Der ganze Mond und der ganze Himmel spiegeln sich in einem einzigen Tautropfen

  • Guten Abend zusammen!


    Tai:

    Andreas beschreibt im Eingangspost den Wunsch, ein das Ganze spiegelnder Tautropfen zu sein, was ja auch nichts anderes ist als die Sehnsucht danach, diesen 'ungeborenen Buddha-Geist' zu verkörpern. Ironischer Weise steht aber genau diese Sehnsucht nach dem ungebohrenen Bhudda-Geist der mit ungebohrener Buddha-Geist bezeichneten Haltung diametral entgegen.


    Schau, und über dieses Ding komm' ich noch nicht 'drüber: einerseits soll ich meinen ganzen Körper und Geist in die Übung werfen, andererseits ist genau der Wille, dies zu tun, der eigentlichen Sache im Weg?


    Dogen im Shobogenzo:

    Vögel sind das Leben und Fische sind das Leben. Und es mag sein, dass das Leben die Fische und die Vögle selbst ist. Wir sollten darüber hinausgehen. Es gibt die Praxis und Erfahrung - dies ist der Weg der Lebewesen


    Was ist denn dieses: "Wir sollten darüber hinausgehen"?


    Viele Grüße


    Andreas

  • Andreas:

    einerseits soll ich meinen ganzen Körper und Geist in die Übung werfen, andererseits ist genau der Wille, dies zu tun, der eigentlichen Sache im Weg?


    Es ist ja völlig okay, dies zu wollen oder sich zu wünschen. Aber wenn du wirklich deinen ganzen Körper und Geist in die Übung wirfst, ist da einfach kein Platz mehr für den Wunsch oder die Vorstellung, deinen Körper und Geist in die Übung zu werfen. Genau das ist nach meinem Verständnis damit gemeint, wenn es heißt, den ganzen Körper und Geist in die Übung zu werfen (ich bin aber auch kein Dogen-Fachmann).


    _()_

  • Andreas:

    Was ist denn dieses: "Wir sollten darüber hinausgehen"?


    Ich glaub es meint, nicht bei der Erfahrung (im alltäglichen Sinn) stehen zu bleiben, die den Dingen Namen und Kategorien gibt, sondern darüber hinaus ins direkte Erfahren zu gehen - also eben keine gespeicherten Informationen abzurufen, sondern im jungfräulichen Augenblick Zeuge des Entstehens und Vergehens zu sein.
    Kann mich aber auch täuschen, weil ich den Text drum rum nicht kenne. Da könnte mit "Erfahrung" auch was Anderes gemeint sein.


    jianwang
    ich hoffe darüber darf man reden, oder gebührt das einem Zen-Schüler auch nicht? :grinsen:

  • Morpho:

    Und man müsste ja auch die meisten Zen Bücher in die Tonne kloppen, wenn man es nicht so mit Bedeutung hat.


    Bloß nicht! Meister Huang Po sagt es so:

    Zitat

    "Die 84000 Methoden, die den 84000 Formen des Leidens entgegenwirken sollen, sind nur Redewendungen, die Menschen zum Tor der Befreiung hinzuziehen. Keine von ihnen hat wahren Bestand. Alles loslassen ist Dharma. Das Loslassen aller Täuschungen aber lässt keinen Dharma zurück, auf den man sich stützen könnte." Huang Po, Geist des Zen, Kap. 13

  • @Holzklotz


    Ich habe kein Problem damit, wenn Andere das Offensichtliche nicht sehen und dafür über das Zweitbeste debattieren.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Holzklotz:
    Moosgarten:

    ...im Shobogenzo-Kapitel "Shōji" steht:


    Was nicht ganz simpel ist, denn in den meisten Fällen besteht die Führung/Bewegung/Leitung von Seiten "des Buddhas" aus Arschtritten ... die entsprechende Umformulierung obigen Zitates ist bei uns inzwischen zu einem geflügelten Wort geworden. :P


    Ich interpretiere das als das "Dein Wille geschehe" des Zen. Also jedenfalls bei den Mystikern kann ich da keinen Unterschied zum von Dir Zitierten sehen.


    Was verstehst du unter Mystik? "'Dein Wille geschehe?' des Zen", was soll das sein?
    Das war Dogens Antwort auf den ja auch in Japan virulenten Streitpunkt "Andere Kraft" (tariki,他力) vs "Eigene Kraft" (jiriki, 自力). Eigentlich ein Scheinwiderspruch, denn es braucht das "Hineinwerfen" (jiriki) damit ein "Tragen" (tariki) überhaupt möglich wird.
    "Von Buddhas Seite aus getragen" ist aber auch nur ein Bild für "Körper Geist sind abgefallen", "shinjin datsuraku".

  • Moosgarten:

    Was verstehst du unter Mystik? "'Dein Wille geschehe?' des Zen", was soll das sein?
    Das war Dogens Antwort auf den ja auch in Japan virulenten Streitpunkt "Andere Kraft" (tariki,他力) vs "Eigene Kraft" (jiriki, 自力). Eigentlich ein Scheinwiderspruch, denn es braucht das "Hineinwerfen" (jiriki) damit ein "Tragen" (tariki) überhaupt möglich wird.
    "Von Buddhas Seite aus getragen" ist aber auch nur ein Bild für "Körper Geist sind abgefallen", "shinjin datsuraku".


    Meister Eckhart:

    Du sollst Gott lieben wie er ist: ein Nichtgott, ein Nichtgeist, eine Nichtperson, ein Nichtbild


    Bei den Mystikern ist Gott ja auch nicht "Etwas". Sie interpretieren "Dein Wille geschehe" nicht wie das gebräuchliche Kirchenverständnis, dass da irgendein Gottesding ist, dessen Wille befolgt werden soll, sondern dass man sich quasi von diesem "göttlichen Nichts-mysterium" führen lassen kann, obwohl man nicht beschreiben kann was oder ob es ist.
    Deine Ausführungen zu dem Scheinwiderspruch gefallen mir jedenfalls und ich finde die vereinbar mit dem Ausspruch "Dein Wille geschehe".
    Wichtig ist wohl vor allem, dass es nicht der eigene Wille, bzw das Ego ist, aber trotzdem ein Unterwegssein anstatt Erstarren vorhanden ist.



  • Ich hab wirklich keine Ahnung, was Mystiker oder andere unter "Mystik" verstehen, nach meinen bisherigen Erfahrungen wird da imma iwas Besonderes als namenlos, unbenennbar, eben "nichts" oder "verborgen" oder "hinter den Dingen" verortet. Ich halte das alles für irregeleiteten groben Unfug.

  • wie will man von etwas sprechen, was erfahrbar ist, aber nicht in Worten fassbar ist? Du musst es Konzeptualisieren, wenn Du von der Erfahrung reden willst. Gotteserfahrung, Samadhi.. Jedes Wort ist eins zuviel und weckt falsche Assoziationen. Du kannst Erfahrungen nicht teilen. So ist die Erfahrung von Samadhi doch zwar leer und doch irgendwie ist da was zu erfahren..

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • kal:

    wie will man von etwas sprechen, was erfahrbar ist, aber nicht in Worten fassbar ist? Du musst es Konzeptualisieren, wenn Du von der Erfahrung reden willst. Gotteserfahrung, Samadhi.. Jedes Wort ist eins zuviel und weckt falsche Assoziationen. Du kannst Erfahrungen nicht teilen. So ist die Erfahrung von Samadhi doch zwar leer und doch irgendwie ist da was zu erfahren..

    Nur weil etwas Erkennbares gegen die eigenen Konzepte ist heiß es doch nicht das es nicht beschreibbar ist. Erfahren ist etwas Subjektives, das heißt aber nicht das das Erfahrene nicht objektivierbar ist. Ich mache gerade die Erfahrung das je besser ich Erfahren aufschreibe je weniger wird verstanden, wegen der Konzepte die verteidigt werden. Oder einfach weil die meisten Menschen sich nicht dauerhaft mit einem Konzept beschäftigt haben. Ich versuche seit vierzig Jahren das I Ging zu verstehen und habe das Gefühl erst jetzt überhaupt zu verstehen warum dieses Ding in all den Jahren alle Religionen und alle Spiritualität aufgefressen hat wie ein Müllschlucker. Buddha führt über sich selber hinaus, gehen muss ich selber.

  • kal:

    wie will man von etwas sprechen, was erfahrbar ist, aber nicht in Worten fassbar ist? Du musst es Konzeptualisieren, wenn Du von der Erfahrung reden willst. Gotteserfahrung, Samadhi.. Jedes Wort ist eins zuviel und weckt falsche Assoziationen. Du kannst Erfahrungen nicht teilen. So ist die Erfahrung von Samadhi doch zwar leer und doch irgendwie ist da was zu erfahren..


    Es ist aber ja anscheinend immer wieder Bedarf vorhanden, über das unsagbare zu sprechen und irgendeine Krücke braucht man dann halt. Solange man weiß, dass es nur eine Krücke um der Kommunikation Willen ist, die schon wieder hinfällig ist, sobald sie verwendet wurde ist da mMn nichts dabei. Egal ob Mystik oder Zen - wenn man was wirklich sagen kann, dann ist es ja immer nur "was es nicht ist". (Siehe das Zitat von Meister Eckhart)
    Diese Konzepte wie z.B. "Gott" haben irgendwo ja auch den einzigen Sinn, über sich selbst hinaus zu weisen. Das kann mMn schon eine Hilfe sein. Dann hat man einen Platzhalter, bei dem man sieht, was man selbst noch alles hinein legt was da nicht hin gehört.

  • kal:

    wie will man von etwas sprechen, was erfahrbar ist, aber nicht in Worten fassbar ist? Du musst es Konzeptualisieren, wenn Du von der Erfahrung reden willst. Gotteserfahrung, Samadhi.. Jedes Wort ist eins zuviel und weckt falsche Assoziationen. Du kannst Erfahrungen nicht teilen. So ist die Erfahrung von Samadhi doch zwar leer und doch irgendwie ist da was zu erfahren..


    Ich mein es ist einfach völlig trivial mitteilen zu wollen, dass das individuelle Geschmackserlebnis beim Essen eines Apfels etwas Singuläres ist. Lohnt es sich über solche Singularität zu reden? Wohl nicht, weil es darum überhaupt nicht geht.
    Weil man sich über das Wesentliche, das die individuellen Erfahrungen gemeinsam haben, verständigen kann.

  • Ich habe nie behauptet dass es falsch oder unsinnig wäre, über eine solche Erfahrung zu sprechen. Es führt meist nur zu Missverständnissen oder falschen Auslegungen der Worte. Darum sind die Mystiker und Erwachten auch so oft missverstanden und verfolgt worden

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • kal:

    Ich habe nie behauptet dass es falsch oder unsinnig wäre, über eine solche Erfahrung zu sprechen. Es führt meist nur zu Missverständnissen oder falschen Auslegungen der Worte. Darum sind die Mystiker und Erwachten auch so oft missverstanden und verfolgt worden


    Seh ich nicht so. Missverstanden werden sie, weil sie rumrharbarbern, und sich dann auf Missverständnisse rausreden. Verfolgung hatte völlig andere Gründe.

  • Holzklotz:

    Egal ob Mystik oder Zen - wenn man was wirklich sagen kann, dann ist es ja immer nur "was es nicht ist".


    Sehe ich auch nicht so, das geht schon los mit "es". Was soll "es" sein?
    Nach meiner Erfahrung merkt man es sofort, wenn einer weiß wovon er spricht, das ist dann nämlich immer sehr konkret, und es erschöpft so eben nicht in "was es nicht ist" - das ergibt sich daraus höchstens zwingend.
    Der Fall kommt aber leider nicht so häufig vor.

  • Moosgarten:
    Holzklotz:

    Egal ob Mystik oder Zen - wenn man was wirklich sagen kann, dann ist es ja immer nur "was es nicht ist".


    Sehe ich auch nicht so, das geht schon los mit "es". Was soll "es" sein?
    Nach meiner Erfahrung merkt man es sofort, wenn einer weiß wovon er spricht, das ist dann nämlich immer sehr konkret, und es erschöpft so eben nicht in "was es nicht ist" - das ergibt sich daraus höchstens zwingend.
    Der Fall kommt aber leider nicht so häufig vor.


    Hast Du da ein Beispiel parat wo jemand ganz konkret wird?

  • Holzklotz:
    Moosgarten:


    Sehe ich auch nicht so, das geht schon los mit "es". Was soll "es" sein?
    Nach meiner Erfahrung merkt man es sofort, wenn einer weiß wovon er spricht, das ist dann nämlich immer sehr konkret, und es erschöpft so eben nicht in "was es nicht ist" - das ergibt sich daraus höchstens zwingend.
    Der Fall kommt aber leider nicht so häufig vor.


    Hast Du da ein Beispiel parat wo jemand ganz konkret wird?


    Das zieht sich durch die ganze Uchiyama-Linie.

  • Moosgarten:
    Holzklotz:


    Hast Du da ein Beispiel parat wo jemand ganz konkret wird?


    Das zieht sich durch die ganze Uchiyama-Linie.


    Gibts da keinen Link oder sowas? Ein youTube Video?
    Mir sagt diese Linie nichts, aber ich bin schon gespannt auf die "Wahrheit".

  • Holzklotz:
    Moosgarten:


    Das zieht sich durch die ganze Uchiyama-Linie.


    Gibts da keinen Link oder sowas? Ein youTube Video?
    Mir sagt diese Linie nichts, aber ich bin schon gespannt auf die "Wahrheit".


    Jaja.
    Uchiyama ist Nachfolger von Sawaki.
    Was mir jetzt einfällt, ist sein Kommemtar in "Dogen's Genjo Koan: Three Commentaries" (also nicht das was hier kürzlich gepostet wurde).
    "Zen für Küche und Leben" lohnt sich auch.

  • ok
    mir sind jedenfalls die Leute am liebsten, die dazu stehen, dass sie immer weniger wissen :)

  • Holzklotz:

    ok
    mir sind jedenfalls die Leute am liebsten, die dazu stehen, dass sie immer weniger wissen :


    das kann auch jeder sagen, wenn er sonst nix zu sagen hat.

  • Moosgarten:
    Holzklotz:

    ok
    mir sind jedenfalls die Leute am liebsten, die dazu stehen, dass sie immer weniger wissen :


    das kann auch jeder sagen, wenn er sonst nix zu sagen hat.


    Was ist eigentlich Dein Problem, um das Du hier herum quasselst?


  • Du bist schon auf der richtigen Spur. Kläre "nur". Vielleicht hilfreich als Unterhaltungslektüre: der Präzedenzfall Wumenguan 10 - falls der Kontext des Zitats zusätzlicher Hinweise bedarf. Spassigerweise weist Roloff in seiner Übersetzung auf die Parallele in Eckarts 52. Deutscher Predigt (ich empfehle da Landauer statt Qint als Übersetzer) hin. Kann ich schon nachvollziehen - Schnittmengen mit den mystischen Sinnhubern gibt es schon. Wobei man meiner Meinung aber außer der christlichen Einfalt auch deren Entfaltung nicht aus dem Auge verlieren sollte. Und da sind die Schnittmengen ja dann doch recht geringfügig.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Zitat

    Egal ob Mystik oder Zen - wenn man was wirklich sagen kann, dann ist es ja immer nur "was es nicht ist". (Siehe das Zitat von Meister Eckhart)


    Ja, dies ist die Vorgehensweise der "negativen Theologie".


    Ich würde jedoch gerne anmerken, dass Zen und christliche Mystik nicht das Selbe sind, auch wenn sie gleich erscheinen und es solche Leute wie Willigis Jäger gibt, die sich dahingehend engagieren. Dies sollte man bedenken. Christliche Mystik kann nicht ohne Gott bestehen. Zen hat keine Stützen.

  • IkkyuSan:
    Zitat

    Egal ob Mystik oder Zen - wenn man was wirklich sagen kann, dann ist es ja immer nur "was es nicht ist". (Siehe das Zitat von Meister Eckhart)


    Ich würde jedoch gerne anmerken, dass Zen und christliche Mystik nicht das Selbe sind, auch wenn sie gleich erscheinen und es solche Leute wie Willigis Jäger gibt, die sich dahingehend engagieren. Dies sollte man bedenken. Christliche Mystik kann nicht ohne Gott bestehen. Zen hat keine Stützen.


    Da gebe ich dir Recht, dass Zen und christliche Mystik nicht dasselbe sind. Was aber verstehst du unter "Zen hat keine Stützen"?.
    Im übrigen ist der auferstandene Christus auch ohne Halt oder Stütze. Allein der Glaube an die Auferstehung ist da Stütze. M.E. können weder Zen noch christliche Mystik ohne Glaube bestehen - das macht für beides keinen Sinn. Es ist natürlich jedem unbenommen einfach so rum zu sitzen und dem einen Namen zu geben.