfahren zum Verständnis des PK ist, (a) von (hoffentlich) unbestrittenen Prinzipien "top-down" deduzierend vorzugehen (für die Induktion verwende ich eigene Erfahrungen).
Als ein solches Prinzip (Daseinsmerkmal) erachte ich "anatta". Es ist leicht einzusehen, daß Prinzip nicht mit "anicca" (ein anderes Daseinsmekmal) identisch ist, man kann das also nicht gleichsetzen - also nur auf "nicht unveränderlich" zu verweisen, ist lediglich das Prinzip "anicca" anzuwenden, nicht aber anatta.
Man kommt jenem aber näher, wenn man dafür zunächst einmal "durch und durch bedingt" setzt - keinen "Teil", Bedingung oder Funktion auslassend.
Was ist das jetzt beim Menschen, denn an diese richtet sich doch die Buddhalehre:
1) durch und durch bedingt durch den Khandha-Zusammenhang,
2) durch und durch bedingt durch materiellen, energetischen und mentalen Austausch mit seiner Umwelt.
Und weil das bei jedem Menschen so ist, kann der Buddha auch sagen: hinblicklich der Daseinsmerkmale besteht kein Unterschied zwischen den Wesen, sie sind darin identisch - deshalb sagt er auch von sich: "sich in allem wiedererkennend (sabbattatâya). Noch anders ausgedrückt, welcher Name, Beruf, Adresse, Nahrung, auch immer - das ist jeweils identisch "Wesen", dem man konventionell immer identisch "ich" zuordnen kann, was aber dem Prinzip keinen Abbruch tut.
Wenn mal erst mal bis dahin - erwacht - vorgedrungen ist, dann wohl auch "das --- (alles) ... war/bin ich" nicht nur eine rationale Analyse, sondern wirklich "gesehen" ("himmlisches Auge") und wird ununterbrochen "bezeugt", wie sich Dōgen auszudrücken pflegt.
Das, ist wenn du so willst, eine "positive" Ableitung von anatta - aber zugleich dient es als Auschlußkriterium in der Beurteilung anderer metaphysischer Vorstellungen.
Viele gehen aber ganz anders an den PK ran, nämlich "bottom-up", als Sammelsurium scheinbar gleich gültiger Ausrisse, tatsächlich ist es aber immer nur ne Auswahl - da kommt natürlich was anderes raus.
Wiederholung, örnundörnzigste und jetzt letzte:
Was nun das sog. "erinnern" (anussarati) betrifft; dankenswerterweise kommt dieses Wort an verschiedenen Stellen gemeinsam (in ein und dem selben Sutta) mit einem anderen Term für "erinnern" vor, nämlich "abhijanati " - letzteres wird ganz ohne Zweifel für Erinnern an eine spezifische tatsächlich in der Vergangenheit vorgefallene Begebenheit verwendet: nämlich z.B. bezogen auf konkrete Kindheitserlebnisse des Buddhas, es ist "to know by experience" (also "Wissen aus (unmittelbarer) konkreter Erfahrung"). Es wird aber nicht verwendet, wenn der Buddha von "früheren Leben" in seinem "Erleuchtungserlebnis" berichtet, dort kommt nur "anussarati" vor.
Was ist also der Unterschied?
Die Bedeutungsfelder beider Verben haben zwar eine Schnittmenge - aber auch eine Ausschlußmenge und die besteht für anussarati in "sich einer Sache (eines Prinzips) bewusst, gewahr, gewärtig sein, dieses beachtend, berücksichtigend"
Es ist übrigens im Deutschen ganz genau so, auch mit nur einem Wort "erinnern", das für für völlig unterschiedliche sachverhalte verwendet wird:
a) (die häufigste Verwendung) als "wieder-ins-Gedächtnis-rufen" von Konkreta (vergangenen Ereignissen)
b) (oft ersetzt durch Umschreibung) für Vergegenwärtigung von von Abstrakta (Konzepten, Prinzipien, Erkenntnissen, Zielen, Aufgaben usw)
Eigentlich dachte ich, daß das jeder Muttersprachler für seine Sprache ohne großes Hin und Her nachvollziehen kann, aber da hab ich mich wohl grundlegend getäuscht. Na, Schwamm drüber.
Noch ne Nebenbemerkung:
"mentale Anwandlung" ist ne ziemlich (sicher unabsichtlich) flapsige Bezeichnung für teilweise über lange Zeiträume quälende und nicht enden wollenden Leidensgeschichten oder andere fatale Irrwege. Vllt hat ja jemand hier diesbezügliche Erfahrungen.