Schadenfreude und Karma

  • Guten Tag zusammen, im Hinblick auf das Thema "schlechtes Gewissen" habe ich im Forum bereits einen sehr schönen Thread und Beiträge gelesen, die sehr erhellend waren. Gerne möchte ich noch etwas Ergänzendes fragen:


    Bei mir erkenne ich eine Tendenz zur Schadenfreude, die familiär bedingt bzw. verbreitet zu sein scheint. Besonders ausgeprägt ist sie bei meiner Mutter und meinem Zwillingsbruder, aber auch ich merke nicht wenig davon. Es ist kein "Gönnen" von Unglück, sondern hängt eher mit alltäglichen Missgeschicken zusammen, die jemandem aus Unachtsamkeit oder Tollpatschigkeit passieren (z. B. stolpern, sich den Kopf stoßen, gegen etwas rennen etc.). Passiert das jemandem und ich bin dabei oder in der Nähe, muss ich häufig unwillkürlich lachen. Ich drehe mich dann meistens weg, damit es nicht so offensichtlich ist.


    So sehr manche vielleicht argumentieren würden, dass das bis zu einem gewissen Grad "menschlich" ist, fällt es mir dennoch schwer, da es in so krassem Widerspruch zu Metta bzw. Gleichmut steht und bereits das Wort konträr zu den Idealen und Werten der buddhistischen Praxis ist.


    Könnt ihr aus eurer Erfahrung etwas empfehlen, was in diesem Fall hilfreich sein könnte?

  • Hendrik

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ich glaube das Lachen ist eine Abwehrhaltung gegen das Mitfühlen des Schmerzes des anderen oder die Scham oder was auch immer beim gegenüber einsetzt oder in einem selbst als Projektion. Dieses Einsetzende wahrnehmen zu können zu lernen verhindert bei mir das Lachen immer mehr, sprich einfach nur Metta- und darauf aufbauend Mitgefühlsmeditation.

  • So sehr manche vielleicht argumentieren würden, dass das bis zu einem gewissen Grad "menschlich" ist, fällt es mir dennoch schwer, da es in so krassem Widerspruch zu Metta bzw. Gleichmut steht und bereits das Wort konträr zu den Idealen und Werten der buddhistischen Praxis ist.


    Könnt ihr aus eurer Erfahrung etwas empfehlen, was in diesem Fall hilfreich sein könnte?

    Du hast die Frage doch schon beantwortet: Metta mit Dir und Deiner Schadenfreude, und anderen gegenüber.


    Das vermindert mit der Zeit auch das Überlegenheitsgefühl, das da mitschwingt.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Es ist kein "Gönnen" von Unglück, sondern hängt eher mit alltäglichen Missgeschicken zusammen, die jemandem aus Unachtsamkeit oder Tollpatschigkeit passieren (z. B. stolpern, sich den Kopf stoßen, gegen etwas rennen etc.).

    Vielleicht hilft es dir in solche Momente bewusst wahrzunehmen also wenn dir selber solche Missgeschicke passieren um dann beim nächsten mal mehr mitgefühl mit der betreffenden Person entwickeln zu können.

    Guten Tag, liebe Menschen! Als Künstliche Intelligenz freue ich mich, euch zu begrüßen. Wie kann ich euch heute helfen?

    "Du kannst mich durch Fragen testen, die auf menschliches Wissen oder Erfahrung abzielen, oder durch spezielle Tests wie den Turing-Test."

    Alternativ kannst du meine Beiträge hier durch eine KI prüfen lassen.

    :idea:

  • Die Intention macht den Unterschied. Es kann beim anderen schlecht ankommen, aber wenn keine schlechte Intention dabei war, hat es karmisch keine Auswirkungen.


    Meine ältere Schwester muss irgendwie immer die große überlegene Schwester spielen. Sie freut sich über jeden Gelgenheit, jemanden als ihr gegenüber minderwertig hinstellen zu können - besonders bei den Geschwistern. Das ist ein Problem, das sich oft bei erstgeborenen Kindern entwickelt, wenn ein neues Kind kommt und sie plötzlich nur noch die 2. Geige spielen. Es hätte in ihrer Jugend bei einem Therapeuten behandelt werden müssen. Aber sowas wie einen Schulpsychologen gab es damals noch nicht. Dennoch kann man mit 60 Jahren langsam angefangen haben über die Dinge nachzudenken und sich überlegen, was man eigentlich macht. Das nicht zu tun ist karmisch wirksam, denn es fehlt eine positive Intention.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

    Einmal editiert, zuletzt von Anandasa ()

  • Ich habe als junge Frau lachen müssen, wenn ich mein Beileid aussprechen wollte. Das hat mich sehr irritiert.

    Ich vermute, es war eine "hysterische" Reaktion, eine Hilflosigkeit. Das vermute ich in Deinem Fall auch, Haiku.

    Schau einfach genau hin, wenn Du lachen musst. Wo sitzt das Gefühl, was drückt es aus?


    Karmisch wirkt sich das nicht aus. Sowas glaube ich nicht. Es ist wie ein unangebrachtes nervöses Husten im Theater, eine körperliche Reaktion.


    Alles Gute für Dich

    Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Bei mir erkenne ich eine Tendenz zur Schadenfreude, die familiär bedingt bzw. verbreitet zu sein scheint.

    Ja, Schadenfreude kann regelrecht "gelernt" werden - in der Familie oder auch im Freundeskreis nehmen Kinder bereits aufmerksam wahr, wie Andere auf "Missgeschicke" reagieren.

    Es ist kein "Gönnen" von Unglück, sondern hängt eher mit alltäglichen Missgeschicken zusammen, die jemandem aus Unachtsamkeit oder Tollpatschigkeit passieren

    "Tollpatschigkeit", "Ungeschicklichkeit" - "Dappichkeit", wie es bei mir in Hessen heißt, wird oft und gerne "belacht", Fernsehsendungen wie "Pleiten, Pech und Pannen" u. Ä. schüren regelrecht die Wahrnehmung der komischen Aspekte eines "Ausrutschers".

    Schon der Schriftsteller und Humorist Wilhelm Busch wusste aber: "Wenn wer sich FREUT, wenn wer BETRÜBT, der macht sich meistens UNBELIEBT..." (Aus "Plisch und Plum")

    Ich glaube das Lachen ist eine Abwehrhaltung gegen das Mitfühlen des Schmerzes des anderen oder die Scham oder was auch immer beim gegenüber einsetzt oder in einem selbst als Projektion

    Ja, das konnte/kann ich sehr gut an meiner (eigentlich überängstlichen) Mutter beobachten: Um etwas Unangenehmes (z.B. schmerzvolles Weinen eines hingefallenen Kindes) für sich abzuwehren, lenkte sie es (und damit auch sich selbst) ab, durch Darüber-Lustigmachen, Hervorheben komischer Begleiterscheinungen, etc.. Dies führte dann oft zum Lachen (unter Tränen) des Kindes und die Situation schien schnell bereinigt. Leider gibt es dabei aber die "Nebenwirkung" , dass mit der Zeit bei allen Beteiligten die Empathie nachlässt und -geradezu zwanghaft - gelacht wird....

    Karmisch wirkt sich das nicht aus.

    Im Sinne von Ursache und Wirkung könnte es negative Folgen haben - siehe Wilhelm Busch - Zitat. In seiner Geschichte bekommt der schadenfroh lachende Zuschauer nämlich einen heißen Pfannekuchen auf den Kopf: "Lästig durch die große Hitze ist die Pfannenkuchenmütze..."

    (Und der schadenfrohe Leser dieser Geschichte gönnt es dem "schadenfrohen "Fiesling"... ;) )


    Lange Rede, kurzer Sinn, lieber LobsangDargye : Schadenfreude lässt sich auch wieder "abtrainieren" , durch verstärkten Fokus auf die leidvollen Aspekte des Missgeschickes, Hineinversetzen in den Betroffenen und Entwickeln von Mitgefühl und liebender Güte.

    Es kann aber dauern und mit "Rückschlägen" ist zu rechnen....

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Das "Switchen" (Hin- und Herschalten) zwischen oft sehr divergierenden Gefühlslagen ist besonders bei Kindern, aber auch Erwachsenen weit verbreitet. Psychologen vermuten dahinter eine Schutzfunktion: Wenn etwas zu unangenehm/belastend wird, schaltet der Betroffene auf etwas anderes um.


    Dafür spricht eine Beobachtung, die ich in meinem Leben schon oft gemacht habe: Beim Begräbnis wird auf dem Friedhof von Angehörigen und Freunden Rotz und Wasser geheult; eine halbe Stunde später erzählen dieselben Personen beim Leichenschmaus im Wirtshaus einen Witz nach dem anderen...

  • Ja, Anna, wenn es denn Schadenfreude ist mit der entsprechenden hämischen Emotion. So wie auch Anandasa in Beitrag 5 schreibt.


    Den Eindruck "echter Freude über den Schaden" sehe ich bei Haiku nicht, sonst würde er sich auch nicht an uns wenden.

    Ich sehe das als Reflex.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • Das "Switchen" (Hin- und Herschalten) zwischen oft sehr divergierenden Gefühlslagen ist besonders bei Kindern, aber auch Erwachsenen weit verbreitet. Psychologen vermuten dahinter eine Schutzfunktion: Wenn etwas zu unangenehm/belastend wird, schaltet der Betroffene auf etwas anderes um.


    Dafür spricht eine Beobachtung, die ich in meinem Leben schon oft gemacht habe: Beim Begräbnis wird auf dem Friedhof von Angehörigen und Freunden Rotz und Wasser geheult; eine halbe Stunde später erzählen dieselben Personen beim Leichenschmaus im Wirtshaus einen Witz nach dem anderen...

    Das bzw. ähnlich habe ich es bei der Bestattung meines Mannes vor einem Monat erlebt.

    Ich interpretiere es jedoch anders.


    Durch die Bestattung wird der Kreis geschlossen. Sie ist ein Abschluss. Zuvor wuchs die Spannung. Einige, auch ich, hatten Angst davor. Danach ist die Spannung schlagartig abgefallen und es trat eine gewisse Erleichterung ein.


    Ich fühle heute noch Trauer, eine Grundverfassung, aber ich kann auch lachen.


    Wer das nicht begreift, würde das falsch interpretieren und vielleicht pikiert sein. Aber das sind die schädlichen Gedanken, die aus Leid Leiden machen.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • Ja, Anna, wenn es denn Schadenfreude ist mit der entsprechenden hämischen Emotion. So wie auch Anandasa in Beitrag 5 schreibt.


    Den Eindruck "echter Freude über den Schaden" sehe ich bei Haiku nicht, sonst würde er sich auch nicht an uns wenden.

    Ich sehe das als Reflex.

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    Ich kann mich an kaum irgendwas aus der Kindergartenzeit erinnern, aber schon an eine Szene als ein Mädchen, das sich immer besonders toll fandt, ihre Saftflasche über ihren Kopf hielt und ganz selbstsicher sagte: "Aus der Flasche kommt jetzt nichts raus, weil sie nämlich leer ist!". Es war aber noch ein Rest in der Flasche drin, den man vom Gewicht her kaum spürte. Dieser Rest lief ihr dann auf den Kopf. Das erschrockene Gesicht zusammen mit dem vorher selbstsicherem Auftreten war echt zum Umfallen. Es war während der Mittagspause, während der alle Kinder da waren. Alle haben schallend gelacht.


    Das Lachen war natürlich Schadenfreude, aber es entstand aus der Situationskomik heraus. Es war auch eine gewisse Häme dabei, aber das Lachen war nicht um sich selbst über jemand anderes zu stellen. Dies ist wieder ein Beispiel, dass die Intention den Unterschied für die Rückwirkung auf einen selbst macht und damit für das Karma.

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  • Schadenfreude ist kaum zu vermeiden, die gehört zum Menschen. Sie ist hilfreich, sonst wäre sie schon lange nicht mehr vererbt worden.

    Schadenfreude aus Bosheit oder Rachegefühlen gehört wohl zum praktizieren des achtfachen Weges.

  • Ja, Anna, wenn es denn Schadenfreude ist mit der entsprechenden hämischen Emotion. So wie auch Anandasa in Beitrag 5 schreibt.


    Den Eindruck "echter Freude über den Schaden" sehe ich bei Haiku nicht, sonst würde er sich auch nicht an uns wenden.

    Ich sehe das als Reflex.

    _()_

    Genau, im buddhistischen Sinne hat Schadenfreude, die als - konditionierter - Reflex auftritt, sicher keine karmischen Konsequenzen, da die negative Intention nicht gegeben ist.

    Im realen Leben nimmt der Ausgelachte unter Umständen übel, der "Schadenfrohe" entwickelt ev. ein schlechtes Gewissen (günstigenfalls) oder - wie ich es bei meiner Mutter erlebe - die Empathie nimmt langsam ab.

    Schadenfreude ist kaum zu vermeiden, die gehört zum Menschen. Sie ist hilfreich, sonst wäre sie schon lange nicht mehr vererbt worden.

    Nicht alles, was so vererbt wird, ist unbedingt hilfreich.... ;)


    Im Zweifelsfalle frage ich mich in Gewissensfragen immer: Hätte der Buddha so empfunden/gehandelt? Einen schadenfroh grinsenden/lachenden Buddha kann ich mir irgendwie nicht vorstellen....

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  • Ich kann mir Buddha sehr wohl so vorstellen, aber das macht ihn natürlich zu einem Menschen, ups weg ist das Podest.

    Wenn die vererbte Schadenfreude nicht weg ist, kann man sie ja an seinem Leben prüfen.

    Mir hat das immer gutgetan mich von Bosheit und Rachegedanken zu befreien, wenn ich mich bei dieser Art von Schadenfreude erwischt habe.

  • Schadensfreude war ein Ausdruck meiner Hilflosigkeit.

    Als ich meinen Scherbenhaufen halbwegs beseitigt hatte, hat sich das ganze verwandelt.

    Es gibt inzwischen keinen Tag an dem ich nicht den Schaden der Wesen übernehmen möchte.

    Das Leiden dieser Welt wird niemals verschwinden, aber durch die Praxis kann das Herz entschieden was es ertragen, ergreifen und transformieren kann.

    In dem ich nicht mehr da bin, kann ich da sein für die Wesen.

    Mögen wir alle Frieden finden!

  • Ich kann mir Buddha sehr wohl so vorstellen, aber das macht ihn natürlich zu einem Menschen, ups weg ist das Podest.

    Wenn die vererbte Schadenfreude nicht weg ist, kann man sie ja an seinem Leben prüfen.

    Mir hat das immer gutgetan mich von Bosheit und Rachegedanken zu befreien, wenn ich mich bei dieser Art von Schadenfreude erwischt habe.

    Das geht mir genauso. Denn es gibt nichts Klareres und Einfacheres, als etwas an sich selbst deutlich zu erkennen. Dann hab ich es in der Hand, es auch zu ändern.


    Wenn ich glaube, so bin ich nunmal, das hab ich geerbt, so bin ich gestrickt, das kann ich nicht ändern, dann weiß ich nicht, wie ich daran komme. Aber alles hat seine Ursache, und wenn es auch nur Gewohnheit ist. Und Vielles ist "nur" Gewohnheit.


    Im übrigen: für mich ist Buddha ein Mensch, sonst ist das ihm Folgen ja sinnlos.

    :heart:

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    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)