Rationalität und Gefühl

  • bel:
    Morpho:


    :) Ja, sag ich doch ....


    ... es kann ja auch unmöglich an meiner komischen Schreibe liegen.


    Hallo bel,
    Der Sinn entsteht vielleicht immer wieder neu. Also z.B. dass was Morpho meinte und was du zitierst von ihm/ihr sind 2 verschiedene Darstellungen von Morphos Text.
    Ich z.B. verstehe deine Einleitung für diese Zen-Gruppe überhaupt nicht sorry.


    Sorry wenn zu OT.


    Gruss cinnamon

  • bel:
    Morpho:


    :) Ja, sag ich doch ....


    ... es kann ja auch unmöglich an meiner komischen Schreibe liegen.


    cinnamon:

    Der Sinn entsteht vielleicht immer wieder neu. Also z.B. dass was Morpho meinte und was du zitierst von ihm sind 2 verschiedene Darstellungen von Morphos Text.


    Sicher sogar, da ich aber nicht wissen kann, was Morpho meinte, muss ich mich auf das Geschriebene stützen.


    Zitat

    Ich z.B. verstehe deine Einleitung für diese Zen-Gruppe überhaupt nicht sorry.
    Sorry wenn zu OT.


    Es ist im Leben ja oft so - gesagt ist gesagt, man kann es nicht mehr ändern (hier aus technischen Gründen).
    Man kann aber - falls gewüscht - eine aktuelle Erklärung hinzufügen. Mach ich in der Regel auch.

  • kalyāṇa-mittatā / Zen chishiki (善知識)


    Bei "kalyāṇa-mittatā" ist eigentlich nicht von "Freundschaft" in dem Sinne die Rede, wie wir dieses Wort verstehen - so wie eben auch bei fb-"Freunden". Bei "Zen chishiki" erkenne ich erst überhaupt keinen "Freund" - und "Zen" hat da auch ne völlig andere Bedeutung, als möglicherweise hier vermutet. "Mittata" bezeichnet im gegebenen Zusammenhang einfach eine enge persönliche Beziehung zwischen Mentor und Mentee. Nix weiter.
    Es ist grauenhaft zu beobachten, wie Kommerz und Religion gleichermaßen versuchen, sich der Alltagssprache zu bemächtigen, und wie die Rechnung dabei tatsächlich in vielen Fällen aufgeht.


    Nachtrag cinnamon
    Du schreibst zwar "Private Nachrichten" (PN), hast aber die Möglichkeit deaktiviert (gelassen), dir auf dem selben Weg zu antworten. Das solltest du in deinen "Einstellungen" ändern, andernfalls kann ich dir nicht antworten.

  • Zitat

    Bei "kalyāṇa-mittatā" ist eigentlich nicht von "Freundschaft" in dem Sinne die Rede
    Bei "Zen chishiki" erkenne ich erst überhaupt keinen "Freund"


    hallo, hier war ja auch von vertrauter verbundenheit die rede. wenn das keine freundschaftliche für dich wäre, ja dann.

  • Yofi:
    Yofi:

    Eine Übertragung ist nicht der einzige Weg zum Dharma.


    Ich bleibe dabei. Was sollte übertragen werden, was man selbst nicht 'hat'?


    Eben, deshalb meint "Übertragung" ja auch was anderes. Es gibt da nix, was der eine gibt, und ein anderer dadurch empfängt.
    Was allerdings stattfindet, kann man mit der japanischen Phrase "ishin-denshin" (以心轉心) umschreiben - ganz allgemein (also nicht auf Zen beschränkt) ein Ausdruck nonverbaler Kommunikation im gemeinsamen Verstehen.
    Wenn das nicht gegeben ist, gibts auch keine "Übertragung".

  • bel:

    ein Ausdruck nonverbaler Kommunikation im gemeinsamen Verstehen.


    Also auch ein gemeinsames Mißverstehen.

    Zitat


    Wenn das nicht gegeben ist, gibts auch keine "Übertragung".


    Womit wir wieder in der Frage von "gibt es nun Übertragung oder nicht"? sind. Also nochmal von vorn - was wird denn übertragen?
    Meine Antwort dazu: Nichts. Und das Verstehen bezieht sich auch auf dieses "Nichts" - wenn also dann dieses gemeinsame Verständnis gegeben ist, dass es nämlich nichts zu verstehen gibt und man die Formel "Form=Leere" tatsächlich sieht, dann bedarf es auch weiter nichts.
    Und dann ist so einer frei. Was der dann mit dem Nichts macht, ist seine Sache - er kann mit leeren Händen nach Hause kommen (Dôgen) und ein paar Leutchen um sich scharen und ihnen was erzählen. Heute macht das einer im Forum oder auf facebook oder auf youtube. :grinsen:

  • Monday:

    wenn also dann dieses gemeinsame Verständnis gegeben ist .... dann bedarf es auch weiter nichts.


    So ist es.

  • bel:

    kalyāṇa-mittatā / Zen chishiki (善知識)


    Bei "kalyāṇa-mittatā" ist eigentlich nicht von "Freundschaft" in dem Sinne die Rede, wie wir dieses Wort verstehen - so wie eben auch bei fb-"Freunden". Bei "Zen chishiki" erkenne ich erst überhaupt keinen "Freund" - und "Zen" hat da auch ne völlig andere Bedeutung, als möglicherweise hier vermutet. "Mittata" bezeichnet im gegebenen Zusammenhang einfach eine enge persönliche Beziehung zwischen Mentor und Mentee. Nix weiter.


    Mentor und Mentee ist eine asymmetrische Beziehung und meint Berater, aber auch Erzieher. Und ist in der Unternehmensführung gang und gäbe:
    http://tu-freiberg.de/sites/de…itfaden_mentoring_2.0.pdf
    Freundschaft ist eine Beziehung auf Wechselseitigkeit, in der beide oder mehrere eine gemeinsame Sache als Grund der Freundschaft pflegen. Beziehungen brauchen natürlich eine organsatorische Plattform, die das Zusammentreffen, die Begegnung ermöglicht und die das auch als regelmäßige Begegnung organisiert. Irgendwo muss man sich ja kennen lernen.

    Zitat


    Es ist grauenhaft zu beobachten, wie Kommerz und Religion gleichermaßen versuchen, sich der Alltagssprache zu bemächtigen, und wie die Rechnung dabei tatsächlich in vielen Fällen aufgeht.


    Sprache ist nun mal so. Und wenn sich Spezialisten verständigen wollen, müssen sie auch erst einmal klären, was sie so unter ihren Begriffen ihrer Spezialsprache verstehen. Es reicht dabei nicht, einfach mal so ein paar Kanji unter das Volk zu schmeißen.

  • bel:

    Bei "kalyāṇa-mittatā" ist eigentlich nicht von "Freundschaft" in dem Sinne die Rede, wie wir dieses Wort verstehen - so wie eben auch bei fb-"Freunden".


    Nun, im Deutschen kann 'Freundschaft' auf ein weites Spektrum von Sachlagen angewandt werden - von der Freundschaft, der Schiller in seiner Ballade 'Die Bürgschaft' ein Denkmal gesetzt hat über die Freundschaft unter Parteifreunden bis hin zur deutsch-sowjetischen Freundschaft seligen Angedenkens. Hier zeichnet sich auch eine zweite Bedeutung von mitratā ab - 'Bündnis'. Gewissermaßen die völlig unsentimentale Form von Freundschaft. Entscheidend ist jedenfalls die genauere Spezifizierung durch das Adjektiv 'kalyāṇa', das allerdings ebenfalls einen weiten Bedeutungsraum abdeckt. Im Zusammenhang mit ‚Freundschaft‘ (oder 'Bündnis') steht kalyāṇa jedenfalls für den Bedeutungskomplex wohlwollend/wohltuend, tugendhaft, glückverheißend.

    bel:

    Bei "Zen chishiki" erkenne ich erst überhaupt keinen "Freund"


    Richtig. Auch, wenn es sich um die chinesische bzw. japanische Übersetzung von kalyāṇa-mitratā handelt, liegt der semantische Schwerpunkt doch etwas anders - möglicherweise auch, um die schon angedeutete sentimentale Konnotation von 'Freundschaft' zu vermeiden. Es wird dafür mit 知識 (zishi / chishiki) ein Begriff ausgewählt, der Wissen ausdrückt. Allerdings kein 'überweltliches' Wissen, sondern ein Sachwissen / Kenntnisse; die Beherrschung eines Wissensgebietes - hier ist dann auch die Beziehung zum 'Meister' (dem Fachmann, der sein Fachgebiet beherrscht) gegeben. Der natürlich keine "Macht" hat (wie unser Zenexperte Yofi zu wissen glaubt) sondern vielmehr auf überlegenem Wissen bzw. Kenntnissen beruhende Autorität. Auch hier wird das 'meisterliche Wissen' durch das vorangestellte adjektivische 善 (shan / zen) spezifiziert, das von der Bedeutung her (heilsam, tugendhaft, richtig, gut) ziemlich deckungsgleich mit kalyāṇa ist.


    ()

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  • Monday:

    wenn sich Spezialisten verständigen wollen, müssen sie auch erst einmal klären, was sie so unter ihren Begriffen ihrer Spezialsprache verstehen.


    Wenn sich 'Spezialisten' verständigen wollen, dann impliziert der Begriff 'Spezialist', dass sie auf einen gemeinsamen Begriffsvorrat zugreifen können. Von zen chishiki habe ich Dir gegenüber gesprochen - nicht zu Yofi. Zu Yofi habe ich von kalyāṇa-mittata gesprochen.

    Monday:

    Es reicht dabei nicht, einfach mal so ein paar Kanji unter das Volk zu schmeißen.


    Swahili ist da auch nicht besser. Aber wie schon gesagt - damit warst Du gemeint, nicht "das Volk".


    ()

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  • Monday:

    Mentor und Mentee ist eine asymmetrische Beziehung und meint Berater, aber auch Erzieher.


    Die Asymmetrie kann sich allein darin erschöpfen, daß der Eine (auf einem bestimmten Gebiet) mehr weiß/kann als der Andere - und irgendwann hört auch das vollkommen auf, wenn der Mentor seinen Job richtig versteht - und das kann er nicht, wenn er nicht schon von Anfang an Symmetrie zuläßt.

    Zitat

    Sprache ist nun mal so. Und wenn sich Spezialisten verständigen wollen, müssen sie auch erst einmal klären, was sie so unter ihren Begriffen ihrer Spezialsprache verstehen. Es reicht dabei nicht, einfach mal so ein paar Kanji unter das Volk zu schmeißen.


    Eben, das können wir ja hier machen.

  • stimmt, jeder kann sich da ruhig n bissel anstrengen - ganz symmetrisch :)

  • sudhana:

    Zitat

    wohlwollend/wohltuend, tugendhaft, glückverheißend

    - richtig. Treffliche seien einander gut, nützlich und angenehm, sagt Aristoteles. Und kalyāṇa-mittata umfasst "Gleiche" und "Ungleiche".
    Und logisch gibt s auch dabei eher sinn,- und/oder empfindungs"orientierte" Geschichten.

    Zitat

    das von der Bedeutung her (heilsam, tugendhaft, richtig, gut) ziemlich deckungsgleich mit kalyāṇa ist.

    genau.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Monday:

    Was der dann mit dem Nichts macht, ist seine Sache - er kann mit leeren Händen nach Hause kommen (Dôgen) und ein paar Leutchen um sich scharen und ihnen was erzählen. Heute macht das einer im Forum oder auf facebook oder auf youtube. :grinsen:


    Das ist wie der Unterschied zwischen Krieg und zu Hause im Sessel hocken und am Computer 'Call of Duty' oder 'Counterstrike' spielen. Ist nicht wirklich dasselbe.


    ()

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  • monday:

    Zitat

    Heute macht das einer im Forum oder auf facebook oder auf youtube.


    noch nie gesehen; vielleicht bin ich auch blind für oder es ist mir karmisch nicht gegeben da nen meister anzutreffen oder ne kalyāṇa-mittata.
    Monday:

    Zitat

    Irgendwo muss man sich ja kennen lernen.


    Das ist ganz komisch, aber nen kalyāṇa-mitta brauch ich nicht im landläufigen Sinne kennen lernen, pö a pö, das ist einfach da, zack, man kennt sich -
    ein fach so, sozusagen. Die sind 'großherzig'.


    Zitat

    Daishin (大心) – Der großherzige Geist bezieht sich darauf, keine persönlichen Vorlieben walten zu lassen, sondern alle Zutaten so zu akzeptieren wie sie sind. Es geht nicht darum, sie zu etwas „besserem“ zu machen, sondern ihren natürlichen Geschmack zu betonen.


    Verstehst.

  • Danke für eure Beiträge - jedenfalls die letzten - ich muss für ein paar Tage unters Volk :D - bis nächste Woche.


  • Hallo lieber Yofi,


    ich möchte mit euch einen kleinen Schritt weiter gehen,


    wie ist es mit dem Mögen und dem Lieben? Beim Lieben differenziert man ja gewöhnlich noch einmal zwischen agape, philia und eros. Welche Gefühle hauptsächlich sind es genau neben dem Mittgefühl, die da durch Emotionen überlagert werden, wo doch die Emotionen von sich aus schon rauswollen? Dürfen sie und ist das immer heilsam? Das sind ja zwei verschiedene Fragen. Müssen wir nicht bereits von Blockaden sprechen, wenn Gefühle nicht gelebt werden, vielleicht weil sie nicht gelebt werden dürfen in der jeweiligen Gesellschaft? Sind Buddhisten in Indien oder wo sie auch leben eher häufig oder eher selten emotional blockiert, oder wie regeln sie das für sich? Buddhisten gehen doch wohl eher selten auf Jahrmärkte?
    Oder aber auch, wie bewältigen sie zum Beispiel Trauer?


    Das ist ein äußerst Interessantes Feld! Ist das ein Dukkhafeld oder ist Dukkha ein anderes Leiden als seine Emotionen nicht zu leben, wenn das ein Leiden sein sollte?


    P.S.: Um die Rationalität zu würdigen. Wie wirkt hier der Geist? Kann er etwa mäßigend wirken? Wenn ja, wie? Und was kann er noch bewirken? Man hat ja Gehirne von Meditierenden gescannt. Kennt da jemand die Ergebnisse?


    Und vielleicht (das Nirwana mal außen vor gelassen), die große Frage hinter allem: Wie steht es um das Bewusstsein, was ist mit ihm so los?


    Gruß
    gbg

  • Hallo gbg,


    Zitat

    Welche Gefühle hauptsächlich sind es genau neben dem Mittgefühl, die da durch Emotionen überlagert werden, wo doch die Emotionen von sich aus schon rauswollen? Dürfen sie und ist das immer heilsam? Das sind ja zwei verschiedene Fragen.


    das ist aus meiner Sicht richtig - zwei Fragen. Nach dem von mir entworfenen bzw. auch allgemeinen Konzept ist das unterdrückte Gefühl die Ursache für störende Emotionen.


    Zitat

    Müssen wir nicht bereits von Blockaden sprechen, wenn Gefühle nicht gelebt werden, vielleicht weil sie nicht gelebt werden dürfen in der jeweiligen Gesellschaft?


    Genau so ist es.


    Zitat

    Sind Buddhisten in Indien oder wo sie auch leben eher häufig oder eher selten emotional blockiert, oder wie regeln sie das für sich? Buddhisten gehen doch wohl eher selten auf Jahrmärkte?
    Oder aber auch, wie bewältigen sie zum Beispiel Trauer?


    Merkürdig, wie mir jetzt einfällt - ich kenne leider keinen einzigen Inder. Unter der Traurigkeit leidet sicher mehr oder weniger jeder, und dabei spielen viele verschiedene Ursachen eine Rolle.


    Zitat

    Das ist ein äußerst Interessantes Feld! Ist das ein Dukkhafeld oder ist Dukkha ein anderes Leiden als seine Emotionen nicht zu leben, wenn das ein Leiden sein sollte?


    Die Frage verstehe ich nicht ganz, würde jedoch sagen, dass man sich bemühen sollte Emotionen eher aufzulösen anstatt sie auszuleben. Von Gefühlen gibt es drei Arten, das angenehme, das unangenehme und das neutrale, und diese Gefühle sollten wir nicht verdrängen, sondern mit ihnen möglichst bewusst umgehen.


    Zitat

    Um die Rationalität zu würdigen. Wie wirkt hier der Geist? Kann er etwa mäßigend wirken? Wenn ja, wie? Und was kann er noch bewirken? Man hat ja Gehirne von Meditierenden gescannt. Kennt da jemand die Ergebnisse?


    Zu der zweiten Frage empfehle ich Dokumentationen auf YouTube, denn die Antwort wäre hier viel zu umfangreich. Der Geist wird zu einem Teil als Geist, und zum zweiten als geistige Faktoren definiert. Wenn man klar und bewusst ist, bleibt ein Teil der geistigen Aktivität frei um die übrigen Energien zu beobachten, zu analysieren, und zu wählen bzw. entscheiden.


    Zitat

    Und vielleicht (das Nirwana mal außen vor gelassen), die große Frage hinter allem: Wie steht es um das Bewusstsein, was ist mit ihm so los?


    Das Bewusstsein kann auch als eine Brücke zwischen dem Geist und seinen Faktoren gesehen werden, jedoch auf einer anderen Ebene. Eine fortschreitende Entwicklung bedeutet immer mehr Zusammenhänge erkennen, mehr Klarheit, mehr Einheit. Nirvana wäre nach diesem Modell das vollkommene Verbinden der geteilten geistigen Aktivität, eine (bewusst geworden durch das Bewusstsein) Einheit. Keine Unterschiede mehr machen sich bemerkbar, alles ist richtig und easy.


    Grüße, Yofi