Brücke zwischen säkularem und traditionellem Buddhismus

  • Ich möchte hier mal meine Meinung zwischen dem scheinbar unüberbrückbaren Graben der traditionellen Buddhisten und den säkulalren Buddhistinnen und Buddhisten schlagen. Es wird sich ja irgendwie immer an dem Glauben an Daseinskreisläufe aufgehangen.


    Meiner Meinung nach sind die Vorstellung von einem einzigen, endgültigen Leben gegenüber einem ewigen Kreislauf aus Leben und Wiedergeburt eigentlich beide dasselbe. Denn auch die traditionellen Buddhisten leugnen in der Regel nicht, dass jeder bei der Geburt jegliche Erinnerung an das vorherige Leben ausgelöscht ist. Somit gibt es eigentlich gar kein Unterschied zur Vorstellung der säkularen Buddhisten. Beides kommt auf dasselbe raus. Klar, die traditionellen Buddhisten besitzen die Vorstellung von Karma, das Einfluss auf zukünftige Leben hat. Aber die Vergangenheit ist eh nicht änderbar, es kann also nur die Zukunft beeinflusst werden. Und dies betrachte ich als Hauptunterschied. Der säkulare Buddhismus ist meine Meinung nach eher eine Form des Optimistischen Nihilismus, da in dieser Vorstellungswelt das momentane Leben keinen Einfluss auf eigene zukünftige Leben hat. Die buddhistische Lehre dient dann nur dazu, die Angst vor dem eigenen Tod zu nehmen und ethisch verantwortungsvoll handeln um der Gefühle der Freude willen, aber vor allem um in der angenehmen Gefühlswelt der Erleuchtung zu verweilen.

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    Der fehler liegt meiner meinung nach eher darin das man versucht traditionele buddhisten und sekuläre buddhisten zu unterscheiden:grinsen: jeder wird etwas anderes glauben, man wird sich über einiges einig sein zb das Buddha erleuchtung fand, man wird aber keine zwei wesen finden die genau das gleiche glauben.


    solange sekuläre Buddhisten nicht anfangen alles was man als "legende" auslegen könnte schlecht zu machen und solange traditionelle Buddhisten auch den sekulären gedanken zulassen gibt es keine grund zu streiten oder eine brücke zu bauen.


    Wir sollten doch alle wissen das jeder seinen eigenen weg gehen muss den der Pfad Buddhas ist breit genug für alle


    Mögen alle frieden finden^^_()_

  • Vielleicht ist der Kern des Problems, dass die Lehre als *mus in Schubladen gesteckt wird. Es sind ja im Kern die Einsichten, die der Buddha durch Selbstkontemplation erlangt hat und dann seinen Mitmenschen mitgeteilt hat. Ich denke mal, der Buddha selbst hätte nie gewollt, dass seine Ideen als Religion aufgefasst werden, eher als philosophische Schule. Aber das kann ich nicht wissen. Ich möchte auch niemanden vor den Kopf stoßen, der die Lehre in Form von religiös anmutenden Ritualen praktiziert.

  • Vielleicht ist der Kern des Problems, dass die Lehre als *mus in Schubladen gesteckt wird. Es sind ja im Kern die Einsichten, die der Buddha durch Selbstkontemplation erlangt hat und dann seinen Mitmenschen mitgeteilt hat. Ich denke mal, der Buddha selbst hätte nie gewollt, dass seine Ideen als Religion aufgefasst werden, eher als philosophische Schule. Aber das kann ich nicht wissen. Ich möchte auch niemanden vor den Kopf stoßen, der die Lehre in Form von religiös anmutenden Ritualen praktiziert.

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    ich glaube der Buddha hätte seine lehre weder als religion noch als philosophie betrachtet sondern lediglich als einen ausweg aus den leiden:grinsen: aber was weis ich schon.


    Ich bin nur froh das man hier so ziemlich mit jedem diskutieren und informationen austauschen kann ohne gross bösses blut oder anfeindungen zu erzeugen.


    Ich weiss ich hab mit meine ansichten mehrfach in kerben geschlagen die an anderen orten zu einem bann geführt hätten doch hier wurde das ganze ausdiskutiert. Solange das so bleibt kann ich auch den weggang der langjährigen mitglieder nicht sobrecht verstehen^^_()_

  • Ich weiss ich hab mit meine ansichten mehrfach in kerben geschlagen die an anderen orten zu einem bann geführt hätten doch hier wurde das ganze ausdiskutiert. Solange das so bleibt kann ich auch den weggang der langjährigen mitglieder nicht sobrecht verstehen ^^ _()_

    Ja, ich kann auch nicht wirklich verstehen, warum hier einige Mitglieder weggegangen sind. Das fortwährende Prüfen des Wahrheitsgehalts der Lehre ist ja geradezu ein wünschenswert bei der buddhistischen Lehre. Ich kann nur mutmaßen, dass sich einige Mitglieder vor Trollen und notorischen Besserwissern gefürchtet hatten. Auf alle Fälle finde ich es schade, dass sie mit ihrer langjährigen Erfahrung jetzt nicht mehr hier mitdiskutieren können. Aber ich hege noch Hoffnung, dass die Eine oder der Andere wieder zurückkommt, wenn gesehen wird, dass es hier weiterhin gesittet zugeht und das Gebot der rechten Rede beachtet wird.

  • Naja, er hat schon eine Bewegung formiert und hunderte Regeln aufgestellt (Vinaya).
    Glaubte also wohl schon, dass seine Lebensprobleme auch die Lebensprobleme von anderen seien. Und seine Lösung auch ein Weg für andere.
    Wie man das dann bezeichnen will, ist eine andere Frage.

    Ich hab schon den Eindruck, dass er Teil von verschiedenen religiösen Ansätzen war, den upanischadischen und denen der Jains, und es gab ja auch sehr früh schon Abspaltungen von seiner Bewegung, die auch Jahrhunderte währten (die Bewegung von Devadatta z.B.). Und auch schon früh verschiedene Deutungen seiner Lehre: z.B. die lange sehr bedeutsame (aber schon lange verschwundene) Pudgalavada-Schule.

    So gesehen ist so etwas wie die Säkulare-Buddhismus-Schule kein so neues Phänomen. Auch nicht, dass neue Schulen von den traditionellen Schulen kritisch beäugt (bis verfolgt) wurden (man beschäftige sich mal mit den Anfängen der amidabuddhistischen und nichirenbuddhistischen Schulen in Japan oder der Jonang-Schule in Tibet). Vieles sind sicher auch Zeitgeistphänomene (so spielt z.B. die in Asien sehr bedeutenden amida-buddhistischen Schulen oder auch Schulen wie Kegon, Tendai, Shingon im Westen kaum eine Rolle). Dafür spielen Sutren, die in Asien nie eine große Rolle gespielt haben (z.B. das Kalamer-Sutta) eine überragende Rolle.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Ich möchte noch anmerken, dass es meiner Meinung nach keinen Unterschied macht, ob es geburtsübergreifendes Karma nun gibt oder nicht. Da es nun mal so ist, dass keine Erinnerungen mehr an vorherige Leben vorhanden sind, läge die eigene Vergangenheit eh im Dunklen. Somit muss sich jeder und jede mit den Gegebenheiten des momentanen Ist-Zustands seines Körpers und seines Lebensumfeldes zurechtkommen.


    Wenn es nun geburtsübergreifendes Karma gibt, kann man versuchen, seiner nächsten Reinkarnation gute Startbedingungen zu verschaffen. Nähme man an, es gäbe kein geburtsübergreifendes Karma, so könnte man versuchen, nachfolgenden Generationen im Allgemeinen ein positives Start-Umfeld zu hinterlassen. Es gäbe dann noch die Möglichkeit, auf die zukünftigen Generationen allgemein zu pfeifen und allgemein einfach nur nach dem eigenen Glück zu streben. Aber das wäre im Endeffekt sinnlos, da es dann ja egal wäre, ob man leidvoll oder freudvoll gelebt hätte, da mit dem eigenen Tod eh jegliche Erinnerung daran verlöschen würde. Dann würde es auch keinen Unterschied machen, ob man hornalt würde oder sich bei nächster Gelegenheit aus dem Fenster stürzen würde.


    Egal, wie ich es auch betrachte, letztendlich läuft alles auf dasselbe heraus. Mir persönlich ist es egal, ob ich einem Wiedergeburtskreislauf unterworfen bin oder ob es geburtsübergreifendes Karma gibt. Ich mühe um Erleuchtung, habe Freude daran, auf dem Edlen Achtfachen Pfad zu wandeln weil ich mich vom Leiden lösen möchte, damit ich jeden Moment in Freude ausleben kann.


    Aber was weiß ich schon. Ich bin ein kleines Dummerchen und fühle mich gut damit.

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  • Mir persönlich ist es egal, ob ich einem Wiedergeburtskreislauf unterworfen bin...

    Mir ist es nicht egal, das Geburtsübergreifende Karma schon, aber den Wiederwerden-geborenkreislauf in meinem Leben habe ich hinter mir gelassen. Ich bin mit mir und der Welt meines Lebens im Reinen. Schon eher erschreckend, das es nichts mehr aufzuarbeiten gibt.

  • Die gemeinsame Basis (die oft aus den Augen verloren wird) ist, dass es kein Ich, kein Mein, kein Selbst gibt.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Die gemeinsame Basis (die oft aus den Augen verloren wird) ist, dass es kein Ich, kein Mein, kein Selbst gibt.

    Und das ist ein Fehler, den ich erkannt habe in der Interpretation:

    „Das ist Nicht Mein, das ich Nicht mein Ich, das ist Nicht mein Selbst.“: heißt der Satz des Buddhas.

    Daraus ergibt sich die Frage: Was ist Mein, mein Ich, mein Selbst? Oder besser: Was erkennt Buddha als...


    Da hab ich erkannt, dass es ausschließlich die Skandha sind, die mich als „Ich“ ausmachen und das alles außerhalb dieser Skandha nicht mein, nicht mein Ich, nicht mein Selbst sein kann.

    Damit konnte ich alles festhalten an allen Objekten, die nicht diese Skandha sind, vermindern, weil ich dieses Festhalten von Objekten, die nicht „Ich“ sind erkannte.


    Es ist also eine fehlerhafte Interpretation, dass es kein Ich, kein Mein, kein Selbst gibt. Diese „Dinge“ gibt es nur im Außen nicht: Alles was ich haben kann, ist in mir.

    Richtig ist, dass deine Skandha nicht meine sein können, einschließlich deiner Meinungen, Wahrheiten, Status, usw.

    Komme ich zu Dukkha:

    Jedes erreichen, ergreifen und festhalten wollen von Dingen, die zu anderen Skandha, außerhalb meiner Skandha, gehören führt immer zu Dukkha.

    Ich mag mich noch so danach sehnen, das zu haben, was dein ist, wie dein Ich ist, was dein Selbst ausstrahlt, das ist von Geistesgiften verseucht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Noreply ()

    • Offizieller Beitrag

    Hinsichtlich der Frage des "unüberbrückbaren Grabens" zwischen traditionellen und säkularen Buddhisten möchte ich gern meine Sicht beitragen.


    Tatsächlich streiten Buddhisten sich darüber, ob es einen buchstäblichen Wiedergeburtskreislauf gibt oder nicht. Wird Hendrik in irgendeiner Form als Individuum nach seinem Tode wieder existieren? Das beinhaltet durchaus die Möglichkeit der Erinnerung an vorherige Existenzen. Es ist in den klassischen Texten ja die Rede davon, dass der Erwachte sich an alle seine vorherigen Existenzen erinnern konnte.


    Zunächst einmal: Die Frage ist keine neuzeitliche. Wir haben die nicht neu erfunden. Schon in frühester, vorkanonischer Zeit gab es Buddhisten, die jede Spekulation über solche Dinge ablehnten, neben denen, die diese vertraten oder sie vorraussetzten. Alle diese Positionen fanden ihren Niederschlag im Pali-Kanon. Daher lassen sie sich jeweils aus den alten Texten belegen. Man kann sich also gegenseitig alte Texte um die Ohren schlagen: "Hier, sieh, da steht, dass ich Recht habe!". Was Buddha selbst dazu dachte, wissen wir aber nicht mit Sicherheit. Daher kann man eigentlich beide Positionen gleichberechtigt nebeneinander stehen lassen.


    Ein zweiter Zugang ist, dass man die Vorstellung von Wiedergeburten auch auf die verschiedenen Phasen eines Menschlebens deuten kann: Vor 10 Jahren war ich ein anderer als heute und bin dennoch irgendwie der selbe in Abhängigkeit dieses anderen, "alten" Ichs. Erst recht, wenn man weiter in der Zeit zurückgeht.


    Ein dritter Zugang ist ein noch stärker psychologischer: Wir wissen aus den Neurowissenschaften, dass das Jetzt, das, was wir als Gegenwart bezeichnen, der gegenwärtige Augenblick, 2,7 Sekunden lang ist. Alle 2,7 Sekunden treten wir in ein neues Jetzt ein. Dieses ist durch das vergangene Jetzt bedingt und doch etwas neues. Wir befinden uns in einem ständigen Wiederwerden. Wir erinnern uns, wenn wir wach genug sind, an die vergangenen Jetzt. Je wacher wir diese erlebt haben, desto klarer sind die Erinnerungen an sie. An manche Jetzt erinnern wir uns nicht, weil wir eben nicht wach genug waren, sondern – wie meistens eigentlich – automatisch gehandelt haben.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Ich hab mir eine Sicht geöffnet, indem ich mich mit Nahtod Beschreibungen beschäftigt habe und auch da erscheinen solche Geschichten, und ich hab auch geglaubt das muss wahr sein. Diese Zustände können ja auch auftreten, unter starkem Stress.

    Das Askententum, kann ich mir vorstellen, erzeugt auch Nahtod Zustände. Vielleicht weicht Buddha nicht der Frage nach einer Wiedergeburt aus, sondern sagt, dass er es nicht weiß, eben weil er aus diesen Zuständen wieder erwachte und wusste das er eben nicht Tod war, sondern nur nahe.

    Ich sehe seine Betrachtungen der nicht Menschen-Daseinsbereiche als Erfahrungen im Nahtod Zustand. Der kann ja auch in Meditation ausgelöst werden, es gibt genug Techniken die beschreiben wie man in diese Zustände kommt.

    Das ist ja Bestandteil aller Mystiker Beschreibungen. Diese „Jenseitige“ Welt, die eigentlich nur eine Beschreibung ist, die erzeugt wird, wenn die Achtsamkeit ganz auf das Innere Geistige gerichtet wird. Also von den Sinnestoren abgezogen.


    Diese Sicht hat mich vom Glauben abgebracht und zum Nicht wissen können gebracht.

    Die Möglichkeit wiedergeboren zu werden bringt mich dazu jetzt so zu leben, dass es eben hier und dort gut läuft.

    Andererseits hab Ich keine Angst mehr vor dem Tod, nicht mal vor dem Sterben. Es ist mir sogar bewusst das diese Skandha Furcht davor haben doch ich kann sie trösten.

  • _()_

    An all die schrifftgelehrten hier, und zum thema Karma und Eiedergeburt:D:


    "ich glaube mich schwach an eine stelle des pk zu erinnern wo der Buddha sowas sagt wie "über Karma und wiedergeburt nach zu denken oder es verstehen zu wollen ehe man erwacht ist, ist zeitverschwendung"


    aber ich bin mir nicht sicher, gibt es jemanden der mich da korrigieren kann wen ich mich iree? Gibt es jemand der die richtige stelle gerade kennt und sie teilen mag?


    _()_

  • ibt es jemand der die richtige stelle gerade kennt und sie teilen mag?

    Ich glaube, das wurde weiter oben in diesem Faden bereits zitiert, bin aber gerade zu faul, um nachzuschauen.

  • Das Hauptproblem ist meiner Meinung nach die geringe Ambiguitätstoleranz, der fatale Wunsch nach Eindeutigkeit unter Buddhisten, vor allem unter westlichen Buddhisten. (In Asien ist es ja manchmal kein Problem, wenn man mehreren Glaubenssystemen folgt. Aber auch da haben sich verschiedene Ansätze des Buddhismus bekriegt). Es hängt meiner Meinung nach an einem Glauben an Wahrheiten.

    Ansonsten ist es interessant, dass es bei Erwachten egal welcher Couleur (abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen) oft verschiedene Phasen gibt. In der ersten erkennen sie, dass das Erwachen nicht mit Worten gelehrt werden kann. In der zweiten Phase lehren Sie es mit Worten, entwickeln Wege und Methoden, gründen eine Bewegung. Eine weitere Phase erfolgt dann oft nach ihrem Tod: ihre Lehren werden auf verschiedene Arten gedeutet. Es entstehen dadurch verschiedene Richtungen, die sich oft nicht mögen. Man bezeichnet die eigenen Ansätze als Wahrheiten, aber ich denke, sie sind eher Ressourcen, das Leben zu leben.


    Bei den wesentlichen Lehren des Buddhismus Vergänglichkeit, Nicht-Selbst, Leiden, Erwachen kommt Karma und Wiedergeburt nicht vor. Buddha nahm einfach Vorstellungen seiner Umwelt und interpretierte sie nach seinem System um (sprach aber meist von Geburt, manche Nutzer hier sprachen von Weitergeburt, was sicher mehr Sinn macht).
    Auch beginnt sein Weg interessanterweise mit rechtem Sehen (einer ersten Erfahrung/Entfahrung, dass es keinen Kern (Ich, Selbst) gibt), erst dann beginnt der Pfad.

    Buddha wurde einmal gefragt, ob er seine Lehre in einem Satz zusammenfassen könnte. Auch da nichts mit Karma und Wiedergeburt. An nichts, was es auch sei, sollte festgehalten werden, sprach er. Also kann man sich fragen, woran halte ich fest, an welchen Vorstellungen und Praktiken? Die meisten Streitpunkte sind doch oft weit von einer "offenen Weite, nichts heiliges" weit entfernt. Meist geht es um eine Suche nach mehr. Die Suche in die falsche Richtung?

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Ein dritter Zugang ist ein noch stärker psychologischer: Wir wissen aus den Neurowissenschaften, dass das Jetzt, das, was wir als Gegenwart bezeichnen, der gegenwärtige Augenblick, 2,7 Sekunden lang ist. Alle 2,7 Sekunden treten wir in ein neues Jetzt ein. Dieses ist durch das vergangene Jetzt bedingt und doch etwas neues. Wir befinden uns in einem ständigen Wiederwerden. Wir erinnern uns, wenn wir wach genug sind, an die vergangenen Jetzt. Je wacher wir diese erlebt haben, desto klarer sind die Erinnerungen an sie. An manche Jetzt erinnern wir uns nicht, weil wir eben nicht wach genug waren, sondern – wie meistens eigentlich – automatisch gehandelt haben.

    Wie kommt man auf die Zeit (2,7s)? Ist das eher die Zeit, die etwas braucht, ehe wir es wahrnehmen? Konsequenter weise finde ich, sollte man gar nicht von einem Jetzt sprechen, denn Wahrnehmung braucht Zeit (auch wenn sie kürzer sein mag als die 2,7s) und wenn ich etwas wahrnehme, ist es schon Vergangenheit. (Wenn ich mich recht erinnere gab es in einer buddh. Schule die Vorstellung, dass dharmas nur Bruchteile von Sekunden existieren und dann von neuen Dharmas ersetzt werden).
    Wach sein und automatisch (von selbst so, ziran, jinen, der Situation entsprechend) handeln ist für mich kein Widerspruch. Nur so ist man im Fluss. Wenn ich z.B. mit einem Behinderten spazieren gehe (was ich berufsmäßig öfters tue) muss ich wach sein, aber trotzdem automatisch handeln, falls er stolpert, um die Schäden zumindest zu minimieren.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

    • Offizieller Beitrag

    Wie kommt man auf die Zeit (2,7s)?


    "Die Gegenwartsdauer: Neue neurologische und psychologische Studien lassen vermuten, dass das Gehirn die Gegenwart in Einheiten zu etwa 2,7 Sekunden verarbeitet. Der alltagssprachliche Begriff „Augenblick“ stellt genau diesen Sachverhalt dar."

  • ibt es jemand der die richtige stelle gerade kennt und sie teilen mag?

    Ich glaube, das wurde weiter oben in diesem Faden bereits zitiert, bin aber gerade zu faul, um nachzuschauen.

    Hallo ihr.


    Beim groben Überfliegen des Fadens, ist mir kein Zitat in der Richtung aufgefallen.

    Was aber nichts heißen muss.


    Sili


    Spontan ist mir bei deiner Frage Anguttara Nikaya IV.77 in den Sinn gekommen, da wird es etwas drastischer ausgedrückt:


    Vier unerfaßbare Dinge gibt es, ihr Mönche, über die man nicht nachdenken sollte, über welche nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte. Welches sind diese vier Dinge?

    • Der Machtbereich der Buddhas, ihr Mönche, ist etwas Unerfaßbares, über das man nicht nachdenken sollte und über das nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.
    • Der Machtbereich der Vertiefungen (*1) -
    • die Wirkung der Taten (kamma-vipāka)  
    • das Grübeln über die Welt ist etwas Unerfaßbares, worüber man nicht nachdenken sollte, und worüber nachdenkend, man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.

    (*1) Die durch die 4. Vertiefung bedingten höheren Geisteskräfte (abhiññā).

    Anguttara Nikaya IV.71-80


    Allerdings kommt da nicht das Wort Wiedergeburt vor.


    Liebe Grüße

  • Wie kommt man auf die Zeit (2,7s)?


    "Die Gegenwartsdauer: Neue neurologische und psychologische Studien lassen vermuten, dass das Gehirn die Gegenwart in Einheiten zu etwa 2,7 Sekunden verarbeitet. Der alltagssprachliche Begriff „Augenblick“ stellt genau diesen Sachverhalt dar."

    Ich fände es doch hilfreich, wenn Zitate mit Quellen angegeben sind.

    Googlen brachte mich dann zu dieser "Quelle" -

    Gegenwart - Wikiwand


    Das mit den 2,7 sec. ist wissenschaftlich betrachtet Unsinn - es könnten auch 2,9 oder weniger sein. Wie ist das gemessen worden?

    Aber du meinst vermutlich das sogenannte Drei-Sekunden-Phänomen. Das bezieht sich auf die Integrationsfähigkeit des Gehirns, z.B. können Kippfiguren oder andere Gestaltwahrnehmungsobjekte etwa 3 sec. gehalten werden, dann kommt es zu einem anderen Bewusstseinseindruck. Dieses Phänomen gilt auch bei Bewegungen und beim Sprechen und ist über alle Kulturen gleich.


    wissenschaft-online > Lexikon der Neurowissenschaft > Zeit und Gehirn: Zusatzinfo II

    Ein dritter Zugang ist ein noch stärker psychologischer: Wir wissen aus den Neurowissenschaften, dass das Jetzt, das, was wir als Gegenwart bezeichnen, der gegenwärtige Augenblick, 2,7 Sekunden lang ist. Alle 2,7 Sekunden treten wir in ein neues Jetzt ein. Dieses ist durch das vergangene Jetzt bedingt und doch etwas neues. Wir befinden uns in einem ständigen Wiederwerden. Wir erinnern uns, wenn wir wach genug sind, an die vergangenen Jetzt. Je wacher wir diese erlebt haben, desto klarer sind die Erinnerungen an sie. An manche Jetzt erinnern wir uns nicht, weil wir eben nicht wach genug waren, sondern – wie meistens eigentlich – automatisch gehandelt haben.

    Was du da schreibst ist nun deine Deutung, die sich nicht aus den physiologischen Erkenntnissen herleiten lassen.

    Das drei Sekunden Phänomen ist physiologisch, kulturunabhängig und ist schon lange bekannt. Husserl hat es als Retention bezeichnet und untersucht. Es ist die Fähigkeit des Bewusstseins sich an den vorherigen Augenblick zu erinnern und somit Musik und Gedichte, d.h. Sprachinhalte erfassen zu können. Wir können daher eher sagen, dass die Bewusstseinseindrücke sich überlappen und immer wieder ergriffen werden, um z.B. einen Sinn-Zusammenhang herzustellen, wie es das Ich ist.

    Die Verbindung zur Psychologie wäre allenfalls über Perls und die Gestaltwahrnehmung gegeben, da ja unsere Wahrnehmung eine Gestaltwahrnehmung ist und angewiesen ist auf eine gewisse Dauer (duree) der Form. Letztlich gründet das in der Körperlichkeit, denn alle Lebensvorgänge sind zeitliche Vorgänge, im Sinne von Sein-Zeit (Dogen).

    Auf dieser Ebene der Lebensvorgänge gibt es kein Jetzt, in das irgendwer oder was eintreten könnte, sondern jetzt ist Immer.


    Wiedergeburt wäre demnach eine Form von Retention und damit Ergreifen, also präziser ein wieder werden wollen. Damit wird immer wieder Leiden. Und damit ist das nicht das Ende des Weges, den Buddha gegangen ist. Wenn man aber am Fortbestand einer Kultur festhalten will, dann ist das Konzept des Wieder-Werdens, der Retention unumgänglich.

    Das gilt für alle Systeme oder Schulen die man sich so bastelt oder die mit der Zeit zusammen gebastelt wurden über Generationen - sie wollen fortbestehen und daher wird auch für den säkularen B-ismus kein Weg an dem Konzept eines Wieder Werdens vorbei führen. Wie erhält man einen "modernen" Buddhismus über die Lebensdauer hinaus, die den Gründern möglich sind? Dafür eignen sich heutzutage Stiftungen.

    :zen:



  • Man kann das ganze auch rein pragmatisch sehen. Ich kann das ja mal aus meiner Sicht beschreiben. Ich hatte ja auch mal ne Phase, wo ich an Wiedergeburt und Karma geglaubt hab. Im Rückblick würde ich sagen, dass ich da weder ein ethisch besserer Mensch, noch weniger leidend, noch ein Mensch mit einer geringeren Ich-Illusion, noch ein freierer Mensch war. Mag ja bei anderen anders sein.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

  • Auf dieser Ebene der Lebensvorgänge gibt es kein Jetzt, in das irgendwer oder was eintreten könnte, sondern jetzt ist Immer.

    Wir versuchen es die "Zeit" wie den Kuchen zu zerchneiden, um dieses "Jetzt ist immer" weg-zu-erklären.

    Wir veräppeln und dann sich selbst, und erschaffen die Kategorien, die Modelle, die einfach der Realität , wie sie ist, nichts entsprechen.

    So als ob die "objetktive" Natur-Wissenschaft vernarrt uns, ... weil wir selsbt es ( "unbewusst") einfach wollten.

    Wir klammern uns dann an die Konzepte, die , eigenlich, unseres "Leid" nur zementieren.

    Das stimmt, was Leonie über den "Säkularismus" schreibt.

    Der Mensch bastelt zusammen aus der Untrennbaren "Wahr-nehmung" verschiedene "Formen" via "Gestalten" .

    Das vereinfacht und versimplifiziert, wahrscheinlich, die Welt, aber es wäre die "Schein-Lösung".

    Wenn man so gewalttätig gegen das Ganze vorgeht, es sollte nichts zwangsläufig heissen, es gäbe keine Wiedergeburt, kein Karma, usw...

    Aber es dient dazu, um es besser zu "verpacken", zu "verdauen" .... und zu... "vermarkten".

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Auf dieser Ebene der Lebensvorgänge gibt es kein Jetzt, in das irgendwer oder was eintreten könnte, sondern jetzt ist Immer.


    Das vereinfacht und versimplifiziert, wahrscheinlich, die Welt, aber es wäre die "Schein-Lösung".

    Wenn man so gewalttätig gegen das Ganze vorgeht, es sollte nichts zwangsläufig heissen, es gäbe keine Wiedergeburt, kein Karma, usw...

    Aber es dient dazu, um es besser zu "verpacken", zu "verdauen" .... und zu... "vermarkten".

    Dein geliebter Nagarjuna hat genau das gemacht. Aber das wirst du nicht finden, denn das liest du ganz anders, weil du es so willst.

    All das hat Nagarjuna mit seinen Schlussfolgerungen bewiesen: keine Zeit, keine Wiedergeburt, kein Karma.

    • Offizieller Beitrag


    Genau. Es geht um das 3-Sekunden Phänomen. Das ist - wissenschaftlich - natürlich kein Unsinn. Mit etwas Recherche findet man sicher auch was zur Methodik.


    Und auch richtig: Das ist meine Deutung. Ich schrieb ja von meinen Zugängen, die im Sinne des Threads Brücken sein sollen. Was Du schreibst, ist schließlich auch Deutung:

    Mit dem Augenblick, mit dem ich vollständig dieses Sosein annehme, löscht sich Karma aus und Wiedergeburt ist zu Ende.