Was uebt man im Zazen eigentlich genau?

  • blue_aprico:


    In ner Sangha hat man ganz eng so ne und so ne, mich selber einbegriffen, und da man sich ja dem Agieren und Eingreifen enthält, enthalten muss, kann man mit bekommen was so abgeht an Gefühlen, Gedanken und Übertragungen. Da kann man doch gar nicht anders als von Moment zu Moment Anfängergeist, finde ich. "Das Ego" kommt zum Vorschein beim Sitzen. Das ist halt "Ego", wenn ich was anderes will, als was grade da ist.
    Also ich bin da eher dankbar der
    Sangha.


    Schon mal davon gehört, dass es kein "Ego" oder "ich" gibt, sondern nur eine Vorstellung davon? Und wenn du das anderes willst, als was grade da ist - das ist dukkha.

  • Zitat

    Schon mal davon gehört, dass es kein "Ego" oder "ich" gibt,


    ja, hab ich gehört, ist aber unsinn. "es gibt" ist so ein unsinn wie auch "es gibt nicht"
    auch dogen behauptet das nicht:
    Beim Erlernen des Weges ist es unerlässlich das Ego hinter euch lassen. Habt ihr auch tausend Sutren oder zehntausende Kommentare studiert, euch selbst aber nicht von der Verhaftung an das Ego befreit, so werdet ihr schließlich in die Dämonenhölle abstürzen.


    Zitat

    Und wenn du das anderes willst, als was grade da ist - das ist dukkha.


    ja, die ursache ist dukkha. und die ursache von dukkha ist "gierhassverblendung" ( ego )



    Grüße
    Blue_

  • In der Dämonenhölle - da triffst du Buddha, Dogen und die ganze Bande. Da ist was los, sach' ich dir.

  • blue_aprico:
    Aiko:

    Und wenn du das anderes willst, als was grade da ist - das ist dukkha.


    und die ursache von dukkha ist "gierhassverblendung" ( ego )


    und das Ende der Ursachen ist das Ende von dukkha, der Weg ist der Edle Achtfache Weg (Sitzmeditation ist nur 1/8 davon)


    _/|\_

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • nibbuti:

    der Weg ist der Edle Achtfache Weg (Sitzmeditation ist nur 1/8 davon)
    _/|\_


    Im zen nicht, da ist sei zentral, wie bei buddha. damit wirst du wohl leben müssen.


    _()_ Blue_

  • Drei klassische Forumbseiträge und "buddhistische Weisheiten" von drei User(inne)n:


    Zitat

    Und wenn du das anderes willst, als was grade da ist - das ist dukkha.


    und die ursache von dukkha ist "gierhassverblendung" ( ego )


    und das Ende der Ursachen ist das Ende von dukkha, der Weg ist der Edle Achtfache Weg


    "Herr Müller, Sie haben Krebs."
    "Aha. In Ordnung."
    "Wir können operieren."
    "Aha."
    "Machen wir einen Termin."
    "Ich bin der Meinung, wenn ich was andres will, als gerade ist, weiche ich von meinem Buddha-Pfad ab. Ich habe mich frei von Gier gemacht. Ich giere nicht nach dem Leben."
    "Wie meinen Sie das?"
    "Weil ich nicht giere, nicht hasse und nicht verblendet bin, leide ich icht."
    "Herr Müller, ihre Hirnumor wird in Kürze größte Kopfschmerzen verursachen."
    "Aha. Ich lebe in der Gegenwart."
    "Meinen Sie denn, keine Schmerzen mehr zu empfinden?"
    "WER soll den Schmerzen haben, es ist doch kein Ich mehr da. Das Ich ist eine Illusion und die Schmerzen auch."


    [Zwei Monate später.]
    "Ah, ah, ah ..."
    "Herr Müller, sind nun die Schmerzen da?"
    "Nein, nein, Herr Doktor, nur die Illusion davon."
    "Tut die weh?"
    "Ah, ah, ah ..."
    "Haben Sie was gesagt."
    "Ich stöhne bloß."
    "WER stöhnt denn da, wenn kein Ich mehr da ist?"


    Fazit: Die Leere hat mal wieder unsinnigen Krach geschlagen.
    Für das Menschenleben ist es von großer Bedeutung, dass es etwas anderes will, als das, was gerade ist.

  • Namaste!


    Hallo Sanshin,

    Sanshin:

    Wenn man Zazen/Shikantaza praktiziert, also ne Anleitung gefunden hat, sich dann hinsetzt und einfach in dem Sein verweilt fuer ne gewisse Zeit...
    Ist es dann notwendig im Zen Weg, nen Lehrer oder ne Gruppe zu finden?


    Auch wenn Zazen häufig im allgemeinen Sprachgebrauch mit "sitzen" umschrieben wird [z. B. "Ich gehe morgen in den Tempel - sitzen!"] sagt mein Lehrer häufig, dass es absolut nicht mit "hinsetzen" gleichgesetzt werden kann!


    Literatur und geschriebene Anleitungen, die alleinige Übung ohne Lehrer und Sangha, können einen zunächst einmal weiterbringen.


    Aber irgendwann kommt der Punkt, da muss man sich intensiver darauf einlassen um es nicht "an den Nagel zu hängen", sprich: um der Stagnation entgegenzutreten!


    Und dabei helfen dann sowohl der Lehrer als auch die anderen Typen und Tussen, die neben einem sitzen und ebenfalls "einfach die weiße Wand anstarren" :grinsen:
    Erst seitdem ich mit meinem Lehrer und mit der Sangha sitze, hat sich bei mir - auch für meine Umgebung wahrnehmbar - einiges geklärt, aufgeschlossen und, sagen wir mal "verbessert".


    Das bloße Lesen und "alleine vor sich hin Sitzen" lässt einem demgegenüber eher zum Sonderling mutieren" - diesen Eindruck hatte ich jedenfalls.
    Es fehlt da ja auch der Austausch mit "insoweit Gleichgesinnten".


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Zitat

    um der Stagnation entgegenzutreten!
    Und dabei helfen dann sowohl der Lehrer als auch die anderen Typen und Tussen, die neben einem sitzen und ebenfalls "einfach die weiße Wand anstarren"


    Es ist sicher so, dass manch einem dies hilft und einem anderen das. Wir sind nicht alle gleich gestrickt. Die obige Formulierung ist dennoch witzig, weil sie einen typischen Widerspruch der klassischen Zenübung verdeutlicht: Einerseits wird "Stagnation" befürchtet, andererseits ist das Mittel dagegen,"die Wand anzustarren". Deshalb wohl auch das Bad Grin-Smilie dahinter.


    Dagegen stand weiter oben:

    Zitat

    sagt mein Lehrer häufig, dass es absolut nicht mit "hinsetzen" gleichgesetzt werden kann!


    Mit anderen Worten sagt der Lehrer, dass Zazen nicht einfach hinsetzen ist. Und darum kann die Lösung für die Stagnation auch nicht im Zazen liegen. DAS nämlich ist der Zirkelschluss. Die Lösung zeigt sich dann, wenn man - als Sonderling - sich aus einer ganzen Sangha von (ausgewählten) Sonderlingen entfernt und sein Nicht-Hinsetzen in der Sangha ALLER Sonderlinge (Wesen) praktiziert. Mit anderen Worten, mit der Stagnation hat es dann ein Ende, wenn man die Übung aus dem Dojo in den Alltag überträgt. Ob das Dojo als Übungsstätte für diesen Alltag taugt, muss man sehen. Das wäre ein Idealfall.


    Ich habe einmal lange Diskussionen mit UFC- und anderen Kämpfern geführt, die zum Beispiel meinten, die Leute, die aus Karate-Dojos kämen, wären nicht straßenkampftauglich. Womit sie vor allem den Bodenkampf meinten. Bis sich herausstellte, dass dieser Eindruck darauf beruhte, dass auch ihr UFC-Kampfstil gewissen Regeln unterlag (zum Beispiel, dass man ihnen nicht den Kehlkopf oder das Genick brechen durfte), die denen einiger Karateka widersprachen - weshalb es nie zu einer Begegnung auf Augenhöhe kam. Im Grunde trafen sich zwei in sich geschlossene Dojo-Welten. Die Mehrheit der Menschen außerhalb dieser Dojos hat mit beiden nicht viel am Hut. Dennoch gehen heute viele davon aus, dass die eine Trainingsmethode (Vollkontakt-UFC) besser auf Alltagskonflikte vorbereitet als die andere (mit geistigem Training verbundenes Karate). Um im Bild des Zen-Dojos zu bleiben: Das geistig-meditative Training wird also auf entsprechende Situationen vorbereiten, in denen geistig-meditative Zustände eine Rolle spielen. Mehr nicht.


    Die Frage, die man sich stellen wird, ist also: Was soll meine Dojo-Übung mit den anderen Sonderlingen bringen? Hier wird ja immer wieder gern gesagt, dass solche Fragen falsch seien und nicht gestellt würden. Wie sich oben zeigt, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Übende sie sich a) stellt und b) auch gut daran täte. Wo will ich hin? Was glaube ich bei dieser Übung zu gewinnen, das mir im Alltag hilft? Welche Veränderung ist da von mir überhaupt angestrebt? Schon wird diese Sache realistischer. Will ich gelassener mit Stress und Ärger umgehen, dürfte jede Art meditativer Entspannung dies unterstützen. Will ich dagegen tiefer in so etwas wie den Sinn des Lebens oder meine Art zu denken eindringen, wird sich schnell die Frage stellen, welche Art von Lehrer mir denn wie dabei helfen kann. Quatscht der Lehrer während meiner Meditation auf mich ein? Benutzt er Koan und seine Ablehnung meines täglichen Ringens damit nur, um seine eigene Verwirrtheit zu verschleiern? Was tut er eigentlich, wenn etwas Wichtiges passiert, habe ich das je gesehen (springt er zum Beispiel als Nichtschwimmer in den Teich, weil er seine Tochter retten will)?


    Ich habe oft von Schülern solcher Lehrer, die man mehr oder weniger als unreif entlarvt hat (wie Dr. Sex und TTS) gehört, dass sie letztlich auch von diesen etwas gelernt hätten. Wenn ich das mal mit meinen Schullehrern vergleiche: Manche von denen hatten auffällige Charakterschwächen, die teils wir Schüler ausbaden mussten. Ich habe diese Lehrer nur dafür geschätzt, dass sie mir Wissen vermittelten über ein Gebiet, von dem sie was verstanden. Das Drumherum ihres Charakters unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Drumherum in meiner Familie, bei meinen Geschwistern, Freunden, den Alltagsbegegnungen. Ich brauche nicht explizit Lehrer, um "irgendetwas" über diese Charaktereigenheiten zu lernen. Ich brauche Lehrer für spezifische Kenntnisse.


    Der Zenlehrer hat nur eine einzige sinnvolle Aufgabe - er hilft dem Schüler beim Erwachen. Dafür muss er selbst erwacht sein. Sonst braucht man ihn nicht aufzusuchen, da alles andere ebenso zum Lehrer oder Auslöser werden kann. Solche Lehrer, die diese zenspezifische Fähigkeit besitzen (die sich von der Vorstellung von Dogen-Adepten natürlich unterscheidet), gibt es jedoch kaum noch. Letztlich ist das auch der Grund, warum das Dogenzen immer beliebter wurde: Man starrt eben einfach die Wand an. Einen Lehrer gibt es dennoch. Was aber lehrt der? Bei dem Schullehrer kann man das doch klar sagen. Was also lernen die Schüler in diesem Fall von ihrem Zenlehrer? Die typische Antwort hier wird lauten: Nichts, und damit schließt sich ein anderer Zirkelschluss: Der Lehrer muss diese spezifische Fähigkeit gar nicht haben, weil der Schüler sowieso nichts erwarten soll und nichts zu erlangen hat.


    Fazit: Ich denke, von einem Lehrer darf man sehr wohl etwas erwarten - die professionelle Beherrschung des Metiers, das er zu vermitteln angetreten ist. Im Zen bedeutet dies, erwacht zu sein. Alles andere ist unwichtig. Wenn ein Zenlehrer mir nicht klarmachen kann, was es bedeutet, erwacht zu sein, dann ist er tatsächlich überflüssig.


  • Köstlich! Wie sehr ich doch deine pragmatische und kritische Art hier schätze. Doch was ist die "Moral" deiner Geschichte? Akzeptanz und rechtes Streben sind zwei Seiten der gleichen Medaille? Loslassen bedeutet in dem Fall, nicht verkrampft auf Heilung hoffen, Risiken akzeptieren, aber sehr wohl auch nach Besserung streben?
    Ich würde mich sehr freuen, wenn Du hier deine Ansicht bzgl Zen darstellen könntest. Danke!

  • Akzeptieren scheint ja auch irgendwann bei den Krebskranken zur "Normalität" zu werden. Genauso wie für die meisten Zen-Übenden im Alltag normal sein dürfte, dass sie nach irgendetwas bewusst streben. Auf dem Arbeitsplatz, in der Kindererziehung, beim Sex, beim Filmegucken. Die Frage beim "Annehmen" des Gegebenen ist doch meist die: Muss das so bleiben oder kann ich das ändern, und wenn ja, wie? Solche Fragen bringen doch die Menschheit weiter.

  • Das ist vollkommen richtig, nur wie bringst Du es mit der Lehre von Dukkha oder eher mit Zen in Einklang.


    Für Krebspatienten ist Akzeptanz wohl auch sehr heilsam, denn keine Studie konnte bislang nachweisen, dass ein "Kämpfergeist' höhere heilungschancen habe bzw. es einen Einfluss hat, auch wenn dies allgemein angenommen wird. Dies spricht eben für das loslassen. Doch wie ist dein Beispiel hier zu verorten? Mit Metta, das im Zen nicht die Rolle spielt wie in anderen Schulen.....ich verstehe leider nicht ganz, wie Du das mit Zen persönlich in Einklang kriegst.

  • mindfulness: Ich akzeptiere die Vergänglichkeit, auch die meiner Ziele und Bestrebungen. Ich habe mir, hier kürzlich erwähnt, vor etwa 10 Jahren mal in einer Kneipe im Gespräch mit einer Kellnerin überlegt, dass ich noch fünf Ziele verwirklichen wollte. Ich dachte, dafür vielleicht sogar nur ein Jahr zu brauchen (bis auf das fünfte, es war der Wunsch nach einer Liebesbeziehung, die auf Gegenseitigkeit beruht und das äußerste an Lust aufeinander beinhaltet - hier hatte ich keinen zeitlichen Rahmen setzen können). Heute habe ich erst zwei der anderen vier Ziele erledigt, obwohl die beiden anderen auch in erster Linie Einsatz (Wille), Geduld, Konzentration, Energie und Zielgerichtetheit erfordern - wie die beiden ersten. Natürlich kann ich mich darüber amüsieren. Es ist ja klar, dass diese Ziele keine objektive Bedeutung haben, sondern nur in meinem Hirn existieren und von mir zu etwas "gemacht" werden. Aber es ist auch wahr, dass ich z. B. ein bestimmtes Buch nur übersetzte, weil ich etwas ändern wollte (nämlich die Tatsache, dass es nicht übersetzt war). Eine gewisse "illusionäre" Idee wird also zur Antriebskraft.


    Dukkha ist ein Kennzeichen des Normalzustandes, und Wille und Streben sind es demnach auch. Statt aber, wie im Theravada üblich, die menschlichen Antriebskräfte (wie auch die Lust) als überwindenswert und Leidensquelle anzusehen, werden sie im Zen in die Persönlichkeit integriert. Sie sind, wie die Buddhalehre selbst, Quelle für Freud und Leid zugleich. Buddha-Natur ist nicht "alle Natur", die eigenen natürlichen Neigungen anzunehmen und sich an ihrer Ausübung zu erfreuen gehört doch dazu. So wie es die meisten Menschen mit ihren Hobby machen. Und letztlich auch viele hier, wenn sie meditieren. Im Zen bemüht man sich meines Erachtens, das zu durchschauen, was sich als "Ich" konstruiert, und dann mit dieser Dekonstruktion zu leben. Manche Buddhisten denken, sie könnten das, was sich konstruiert, dauerhaft beseitigen. Von daher rühren auch diese lebensfeindlichen Ideale wie Zölibat, die Abkehr von Feldarbeit und Spaß, also kurzum, von der Motivation, die ganzen Anlagen, die man als Mensch mitbringt, zu pflegen.


    "Loslassen" bedeutet also in dem Fall, zu akzeptieren, dass man leben will und auf Heilung hofft, und zugleich bereit zum Sterben zu sein. Ich glaube nicht, dass sich das wesentlich von dem unterscheidet, was sich Nicht-Zennies als Problem stellt. Es wird sich dann zeigen, ob die buddhistische Praxis einen in solchen Krisen tatsächlich weiter bringt. Da ja jeder stirbt, auch der, der nicht auf Heilung hofft oder der, der nicht bereit zum Sterben ist, ist die Einstellung des Zenübenden lediglich hiervon abzugrenzen. Es bedeutet nur, dass sie anders sein dürfte, nicht, dass sie besser ist oder am Ergebnis etwas ändert. Wahrscheinlich aber auf dem Weg zu diesem Ergebnis (Tod) hin. Die Zenübung ist also darauf ausgerichtet, mit dukha besser klarzukommen, als es womöglich ohne die Zenübung und deren Einsicht möglich ist. Die Zenübung kann dukha nicht zerstören, aber transparenter und erträglicher machen.

  • Ich finde den genannten Unterschied zwischen Theravada und Zen bzgl. Dukkha sehr interessant, gleichwohl er mir leider noch nicht ganz klar geworden ist. Leider ist mir in den Klassikern auch nichts hierzu aufgefallen. Gilt nicht im Theravada als auch im Zen:


    Es ist nicht schlimm, ja sogar notwendig, Ziele zu verfolgen und zu Streben. Loslassen bedeutet nicht das loslassen von Zielen, sondern das loslassen von Anhaftung und Gier? Gesundheit ist an sich ein selbstverständliches Streben. Wer aber an Gesundheit anhaftet, wird leiden. Derjenige, der Akzeptanz übt, befreit sich davon. Aber Akzeptanz bedeutet nicht, auf Ziele und Sterben zu verzichten.


    Was denkt ihr?

  • Die von mir genannten willentlichen geistigen Anstrengungen sind im Theravada samskara, das wirst du wissen. Und die sollen verlöschen.


    Zitat

    Wer aber an Gesundheit anhaftet, wird leiden. Derjenige, der Akzeptanz übt, befreit sich davon.


    Es ist nicht ausgemacht, dass einer leidet, weil er an "Gesundheit" haftet. Vielleicht hat er Glück und bleibt gesund. Das Leiden entsteht in der buddhistischen Vorstellungswelt ja zunächst dadurch, dass sich etwas verändert (etwas vergeht) und der Leidende dies nicht akzeptiert. Die "Anhaftung" wird auch dann erst leidhaft, wenn eine "Enttäuschung" eintritt. Wer akzeptiert, leidet aber dennoch. Es muss ja einer da sein, der akzeptiert, also ist auch einer da, der leidet. Leiden ist unvermeidlich. Die einzige Weise, in der diese Wahrheit von der Auflösung vom Leiden verwirklicht wird, ist im Zen m.E. die, keine Dualität zwischen Leiden und Leidendem mehr zu erleben. Das Leiden IST, ohne dass es gegen etwas anderes abgewertet wird. Es IST in seiner Vergänglichkeit wie alles andere. Das, was dem Leiden entfliehen will (die Antriebskraft und Motivation Shakyamunis) bleibt aber bestehen. Auch der Erleuchtete wollte Schmerzen deshalb meiden. Statt zu leiden, wollt er Leiden vernichten. Es wird also nur der Irrtum über das Leiden aufgelöst, nicht aber das Leiden. Denn der Leidende hört erst auf zu leiden, wenn er kein Leiden mehr wahrnehmen kann, also tot ist. Von daher ist dann auch zu verstehen, dass die ganze buddhistische Motivation - auch wenn sie sich in klassischen Lehren anders darstellen will - auf einem typischen Ich-Bedürfnis fußt, nämlich dem Wunsch, nicht zu leiden. Dieses Bedürfnis will ganz klassisch befriedigt werden. Es wird nicht befriedigt, indem es einfach nur leidet (weshalb der Shakyamuni zur Einschüchterung und Ermahnung von Zuhörern auch Höllenbilder ausmalte usf.).


    Im Zen dekonstruierst du diese Wahrnehmungen und Vorstellungen so lange, bis du weißt, dass das Glück und die Seligkeit, die Religionen versprechen, den gleichen Ursprung haben wie dieses Leiden und darum nicht das eine gegen das andere austauschbar ist. Wer sich im Theravada aber dem Verlöschen seiner Geistestriebe widmet, der glaubt dies.

  • Nun wer tatsächlich an Gesundheit anhaftet, kann durchaus leiden. Bei Dukkha geht es ja nicht nur um Dinge bekommen zu wollen, sondern auch die Sorge, Dinge verlieren zu können. Das ist sicher auch typsache. Hypochonder erfreuen sich "eigentlich" bester Gesundheit ;)


    Ich denke, die Unterscheidung zwischen schmerz und leid ist hier hilfreich! Schmerzen lassen sich durch Praxis nicht vermeiden und sie tun auch weiterhin weh. Natürlich! Aber wir leiden insgesamt weniger, wenn wir loslassen. Nur nicht das loslassen von Heilung und dem Leben, sondern anhaftung, Ablehnung...


    Buddhas Kernholz ist die Lehre, leid zu beenden (nicht schmerz) .So zumindest würde es vermutlich fast jeder Theravadin sehen. Du bist also der Ansicht, im Zen eine grundlegend andere Sicht zu erkennen, weshalb dir nach auch die edlen 4 Wahrheiten keine essentielle Rolle spielen?

  • Namaste!


    diamant:
    Benkei:

    um der Stagnation entgegenzutreten!
    Und dabei helfen dann sowohl der Lehrer als auch die anderen Typen und Tussen, die neben einem sitzen und ebenfalls "einfach die weiße Wand anstarren"


    Es ist sicher so, dass manch einem dies hilft und einem anderen das. Wir sind nicht alle gleich gestrickt. Die obige Formulierung ist dennoch witzig, weil sie einen typischen Widerspruch der klassischen Zenübung verdeutlicht: Einerseits wird "Stagnation" befürchtet, andererseits ist das Mittel dagegen,"die Wand anzustarren". Deshalb wohl auch das Bad Grin-Smilie dahinter.


    Der Bad-Grin bezog sich auf die - hier nicht ernst gemeinten! Bezeichnungen der Sangha als "andere Typen und Tussen" und dem gemeinsamen Zazen als "die weiße Wand anstarren"!
    So ein Widerspruch ist das gar nicht - siehe auch unten!


    diamant:

    Dagegen stand weiter oben:

    Benkei:

    sagt mein Lehrer häufig, dass es absolut nicht mit "hinsetzen" gleichgesetzt werden kann!


    Mit anderen Worten sagt der Lehrer, dass Zazen nicht einfach hinsetzen ist. Und darum kann die Lösung für die Stagnation auch nicht im Zazen liegen. DAS nämlich ist der Zirkelschluss.
    [...]


    Und gerade so ist es eben nicht gemeint!


    Der Spruch soll lediglich aussagen, dass das Sitzen in Zazen beispielsweise nicht mit dem Setzen auf den Bürostuhl oder dem Lümmeln auf der Couch verglichen werden kann!




    Davon abgesehen gebe ich Dir natürlich recht:
    Die formelle Praxis ist keinesfalls das einzige Übungsfeld. Der WEG muss vor allem auch im Alltag erwiesen werden.


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Zitat

    Der Spruch soll lediglich aussagen, dass das Sitzen in Zazen beispielsweise nicht mit dem Setzen auf den Bürostuhl oder dem Lümmeln auf der Couch verglichen werden kann!


    Das kann er nicht - weil Form und Ritual in einer Religion von Bedeutung sind. Tatsächlich kann man doch auch auf dem Bürostuhl oder beim Lümmeln auf der Couch seine Gedanken beobachten und ziehen lassen, oder, so man dies für wesentlich hält, zu "Einsichten" kommen. Und man kann auch das TUN, was Leute tun, die jahrelang Zazen praktizierten, ohne Zazen praktiziert zu haben. Inwiefern soll da also etwas nicht vergleichbar sein? Zazen ist als Geistesübung gedacht. Der Geist kann im Sinne des Zen jenseits einer festgelegten Form geübt werden.


    mindfulness:

    Zitat

    Buddhas Kernholz ist die Lehre, leid zu beenden (nicht schmerz) .So zumindest würde es vermutlich fast jeder Theravadin sehen.


    Vielleicht - um sich peinliche Nachfragen zu ersparen. Denn im Palikanon ist unter Leid eindeutig auch der Schmerz gefasst.
    Womit dann auch die Frage beantwortet ist, ob die 4 Wahrheiten im Zen eine essentielle Rolle spielen. Natürlich nicht. Es gibt überhaupt keine Wahrheiten mehr, wenn man die Zenübung betreibt. Sie bröckeln alle nacheinander weg. Auch diese vier, ja, die ganz besonders. Das Kernthema des Zen ist wie bei Nagarjuna schon die Leere, und alles, was geschrieben steht oder als Wahrheit formuliert wurde, ist von diesem Charakter des Leerseins nicht ausgenommen.

  • diamant:


    Womit dann auch die Frage beantwortet ist, ob die 4 Wahrheiten im Zen eine essentielle Rolle spielen. Natürlich nicht.


    insbesondere die 4. edle Wahrheit, davon der Tugend-Teil, spielt bei vielen Zennies absolut keine essentielle Rolle



    Sanshin:

    Mein Ziel ist es die Jhanas zu erleben und da ich gelesen habe das Zen dahin fuehren kann moechte ich mich informieren danke :)


    die jhanas sind bloß ein Wegweiser auf dem Edlen Achtfachen Weg (inkl. Tugend, Meditation, Weisheit der Buddhas)


    das Ziel für jemand auf dem Edlen Achtfachen Weg ist (a) Sehen, wie die Dinge wirklich sind, und (b) vollständige Herzensbefreiung oder zumindest ein Teil davon


    Meditation allein ist hingegen bloß 1/8 des Weges


    Liebe Grüße
    n.

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Zitat

    insbesondere die 4. edle Wahrheit, davon der Tugend-Teil, spielt bei vielen Zennies absolut keine essentielle Rolle


    Das ist richtig. Die Vorstellungen aus dem Palikanon sind ethisch zu minderwertig (siehe etwa den Thread zur Homosexualität und zum Ausgrenzen von Transsexuellen aus dem Orden). Es wird sich m.E. zeigen, dass die taoistischen Klassiker recht hatten, als sie sagten: Tugend entsteht erst, wenn die Moral verfallen ist. Der Zennie strebt aber den Zustand VOR dem Verfall der Moral an, also vor ihrer Notwendigkeit. Daraus kann dann eine umfassendere "Tugend" oder "Moral" entstehen, die nicht mehr ins Korsett von alten Schriften aus Indien (Saudi-Arabien, Palästina oder Griechenland) passt.

  • mindfullness:

    Buddhas Kernholz ist die Lehre, leid zu beenden (nicht schmerz) .


    Richtig. Man muss da sehr aufmerksam mit den Pali-Quellen umgehen, weil "dukkha" je nach Zusammenhang ein Adjektiv (leidhaft, u.U. zu Leid führend) oder aber ein Substantiv "Leiden" sein kann.
    Für letzteres gilt durchgehend nach PK als notwendige Voraussetzung/Umstand "Upādāna" (Aneignung). Schmerz ist, wie eben auch Geburt, Alter, Krankheit und Tod nich per se Leiden, sondern leidhaft, wird zum Leiden (dukkha als Abstraktum oder dukkhata als aktuelles Erlebnis des Leidens) erst mit Aneignung, oder verliert diese Qualität mit dem Ende der Aneignung.
    Wird 1000x unter paticcasammupada erklärt.


    mindfullness:

    Du bist also der Ansicht, im Zen eine grundlegend andere Sicht zu erkennen, weshalb dir nach auch die edlen 4 Wahrheiten keine essentielle Rolle spielen?


    Ich nicht :)
    Ich les grad als Urlaubslektüre alten Chan-Krempel und da steht bei Bodhidharma (Lehrrede vom Erwachen)

    Zitat

    Die drei Reiche sind Gier, Hass und Verirrung. Die drei Reiche zu verlassen heisst, den Pfad von Sila, Samadhi und Paññā (den 8fachen) zu betreten.


    Nur darum gehts letztendlich auch im Zen, allerdings sind die Erläuterungen, was man dabei alles falsch machen kann, über die Jahrhunderte derartig ausgeufert, dass sich auch da mancheiner verläuft.

  • Es gibt nichts nachweislich von Bodhidharma Geschriebenes. Bei Bodhidharma steht also nix.


    Zitat

    Schmerz ist, wie eben auch Geburt, Alter, Krankheit und Tod nich per se Leiden, sondern leidhaft, wird zum Leiden (dukkha als Abstraktum oder dukkhata als aktuelles Erlebnis des Leidens) erst mit Aneignung, oder verliert diese Qualität mit dem Ende der Aneignung.
    Wird 1000x unter paticcasammupada erklärt.


    Genau. Und dadurch wird es auch nicht richtig. Denn auch ohne Aneignung bleibt Schmerz leidhaft. Was jeder an sich selbst erleben kann - und wahrscheinlich auch wird. Es handelt sich um physiologische Vorgänge, die unabhängig von unserer Meinung ein Ergebnis herbeiführen. Bei allzu heftigen und plötzlichen Schmerzen ggf. sogar den Schock und den Tod.


    P.S.: Es wäre sicher amüsant zu lesen, wie jemand meint, sich den Tod "aneignen" zu können.


    Zitat

    allerdings sind die Erläuterungen, was man dabei alles falsch machen kann, über die Jahrhunderte derartig ausgeufert


    Richtig. Insbesondere bei Dôgen (siehe "Eihei Shingi"). Bei den Leuten, die tatsächlich um die Zeit Bodhidharmas Chan lebten, hieß das noch kurz und knackig:


    "Ein Sutra sagt: 'Schneide alles Böse ab, kultiviere das Gute, dann wirst du zum Buddha.'
    Das sind falsche Gedanken, die dein eigener Geist erzeugt."


    (Ich wiederhole mich. Jeffrey Broughton: The Bodhidharma Anthology - entgegen dem Namen vor allem eine Auflistung von jüngeren Textfunden aus dem frühen Chan, die nicht von Bodhidharma stammen)


    "Frage: Gibt es im Dharma-Reich ein Einhalten oder Brechen der Vorschriften? Antwort: In der Essenz des Dharma-Reiches gibt es weder gewöhnlich noch "heilig."


    "Berufe dich nicht auf das Wissen der Sutren und Abhandlungen."


    "Den weglosen Weg gehen heißt, den Buddha-Weg zu verstehen."


    "Wenn keine schlauen Kunstgriffe aufkommen, muss man sich auch nicht mit rechter Achtsamkeit abquälen."


    Die Sache ist eindeutig. Da wurde bereits der achtfache Pfad auf den Kopf gestellt.

  • diamant:
    Zitat

    insbesondere die 4. edle Wahrheit, davon der Tugend-Teil, spielt bei vielen Zennies absolut keine essentielle Rolle


    Das ist richtig. Die Vorstellungen aus dem Palikanon sind ethisch zu minderwertig


    :lol:


    diamant:

    (siehe etwa den Thread zur Homosexualität und zum Ausgrenzen von Transsexuellen aus dem Orden).


    in genanntem Thread wurde bereits erklärt, dass die 5 grundlegenden Tugenden & die 8, 10 oder 227 speziellen Übungsregeln für Mönche bzw. Vinaya zwei verschiedene Dinge sind


    diamant:

    Es wird sich m.E. zeigen, dass die taoistischen Klassiker recht hatten, als sie sagten: Tugend entsteht erst, wenn die Moral verfallen ist. Der Zennie strebt aber den Zustand VOR dem Verfall der Moral an, also vor ihrer Notwendigkeit. Daraus kann dann eine umfassendere "Tugend" oder "Moral" entstehen, die nicht mehr ins Korsett von alten Schriften aus Indien (Saudi-Arabien, Palästina oder Griechenland) passt.

    Bilder

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Was von wem stammt, spielt letztlich keine Geige, entscheidend ist, ob die Zuschreibung derart ist, dass daraus eine Quelle entstanden ist, auf die sich dann die Nachfolgerschaft über Jahrhunderte hinweg immer wieder autoritativ bezieht. Das ist beim Pk der Fall - ungeachtet der Tatsache, dass er erst 200 Jahre nach dem Tod des angenommenen Shakyamuni kompiliert wurde, das ist bei Bodhidarma so, das gilt fürs Plattformsutra und überhaupt alle Mahayana-Sutras.


    Vollkommen albern wird es aber, wenn man sich auf Schriften beruft, in den z.b steht: "Berufe Dich nicht auf Schriften", um dann um so mehr zu zitieren - womöglich noch ohne Quellenangabe.


    Im Pk wird Dukkha definiert und von Schmerz (als Form von Vedana) unterschieden. Es bleibt Dir natürlich unbenommen, mit Deinen eigenen Definitionen zu operieren.

  • nibbuti:

    Zitat

    in genanntem Thread wurde bereits erklärt, dass die 5 grundlegenden Tugenden & die 8, 10 oder 227 speziellen Übungsregeln für Mönche bzw. Vinaya zwei verschiedene Dinge sind


    Genau. Demnach ist der Laie der "bessere" Mensch, weil er den Transsexuellen nicht ausgrenzt. Demnach führen mehr Regeln zum Schlechteren.


    bel: Die genannten Zitate SIND Quellen des Zen geworden. Sie manifestierten sich im 12. Jhd. im bekannten, ebenfalls fälschlich Bodhidharma zugeschriebenen Spruch: "Eine besondere Überlieferung AUSSERHALB der Schriften, die NICHT auf Worten und Buchstaben gründet ..." Es ist also von Anfang an unmöglich gewesen, Chan/Zen über Worte oder den Palikanon zu definieren. Deshalb kann sich auch kein Chanmeister in solche Konstrukte verstricken wie bel:


    Zitat

    Im Pk wird Dukkha definiert und von Schmerz (als Form von Vedana) unterschieden


    Vedana ist ein (s)kandha. Und was sagten die ersten Chan-Buddhisten dazu: "Wenn du recht verstehst, dann sind die fünf skandha hier und jetzt das vollständige, reine Nirwana."


    Meinte auch Dôgen. Wenn man ihn recht verstehen mag.