Was uebt man im Zazen eigentlich genau?

  • Zitat

    "Eine besondere Überlieferung AUSSERHALB der Schriften, die NICHT auf Worten und Buchstaben gründet ..."


    Genau, eigentlich ist das ein späterer Kommentar, ich les grad die Abhandlung von Albert Welter: The Disputed Place Of "A Special Transmission" Outside The Scriptures in Ch'an.


    http://www.thezensite.com/ZenE…_Special_Transmission.htm


    Nix von Anfang an :lol:


    Mit besten Empfehlungen.

  • diamant:


    Genau. Demnach ist der Laie der "bessere" Mensch, weil er den Transsexuellen nicht ausgrenzt.


    'besser', 'schlechter' oder 'gleich' in Bezug auf Person ist putthujjana (gewöhnliches, konventionelles) Denken


    diamant:

    Demnach führen mehr Regeln zum Schlechteren.


    auch das ist konventionelles Denken & zudem auf den Kopf gestellt


    in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt (mehr 'schlechtes' Verhalten führte zu mehr Regeln)


    Buddha erließ die minderen Mönchsregeln auf dem Sterbebett aus gutem Grund, aber für Zennies ist eher die Dreifache Übung relevant


    n.

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Zitat

    Nix von Anfang an.


    Doch. Ich hatte es gerade zitiert: "Berufe dich nicht auf das Wissen der Sutren und Abhandlungen." Ergo: "Überlieferung außerhalb von Schriften."


    Dein Verständnis des Palikanon ist krude. SN 56 definiert die fünf skandha (Faktoren des Ergreifens) als Leiden. Davor werden eine ganze Reihe von Beispielen genannt, und zwar gleichgestellt (woraus sich die klassische Formulierung Geburt, Alter, Krankheit und Sterben seien Leiden ableitet). Diese Dinge (und u. a. den Schmerz, den Trübsinn etc.) in einem Atemzug zu nennen, ist der grundlegende Fehler. Er wurde im Chan erkannt und darum eine Abkehr von einer solchen Art von Logik durch den "weglosen Weg" verkündet. Und das "von Anfang an".

  • diamant:
    Zitat

    Nix von Anfang an.


    Doch. Ich hatte es gerade zitiert: "Berufe dich nicht auf das Wissen der Sutren und Abhandlungen." Ergo: "Überlieferung außerhalb von Schriften."


    Und warum tust du das denn dann?
    Anyway.
    Den zitierten Artikel kann ja jeder lesen und sich seine eigene Meinung bilden.


    Zitat

    Dein Verständnis des Palikanon ist krude.


    Natürlich. Aber auch hier gilt das schon oben Gesagte. Und mehr passiert hier eh nicht.


    http://www.palikanon.com/samyutta/sam36.html#s36_6

  • Broughton kann auch jeder lesen. Dann versteht er/sie, wie es anfing und wieso "außerhalb der Schriften" den Anfang des Chan gut zusammenfasst.


    Und SN 56, wo Schmerz wie alles andere definiert wird. Als körperlicher Schmerz, als körperliches Unwohlsein. Er wird eben nicht unterschieden, sondern "in eine Reihe gestellt". Und unsere Aufgabe ist es, anhand unserer eigenen Existenz zu überprüfen, ob z. B. Geburt leidhaft ist, weil wir uns sie "aneignen", ob sie womöglich gar nicht leidhaft ist oder ob sie es ist, ohne dass wir sie uns aneignen (wie es der Shakyamuni bzw. die Autoren des PK taten, indem sie sie in ihre Grundphilosophie einbauten). Unsere Aufgabe ist auch nicht, diejenigen Zenadepten nachzuäffen, die genau so wenig Durchblick hatten wie die PK-Autoren, sondern zu schauen, was da eigentlich an revolutionärem Gedankengut im Chan entstand.


    Und das äußert sich bereits in einer anderen Legende, nach der Bodhidharma nämlich nicht den PK bei sich hatte, sondern das Lankavatarasutra. Und in diesem wird im Gegensatz zum PK nicht nur billig zur vegetarischen Ernährung geraten, sondern alles Sein ist nur noch Geist (cittamatra)! Und dem paṭiccasamuppāda ist gleich die "Leere" beigeordnet, weshalb auch anstelle der Erkenntnis, Geburt sei Leiden (leidhaft) dazu geraten wird: "Wirf die Vorstellung von Geburt ab!" Von dem Tathagatagarbha, der Buddha-Natur, ganz zu schweigen. Hätten die PKler davon gewusst, wäre Chan wohl nicht nötig gewesen,

  • Plattform-Sutra:


    如吾在日一種一時端坐。但無動無淨無生無滅無去無來無是無非無住[無往]。但然寂淨即是大道。吾去已後但衣法修行共吾在日一種。吾若在世。汝違教法。吾住無益。大
    師云此語已。夜至三更。奄然遷花。大師春秋七十有六.



    “Be the same as you would if I were here, and sit all together [in zazen].
    If you are only peacefully calm and quiet, without motion, without stillness, without birth, without destruction, without coming, without going, without judgments of right and wrong, without staying and without going — this then is the Great Way.
    After I have gone just practice according to the Dharma in the same way that you did on the days that I was with you.
    Even were I still to be in this world, if you went against the teachings, there would be no use in my having stayed here.”


    After finishing speaking these words, the Master, at midnight, quietly passed away. He was seventy-six years of age.

  • Da fehlt das Deutsch, ich habe den Beitrag darum gemeldet [Forumsregel Nr. 8]. Was auch immer damit gesagt werden soll.


    Auch hier wiederhole ich mich. "Sitzen" ist bei Huineng nicht identisch mit Zazen:


    Zitat

    "In dieser meiner Lehre bedeutet 'Sitzen', überall ohne Hindernis zu sein und unter allen Umständen keine Gedanken zu aktivieren."


    (T 48:339a4-5)

    Einmal editiert, zuletzt von diamant ()

  • mindfullness:

    Loslassen bedeutet nicht das loslassen von Zielen, sondern das loslassen von Anhaftung und Gier? (...) Akzeptanz bedeutet nicht, auf Ziele und Streben zu verzichten.


    Der Schlüssel liegt in meinen Augen darin, dass die Zen-Lehre immer ein Hinweis auf den genau jetzigen Augenblick ist, deine Fragestellung aber auf die ein oder andere Form von prinzipieller bzw. allgemein gültiger Wahrheit hinausläuft. Beispiel:


    mindfullness:

    Es ist nicht schlimm, ja sogar notwendig, Ziele zu verfolgen und zu Streben.


    Derartige Aussagen werden meines Wissens im Zen nicht getroffen; ebensowenig aber wird im Zen behauptet (wenn auch - vor allem von Anfängern - leider immer mal wieder in diesem Sinne missvertanden), es sei schlimm oder überflüssig, Ziele zu verfolgen bzw. zu Streben. Die Zen-Lehre bedient sich solcher Begriffe nur, um anzudeuten, was in genau dem Augenblick passiert, in welchem du diese Art des prinzipiellen Denkens loslässt. Sie sagt also lediglich, dass du in genau dem Augenblick, in welchem du Anhaftung, Gier und begriffliches Denken vollkommen aufgegeben hast, zum "Einen Geist erwachst, der Buddha ist und alle Lebewesen" (zitierter Teil des Satzes von Huang Po, Geist des Zen, Kap. 1). Kampfdiskussionen a la "Aber Denken ist doch natürlich und lebensnotwendig!" sowie relativierende Erklärungen a la "Denken und Streben sind schon okay, solange man nicht an ihnen anhaftet!" laufen daher gleichermaßen an der Zen-Aussage vorbei.


    _()_
    Tai

  • Plattformsutra
    Tun-Huang-Fassung, die älteste, Yampolsky-Übersetzung. :D
    Ich hab natürlich keine Ahnung, was du unter Zazen verstehst, aber für Huineng war das "gemeinsame Sitzen" im nachfolgend beschriebenen Modus offenbar der Kern seiner Praxis.

  • Tai:

    ebensowenig aber wird im Zen behauptet (wenn auch - vor allem von Anfängern - leider immer mal wieder in diesem Sinne missvertanden), es sei schlimm oder überflüssig, Ziele zu verfolgen bzw. zu Streben. Die Zen-Lehre bedient sich solcher Begriffe nur, um anzudeuten, was in genau dem Augenblick passiert, in welchem du diese Art des prinzipiellen Denkens loslässt.


    Danke, Tai. Höre ich zum ersten Mal so klar ausgesprochen.

  • Das prinzipielle loslassen von prinzipiellen Denken ist jedoch keinen Menschen, ja noch nicht einmal Mönchen möglich. Hier lesen und schreiben zu 99% Westler in einer freien Marktwirtschaft. Zen bezieht sich nicht nur auf das Sitzen, sondern auch den Alltag, sodass diese Dinge sehr wohl thematisiert werden sollten.

  • Zitat

    Yampolsky-Übersetzung.


    Eine Übersetzung (ins Deutsche) sehe ich noch immer nicht.


    Zitat

    Ich hab natürlich keine Ahnung, was du unter Zazen verstehst


    Aber ich eine, was du darunter verstehst. Und was Huineng darunter verstand, ist völlig klar.


    Huineng hat sich nicht in Klammern "{in zazen]" ausgedrückt, sondern Sitzen so definiert, wie ich es aus dem Plattformsutra zitierte (Taisho T.). Und so ist dann auch besagte Stelle zu verstehen. Siehe Dumoulin (Geschichte des Zen-Buddhismus): "Hui-neng selbst ist gemäß der Überlieferung im Hocksitz meditierend ins Nirvâṇa eingegangen." Jedoch: "Der Erleuchtungsweg der Lehre der Plötzlichkeit ist im Hochsitzsutra des Sechsten Patriarchen nicht dem Phänomen nach beschrieben, aber die wesentlichen Hauptpunkte bezüglich der Übung und Erleuchtung sind klar herausge­hoben. Das Sitzen in Meditation ist als äußere Übung vorläufig und letztlich belanglos; das Eigentliche ist das Nichthaften des Geistes, die ungegenständli­che Meditation, die an keinem Etwas festhält. Der Geist bedarf keiner allmähli­chen Reinigung, da seine ursprüngliche Reinheit im Saṃsâra unbefleckt bleibt. Die Erfahrung geschieht im plötzlichen Erwachen zur Weisheit. Meditation und Weisheit sind identisch."


    Das wurde hier vor ein paar Jahren schon genau so diskutiert. Ich verstehe dein Bedürfnis, dass es ab und an wiederholt wird. Das Sitzen - was heute Zazen heißt - wurde im Chan von Anfang an und auch bei Huineng nicht als "pars pro toto" (Teil, das fürs Ganze steht) verstanden. Nicht wie der Körper sitzt, war entscheidend, sondern wie der Geist "sitzt" (sich ausrichtet bzw. seine Gedanken zum Erliegen bringen kann).


    Nach "Dogen. Mystical Realist", einer akademischen Arbeit von Kim und Leighton, S. 268, Fußnote 26, hat Dogen selbst nur eine Fassung des Plattformsutras gekannt, die weder mit denen aus Tunhuang, Daijoji, Koshoji noch mit anderen populären identisch ist. Möglicherweise meinte er deshalb fälschlich, mit dem, was man Hui-neng zuschreibt (was aber wie bei Bodhidharma offenbar nicht von ihm ist) im Einklang zu sein - weil er gar nicht von dem Hui-neng sprach, der sich den anderen darstellt(e).


    Samadhi und prajna sind bei Huineng eins - also der Geisteszustand der Versenkung (nicht: eine bestimmte Körperhaltung) und die Weisheit. Das hat Dogen zwar, z.B. im Bendowa und im Fukanzazengi, auch angedeutet. Dadurch, dass er das Wort "Praxis" oder Übung aber verstärkt an Zazen knüpft, hat sich die Gewichtung Hui-nengs bei Dogen auf die Körperhaltung und das ritualisierte Sitzen verschoben. Das Hui-neng der Legende nach ja kaum betrieben haben dürfte vor seinem Erwachen. Man hatte ihn ja die Drecksarbeiten machen lassen. Schon von daher durfte es ihm unmöglich gewesen sein, sein späteres, klösterlich geregeltes Leben mit dem zu verwechseln, was einst das Leben VOR seinem Erwachen kennzeichnete (nicht zu sitzen, sondern körperlich zu arbeiten und geistige Ruhe anzustreben).


    Die Vorstellung, dass es dazu ohne Befolgen eines genau definierten moralischen "Pfades" kommen kann, stammt im Übrigen auch aus dem Vimalakirti-Sutra - das Dogen freilich ablehnte, weswegen es Dogen-Adepten auch schwerfällt, dies als Teil der Zentradition zu begreifen. Dort heißt es: Man erreicht Nirwana, OHNE klesha zu beseitigen. Also ohne moralische und intellektuelle Fehlleistungen zu vernichten.

  • Zitat

    diamant:


    Dort heißt es: Man erreicht Nirwana, OHNE klesha zu beseitigen. Also ohne moralische und intellektuelle Fehlleistungen zu vernichten.


    Würdest du das bitte etwas weiter ausführen wie das vonstatten gehen soll? Danke!

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • Namaste!

    diamant:
    Zitat

    Der Spruch soll lediglich aussagen, dass das Sitzen in Zazen beispielsweise nicht mit dem Setzen auf den Bürostuhl oder dem Lümmeln auf der Couch verglichen werden kann!


    Das kann er nicht - weil Form und Ritual in einer Religion von Bedeutung sind. Tatsächlich kann man doch auch auf dem Bürostuhl oder beim Lümmeln auf der Couch seine Gedanken beobachten und ziehen lassen, oder, so man dies für wesentlich hält, zu "Einsichten" kommen. Und man kann auch das TUN, was Leute tun, die jahrelang Zazen praktizierten, ohne Zazen praktiziert zu haben. Inwiefern soll da also etwas nicht vergleichbar sein? Zazen ist als Geistesübung gedacht. Der Geist kann im Sinne des Zen jenseits einer festgelegten Form geübt werden.


    Der Spruch steht wie er steht.
    Die Intention ist die von mir besagte.


    Wenn Du da nun Deine Sichtweise drüber stülpst und den Spruch für Dich anders zu erklären suchst, dann steht Dir das natürlich frei.


    Aber es ändert nichts daran, dass Zazen nunmal eben diese spezielle Form und diesen rituellen Kontext hat.
    Es mag durchaus sein, dass man auch beim Lümmeln auf der Couch zu entsprechenden Einsichten kommen kann oder wenn man sich bei der Arbeit im Büro hinsetzt.
    Aber es ist nunmal so, dass niemand sagen würde, wenn er einen "Couchlümmler" oder einen "Büropfurzer" bei seiner Tätigkeit zusieht, "Ah! Der praktiziert Zazen!".


    Verstehe deshalb, das ich Deinen o. a. Beitrag nicht unkommentiert so stehen lassen konnte.


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Namaste!


    nibbuti:
    diamant:


    Womit dann auch die Frage beantwortet ist, ob die 4 Wahrheiten im Zen eine essentielle Rolle spielen. Natürlich nicht.


    insbesondere die 4. edle Wahrheit, davon der Tugend-Teil, spielt bei vielen Zennies absolut keine essentielle Rolle


    Ach Leute!


    Das der Ethik-Aspekt [meinetwegen auch "Tugend-Teil"] im Zen eben doch eine wichtige Rolle spielt erkennt man doch schon an den Jukai, und das gilt nur für die "lockeren Spielarten des japanischen Zen! In China und Korea wird das sogar noch orthodoxer gesehen!


    Bezogen aufs japanische Zen:
    Das Sôtô Kyôkai Shushôgi mag zwar hierzulande wenig präsent sein oder gar nur ein Schattendasein führen - es bleibt aber nach wie vor Grundlagentext auf der offiziellen Website der Sôtô Shû und ist auch in deren offiziellen Praxisbuch [sogar in der deutschen Ausgabe!] enthalten (vgl. hier dann Kapitel III, 15). Und es ist keineswegs ein Text, der sich ausschließlich an Mönche/Priester richtet, sondern im Gegenteil: er wurde für die Laien-Anhänger geschrieben!


    Wenn hierzulande nun einige Lehrer meinen, sie müssten diesen Aspekt vernachlässigen, dann sind das Einzelauffassungen - Abweichungen von der offiziellen Linie!
    Natürlich passt das einigen Zen-Praktizierenden ganz gut in den Kram sich nicht um Jukai oder Sîla scheren zu müssen - aber das widerspricht der Tradition.


    Und dieses "Ethik-Richtlinien gering schätzen" findet man dann ebenso bei den Tibetern und wohl auch bei den Theravadins [beispielsweise, wenn die Pancasîla in nur noch an Vollmondfeiertagen eingehalten werden].



    Versteht mich nicht falsch:
    Ich will hier absolut nicht den Moral-Apostel raushängen lassen - das steht mir Bompu keineswegs zu.
    Aber die These, dass Zen ohne Moral wäre - die ist aus meiner Sicht nicht haltbar.


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:

    Zitat

    Aber es ist nunmal so, dass niemand sagen würde, wenn er einen "Couchlümmler" oder einen "Büropfurzer" bei seiner Tätigkeit zusieht, "Ah! Der praktiziert Zazen!".


    Schade. Es geht ja auch nicht darum, Zazen zu praktizieren. Das ist mein Punkt. Es geht darum, Zen zu praktizieren. Und das kann einer von dem Couchlümmler durchaus sagen - wenn der etwa seine Gedanken zur Ruhe bringt. Denn beim Praktizieren des ZEN - im Gegensatz zum Praktizieren des ZAzen - ist die innere Einstellung entscheidend. Was und wie tut mein Geist?


    Man könnte es aber auch ganz zynisch an Dogenadepten festmachen. Brad Warner definierte sein Sotozen neulich so:


    Zitat

    In Zen meditation, we sit down and be with ourselves. We make no attempt to change anything.

    (Harcore Zen vom 17.8.)


    Also: Beim Zazen setzen wir uns hin und sind einfach mit uns selbst zusammen. Wir machen keinen Versuch, was zu ändern.


    Das würde dann sogar für JEDEN Couchlümmler gelten (unabhängig von seiner geistigen Haltung), solange er nicht das Programm wechselt. :badgrin:


    Zitat

    Abweichungen von der offiziellen Linie


    Meinst du wirklich, die "offizielle Linie" würde Zen am besten repräsentieren, mit ihren Mitgliedschaften, Mitgliedsgebühren, Jukai und anderen klösterlichen Gegebenheiten?


    Zitat

    Natürlich passt das einigen Zen-Praktizierenden ganz gut in den Kram sich nicht um Jukai oder Sîla scheren zu müssen


    Wer sich darum schert, dem mangelt es an Tugend. Das wussten schon die Taoisten, aus denen sich auch das frühe Chan speiste. Man sollte seine eigenen Schwächen nicht auf andere projezieren, denen jukai und sila nur ein müdes Lächeln abringen.


    Ich habe hier von Leuten zitiert, die für das Verständnis des Chan wichtig sind. Etwa Vimalakirti.


    Zitat

    Wenn hierzulande nun einige Lehrer meinen, sie müssten diesen Aspekt vernachlässigen


    Das wird kaum einer meinen, weil sie ja auf der gleichen Stufe festhocken wie die anderen. Sie betrachten das Thema aus der Warte der Unerwachten. Und womöglich derjenigen, die ein Problem mit der Tugend haben. Und dann halten sie sich daran fest. Während Vimalakirti, der als tugendhaft gelten muss, das hinter sich ließ.


    Zen ist nicht ohne Moral - aber einer, der Zen verwirklicht, braucht die Moral des achtfachen Pfades nicht, so wenig wie sila, Mönchsregeln oder sonst ein Wortgestrüpp.


    snoopy: Wie das vonstatten geht, zeigt sich, wenn du da ankommst. Du handelst, ohne dein Handeln geistig mit den sila etc. abzugleichen. Solange du dies tust - das müsste eigentlich gleich einleuchten - denkst du in Dualismen und hast nicht losgelassen. Dann bist du noch nicht "da". Wenn du meinst, irgendein Typ oder seine Schreiber, die vor tausenden von Jahren lebten, müssten dir sagen, wie du dich zu verhalten hast, wärst du ein bedauernswerter Wicht. All "deine" Moral entsteht aus dir. Wenn du an das glaubst, was anderswo versprochen wird - Einsicht, Erwachen, Klarblick -, dann wird selbstverständlich auch klar werden, was du zu tun und zu lassen hast. Ohne irgendein Rekurrieren oder Nachschlagen in Vereinsregeln (jukai) oder Pali-Schriften.

  • mindfullness:

    Das prinzipielle loslassen von prinzipiellen Denken ist jedoch keinen Menschen, ja noch nicht einmal Mönchen möglich. Hier lesen und schreiben zu 99% Westler in einer freien Marktwirtschaft. Zen bezieht sich nicht nur auf das Sitzen, sondern auch den Alltag, sodass diese Dinge sehr wohl thematisiert werden sollten.


    Warum auch nicht? Es ist ja ein durchaus relevantes Thema. Dass wir es hier in einer auf prinzipielles Denken ausgerichteten Art und Weise diskutieren, entspricht unseren aus einer langen Entwicklungsgeschichte und entsprechendem Karma hervorgehenden Denkgewohnheiten und ist für uns ganz natürlich. Es ist nun mal die Art, wie wir Dinge intelektuell zu bewältigen versuchen. Es ist darüber hinaus auch die Art, wie wir miteinander zu kommunizieren gewohnt sind. Auch mein eigener Beitrag, in welchem ich auf diesen Aspekt hinwies wie auch der, den ich gerade schreibe, sind so gestrickt.


    Selbstverständlich hat diese Art der Herangehensweise nicht mehr viel mit Zen zu tun; schon eher ist sie das genaue Gegenteil von der in diamants Beitrag aus Dumoulin zitierten "ungegenständli­chen Meditation, die an keinem Etwas festhält" oder, wie Meister Huang Po es bezeichnet, "genau dem Augenblick, in dem du dein begriffliches Denken aufgibst" (siehe Eingangsfrage dieses Threads).


    Der Sprung ins genau jetzige, unbedingte Gewahrsein dürfte für jeden Menschen eine Herausvorderung sein, die ein Höchstmaß an Mut, bedingsloser Ehrlichkeit und Offenheit erfordert; egal ob du ihn als Mönch oder Laie, als Asiat oder "Westler in einer freien Marktwirtschaft", im Sitzen oder im Alltag vollziehst.


    _()_
    Tai

  • diamant:
    Zitat

    Das was zu den Jhanas so beschrieben wird erlebe/erlebte ich so mit der Zeit


    Ich nicht. Die jhana beruhen auf einem Irrtum, ich habe sie (teils) falsifiziert , wie viele andere auch.


    :lol:


    eigenes Scheitern ist nicht Falsifizieren


    'jhana' heißt bloß Meditation


    die darin auftauchenden Merkmale (jhanas) sind bloß ungewöhnlich für den in Sinnesreizen verhafteten Geist


    diamant:

    Das beste Beispiel ist das Versprechen der Schmerzfreiheit bzw. Indifferenz gegenüber dem Schmerz im 4. jhana. Darauf antworte ich so wie heute einem Ausländer, der von einem Sikh belabert wurde, der doch kurz zuvor mich von hinten ansprach, mit: "You are a lucky man" (ich erwähnte diese Betrugsmasche schon einmal), woraufhin ich mich umdrehte und sagte: "You are a bullshit man". Dem Ausländer klopfte ich auf die Schulter und sagte: "He will betray you. Walk away!" (Er wird dich übers Ohr hauen. Geh weiter.) Von solchen Irrtümern sollte man also Abstand nehmen. Und der Vergleich mit jenem Sikh, einem aus Indien stammenden - in diesem Fall - Scharlatan, ist durchaus treffend, denn die jhana-Philosophie entstand in diesem Land der Magier und Gurus


    jhana ist keine Philosophie :lol:


    es sind vorübergehende Merkmale oder Wegweiser & für jemand der sie tatsächlich erfahren hat nichts besonderes


    diamant:

    Es war schon lange ein Traum des Menschen, schmerzfrei zu sein. Und wie hier schon gesagt wurde, hat sich auch der Buddha über Rückenschmerzen beklagt. Es handelt sich hier um zwei sich widersprechende Textstellen


    der Widerspruch liegt im Unverständigen


    der Buddha hatte im Zustand der Schmerzfreiheit, in dem bestimmte Hirnareale gedrosselt werden, ein angenehmes Verweilen


    aber auch das ist vorübergehend


    dukkha-Freiheit (3. edle Wahrheit) hingegen ist etwas anderes & geht weit über jhanas hinaus (auch wenn diese den Weg weisen können)


    dukkha kann 2 unterschiedliche Bedeutungen haben


    - Schmerz (konventionell)
    - Leid


    vom ersteren sind alle bedingt entstandenen Lebewesen betroffen, inkl. 'Erwachten'


    vom 2. kann man sich befreien via bedingtes Vergehen


    Grüße
    n.

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

    Einmal editiert, zuletzt von nibbuti ()

  • diamant:

    denkst du in Dualismen und hast nicht losgelassen.


    Non-Dualismus ist ein weiterer Dualismus



    diamant:

    wenn du da ankommst

    diamant:

    Dann bist du noch nicht "da".


    _/|\_

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • diamant:

    Es geht darum, Zen zu praktizieren. Und das kann einer von dem Couchlümmler durchaus sagen - wenn der etwa seine Gedanken zur Ruhe bringt. Denn beim Praktizieren des ZEN - im Gegensatz zum Praktizieren des ZAzen - ist die innere Einstellung entscheidend. Was und wie tut mein Geist?


    Jaja, falls und wenn.
    Manche behaupten ja auch, sie könnten sich bei lauter Musik besonders gut konzentrieren. Das kommt ihnen aber nur so vor, weil ihre Aufmerksamkeitsdauer nicht größer ist als die einer "Fliege" ist. Und genau das gilt auch in den allermeisten Fälle für die "Lümmler". Nichts was der "Geist" macht, kann er unabhängig vom "Körper" tun. Namarupa ist immer eine untrennbare Einheit. "Eintstellung" manifest sich im ganzen Körper, vice versa. Daher auch das schöne deutsche Wort "Haltung".
    Weiß eigentlich jeder der schon mal genau (beim Zazen) hingeschaut hat.

  • bel:
    diamant:

    Es geht darum, Zen zu praktizieren. Und das kann einer von dem Couchlümmler durchaus sagen - wenn der etwa seine Gedanken zur Ruhe bringt. Denn beim Praktizieren des ZEN - im Gegensatz zum Praktizieren des ZAzen - ist die innere Einstellung entscheidend. Was und wie tut mein Geist?


    Jaja, falls und wenn.
    Manche behaupten ja auch, sie könnten sich bei lauter Musik besonders gut konzentrieren. Das kommt ihnen aber nur so vor, weil ihre Aufmerksamkeitsdauer nicht größer ist als die einer "Fliege" ist. Und genau das gilt auch in den allermeisten Fälle für die "Lümmler". Nichts was der "Geist" macht, kann er unabhängig vom "Körper" tun. Namarupa ist immer eine untrennbare Einheit. "Eintstellung" manifest sich im ganzen Körper, vice versa. Daher auch das schöne deutsche Wort "Haltung".
    Weiß eigentlich jeder der schon mal genau (beim Zazen) hingeschaut hat.

    Das tun die meisten eben nicht. Sie Verblenden das Geschaute. Das was da gesehen wird ist so einfach das es nicht wahr sein darf und nicht wahr sein kann, da MUSS noch was sein. Etwas bombastisch, grandioses, super tolles, ist es ja auch nur eben ohne jede Sensation, einfach so da. Nichts zum angeben, stolz sein, vorzeigbares, wertloses. Da gibt es dann Worte die andere glauben machen wollen das das da seiende eben voller Superlative ist um nicht als Depp dazustehen. Wer fragt schon einen solchen Meister ob es nicht doch so einfach ist wie ich es erfahren habe. Habitus ist alles.

  • Namaste!



    Ich habe noch nie einen Couchlümmler gesehen, der "ganz bei sich ist" - zumeist wird doch lautstark Musik gehört oder durch die TV-Kanäle gezappt, eben damit man bloß nicht "alleine ist mit sich selbst", sondern abgelenkt und zerstreut bis zum geht nicht mehr.


    Vielleicht mag das für Dich nicht gelten, aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel :grinsen:



    Soll das in die Richtung gehen, dass das Zen/Chan/Seon/Thien in Asien längst kein "ZEN" mehr ist, da dort ja noch alle so einen Quatsch wie Ethik-Regeln anhaften?
    Und natürlich der verblendete Dôgen... :roll:
    Und demgegenüber werden dann wohl nur die "Erhabenen, westlichen Unabhängigen Zennies" wahrlich den WEG verwirklichen, denn sie sind die einzigen, welche die Worte der Alten Meister heute noch zutreffend verstehen und dadurch das "Plötzliche Erwachen" manifestieren!


    *Bravo!*


    "Mappô-Rising!"


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-kie-Butsu, Namu-kie-Hô, Namu-kie-So.

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • @ diamant


    Gut werter Diamant, die Silas sind also in einem sowieso enthalten. Ja ich weiß. Doch ist es nicht doch auch so das Menschen die dies nicht Durchdrungen haben eine Form ausüben sollten die sie gerade in diese Freiheit bewegen. So ist doch eine Ausübung einer Form wie Silapraxis hilfreich. Vielleicht bewegt dich eine Art Heuchlerei wie mit so einer Form umgegangen wird und da sind mir schon gewisse Individuen bewusst.
    Eine bestimmte Form zu praktizieren um etwas zu durchdringen und auch zu seiner Buddhanatur zu gelangen und sie dann auch zu leben ist doch sinnvoll. Wobei da auch "Seine" Buddhanatur wegfällt bei dementsprechender Durchdringung.
    Und ist es nicht auch Dogen der sich eine Frage stellte wie : " Warum sollen die Menschen denn Praktizieren wenn sie doch schon Buddha sind ?" (Achtung evtl. nicht richtig wiedergegeben nur Sinngemäß)
    Ist es nicht auch so das die Zenpraxis, zum Beispeiel und ich mein auch andere Richtungen, mit ihren Formen nicht auch eine Art Guß ist die einen formt die man dann wenn denn der Punkt kommt auch durchdringt und los läßt? was nicht heisst das man sie verlässt
    Ist es denn nicht richtig für einen Unwissenden dem sich einer Praxisform anzulehnen?

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • diamant:

    Zitat

    Du handelst, ohne dein Handeln geistig mit den sila etc. abzugleichen. Solange du dies tust - das müsste eigentlich gleich einleuchten - denkst du in Dualismen und hast nicht losgelassen.


    punkt 1:
    im zen: man gleicht das handeln gar nicht mit den sila ab.
    punkt 2: aber: das gegenwärtige wird von karmisch produzierten dharma s ( reaktionen ) verstellt,
    berücksichtigt man nicht die ge,-und verbote.
    ich sag jetzt mal absichtlich ( gewichtige ) ge,-und verbote ( kai )
    "den geist zur ruhe bringen" ist -punkt 3- auch deswegen kein zen, denn
    vielmehr ist es so, dass du regelrecht schlagen,
    abschneiden musst; subtile `schatten` wirst du sonst gar nicht gewahr.
    insofern ist "an leerheit festhalten" nichts weiter als "toter mann spielen" ( siehe die drei affen )
    punkt vier & konventionell ja nichts weiter als ne null-linie produzieren.
    so lässt sich allerlei plödsinn rechtfertigen.
    aber zen ist das nicht.





    grüße
    blue_