Was uebt man im Zazen eigentlich genau?

  • diamant:

    Aber wiederum: Das Sitzen ist eben NICHT der Maßstab für alles. Es wird schon so sein, dass da der Einfluss des Alkohols stört. Beim Nicht-Sitzen kann das anders sein.


    Ach so. Deiner Ansicht nach besteht ein Unterschied zwischen Sitzen und Nicht-Sitzen.


    Zitat

    ... Art des Zen, die ich Alltagszen nenne und bei der man sich auch im leicht alkoholisch-erheiterten Zustand den Lauf der Gedanken und der Welt betrachten kann.


    Verstanden. Wie Ikkyu seinerzeit.

  • diamant:

    Unsere Vorstellungen von Tugend unterscheiden sich deshalb wohl


    Tugend ist aus meiner Sicht eine Geisteshaltung und nicht ein Handlungsplan: Die Intention ist wertvoller als ihr Resultat.


    Nun kommen wir jedoch vom Thema ab:
    Ursprünglich bin ich hier aufgesprungen weil behauptet wurde Weisheit sei unabhängig von Tugend. Dem stimme ich nicht zu. Ich bin nämlich der Meinung, dass Tugend im selben Masse zunimmt wie Weisheit.
    Ein tugendloser Mensch betrachte ich deshalb nicht als weise.

  • Zitat

    Deiner Ansicht nach besteht ein Unterschied zwischen Sitzen und Nicht-Sitzen.


    Natürlich. Das Nicht-Sitzen ist nicht ritualisiert. Wie man an deiner Andeutung sah, willst du im Sitzen offenbar einen von Alkohol ungetrübten Geist haben. Das Sitzen muss etwas Besonderes bleiben. Zwischen diesem Sitzen (Zazen in der üblichen Vorstellung) und dem Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) besteht ein Unterschied. Das Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) findet sich damit ab, dass man nicht nur in einem bestimmten Setting (Dojo) seine Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten kann, sondern selbst im berauschten Zustand dazu in der Lage sein sollte. Oder beim Sex. Oder beim Fernsehen.


    Der Unterschied ist immer da. Es fängt damit an, wie die Umgebung zu sein hat (ruhig), wie man sich hinzusetzen hat (die Hände ineinander). Es geht weiter damit, dass eine Zeit festgelegt wird, wann diese Haltung aufgelöst wird usw.


    Punk:

    Zitat

    Tugend ist aus meiner Sicht eine Geisteshaltung ... Ein tugendloser Mensch betrachte ich deshalb nicht als weise.


    Da hast du das Problem selbst formuliert. Man kann Leuten nicht hinter die Stirn schauen. Du wirst also nie genau wissen, wer ein tugendloser oder ein tugendhafter Mensch ist, da seine Geisteshaltung für dich nicht greifbar sein wird.


    Leider ist das Wort Tugend in seiner Bedeutung bei Buddhisten oft auf die sittliche Komponente einer Einstellung beschränkt. Eigentlich kommt es ja von "taugen" und meint damit eben keine bloße Geisteshaltung, sondern ein Talent zum hilfreichen HANDELN. Dann, und nur dann, könnte man es mit der Weisheit in sinnvollen Zusammenhang bringen.


    Nun stieß ich gerade noch auf Platons Einteilung der Kardinaltugenden, zu denen auch die Weisheit zählte. Möglicherweise ist von daher auch ein Bedürfnis von Westlern zu erklären, Tugend und Weisheit auf eine Stufe zu stellen.


    Bleibt natürlich die gleiche Frage nach der Weisheit. Was ist das? Wie äußert sie sich? Auch die mache ich ja oft am Verhalten fest, aber auch an Erkenntnissen (sie bedeutet schließlich auch: Wissen). Das bleibt natürlich eine subjektive Kategorie. Aber es ist z.B. nicht weise, obwohl tugendhaft, wenn man gegen Gewalttäter gewaltlos bleibt. Diese Dinge sind im Grunde ganz gut zu unterscheiden. Und es ist letztlich die Weisheit, die sich m.E. als wichtiger herausstellt. Es kann in bestimmten Situationen auch weise sein zu lügen, obwohl es an sich nicht tugendhaft ist etc.

  • diamant:

    Natürlich. Das Nicht-Sitzen ist nicht ritualisiert. Wie man an deiner Andeutung sah, willst du im Sitzen offenbar einen von Alkohol ungetrübten Geist haben. Das Sitzen muss etwas Besonderes bleiben.


    Das ist also deine Vorstellung von den Vorstellungen anderer.


    Zitat

    Zwischen diesem Sitzen (Zazen in der üblichen Vorstellung) und dem Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) besteht ein Unterschied. Das Nicht-Sitzen (Zen im Alltag) findet sich damit ab, dass man nicht nur in einem bestimmten Setting (Dojo) seine Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten kann, sondern selbst im berauschten Zustand dazu in der Lage sein sollte. Oder beim Sex. Oder beim Fernsehen.


    Zen findet sich ab? Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten?


    Zitat

    Der Unterschied ist immer da. Es fängt damit an, wie die Umgebung zu sein hat (ruhig), wie man sich hinzusetzen hat (die Hände ineinander). Es geht weiter damit, dass eine Zeit festgelegt wird, wann diese Haltung aufgelöst wird usw.

    Ich bin wirklich interessiert, mehr über deine Auffassung vom Sitzen zu erfahren.
    Mit deinen 10.000 Stunden auf dem Buckel.

  • So lange du dich mit den körperlichen Aspekten und deren Wirkung auf das Geistige beschäftigst oder umgekehrt wirst Du es nicht erfahren. Wenn du es erfahren hast gibt es kein Interesse mehr am "sitz" oder sitz eines anderen. -()-

  • Wer sich entschieden hat zu Sitzen - der macht das halt und wer nicht, der nicht. Offenbar braucht es eben 10000 Stunden, so oder so um iwas "zu erfahren" um es dann andern ausreden zu wollen :roll: wieso eigentlich?

  • thigles:
    Thursday:

    dies ist vielleicht eine Aufgabe für jemanden, der aus einer Lungenmaschine kommt und nun von der Beatmung zur Atmung wieder kommen muss


    Aufgrund der "zusätzlichen" Abweisung der Aufgabe - in zweierlei Hinsicht - ist zu schließen wie zu warnen: Vorsicht davor, sich wie auch immer einzureden, daß man ja sowieso sitzt.


    Mir ist nicht klar, weshalb du hier eine Aufgabe konstruierst. Als ich mit Zazen anfing, habe ich durchaus scherzhaft mal davon gesprochen, dass ich ja sowieso sitze bzw. gerne irgendwo rumsitze. Nur ist dieses Sitzen eben garkein Sitzen, obwohl es natürlich so aussieht. Es ist bloß die Haltung, die sich zeigt, wenn Gleichmut entfaltet wird. Das ist jedoch nicht Aufgabe, sondern einfach "Gabe", im Sinne von Gegeben.


    Zitat


    Alles Gute, Kollegin, komme ja wieder (oder auch nicht, wer weiß was kommt).


    Dir auch, alles Gute.

  • Jojo:

    Zitat

    Ich bin wirklich interessiert, mehr über deine Auffassung vom Sitzen zu erfahren.


    Hmm, da bin ich mir nicht so sicher. Obwohl da lauter Fragen waren. Zunächst finde ich Ellvirals Kommentar recht treffend. Dann findest du meine Auffassung bei Huang-po und Hui-neng, um nur ein paar Leute zu nennen. Nicht bei Dôgen. Ich schätze Dôgen wegen anderer Dinge. Wenn er sich aufs Zazen versteift, macht er sein eigenes. Das habe ich zwar immer begrüßt, aber nur, wenn es die Tradition voranbringt oder zum Sinnvollen reformiert. Penible Klosterregeln und ausgedehntes Zazen als eine Art Pflichtprogramm gehören eben m.E. nicht dazu. Aber er hatte seht schöne Einsichten. Wie die anderen genannten, denen aber Dôgens Versteifungen erspart blieben und die nicht den Fehler machten, die Laien derart abzuqualifizieren.


    Beispiel von Thursday:

    Zitat

    Es ist bloß die Haltung, die sich zeigt, wenn Gleichmut entfaltet wird.


    Das ist zwar ein hübscher Satz, aber eine Zenfloskel. Natürlich zeigt sich Gleichmut meist in Haltungen, die der in Zazen gar nicht ähnlich sind. Und wenn eine Geisteshaltung gemeint wäre - wie es im Chan gemeint war -, dann würde man nicht eine ganz bestimmte Sitzhaltung damit gleichsetzen, für deren deutliches Verlassen (also krummer Rücken, falsche Handhaltung usw.) im Dojo ja sogar schon mal Schläge drohen. Natürlich kann man diese Haltung als Symbol für den Gleichmut nehmen. Aber wenn ich im Fußball Elfmeterschießen üben will, dann nehme ich auch nicht bloß die Haltung vor dem Schuss ein. Die Übung findet im konkreten Tun statt. Darum mögen ja auch viele, die hier Zazen machen, dabei gleichmütig sein. Sobald sie im Forum sind, ist es damit aber schon vorbei. Der Gleichmut bleibt, wie so vieles im Zazen, eine Illusion, weil er nicht auf die Probe gestellt wird.


    "Meine Vorstellung von den Vorstellungen anderer" basierte auf deinem Schluss:

    Zitat

    Das Trinken macht kein Vergnügen mehr.

    Du hattest hergeleitet, dass man sich z.B. beim Sitzen "unangenehmen Gefühlen" stellt und schließlich das Trinken kein Vergnügen mehr bereite. Es gibt viele Zenmeister, die zweifellos viel Zazen machten - und einfach weitertranken. Für mich wäre das ein Gegenbeweis, für dich wohl dafür:

    Zitat

    Wer also am exzessiven Trinken Vergnügen hat, ist in vieler Hinsicht unbewusst.

    Da ich nie ein Alkoholproblem hatte, nehme ich mal eine andere Tat, die der gemeine Buddhist als sündhaft ansieht - den Ehebruch. Ich habe schon Ehebruch begangen. Beim Zazen (im wörtlichen und weiteren Sinn eines "Insichgehens") ist dieser Ehebruch schlicht nie als problemhaft in meinen Gedanken aufgetaucht. Weil ich mit mir "im Reinen" war. Man kann also nicht davon ausgehen, dass bloß weil irgendwo etwas verpönt ist, der einzelne Meditierende damit dann auch während des Zazen arbeiten würde.


    Es zeigt sich auch hier immer wieder, dass andere die Vorstellung haben, Zazen sei DER Schlüssel in ihrem Leben. Und wo das herkommt, wer da zitiert wird, ist auch klar. Ich habe früher gern Filme gesehen und war oft im Kino. Wer gern Zazen macht, der ist halt oft im Dojo. Deshalb gibt es da auch nichts "auszureden". Aber zu relativieren. Ich kann noch keinen Film drehen, weil ich Tausende gesehen habe. Aber ich verstehe wohl recht gut, wie ein Film funktioniert. Und ich kann "das Leben nicht meistern", nur weil ich Tausende Stunden daniedersaß. Aber ich verstehe recht gut, wie ich ticke und meine Gedanken und Gefühle entstehen. Ich kann aber Zen nicht begreifen, wenn ich mich auf Zazen fixiere. Das begreife ich erst, wenn ich kein Zazen mehr mache und schaue, was in konkreten Alltagssituationen sich verändert hat. Oder wenn ich, noch besser und wie es Huang-po Hui-neng empfahl, IN diesen Situationen die Geistesübung vollziehe, die im Zazen üblicherweise gesucht wird, nämlich das Beruhigen bzw. Stillegen meiner Gedanken, oder von mir aus, das Loslassen der aufwühlenden und zwanghaften Gedanken. Derjenigen, die man instinktiv als unangenehm betrachtet, könnte man vielleicht sagen.


    Zitat

    Zen findet sich ab? Gedanken ziehen lassen und wertfrei halten?


    Es geht hier nicht um Wortglaubereien. "Zen im Alltag findet sich damit ab, dass ..." lautet mein Satz. Wie du Zen übst, weiß ich nicht, für mich ist eine wesentliche Komponente des Zazen, dass man dabei lernt, sich nicht an einzelne Gedanken zu binden und Gedankenketten zu bilden (also stattdessen "ziehen lassen") und nicht zu werten - was damit einhergeht. Wenn ich Ärger aufkommen spüre in Form von Gedanken an verhasste Gestalten aus meinem Alltag, lerne ich, diese Gedanken nicht so weiterzuspinnen, dass sie sich um den Ärger drehen, ich bausche sie weder auf noch binde ich ein Urteil daran. Das nenne ich die Erweiterung meiner Gedanken- und Gefühlswelt. Denn im Alltag brauche ich die Unterscheidung und Wertung sehr häufig, beim Schreiben wie auch, um Grenzen zu ziehen.


    Dazu gleich ein Beispiel praktischer Anwendung: Aus irgendeinem Grund war eine Gruppe Inder, die gerade im Hotel ankam, von mir verstört. Ich hatte kein T-Shirt an, lächelte und beobachtete sie nur wenig, weil ich mich nicht vordrängeln wollte (das T-Shirt war von der Rezeptionistin geflickt worden und ich wollte es abholen). Offenbar der Führer der Gruppe blickte mich aggressiv an und stellte dann eine mir kaum verständliche Frage auf Englisch, er wollte aber offenbar wissen, warum ich da stand und sie anschaute. Nun, wäre ich ein Polizist, hätte ich gleich seinen Pass überprüft, den man an der Rezeption eingescannt hatte. Sein Verhalten ist doch etwas arg argwöhnisch gewesen. Wahrscheinlich wissen die Inder, die hier herreisen, schon recht genau, was die Allgemeinheit von ihnen denkt. Ich antwortete ihm einfach: "I wanted you to show my tits" - da meine wegen Übergewicht etwas deutlicher ausgeprägten Brüste ja sichtbar waren. Dann ging er an mir vorbei und meinte: "Okay, whatever, I wish you nice day."


    Mein Repertoire umfasst auch Zurückschnauzen oder "What did you just say". Aber diese Gelassenheit - und auf gewisse Weise Überlegenheit - mit der ich manchen Situationen begegnen kann, ist die Frucht einer Einsicht in meine Gedanken. Die nämlich streben, wenn sie zu diesen Reaktionen tendieren, natürlich auch in Richtung Wut, Ablehnung, Hass usw. Genau solche Mechanismen kann man im Zazen zu durchschauen lernen. Wie gesagt, es geht auch ohne Zazen, man sollte einfach "in sich gehen". Vielleicht machst du das ja nicht beim Zazen. Ich habe mir schon früh gedacht, wenn ich schon Zazen mache, dann nutze ich die Zeit auch. Dass es für nichts gut ist, habe ich schon immer bloß für einen rhetorischen Trick gehalten. Weder stimmt das, noch ist das meiner heutigen Meinung nach die rechte Ansage.


    Hier noch eine kleine Zusatzbemerkung. Es wäre falsch von naiven Lesern oder Anfängern, nun zu hoffen, dass damit alles friedlich und angenehm ist. Nach wie vor ist das Verhalten eines solchen Menschen auch ein Warnzeichen: ER ist nicht ganz klar. ER ist (initial) aggressiv. Es geht nicht nur um mich, ich muss die Umwelt um mich herum weiter kritisch wahrnehmen können. Und natürlich ist er ein weiteres Beispiel für das elendige Verhalten männlicher Inder in meinem Hotel. Denn in der Nacht lärmte die Gruppe wie fast jede andere zuvor. Und das kann man auch sagen und sich davon abgrenzen, wenn man "grenzenloses" und nicht-wertendes Denken eingeübt hat. Was bleibt, ist eine Möglichkeit, eine konkrete Situation durch die eigene Geisteskontrolle oder den genannten Gleichmut zu entschärfen. Für eine Weile wird sie "dem Nichts", das sie ist, preisgegeben.


    Zitat

    Mit deinen 10.000 Stunden auf dem Buckel.


    Dieser Satz wird genau so zu Neid und Ironie führen wie ein Satz vom Kaliber "ich bin erleuchtet". Und das damit verbundene Gefühl könnte das sein, was man sich - ob in Zazen oder nicht - mal genauer anschaut, mit dem Hintersinn, es zu "dekonstruieren", es bis zu seinem "Nichts" hin zu verfolgen, es also loszulassen und sich der nächsten Irritation zuzuwenden, so es eine gibt, die einen umtreibt.

  • Danke für diese ausführliche Antwort. Muss jetzt arbeiten, daneben kann ich nichts Sinnvolles schreiben. Setze mich heute abend daran.

  • diamant:


    Beispiel von Thursday:

    Zitat

    Es ist bloß die Haltung, die sich zeigt, wenn Gleichmut entfaltet wird.


    Das ist zwar ein hübscher Satz, aber eine Zenfloskel. Natürlich zeigt sich Gleichmut meist in Haltungen, die der in Zazen gar nicht ähnlich sind. Und wenn eine Geisteshaltung gemeint wäre - wie es im Chan gemeint war -, dann würde man nicht eine ganz bestimmte Sitzhaltung damit gleichsetzen, für deren deutliches Verlassen (also krummer Rücken, falsche Handhaltung usw.) im Dojo ja sogar schon mal Schläge drohen. Natürlich kann man diese Haltung als Symbol für den Gleichmut nehmen. Aber wenn ich im Fußball Elfmeterschießen üben will, dann nehme ich auch nicht bloß die Haltung vor dem Schuss ein. Die Übung findet im konkreten Tun statt. Darum mögen ja auch viele, die hier Zazen machen, dabei gleichmütig sein. Sobald sie im Forum sind, ist es damit aber schon vorbei. Der Gleichmut bleibt, wie so vieles im Zazen, eine Illusion, weil er nicht auf die Probe gestellt wird.


    Ja - der Satz gefällt mir auch - ich sitze ja auch in gleichmütiger Eitelkeit oder eitler Gleichmütigkeit - was weiß ich?


    Aber du hast völlig recht, erst in der Probe zeigt sich wahrer Geist. Bloß sehe ich mich in ständiger Probe - also eine Art Ernstfall und der Unterschied von Probe oder Ernstfall macht vielleicht Sinn am Theater, wenn man das Stück einübt, bevor man es dann vorführt. In jeder Begegnung und damit ständig, weil du dir ständig begegnest, wenn du es drauf anlegst bzw. wenn du es siehst, also immer ist man praktisch beim "Elfmeterschießen" - wie du das so schön ausdrückst. Alles andere ist: "er macht sich Vorstellung von".


    Ansonsten finde ich das du herum spekulierst und mal wieder dich in deinen Vorstellungen ergehst. Ich las kürzlich in einem Sesshin MN 1 und da ist mir doch aufgegangen, dass zunächst man von diesem "er macht sich Vorstellung von" runter muss - es gibt insofern keine Übung - von was denn auch? - es ist immer grade so -.


    Dann verschieß mal deine Elfmeter hier.

  • Zitat

    Ansonsten finde ich das du herum spekulierst und mal wieder dich in deinen Vorstellungen ergehst.


    Das taten alle. Darum gibt es auch so viele Zenbücher.
    Der Satz ist irgendwie in einem Forum, in dem diskutiert wird ... eine Zenfloskel.
    Jeder spekuliert hier, jeder macht sich seine Vorstellungen. Selbst MN 1 ist Spekulation.


    (P.S.: Und vergiss nicht - der Klassiker ... - MN 1 richtet sich an Bhikkhus, also gar nicht an dich ;)
    ""Er erkennt Himmelswesen des Überströmenden Glanzes unmittelbar als Himmelswesen des Überströmenden Glanzes."
    Ein Problem, das sich mir gar nicht stellt.)

  • diamant:
    Zitat

    Ansonsten finde ich das du herum spekulierst und mal wieder dich in deinen Vorstellungen ergehst.


    Das taten alle. Darum gibt es auch so viele Zenbücher.


    Alle trinken. Deshalb gibt es soviel Alkohol - damit lässt sich ja vorzüglich Geld machen. Mit der Sucht oder der Suche der Leute.

    Zitat


    Der Satz ist irgendwie in einem Forum, in dem diskutiert wird ... eine Zenfloskel.
    Jeder spekuliert hier, jeder macht sich seine Vorstellungen. Selbst MN 1 ist Spekulation.


    Klar - deshalb legt man sowas wie MN oder andere Sutten beiseite, wenn es gegessen ist.


    Zitat


    (P.S.: Und vergiss nicht - der Klassiker ... - MN 1 richtet sich an Bhikkhus, also gar nicht an dich ;)
    ""Er erkennt Himmelswesen des Überströmenden Glanzes unmittelbar als Himmelswesen des Überströmenden Glanzes."
    Ein Problem, das sich mir gar nicht stellt.)


    Nein - es richtet sich an diejenigen, die lesen können. Die Tanten und Onkel von damals, die hörten sich das an, später schrieben das dann einige auf und wir können es jetzt ausgiebeig übers Netz lesen. Ändert aber nichts an dem Problem, dass man sich "Himmelswesen" oder "Jhanas" immer bloß vorstellt, wenn man es nur liest oder hört und es eben selbst erfahren muss.


    Zitat

    194. "Er erkennt Nibbāna unmittelbar als Nibbāna. Nachdem er Nibbāna unmittelbar als Nibbāna erkannt hat, stellt er sich nicht Nibbāna vor, er macht sich nicht Vorstellungen in Nibbāna, er macht sich nicht Vorstellungen von Nibbāna ausgehend, er stellt sich nicht vor 'Nibbāna ist mein', er ergötzt sich nicht an Nibbāna. Warum ist das so? Weil er verstanden hat, daß Ergötzen die Wurzel von Dukkha ist, und daß es mit Werden (als Bedingung) Geburt, und für alles, was geworden ist, Alter und Tod gibt. Daher, ihr Bhikkhus, ist der Tathāgata durch die völlige Vernichtung, die Lossagung, das Aufhören, das Aufgeben und Loslassen der Begehren zur höchsten vollkommenen Erleuchtung erwacht, sage ich."


    Das ist es, was der Erhabene sagte. Aber jene Bhikkhus waren nicht entzückt über die Worte des Erhabenen.


    Warum waren sie nicht erfreut oder entzückt über diese Lehrrede?


    Weil sie auch das als ein Forum ansahen, in dem wie hier Vorstellungen ausgetauscht werden. Jede Frage kommt immer aus einer Vorstellung heraus - Fliegenklatsche - päng! - Frage tot.
    Wie sagt man bei einem Alki? Prost.

  • "Was übt man im Zazen eigentlich genau?"


    Es gibt in der Musik ein Zitat, das Johann Sebastian Bach zugeschrieben wird:


    Zitat

    Musizieren ist ganz einfach: man muss nur den rechten Ton zur rechten Zeit treffen.


    Wer Musik erlernt, spielt Tonleitern. Und Etüden. Und Etüden. Und Tonleitern.
    Rauf und runter. Rauf und runter. Rauf und runter.
    Vorgegebene Fingersätze, das Metronom schlägt gnadenlos: tack-tack-tack-tack.
    Triff' den rechten Ton zur rechten Zeit.
    Immer.
    Blind.
    Morgens in der Früh, spät in der Nacht.
    Immer.
    Immer.
    Immer.


    Und doch ist das noch keine Musik.
    Musik ist es, wenn es innerhalb aller Regeln außerhalb aller Regeln ist.
    Dann, wenn Du keine Fingersätze mehr spielst, nicht Ton an Ton reihst, nicht mehr das tack-tack-tack-tack des Metronoms hörst, dann beginnt die Musik zu atmen.
    Dann bist Du gebunden in tausend harmonische Regeln, an die Grenzen des Instruments, die Spannweite Deiner Hände, aber das sind nur noch Schatten. Du siehst sie nicht mehr, Du brauchst sie nicht mehr. Du machst keine Musik mehr, Du bist Musik. Du spielst kein Stück mehr, es spielt Dich.
    Dann, und erst dann und keine Millisekunde früher, werden sich die wilden Tiere um dich scharen und die Steine werden weinen.
    Hörst Du an dem Tag auf, zu üben?


    Zen ist das Leben ist die universale Melodie, die Dich spielt.
    Zazen ist die Tonleiter.


    Tack-tack-tack-tack.


    LG
    Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von Andreas ()

  • Thursday: Natürlich ist das Ironie. Eine Ausrede, die gern von Theravadin benutzt wird: "Schau mal, der Vinaya richtet sich nicht an dich. Schau mal, du musst immer wissen, an wen der Buddha sich gewendet hat." Eigentlich müsste man zwei Palikanon extrahieren, einen für die Laien und einen für die "richtete sich an Bhikku"-Fraktion.


    Ich seh das so wie du, da ist ein Text, den kann ich lesen.


    Über seine Vorstellungswelt (hier auch wesentlich: die fünf Elemente) kann ich aber auch den Kopf schütteln. Alles, was dieser Typ sich in seinem Wahn so eingebildet hat oder einfach - wie das Rad der Wiedergeburt oder bestimmte Tugenden und dies und das - aus seiner Hindukultur abzapfte, muss ich mir nun wirklich nicht antun. Ich habe seine Probleme - ode die der bhikkhu - eben oft gar nicht. Und man sollte sich auch keine einreden lassen. Es sind keine Himmelswesen da - Gott sei Dank :grinsen: Was in MN 1 gut ist, wurde doch von Zenmeistern zusammengefasst: "Sieh die Dinge als das, was sie sind, und pflanz nicht irgendeine (Wunsch)Vorstellung drauf." Dieser Rat findet allerdings schon dann seine Grenze, wenn ich meine Fantasie für eine Geschichte aktiviere. Was die Langweiler um Buddha rum ja eher ablehnten, obwohl ich ja glaube, sie haben das Gleiche getan, als sie den Palikanon verfassten - sich eben eine Menge Vorstellungen gemacht.


    Meine Texte sind sicher oft etwas zu lange. Aber MN 1 ist viel zu lange. Im Gegensatz zu den bhikkhu bin ich über die Quintessenz von MN 1 entzückt, nicht aber über die Form und die Details. Das ist ein bisschen wie bei Dôgen. Einfach noch zu viel Müll drin. Schlechtes Lektorat. Ich kann mir fürs Forum auch keins leisten.


    Andreas: Danke, du bist eine Bereicherung hier.

  • Wurde dann doch nichts mit "heute abend", war unverhofft zum Grillen am Strand eingeladen und bin jetzt angenehm erledigt.


    Ich gucke auf den Text und habe keine Lust mehr, dazu groß was zu schreiben.
    Wie bel schon schrieb, die einen sitzen halt, die andern sitzen nicht.
    Letztlich gibt´s keinen Einen Rechten Weg.
    Andreas hat auch alles Wichtige gesagt.


    Gute Nacht zusammen.

  • diamant:

    Thursday: Natürlich ist das Ironie. Eine Ausrede, die gern von Theravadin benutzt wird: "Schau mal, der Vinaya richtet sich nicht an dich. Schau mal, du musst immer wissen, an wen der Buddha sich gewendet hat." Eigentlich müsste man zwei Palikanon extrahieren, einen für die Laien und einen für die "richtete sich an Bhikku"-Fraktion.


    Ich seh das so wie du, da ist ein Text, den kann ich lesen.


    Über seine Vorstellungswelt (hier auch wesentlich: die fünf Elemente) kann ich aber auch den Kopf schütteln. Alles, was dieser Typ sich in seinem Wahn so eingebildet hat oder einfach - wie das Rad der Wiedergeburt oder bestimmte Tugenden und dies und das - aus seiner Hindukultur abzapfte, muss ich mir nun wirklich nicht antun. Ich habe seine Probleme - ode die der bhikkhu - eben oft gar nicht. Und man sollte sich auch keine einreden lassen. Es sind keine Himmelswesen da - Gott sei Dank :grinsen: Was in MN 1 gut ist, wurde doch von Zenmeistern zusammengefasst: "Sieh die Dinge als das, was sie sind, und pflanz nicht irgendeine (Wunsch)Vorstellung drauf." Dieser Rat findet allerdings schon dann seine Grenze, wenn ich meine Fantasie für eine Geschichte aktiviere. Was die Langweiler um Buddha rum ja eher ablehnten, obwohl ich ja glaube, sie haben das Gleiche getan, als sie den Palikanon verfassten - sich eben eine Menge Vorstellungen gemacht.


    Dein Beitrag zeigt doch genau, worum es in MN 1 geht: mach' dir keine Vorstellungen, auch nicht davon "die Dinge als das zu sehen, was sie sind" - denn auch das ist Vorstellung. Dieser Rat findet da allerdings seine Grenze, wenn er als Doppelbindung erkannt wird. Sei spontan! - Mach' dir keine Vorstellung!
    Wenn du dir das Sutta ansiehst, dann hat es eine Struktur, die sich aus der damals üblichen Praxis des Memorierens ergab. Zusammengefasst gibt es einfach nur die Gegenüberstellung von Menschen, die noch gar nichts kapiert haben, dem "Weltling" und dann den anderen - einer der höheren Schulung; Arahat I, II, III und IV und Thatagatha I und II . Hier sind dann die Unterschiede zu betrachten.
    Die Vorstellungen des Weltlings sind ja nicht nur Vorstellungen, wie Kino oder Theater, sondern sie sind vor allem "meine Vorstellungen" - wie du schreibst - wenn ich meine Fantasie für eine Geschichte aktiviere - . Und genau das unterscheidet ihn von den anderen - derjenige, der in "höherer Schulung" ist, der hat die Aufgabe sich gestellt, sind eben nicht mehr vorzustellen ..... und es nicht mehr als "meine Vorstellungen" anzusehen. Damit kann man schon die Vorstellungen (Gedanken) loslassen. Und ergeht sich nicht noch in ihnen. Macht da keine Geschichte draus.


    Der Arhat I ist dann bereits soweit, dass er sich keine Vorstellungen macht. Er stellt sich eben nichts vor, wenn er "Arhat" erkennt. ABER: er erkennt DAS (ihn)! Er hat das mit den Vorstellungen vollständig durchschaut.
    Der Arhat II hat dann noch das Verlangen nach Vorstellungen beendet.
    Der Arhat III hat dann auch die Aversion von Vorstellungen beendet. Das ist ja insofern wichtig, weil man Verlangen auch einfach durch die Vorstellung eines Übels löschen kann - man stellt sich dann vor, wie öde und langweilig es mit einem Mann ist, wenn man ihn in 20 Jahren mit Dickbauch und dgl. neben sich hat.
    Aber auch diese Vorstellung hat der Arhat III gelöscht.
    Beim Araht IV geht es dann noch um das dritte Wurzelteil - die Verblendung. Und das ist ja recht schwierig, weil Nicht-Wissen immer gegenwärtig ist und es nur durch dieses Wissen von seiner Gegenwart gelöscht werden kann. D.h. der Arhat IV weiß um seine Menschlichkeit und dass er umgeben ist vom Nebel der Verblendung. Aber das stört ihn nicht, weil er ja nicht eine Vorstellung nährt und der Satz "Sieh die Dinge, als was sie sind" - in ihm auch keine Vorstellung nähren kann. Er hat keinerlei Bedürfnis nach "gemaltem Reiskuchen".


    Der Tathagata I - der "So Gegangene" - hat das alles bis zum Ende durchschaut, d.h. er ist da durch gegangen.
    Der Tathagate II hat das nun alles verstanden - d.h er ist zu dem geworden, er ist Soheit und kann in der Begegnung jeden, der es will, auch dorthin führen. Allerding erfordert es, dass man den Schritt macht zu dem, was thigles "Aufgabe" nennt. Da kommt man nicht drum herum - Und dazu braucht es einen konkreten Lehrer, einen Menschen, der sich als Aufgabe zur Verfügung stellt und an dem man sich abarbeitet. Das muss jetzt kein Zen-Meister sein. Ein Lebensgefährte reiht da völlig aus - oder ist sogar noch besser als so eine Meister-Nummer.

    Zitat


    Meine Texte sind sicher oft etwas zu lange. Aber MN 1 ist viel zu lange. Im Gegensatz zu den bhikkhu bin ich über die Quintessenz von MN 1 entzückt, nicht aber über die Form und die Details. Das ist ein bisschen wie bei Dôgen. Einfach noch zu viel Müll drin. Schlechtes Lektorat. Ich kann mir fürs Forum auch keins leisten.


    Form - ist Muster und die Pali-Kanon Suttas sind ziemlich einfach gestrickt. Da gibt es ganz andere komplexe Muster in der Mathematik. Insofern reicht der Pali-Kanon für ganz einfach gestrickte Gemüter, wenn sie sich das als Ohrwurm einüben, ist das eine hervorragende "Koan-Praxis".


    Zitat


    Andreas: Danke, du bist eine Bereicherung hier.


    Auch von mir ein Dankeschön an Andreas. Das mit dem Spielen ist schon eine schöne Vorstellung. Ich empfehle da
    Taigu Ryokan - Ich spiele auf dem Buddha-Weg.


  • Gut zusammengefasst. In etwa erlebe ich das (einiges) so, nur konnte ich das bis jetzt nicht so für mich erklären. Damit hast du mir sehr geholfen. Ich bin etwas sprachlos. Danke in tiefer Verbeugung.
    Danke auch an Andreas und thigle und auch an Diamant.


    Liebe Grüsse


    _()_

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • Zen ist kein Diskutierclub.
    Es gibt nur ein Bewusstsein, kein zweites. Anfangslos, zeitlos,raumlos und sogar ohne ein ich. Gedanken weg, Atem betrachten und schon erfahrbar. Wer darin Zeit findet hat den Knall nicht gehoert :> Es ist ohne Konstruktionen, ohne ein Buddha, ohne Karma und ohne Buddhismus. Das ist das Dharma das Buddha lehrte, ohne Flickwerk.

  • keks:

    Zitat

    Das ist das Dharma das Buddha lehrte, ohne Flickwerk.


    schon richtig. aber von dieser wirklichen essenz bist du noch meilenweit entfernt, insofern du herab schaust und dich gleichermaßen erhöhst. "anhaften an leerheit" sagt man, aber das auch nur oberflächlichst. karma, buddha, buddhismus, dharma,kanon ist in leerheit enthalten & kein negativ.



    grüße
    blue_

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • stoert nicht weiter da bevorzugung und Ablehnung gleich sind. Selbst Kritik oder nicht Kritik is das selbe, von daher...Red wie dir gerade der Schnabel gewachsen ist, is ok :)

  • keks:

    stoert nicht weiter da bevorzugung und Ablehnung gleich sind. Selbst Kritik oder nicht Kritik is das selbe, von daher...Red wie dir gerade der Schnabel gewachsen ist, is ok :)


    im zen gibt es kein `gleich`
    vielleicht suchst du dir ne andere richtung - mit mehr dualitäten ?


    grüße
    blue_

  • Ob du es eins nennst, nicht-eins, alles, Leere, zu alles ist gleich kann man auch alles ist nichts oder alles ist eins sagen oder meinetwegen alles ist Buddha oder Kuhdung. Es gibt nichts zu erreichen was schon da ist. Keiner ist davon entfernt und keiner kann naeher kommen. Man kann sich abet nette Konstrukte drumrumbauen und alles verschleiern, eventuell mit 100 Niederwerfungen.