Probleme mit Visualisierungen

  • Hallo zusammen :)


    wenn ich in der Meditation Chenrezig, Amitaba, Medizinbuddha u.s.w. visualisieren möchte, dann fällt es mir sehr schwer die Visualisierung "festzuhalten". Die Bilder verschwimmen, werden zu Gedanken, dann wieder klarer...
    Es fällt mir leichter, mich auf einen Rezitationstext oder auf ein Mantra zu konzentrieren.


    Dagyab Rinpoche hatte vor kurzem gesagt, dass tibetische Meister es schaffen, 4 Stunden lang ein stabiles Bild der Visualisierung herzustellen. Ich frage mich wie sie eine so intensive Achtsamkeit entwickeln können, dass die Gedanken nicht auch nur einen cm vom Meditationsobjekt abweichen ?


    Kennt Ihr solche Probleme bei der Visualisierung ? Hattet oder habt Ihr die auch noch ?


    Liebe Grüße
    Matthias

  • Hallo Matthias,


    als ich noch versucht habe, Mahayana zu praktizieren hatte ich genau diese Probleme - ich habe dann aber auch nicht versucht, die Visualisierung zu erzwingen.
    Bist Du mit Deinem Lehrer in einer Beziehung, in der Du Dich mit ihm auch gut austauschen kannst?


    Ich befasse mich zwar viel mit Meditation (theoretisch darf ich auch anleiten, aber ich traue mir das im Größeren noch nicht zu), bin aber eher übervorsichtig darin, irgendwelche Empfehlungen auszusprechen, weil ich im Laufe der Jahre gemerkt habe, dass jeder Meditierende einen anderen Weg der Herangehensweise in sich hat, der erst mal gefunden werden muss.


    Vom Typ her bin ich jemand, der sich leicht selbst überfordert (das war z.B. beim Visualisieren der Fall) - für mich ist weniger praktisch "mehr".
    Ob das bei Dir auch so ist, kann ich natürlich nicht sagen - deshalb mein Gedanke, Dich mit Deinem Lehrer mal darüber auszutauschen. Vielleicht genügt es schon, z.B. Chenrezig einfach "nur" in Gedanken dabei zu haben oder im Herzen zu erspüren?

    Herzliche Grüße


    "Klee"



    *******Den Charakter eines Menschen erkennt man nicht so sehr daran, was andere über ihn sagen, sondern daran, was er über andere sagt.******


    (unbekannt)

  • Wie sagte doch der 6. Dalai Lama so schön:


    Das Gesicht meines Lamas
    erscheint nicht vor meinem inneren Auge
    in der Meditation
    Doch das Antlitz meiner Geliebten
    ist klar in meinem Herzen
    ohne das ich es beschwören müßte


  • :badgrin:
    :badgrin:

    Also, das geht mit genauso !


    Claudia, es ist nicht so einfach einen Termin bei Dagyab Rinpoche zu bekommen, auch sollte man da keine
    "einfachen Fragen" stellen sondern welche, die wirklich weise sind. Wahrscheinlich würde er sagen: Ich bin halt noch nicht so weit" :o

  • Danke für Deine Antwort, Matthias.
    Das war mir jetzt nicht so ganz klar, wie die Möglichkeit für Dich ist, Deinem Lehrer Fragen zu stellen bzw. unter welchen Voraussetzungen dies individuell möglich ist.


    Bei mir war es z.B. im vorigem Jahr so, dass ich bei meinem Lehrer (thail. Ajahn) Antworten auf Fragen bekommen habe, von denen ich nicht mal wusste, dass ich sie hatte ;) (die mir aber unbeschreiblich weitergeholfen haben).
    Wie dem auch sei, wünsche ich Dir trotz der Herausforderung viel Freude beim Praktizieren und Üben. Wie gesagt: ich kann mich da gut hineinversetzen, weil das mit dem Visualisieren für mich eine echte Herausforderung war.

    Herzliche Grüße


    "Klee"



    *******Den Charakter eines Menschen erkennt man nicht so sehr daran, was andere über ihn sagen, sondern daran, was er über andere sagt.******


    (unbekannt)

  • Auch hier der gleiche Rat:


    Betreff: Ich schaff das einfach nicht..




    Ergänzt um: Studiere Abbildungen! (bzw besser: nur eine je Visualisierungsobjekt, d.h. die, die dir am besten gefällt).



    Grüße
    TM

  • christiane72:

    Mir hilft ein Bild oder eine Statue in Blickweite. Dann kann man es sich schneller wieder vor Augen führen.



    Das sollste aber nicht anglotzen beim Visualisieren



    Grüße
    TM

  • Wenn das "erlaubt" ist, werde ich es auch mal ausprobieren. Danke Christiane für den Tipp :D

  • Zitat

    Man sollte nicht annehmen, dass die erste Meditationsfolge, die als Shravaka (skr.. Hörer)-Stadium bezeichnet wird, weil sie den Kern des
    Shravaka-Fahrzeugesausmacht, für die anderen buddhistischen Fahrzeuge unwichtig sei: Milarepa (1052-1135), der große Vajrayana Meister Tibets, lehrte einem seiner Schüler, einem einfachen Schafhirten, die Shravaka-Meditiation über das Nichtvorhandensein eines Selbst (skr.: anatman, tib.: bdag med), nachdem dieser Zeichen einer großen, natürlichen meditativen Begabung gezeigt hatte.
    Es wird berichtet, dass dieser angewiesen wurde, sich auf eine kleine Buddhastatue zu konzentrieren.
    Für die Dauer von einer Woche gelangte er, ohne den Zeitverlauf zu bemerken, in meditative Versenkung (skr.: samadhi). Als er aus dem Samadhi herauskam, kam es ihm vor als ob er nur ein paar Sekunden meditiert hätte.


    Khenpo Tsultrim Gyatso


    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema



  • Hallo mathias,bei der Visualisation tauchen bei mir auch ab und zu andere Gedanken auf. Ich versuche dann nicht an ihnen zu haften und nachzugehen.Man muß sich dann immer wieder zum Meditationsobjekt zurückbesinnen.
    Mit der Zeit klappt das schon.
    Grüße mila

  • Diese Darstellungen sind sehr kulturell geprägt, es fällt Menschen aus diesen Kulturen sicherlich leichter diese zu visualisieren,
    sie haben sie sozusagen von Kindheit an "im Blut".
    Davon abgesehen, ist die allerwichtigste Übung überhaupt die der Sammlung. Man muss die Sammlungsfähigkeit erst einmal ausprägen.
    Die "Kontrolle des Geistes". Dazu verhelfen ganz sicherlich Rezitationen und Mantras.
    Mönche sind langjährig darin geschult, den Geist zu konzentrieren.
    Im übrigen ist es eine Frage der Veranlagung welcher Sinn stärker ausgeprägt ist um ihn zu nutzen.
    Das Meditationsobjekt ist "nur" ein Hilfsmittel; wenn dir Visualisierungen nicht liegen, gibt es andere Möglichkeiten.


  • Hallo Onyx9,


    nun, nicht nur die Darstellungen sind kulturell geprägt sondern die ganze buddhistische Lehre, da sie ihren Ursprung ja in Asien hatte. Das Faszinierende am Buddhismus ist für mich die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Kulturen. Es ist fast wie bei der Evolutionslehre von Darwin: Das Tier, das in der Lage ist, sich veränderten Umweltbedingungen am besten anzupassen, hat die besten Überlebenschancen. Der westliche Buddhismus ist zur Zeit mitten drin in diesem Anpassungsprozeß. Es ist leide nicht immer ganz einfach zu unterscheiden welche Rituale kulturell geprägt sind und welche nicht. Visualisierungen = typisch tibetische Kultur ? Mantras und Rezitationen = ? Niederwerfungen = ?


    Klar gibt es andere Möglichkeiten, den unruhigen Geist zu beruhigen. Ich muß noch herausfinden, was genau meine Veranlagung ist.


    Liebe Grüße
    Matthias


    P.S. Und Danke für die anderen tollen Anregungen !!

  • Lieber Matthias,


    dass man am Anfang Probleme mit dem Visualisieren hat ist ganz normal. Man eben einfach noch nicht die Gewohnheit, die das erfordert. Mache einen einfachen Test: Schließe deine Augen und denke an dein Wohnzimmer. Du wirst wahrscheinlich sofort wissen wie es aussieht und du kannst in Gedanken wahrscheinlich sogar ein bisschen darin herumgehen. Dies wird dir zeigen, dass dein Geist sehrwohl die Fähigkeit hat, sich gewohnte Bilder zu vergegenwärtigen. Das ist bei den Buddhaformen natürlich nicht anders, am Anfang sind sie uns noch fremd und es ist vielleicht hilfreich mit einem Bild oder einer Statue als Stütze zu arbeiten. Das kann sehr hilfreich sein. Wenn man die Form dann irgendwann besser kennt, schafft man es auch ohne. Lass dich nicht entmutigen, wenn Gedanken aufkommen. Du kannst diesen "Springenden Geist" sogar in deine Medi einbauen. Lass ihn springen, nur eben auf der Buddhaform. Du vergegenwärtigst dir Chenresi und lässt deinen Geist über seine Form wandern, siehst die Krone mit den Juwelen, das Juwel der Erleuchtung in seinen Händen, dann mal erfährst du seinen liebevollen Blick dann siehst du den Lotus oder die Kristallmala. So kannst du auch das nutzen. Aber das der Geist wandert ist normal. Nochmal zu deinem Post am Anfang. ja es gibt Meister die ihren Geist 4 Stunden auf der Buddhaform halten können, aber die sind eben auch Meister :) wir müssen das nicht gleich von Anfang an können (ein ausgiebiges Training der Erzeugungs und Auflösungsstufe gab es in Tibet sowieso erst nach dem Ngöndro). Auch wenn mal kein Bild erscheint ist es sehr hilfreich zu wissen, dass die Buddhaformen auch da sind, wenn wir sie nicht bildlich erfahren, was bei vielen abstrakt denkenden Menschen im Westen durchaus der Fall sein kann. Letztendlich ist Erleuchtung keine Frage von inneren Bildern und Vorstellungen sondern von der Erkenntnis der Natur des Geistes.


    Herzlichst
    Simo

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Na wie sagt Dein 'Wurzel Lama' so schön, Simo.
    Wir stellen uns den Karmapa [Dorje Chang]/Vajradhara] nicht als Mann oder Frau vor noch als ein Bild aus Fleisch und Blut sondern wie aus Lichtgewebe der über dem Zentralkanal auf einem Löwnthron und Lotus thront.
    Es ist analog ausgedrückt so, als ob du dir den Raum der die vertraut ist vorstellst also ähnlich z.b. deinem Wohnzimmer.
    So in diesem Sinne.


    Was dieses visualsieren unglaublich unterstützen kann:


    Nimm eine entzündete Kerze, konzentriere dich auf die Flamme, und halte nur die Flamme konzentriert im Augenschein, alsdann schließe für erstmals einen kurzen Moment die Augen, konzentriere dich auf den Punkt der das dritte Auge genannt wird, als zwischen den beiden Augen oberhalb des Nasenwurzelballens.
    Dort sollte nun die zuvor visualisierte Flamme erscheinen, bei geschlossenen Augen.
    Das dehnst du dann ganz allmählich aus bist du die eigentliche Kerzenflamme nicht mehr benötigst, alles weitere zum auswechseln und stabilisieren des etwaigen Meditationsobjektes sollte dir von nun an der entsprechende Lehrer erklären.
    Dies war nur lediglich eine hoffentlich verständliche Anleitung zum erlernen des visualisieren.
    Euch alles segensreiche heilsame und höchste Freude KARMAPA CHENNO


    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema

  • @ Simo


    "Letztendlich ist Erleuchtung keine Frage von inneren Bildern und Vorstellungen sondern von der Erkenntnis der Natur des Geistes".


    Leichter gesagt als erkannt :D


    @ Dorje, danke für Deine Anleitung !


    Liebe Grüße
    Matthias

  • Claudia:

    ...als ich noch versucht habe, Mahayana zu praktizieren hatte ich genau diese Probleme - ich habe dann aber auch nicht versucht, die Visualisierung zu erzwingen.


    Auch ich bin kein Fan von solchen Visualisierungen als Hilfstechniken für die Meditation. Vielleicht mögen die Anhänger des Vajrayana Recht haben, dass man mit solchen visuellen bzw. geistigen "Stützrädern" schneller auf dem Weg des Buddha vorankommt, aber an erster Stelle ist es eine Frage der persönlichen Preferenz. Während für mich Shamata/Vipassana und die Satiphattana-Methode mittlerweile die Haupt-Praxis bildet, besteht sie für andere im ZaZen oder eben z.B. in diversen Meditationstechniken des Vajrayana.


    Wenn man wirklich so große Probleme bei der Erzeugung solcher Visualisierungen hat, sollte man sich selbst vielleicht fragen, ob jener Weg oder zumindest diese oder jene Meditationstechnik wirklich die Richtige für einen selbst ist. Sofern man natürlich noch ein Anfänger im Vajrayana ist, sollte man sich von solchen Hindernissen zu Beginn nicht entmutigen lassen - mit der Zeit klappen die Visualisierungen öfter und halten auch länger an. Nur falls man sich wirklich z.B. schon jahrelang "quält" und keine wirkliche Entwicklung erkennbar ist, wäre eine Auszeit von den bisherigen Meditationstechniken ganz gut, um sich mal - innerhalb des breiten Angebots an buddhistischen Meditationstechniken - nach was "neuem" umzusehen.


    Gruß
    Garfield


  • Meditieren bzw. Sitzen tue ich schon lange.
    Ich kann nicht visualisieren -
    sitze immer im Dunklen, NEIN tiefste Schwärze !
    In dem Meditationslehrgang, den ich besucht habe,
    kam zum Glück die Methode mit der Kerze !
    Seitdem bin ich in der Lage, mal ein kleines Flämmchen zu sehen!
    ... aber was solls, ist ja im Grunde eine Projektion meines inneren Auges
    von dieser Flamme.
    PS:
    Kleiner Scherz am Rande:
    mein Sehen bleibt schwarz . . .


    :grinsen:

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Hm, wenn wir darüber reden:


    Ich "visualisiere" ohne zu "sehen". Ich sehe mit offenen Augen das Zimmer vor mir, oder den Wald in dem ich spaziere, aber der Buddha ist dann da vor mir - auf einer anderen Ebene ist er klar da, aber das hat mit dem Augensehen nichts zu tun.


    Meine Güte, über was für einen Kram wir uns hier unterhalten. :lol:

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    Hm, wenn wir darüber reden:


    Ich "visualisiere" ohne zu "sehen". Ich sehe mit offenen Augen das Zimmer vor mir, oder den Wald in dem ich spaziere, aber der Buddha ist dann da vor mir - auf einer anderen Ebene ist er klar da, aber das hat mit dem Augensehen nichts zu tun.


    Meine Güte, über was für einen Kram wir uns hier unterhalten. :lol:



    JAU !


    :badgrin:

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Matthias65:

    Hallo zusammen :)


    wenn ich in der Meditation Chenrezig, Amitaba, Medizinbuddha u.s.w. visualisieren möchte, dann fällt es mir sehr schwer die Visualisierung "festzuhalten". Die Bilder verschwimmen, werden zu Gedanken, dann wieder klarer...
    Es fällt mir leichter, mich auf einen Rezitationstext oder auf ein Mantra zu konzentrieren.


    Lieber Matthias,


    das kann ja auch gar nicht leicht fallen, es muss geübt werden. Wobei "muss" natürlich genau schon wieder die falsche Formulierung ist. Denn am besten unterlässt man das Greifen nach Ergebnissen von Anfang an und geht ohne große Ansprüche an die Sache heran.
    Als Anfänger kann man in dem Riesenblumenstrauß an Meditationsformen für sich herumsuchen: Atembetrachtung, Einfach-nur-Gewahrsein, Betrachten eines Themas (Analyse), Metta-Meditation, Liebende-Güte-Meditation, Meditation mit offenen Augen auf ein Buddhabild .... Wo immer man gut reinkommt, damit sollte man anfangen und das eine Weile regelmäßig üben. Wenn man gefunden hat, dann konzentriert man sich sozusagen auf das Eine. Dadurch kann man beobachten, wie diese spezielle Medi dann wirkt und sich entfaltet. Also keine Hektik. :) Dann nachher nutzt man auch, was immer einem hilft, wenn der Schuh drückt.


    Zitat

    Dagyab Rinpoche hatte vor kurzem gesagt, dass tibetische Meister es schaffen, 4 Stunden lang ein stabiles Bild der Visualisierung herzustellen. Ich frage mich wie sie eine so intensive Achtsamkeit entwickeln können, dass die Gedanken nicht auch nur einen cm vom Meditationsobjekt abweichen ?


    Jau, das sind eben Vollprofis. Da ist der Vergleich zulässig zwischen einem Kind, das seit zwei Jahren auf seiner Geige quietscht und schrummelt und Niccolo Paganini! Übung macht den Meister - aber nicht in drei Minuten. :D


    Zitat

    Kennt Ihr solche Probleme bei der Visualisierung ? Hattet oder habt Ihr die auch noch ?


    Fällt ein Kind hin, wenn es laufen lernt?
    Ich übe es seit fast drei Jahren täglich, und doch kann ich es nicht lehrbuchmäßig.


    Liebe Grüße von LL


    edit:

    Matthias65:

    ...
    Claudia, es ist nicht so einfach einen Termin bei Dagyab Rinpoche zu bekommen, auch sollte man da keine
    "einfachen Fragen" stellen sondern welche, die wirklich weise sind. Wahrscheinlich würde er sagen: Ich bin halt noch nicht so weit" :o


    Ich kann es nicht wissen, was er zu Dir sagen würde, aber ich nehme an, Du unterschätzt ihn. ;)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Bei uns im Zentrum hat man mir einmal erzählt, wie die Ausbildung in den Klöstern in Tibet abläuft. Die Kinder kommen ins Kloster. Dort lernen sie lesen und schreiben und gehen quasi in die "Schule". Das wäre dann die Einführung zum Stufenpfad zur Erleuchtung :Lamrim. Das würde normalerweise 15 Jahre dauern. Das sind Schulungen in buddhistischer Ethik, Philosophie und vieles mehr. Danach kommt die Entscheidung ob man Mönch werden will oder zurückgeht, oder Lama wird und dann zurückgeht etc. Die Kinder hatten dann auf jedenfall eine gute Ausbildung und konnten gute "Jobs" bekommen, im vergleich zum "normalen" Nomaden, der wohl nicht lesen und Schreiben kann...
    Dann also würde das Ngöndro und Shine kommen. Ngöndro, ich geh mal nur auf die Niederwerfungen genauer ein. Das sind bei 200 Niederwerfungen in der Stunde ca.500 Stunden, dann kommen noch Vajrasattva, Mandala und Guru dazu, oder halt je nach Schule andere Teile oder auch mehr Teile. Im Kloster als fulltimejob (10+ Stunden), wird das meines Wissens nach in 3 Monaten gemacht. Aber -veralgemeinernd- im Westen ist man ja schon froh wenn man es schafft 1 Stunde tägliche Praxis unterzubekommen. Dann kommt Shine. Shine, Meditation auf ein Obejekt, soll 2 Jahre dauern, also ununterbrochnes üben, also 365/24 Stunden, damit man in die Nähe des Verwirklichen von Shine kommt.( Ich erlebe kaum geleitete Sitzungen die länger als 1 Stunde gehen. Wenn ich selbst für mich sitze siegt mein innerer Schweinehund nach 20 - 30 Minuten.) Dann habe man einen stabilen Geist. Dann wäre Vipassana, Einsichtsmeditation... wie lange das dauert, keine Ahnung. Die Zeitangaben sind natürlich nicht absolut und sollen nur dazu dienen einen groben Rahmen spannen zu können, um zu sehen wieviel Zeit in Tibet im Leben eines Mönches mit Lernen und Vorbereitung verbracht wird.
    Nach dem Lamrim, nach dem Ngöndro, nach Shine und nach Vipassana kommt erst Tantra. Ich stelle es mir so vor, dass wenn man diese Jahrzehnte der Vorbereitung hinter sich hat, dass es dann vielleicht nicht ganz so schwer fallen wird Visualisierungen aufrecht zu erhalten, und die ganzen anderen Phasen und Dinge zu tun die im Tantra dann notwendig sind. Ich gehe nun nicht davon aus, dass jeder Mönch erst einmal 25+Jahre Vorbereitungen macht bevor der die erste Visualisation erlernt, das wird sicher schon voher gemacht werden.


    Für mich scheint es sehr logisch, dass ausgiebiges üben von Shine, Konzentration auf ein "einfaches" Objekt sehr hilfreich ist. Wenn man darin stabiler geworden ist, dann kann ich mir Vorstellen, dass Visualisierung, also salopp Konzentration auf ein komplizierteres Obejkt also ein Bild, leichter fällt.


    Ich bin mit dem Ngöndro beschäftigt, wenn ich also einer Puja beiwohne, dann rezitiere/singe ich den Text, und wenn ich geisitge Kapazizät übrig habe, dann stelle ich mir die Visualisation vor. Meist habe ich im Kopf nur ein Gefühl, etwas wie "jetzt ist das Bild da", Einzelheiten, wie Sonne Mond Löwenthron etc gehen dabei unter, bin froh wenn ich den Boddhisattva, Buddha kurze Augenblicke "sehe". Ich versuche dabei mich nicht unter Druck zu setzen. Ich rede mir ein, dass es für meine Langzeitmotivation besser ist , wenn ich Saddhanas Pujas etc mit Spass mache. Da ich weiss, dass es eigentlich ein jahrzehnte langer Weg ist, bin ich mit Augenblicken zufrieden. Vielleicht werden mit den Jahren dann Sekunden und Minuten daraus.


    Hier wurden kulturelle Hindernisse, also das wir hier andere Symbole hätten als in Tibet, angesprochen. Ich halte das nicht für so gravierend. Mit ein wenig Neugierde kann man ja nachfragen, wenn man Details genauer wissen möchte. Ich glaube ein größeres Problem ist, dass uns nicht so bewust ist, dass die Tibetischen Mönche wirklich ihr ganzes Leben mit diesen Übungen verbringen. Ich fühle mich hier im Westen schon als Buddhist, wenn ich 1 mal die Woche in ein Zentrum gehe und eine Puja mitmache. Ich habe Yoga gemacht, 3 Jahre 1 Stunde in der Woche. Wenn dann jemand noch nen 3-monatigen Meditatiosnkurs (je 1 Stunde in der Woche) mitgemacht hat, und dann regelmäßig 1 mal die Woche 2 Stunden ins "Zentrum" geht, dann ist das mit dem Zeitaufwand der traditionell in Tibet auf die Praxis verwendet wird kaum zu vergleichen. Die Lamas die man hier bei Veranstaltungen für 1 Tag besuchen kann, erteilen Einweihungen weil sie darum gebeten werden. Oft wird es dann schon viel schieriger wenn es darum geht eine genau Anleitung für die Sadhana zu bekommen. Da ist vielleicht ein kulturelles Hindernis, wenn der Lama zwar die Einweihung gibt, aber nicht dazu sagt, dass man eigentlich ein mehrtägiges Seminar braucht um die Sadhana zu erlernen, und dass man davor traditionellerweise viele Jahre in ein aufeinander aufbauendes und vorbereitendes Ausbildungssystem eingebunden war.


    Vielleicht muss ich auch einfach über meine Erwartungen, genau nachdenken. Was kann ich erwarten, wenn ich Pujas eben nur " so gut es geht " mitmache, ohne das traditionnelle Training davor. Was ist meine Erwartungshaltung gegenüber einem Halten einer Visualisation wenn ich diese erst 1 Jahr übe, ohne die traditionelle (vielleicht) nötige Ausbildung davor?


  • Mir hilft es, mich wochen- oder monatelang nur auf ein Buddhabild zu konzentrieren. Es ist ja schon viel! Mal stellt man sich die Augen vor mit dem Punkt, da, wo das dritte Auge ist. Dann das ganze Gesicht- dann bei Chenrezig z. B. die inneren Hände mit dem Jewel.. alles einzeln.. dann versucht man, das ganze Bild zusammen zu bekommen und zu halten.
    Ist eine Anweisung aus einem Text von Bokar Rinpoche.