Bedingtes Enstehen

  • In (33) hattest du geschrieben:

    Wenn wir mittels der wahren Pfade die wahren Beendigungen verwirklicht haben, hören wir als Person nicht auf zu existieren und auch abhängige Entstehen, Bestehen und Vergehen hört dann nicht auf.


    "Wenn wir mittels der wahren Pfade die wahren Beendigungen verwirklicht haben" bedeutet Nirvana. Welches Entstehen, Bestehen und Vergehen gibt es im Nirvana?

    :rainbow:

  • Kleiner Einwurf: also - wenn ich vor meine Tür trete und keine Ahnung habe, wo's da lang geht, kann es verdammt lange dauern, bis ich mal zufällig an einem Ortseingangsschild 'Rom' vorbeikomme. Ich bin da schon froh, wenn ich gelegentlich wieder zurück nach Hause finde.


    Oder wie es Benno Höllteufel in bestem bayerischem Geiste ausdrückt:


    zwischa hia un do

    is a weida weg

    foa oam z'fuass

    un in der noacht

    kann's da bassian

    dass'd net z'ruckfinst

    dann mechd i

    net dua sei


    _()_

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  • So viel ich weiß hat der Buddha mit dem "Bedingten Entstehen" die Zwölf Glieder gemeint, so wie sie bekannt sind. Und wenn die Unwissenheit beseitigt ist, fällt dieses bedingte Entstehen ganz aus - ohne Ersatz. Siehe z.B. Kaccayangottasutta.

    Derartiges steht aber nicht im Kaccayanagottasutta (SN 12.15)

    Aber da steht doch wie das Ende von Leiden erreicht wird. Wozu braucht es dann noch die Kette? Wozu einen Ersatz? Bedingtes Entstehen in der materiellen Weise braucht keine Kette, denn das ist kein Leiden.

  • Auch ich möchte mir eine weitere Anmerkung erlauben:


    Kein Ersatz ... live und direkt aus SN 12.15 'die Kette des bedingten Entstehens' inklusive der Information, dass mit der Aufhebung des Nichtwissens auch (bedingtes) Bewusstsein aufgehoben ist.


    8. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw., usw. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."


    Samyutta Nikaya 12.11-20

  • Rudolf, @ Sudhana


    Nach dem Lesen dieses Zitats:

    begriff ich:


    Das sind weder leere Worte noch Provaktionen, das ist rechte Erkenntnis!


    Der Weg ist immer schon da, er liegt vor unseren Füssen, wir beachten ihn nicht weil wir ihn nicht erkennen. Stattdessen folgen wir anderen Wegen, die andere Menschen gehen, für andere Menschen richtig sind. Wir meinen gebe den einen richtigen Weg, der für alle gilt.


    Das ist falsch !


    Es gibt zig individuelle Wege, die zum Ziel führen. Die buddhistische Lehre kann uns nur helfen unseren individuellen Weg zu finden, sie gibt den Weg nicht vor.


    Hierzu ein Kopie aus einer Publikation von Zensho. W Kopp (aus Zen Worte der blitzartigen Erleuchtung):


    Zitat

    Der Finger und der Mond

    Zen-Meister Dong-shan sagte zu seiner Mönchsgemeinschaft: »Ihr müsst wissen, dass es da etwas gibt, das weit über Buddha hinausgeht!«

    Ein Mönch fragte: »Was ist das, was da weit überBuddha hinausgeht?«

    Dong-shan sagte: »Nicht-Buddha!«

    Später nahm Zen-Meister Yün-men darauf Bezug und sagte: »Es hat keinen Namen und keineGestalt; deshalb heißt es ›Nicht‹!«

    Und Fa-yen fügte hinzu: »Bequeme Hilfsmittel machen daraus Buddha!«

    Die Worte der Meister sind Finger, die auf den Mondweisen. Der Mond ist die Wirklichkeit, doch du studierst den Finger und bleibst daran hängen.

    Du studierst die verschiedenen Lehrsysteme, Philosophien und Religionen und bist davon überzeugt, das sei die Wahrheit. Aber das ist alles nur wertloser Plunder, intellektueller Sperrmüll – Nichts! Der Mond ist die Wahrheit und nicht der Finger, das darfst du niemals vergessen.


    Deshalb sagt Zen-Meister Yang-shan: Ich erläutere euch Dinge, die mit der Erleuchtung in Zusammenhang stehen, doch versucht nicht,

    euren Geist dabei verweilen zu lassen. Wendet euch dem grenzenlosen Ozean eures eigenen ursprünglichen Wesens zu und bringt euch

    so in Übereinstimmung mit seiner wahren Natur.



    Zen schließt das Denken kurz und verweist mit äußerstem Nachdruck auf die unmittelbare Erfahrung des Seins. Der Verstand neigt dazu, all das zu definieren und zu bewerten, was jenseits seiner Möglichkeiten liegt und in den Bereich des Unergründlichen gehört.

    Die Art und Weise der Zen-Meister, ihren Schülern die Wahrheit des Zen verständlich zu machen, besteht deshalb darin, ganz entschieden mit dem unterscheidenden Denken zu brechen und den Verstand aus den Angeln zu heben. Dies geht auch aus dem folgenden Beispiel hervor:


    Ein Mönch fragte Zen-Meister Fa-yen: »Was den

    Finger angeht, so will ich nicht danach fragen.

    Aber was ist der Mond?«

    Der Meister antwortete: »Wo ist der Finger, nach

    dem du nicht fragst?«

    Daraufhin fragte der Mönch: »Was den Mond angeht, so will ich nicht danach fragen. Aber was ist

    der Finger?«

    Der Meister erwiderte: »Der Mond.«

    Der Mönch blieb hartnäckig: »Ich habe euch

    nach dem Finger gefragt, warum kommt ihr mir

    da mit dem Mond?«

    Der Meister entgegnete: »Weil du mich nach dem

    Finger gefragt hast.«

    Der achtfache Pfad ist nicht der buddhistische Weg, er kann helfen den individuellen Weg zu finden damit wir auf ihm rechte Erkenntnis erlangen.


    Deshalb mein Einwand:

    ...Theismus als Klotz am Bein der abendländischen Philosophie..

    Ich gehe noch weiter indem ich auch die Philosophie als Klotz am Bein der Erkenntnisfähigkeit betrachte.

    Die Welt mit Philosophie zu erklären führt immer auf die eine oder andere Weise in die Irre, denn Philosophien werden aus subjektiven Gedanken gesponnen, Ideen werden "erfunden" und Wirklichkeiten erschaffen.


    Insofern bewundere ich die Zen/Daoisten, die es schaffen einfach nur hinzuschauen ohne zu interpretieren.



    Was den Weg betrifft, hilft kein Ortschild zur Orientierung sondern der achtfache Pfad, der verhindern soll, das dies eintrifft:

    3 Mal editiert, zuletzt von Punk ()

  • Kein Ersatz ... live und direkt aus SN 12.15 'die Kette des bedingten Entstehens' inklusive der Information, dass mit der Aufhebung des Nichtwissens auch (bedingtes) Bewusstsein aufgehoben ist.


    Ja, aber Helmut meint wohl, dass ein anderes Bewusstsein und Name und Form (die unbeständigen Aggregate einer Person) usw. auch noch aus anderen Bedingungen als Nichtwissen und Gestaltungen entstehen, bestehen und wieder vergehen können.

    Möglich. Da der Buddha diese anderen Bedingungen unbeständiger Phänomene aber nicht nennt, müsste Helmut sie nun nennen.

    :rainbow:

  • Zitat

    There's still one or two of us, walking the street

    No arrows of direction painted under our feet

    No angels to warn us away from the heat

    And no honey to keep us where it is sweet


    (Leonard Cohen)

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  • Die Art und Weise der Zen-Meister, ihren Schülern die Wahrheit des Zen verständlich zu machen, besteht deshalb darin, ganz entschieden mit dem unterscheidenden Denken zu brechen und den Verstand aus den Angeln zu heben.


    Das leisten Nagarjunas Argumente in Mulamadhymakakarika usw. ebenfalls.

    Auch die Suche nach dem "was ist mein Ich? Der Körper, die Empfindungen usw.?" (siehe Palikanon) oder die vielen (für Weltlinge) unorthodoxen Statements über die Leerheit in den Mahayansutren ("Die Buddhas bringen die Lebewesen auf den Weg zur Befreiung, doch es gibt gar keine Lebewesen" usw.) und die Vier Wahrheiten (hebt "Nirvana" deinen Verstand nicht aus den Angeln?) und "was unbeständig ist, ist leidhaft" und "Der Tathagata existiert nicht nach dem Tod , aber auch nicht nicht, noch beides, noch weder noch" und vieles mehr.

    Dies sind Aussagen in den gewöhnlichen Unterweisungen anhand des Palikanons und der indischen Mahayanasutren.


    Die Lehre des Buddha ist von Anfang an im philosophischen Aspekt eine "den Verstand aus den Angeln hebende" Lehre.

    Ich glaube, die Zen-Meister sagen das gar nicht, aber manche Zen-Schüler glauben, sie hätten ein Alleinstellungsmerkmal, und die vorherigen Traditionen seien alle zu logisch und zu normal, womit man nicht weit käme.

    Dies beruht aber auf Unkenntnis oder (im schlimmsten Fall) auf Überheblichkeit.


    Ich finde den Unterschied zwischen indischem Mahayana und Chan/Zen gar nicht so groß. Im Shobogenzo finde ich vieles sehr ähnlich wie im indischen Mahayana.

    Außerdem stammt der Chan Buddhismus zweifellos vom Herzsutra, Diamantsutra und vom Dritten Drehen des Rads der Lehre (Yogacara) ab.


    Und nicht zu vergessen den ethischen Teil der Lehre. Bei Freigebigkeit, Geduld, Mitgefühl und Liebe muss der Verstand nicht aus Angeln gehoben werden. Oft kommt es mir aber so vor, als wenn die Zentradition davon ein bisschen zu wenig hätte.

    :rainbow:

    Einmal editiert, zuletzt von Rudolf () aus folgendem Grund: kleine Grammatikkorrektur

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, dass Buddha das Enstehen von Leiden in allen Aspekten druchdrungen hat, dass er aber die 12gliedrigen Kette eine pädagogische Vereinfachung ist, um den Schülern sehr komplexe Zusammenhänge prägnant sprachlich zu transportieren.


    Nehmen wir mal das Wachstum eines Baums - die ist ja ebenfalls ein Vorgang, wo unterschiedliche dynamische Prozesse ineiender wirken und unterschiedlche Bedingungen erdüllt sein müssen. Auch hier könnte man versuchen, die "Bedingungen der Enstehung eines Baumes" zu fomulieren.


    Man würde natürlich mit Luft(Co2) , Erde (Nährstoffe), Wasser und Sonne anfangen. Zusätzlich gibt es natürlich noch einige andere Sache (Schutz vor Wind, vor Pflanzefresser, richtiger ph-Wert) und es braucht natürlich einen Samen. Wenn man sich das noch genauer anschaut, dann wird es schnell unglaublich komplizierte. Gerade auf einer gentischen und epigentischen Ebene, kann man es wohl nicht mehr als ein Zusammntreffen von Bedingungen formulieren, sondern muß Modell von Fließgleichgewichten formulieren.


    Das ist ja heute schon der Medizin so. In enfachen Fälle kann ein Grund genannt werden "Sie haben ihr Fußgelenk überstapaziert" während in komplizierten Fällen die Zusammenhänge nicht-linerarund unglaublich schwer zu erklären sind. Wenn man als Grundschullehrer auf die Frage, "Was braucht es damit ein Baum wächst" antwortet, dann wird man nicht mit botanischen Kuriosa verwirren sondern zu einer pädagogischen Vereinfachung kommen. man wird einen Baum an die Tafel malen, und da Luft, Erde und Sonne dazumalen.


    Von daher sollte man doch die 12gliedrigen Kette auch als eine elegante und geniale Vereinfachung von etwas Kompelxen sehen. Und sie nicht als ein Backrezept lesen.(Wer will guten Kuchen backen, der muss haben sieben Sachen)

  • Das Denken bedingter Dinge entsteht & vergeht, aber das unbedingte Sein bleibt. Auch das Internet, mit dem Buddhaland auf dem Server gespeichert, ist durch Primaten die sich selbst als Menschen bezeichnen bedingt. Was Menschen für einen Aufwand betrieben haben um uns diesen Wissensspeicher & Bespaßungsartefakte zu erschaffen. Die Daten sind bedingt, bedingt durch so Hardware. Meine Gedanken sind bedingt durch den Nervenknoten meinens Köpers. Alles was ich bin ist bedingt durch meine Biographie - aber es ist ein friedliches Gefühl, wenn ich darüber nachdenke, dass meine Gedanken vergänglich sind. Wer bin ICH? Das bedingte Ding, oder das unbedingte Sein? Ich liebe mein Leben in der Zeit, ich liebe dieses e1ne Individuum, welches ich bin - und trotzdem ist auch das unbedingte Sein in mir. Es ist tröstlich, dass alles vergänglich ist, aber ich bin auch dankbar einen Stoffwechsel welcher bedingt ist zu sein.

    ich schenk dieses Leben dem Leben zurück...
    weil es nie meins war...
    und jede Trennung nur scheinbar...
    alles in Vielfalt immer eins war...
    brich meinen Stolz…bis ich in Demut mir die Wahrheit schenke...
    nimm hinfort all die falschen Ideen, den falschen Glauben...
    denn wenn nichts mehr bleibt ist alles übrig...
    es gibt nichts zu verstehen...

    Aus dem Song ,,Schmerz" vom Deepwalka

  • elegante und geniale Vereinfachung von etwas Kompelxen sehen

    Ja - und wir diskutieren hier buddhistisches Denken. Daher geht es auch nicht darum, das 'Komplexe' einigermaßen plausibel zu erklären, sondern darum, duḥkha zu beenden. Das sollten wir hier nicht vergessen - was die Funktion des upāya ist, das wir hier diskutieren, also des Konzepts pratītyasamutpāda. Sonst ist das alles hier bloß mindfuck.


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  • Ich denke, dass Buddha das Enstehen von Leiden in allen Aspekten druchdrungen hat, dass er aber die 12gliedrigen Kette eine pädagogische Vereinfachung ist, um den Schülern sehr komplexe Zusammenhänge prägnant sprachlich zu transportieren.


    Nehmen wir mal das Wachstum eines Baums - die ist ja ebenfalls ein Vorgang, wo unterschiedliche dynamische Prozesse ineiender wirken und unterschiedlche Bedingungen erdüllt sein müssen. Auch hier könnte man versuchen, die "Bedingungen der Enstehung eines Baumes" zu fomulieren.


    Ich sehe da einen wesentliche Unterschied in der Entstehung eines Baums und der Zwölf Glieder im Daseinskreislauf eines Lebewesens.

    Denn nur ein Bewusstsein (das getäuschte, unwissende Bewusstsein) sieht da einen Baum.

    Ein Baum denkt nicht: "Ich bin ein Baum".

    Tatsächlich, real, essentiell, gibt es überhaupt keinen Baum. Er ist eine bloße Benennung eines sehenden und fühlenden Bewusstseins. Wenn man mal das genauer untersucht, was jemand "Baum" nennt, findet man ja nichts was Baum ist.

    Ok, das ist für manchen hier bekannte Leerheits-Philosophie.


    Die 12gliedrigen Kette des Bedingten Entstehens ist da von deutlich anderer Qualität: 1) weil Leiden dabei ist 2) weil da ein Irrtum (that which ignorance perceives) am Anfang stattfindet. Mit beidem hat ein "Baum" nichts zu tun. Und wenn es keine Lebewesen gäbe, gäbe es noch nicht mal die Benennung "Baum".


    Aus dem Shalistamba Sutra:

    Zitat

    There in, what is ignorance? That which perceives these same six factors as a unit, as a lump, as permanent, as constant, as eternal, as pleasant, as self, as a being, a soul, a person, a human, a man, as making “I” or making “mine” and so on into manifold misapprehension, that is called ignorance. When there is this ignorance, greed, hatred and delusion develop in (relation to) the (sense) spheres. Greed, hatred and delusion in (relation to) the (sense) spheres are called (mental) formations. The dIscrete appearance of objects is consciousness. ………………………..

    Salistamba Sutra – Xuanfa Institute


    Die 12gliedrigen Kette ist nicht nur sprachlich eine pädagogische Vereinfachung, diese Vereinfachung (wenn es denn eine ist) reicht m.E. schon ganz gut aus, um den Weg der Befreiung gehen zu können. Man muss nur genügend daran denken und genügend darüber meditieren. Insbesondere über das erste Glied. Und damit das nicht nur eine intellektuelle Übung bleibt, sollte man auch unablässig Freigebigkeit, Ethik und Geduld üben.


    Ich habe gut reden, nicht wahr? ........ 8)

    :rainbow:

  • Tatsächlich, real, essentiell, gibt es überhaupt keinen Baum. Er ist eine bloße Benennung eines sehenden und fühlenden Bewusstseins

    Ich versteh nicht ganz. Den Baum oder das Ding, dass wir erkennen und als Baum bezeichnen, gibt es sehr wohl.


    Es gibt tatsächlich, real, essentiell sehr wohl ein Etwas, dass wir Baum nennen und wir alle mit unseren Sinnen als ein Etwas erkennen. Dieses erkannte Etwas ist als ein tatsächlich, real existierend erkannte ist eine objektive Tatsache.


    Welche Eigenschaften wir diesem real, essentiell existierendem Etwas zuschreiben ist jedoch das Produkt des sehenden und fühlenden Bewusstseins (wie Du es nennst) eines Individuums. Da jedes Individuum von Erfahrungen geprägt wurde (-> bedingte Entstehung) schreibt jedes Individuum diesem objektiv, real existierenden Etwas eine subjektive Bedeutung zu. In dieser subjektiv erzeugten Bewertung, Anschauung, die über das reine Erkennen hinausgeht liegt der Hase im Pfeffer begraben


    Ich meine, die Leerheitsphilosophie sagt nicht, da ist kein Baum, sondern da ist etwas, dem unser Bewusstsein gewisse Eigenschaften zuweist. Die zugeschriebenen Eigenschaften entspringen aus verschiedenen Quellen des Geists: Erfahrungen, erlerntes, Sympatihe, Antipathie, erwünschtes, unerwünschtes, wollen, nicht wollen usw.

    So konstruiert der Geist aus einem neutral erkannten Etwas ein Baum mit vielen Eigenschaften.


    Den Baum gibt es sehr wohl. Er ist in seiner natürlichen, ursprünglich erkannten Form jedoch leer von Zuschreibungen.


    Die "Leerheitsphilosophie" ist nicht nur im Buddhismus vorhanden auch griechisch römische Denker haben ähnliche Gedanken entwickelt. Zum Beispiel die Stoiker Epiktet):


    "Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben".

  • Kein Ersatz ... live und direkt aus SN 12.15 'die Kette des bedingten Entstehens' inklusive der Information, dass mit der Aufhebung des Nichtwissens auch (bedingtes) Bewusstsein aufgehoben ist.


    Ja, aber Helmut meint wohl, dass ein anderes Bewusstsein und Name und Form (die unbeständigen Aggregate einer Person) usw. auch noch aus anderen Bedingungen als Nichtwissen und Gestaltungen entstehen, bestehen und wieder vergehen können.

    Möglich. Da der Buddha diese anderen Bedingungen unbeständiger Phänomene aber nicht nennt, müsste Helmut sie nun nennen.

    Das wirft ja die Frage auf, wie hat der Buddha diesen Zusammenhang gemeint? Kann Bewusstsein nur aus Nichtwissen entstehen? Ist das Nichtwissen die kausale Ursache des Bewusstseins?


    Geht man davon aus, dass hier ein kausaler Ursache-Wirkungs-Zusammenhang vorliegt, ergeben sich Widersprüche. Zum Beispiel folgende zwei:

    1. Da die Ursache, aus der Bewusstsein entsteht vor ihrer Wirkung existiert, kann Nichtwissen kein Bewusstsein sein, da dieses zum Zeitpunkt seiner Ursache noch nicht existiert.
    2. Da zum Zeitpunkt der Wirkung die Ursache nicht mehr existiert, würde es dann, wenn das Bewusstsein existiert, keine Unwissenheit mehr geben, die zu überwinden wäre mittels der wahren Pfade.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Es gibt tatsächlich, real, essentiell sehr wohl ein Etwas, dass wir Baum nennen und wir alle mit unseren Sinnen als ein Etwas erkennen. Dieses erkannte Etwas ist als ein tatsächlich, real existierend erkannte ist eine objektive Tatsache.

    Etwas genauer besehen "erkennen" unsere Sinne gar nichts. Sie sprechen auf Reize an, woraus eine Wahrnehmung konstruiert wird. Der Baum mag eine Tatsache sein - aber es ist eine subjektiv wahrgenommene und benannte "Tatsache", keine objektive.


    Wir können uns als Quelle dieser Sinnesreize allenfalls ein 'Ding an sich' vorstellen und als Platoniker womöglich sogar einen 'Baum an sich'. Das wäre zwar subjektiv wahrnehmbar, aber dessenungeachtet objektiver Erkenntnis vollständig entzogen. Muss man aber nicht - das wäre im Sinne buddhistischer Philosophie ein ātman. Dass und wie der verzichtbar ist, zeigt eben das Modell des Konditionalnexus, insbesondere in der Interpretation Nagārjunas. Unser Threadthema hier, zur Erinnerung ...

    Das wirft ja die Frage auf, wie hat der Buddha diesen Zusammenhang gemeint? Kann Bewusstsein nur aus Nichtwissen entstehen? Ist das Nichtwissen die kausale Ursache des Bewusstseins?

    Vermutlich wurde mein Hinweis übersehen, dass pratītyasamutpāda ein Konditionalnexus und kein Kausalnexus ist. Etwas Nichtexistentes (beispielsweise nichtexistentes Wissen) kann nicht Ursache von etwas Existentem sein. Aber das Nichtsein von etwas kann durchaus Bedingung für das Sein von etwas anderem sein.


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  • Es gibt tatsächlich, real, essentiell sehr wohl ein Etwas, dass wir Baum nennen und wir alle mit unseren Sinnen als ein Etwas erkennen. Dieses erkannte Etwas ist als ein tatsächlich, real existierend erkannte ist eine objektive Tatsache.


    Ja, ok.

    ich hatte vergessen zu schreiben, dass jede Benennung eine Benennungsgrundlage hat. Aber wie Thích Nhất Hạnh es mal schön formuliert hat: "Ein Ding besteht aus lauter Sachen, die nicht dieses Ding sind."


    Aber was meinst du mit "objektive" Tatsache?

    Wenn du unsere subjektiven Sinneseindrücke und Zuschreibungen (Empfindungen, Dazu-Denken) von dem Ding subtrahierst, was bleibt dann übrig?

    :rainbow:

  • Geht man davon aus, dass hier ein kausaler Ursache-Wirkungs-Zusammenhang vorliegt, ergeben sich Widersprüche. Zum Beispiel folgende zwei:
    1. Da die Ursache, aus der Bewusstsein entsteht vor ihrer Wirkung existiert, kann Nichtwissen kein Bewusstsein sein, da dieses zum Zeitpunkt seiner Ursache noch nicht existiert.
    2. Da zum Zeitpunkt der Wirkung die Ursache nicht mehr existiert, würde es dann, wenn das Bewusstsein existiert, keine Unwissenheit mehr geben, die zu überwinden wäre mittels der wahren Pfade.


    Diesmal geht's du von einer falschen Voraussetzung aus: etliche der Zwölf Glieder existieren gleichzeitig.

    Das Nichtwissen vor allem ist immer da, bis zum Tod. Auch wenn der Buddha es nur an ersten Stelle genannt hat.

    Und das Bewusstsein als 3.Glied ist auch immer da, es wird durch die verschiedenen Handlungen und Karmaformationen aber ständig verändert, ständig neu geformt. Und mit dem Nichtwissen und Gier und Hass entstehen dann auf Grundlage dieses Bewusstseins die weiteren Glieder wie Verlangen und Ergreifen.


    Nur meine Ansicht natürlich.

    :rainbow:

  • Nur meine Ansicht natürlich.

    Auch ich sehe pratītyasamutpāda nicht als eine (ringförmig geschlossene) Kette, deren Glieder - eins nach dem anderen - zeitlich aufeinander folgen, sondern als (dynamisches) Kontinuum sich wechselseitig bedingender Faktoren. Aber diese Frage ist nebensächlich und ohne wirklichen Belang - entscheidend ist die didaktische Funktion dieses Modells, das auf vidya als Schlüssel zur Aufhebung dessen, wofür das Modell steht, verweist: duḥkha. Genauer gesagt: pratītyasamutpāda ist samudāya satya, die (zweite) Wahrheit von der Ursache duḥkhas - das 'mit (duḥkha) Aufsteigende'.


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  • Nur meine Ansicht natürlich.

    Auch ich sehe pratītyasamutpāda nicht als eine (ringförmig geschlossene) Kette, deren Glieder - eins nach dem anderen - zeitlich aufeinander folgen, sondern als (dynamisches) Kontinuum sich wechselseitig bedingender Faktoren. Aber diese Frage ist nebensächlich und ohne wirklichen Belang - entscheidend ist die didaktische Funktion dieses Modells, das auf vidya als Schlüssel zur Aufhebung dessen, wofür das Modell steht, verweist: duḥkha. Genauer gesagt: pratītyasamutpāda ist samudāya satya, die (zweite) Wahrheit von der Ursache duḥkhas - das 'mit (duḥkha) Aufsteigende'.


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    Ja, aber wenn man es noch genauer sagt, dann ist pratītyasamutpāda in den letzten beiden Gliedern auch die erste Wahrheit. Auch das 4.Glied ist Leiden oder zumindest beide Wahrheiten: Name und Form, die Fünf Aggregate, sind Leiden, spätestens ab 50 merken das auch die weniger achtsamen. :|


    pratītyasamutpāda beschreibt den ganzen Daseinskreislauf inklusive der Wirkungen, bzw. dem Resultat der Unwissenheit usw.


    _()_

    :rainbow:

  • Ja, aber wenn man es noch genauer sagt, dann ist pratītyasamutpāda in den letzten beiden Gliedern auch die erste Wahrheit.

    pratītyasamutpāda erklärt nicht, was  duḥkha ist (das Verständnis der 1. āryasatya wird vielmehr vorausgesetzt), sondern seine Ursachen. Das ist auch der Grund dafür, dass die 12 Faktoren oder (Ketten-)Glieder, also die dvādaśanidānāni, als eine Bedingungsfolge dargestellt werden. Rückwärts betrachtet wird's vielleicht klarer: nicht namarupa (Name-und-Form) ist duḥkha, sondern das, was es bedingt, nämlich jarāmaraṇa, Alter-und-Tod. Krankheit (die mit zur Standard-Dreierformel gehört) hat man da mal weggelassen;) - wie schon geschrieben, wird Verständnis der 1. āryasatya vorausgesetzt. Also 12. und letztes nidāna. Die Grundursache von duḥkha, die deshalb als 1. nidāna am Anfang steht, ist avidya. avidya ist nicht das "Resultat" der Bedingungen, sondern jarāmaraṇa. Dies nur, um Missverständnisse Dritter zu vermeiden - ich gehe davon aus, dass Du mit "Resultat" das Ergebnis der Suche nach einer Grundbedingung für duḥkha meinst.


    Um auf die angeschnittene Frage zurück zu kommen - das ist eine logische Reihenfolge, keine temporale (weswegen ich auch die famose 'Drei-Leben-Theorie' für einen Ausweis eklatanter Verständnisprobleme halte). Diese Reihenfolge schließt also Simultaneität verschiedener und sogar die aller nidāna nicht aus. Gerade auch, um diesen wichtigen Punkt nochmals zu wiederholen, weil es sich bei den nidāna um die Wirkung von Bedingungen handelt und nicht um Folgen von Ursachen. Konditionalität, keine Kausalität.


    Auf einer tieferen Ebene hast Du natürlich recht - "Name und Form, die Fünf Aggregate, sind Leiden". Exakter formuliert: sie sind leidhaft, duḥkhatā. Wie alles 'Zusammengesetzte' (saṃskṛta), also wie alle anderen nidāna auch. Aber das wird nicht im Kontext pratītyasamutpāda gelehrt, die 'Seinsmerkmale' (trilakṣaṇa) gehören zur 1. āryasatya. Buddhistische Grundschule 1. Klasse, wir sind hier schon in der 2. ...:)


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    • Offizieller Beitrag

    Um auf die angeschnittene Frage zurück zu kommen - das ist eine logische Reihenfolge, keine temporale (weswegen ich auch die famose 'Drei-Leben-Theorie' für einen Ausweis eklatanter Verständnisprobleme halte). Diese Reihenfolge schließt also Simultaneität verschiedener und sogar die aller nidāna nicht aus. Gerade auch, um diesen wichtigen Punkt nochmals zu wiederholen, weil es sich bei den nidāna um die Wirkung von Bedingungen handelt und nicht um Folgen von Ursachen. Konditionalität, keine Kausalität.

    Nicht unbedingt"drei Leben" aber ich habe das Gefühl, aber es gibt da "Knicke" zwischen verschiedenene Ebenen oder Teilsquenzen, die für mich schon eine Dreierteilung ergeben:


    Der zentrale Akt des Theaterstücks ist für mich 6-9:


    • Phassa (6) -Vedanā (7) - Taṇhā (8)- Upādāna (9)
      Die Teilsequenz ist etwas, was ich mir auf der Ebene eines Individuums vorstellen kann und was man unter der Überschrift "Die Enstehung von Sucht" fassen könnt. Wie in so einer Geschichte von den anonymen Akoholikern wächst aus Kontakt lagsam Dust und Gewohnheit und die Sucht hat einen am Haken. (6)- (9) schidlert die Dynamik des Anhaftens an einen Selbst in jedem Augenblick.
    • Teilsequenz Avijjā (1) - Saḷāyatana (5)
      Während 6-9 für mich eine Dynanik beschreibt, hat für mich 1-5 eine andere Struktur. Die Grundlage für die Dynamik (6-9) sind Sinensorgane (Saḷāyatana (5) ) deren Grundlage nāmarūpa(4) bis hinunter zur grundlegenden Unwissenheit ( Avijjā (1) ) Es ist die Schichtung des Bühnenbildes auf dem die Dynamik (6-9) spielt.

    In einer Qualitätsmanegmentschulung habe ich geleenrt, das man bei der Problemlösung verschiedene Ebene berücksichten muß. Es wurde mit einem Boot verglcihen, in dem ein Leck ist. Man muß erinerseits Wasser schöpfen , sich daran machen, dass das Leck gestopfen wird, und dann schauen was bei der Konstruktion/Wartung des Bootes schiefgelaufen ist. Denn selbst wenn man ein Leck hunterprozent abgedichtet hat, wird so lange die Bedingungen nicht verschwunden sind, ein neues Leck entsteht.


    Und an der Stelle ist wieder ein Knick:

    • Teilsequenz Upādāna (9)- jarāmāranaṃ sokaparidevadukkhadomanassupāyāsā (11)
      Mit Upādāna (9) hat man ja schon ein "Ich und Mein" und die Sequenz 9-12 sagt, aus, wie auf der Basis dieses "ich-und Mein" Dukkha wächst. Sehr häufig wird das auch im Sinne einer indivduellen und zeitlichen, Dynamik gesehen- eben als das "dritte Leben". Man stirbt und auf das Bais des Karma folgt Geburt (jāti (11) )und dann darauf Alter, Schmerz und Tod(12).
      Aber für mich hat es mehr von was von der Formulierung einer Zwangsläufigkeit. Aus Geburt folgt schon der Tod. Und aus Werden folgt Geburt. Der "verdammte Same" liegt in der Erde und man muß nur darauf warten, das daraus der "verdammt Baum" wird.
    • Offizieller Beitrag

    Das es eine vereinfachte Dartsellung von etwas sehr kompelxen ist, sieht man auch gut daran, dass an anderen Stellen werden noch andere Ketten vorgestellt werden:

    Hier wird also ein ganz anderen Teilaspekt des Bedingunszusmamenhangs herausgeommen.


    Was ich sehr gut finde ist der Begriff der "ernährende Bedingung" (sāhāram) Er zeigt deutlich, dass Buddha eben nicht menschanisch dachte sondern im Sinne natürlicher (kybernetischer) Prozesse:


    (62:) Die Unwissenheit, wenn aufgetreten, führt zum Daseinsdurst. Das also ist die ernährende Bedingung dieses Daseinsdurstes, und so kommt er zustande.


    Gleichwie, ihr Mönche, wenn es oben im Gebirge stark regnet, das Wasser beim Hinabfließen die Bergschluchten, Klüfte und Rinnen füllt, die vollen Bergschluchten, Klüfte und Rinnen aber die kleinen Teiche füllen, die gefüllten kleinen Teiche die Seen, die gefüllten Seen die Flüsse, die Flüsse die Ströme füllen und die Ströme das Meer; ebenso auch, ihr Mönche, führt der Umgang mit schlechten Menschen, einmal zustande gekommen, zum Hören falscher Lehren... führt die Unwissenheit, wenn aufgetreten, zum Daseinsdurst. Das also ist die ernährende Bedingung dieses Daseinsdurstes, und so kommt er zustande.

  • Sudhana Beitrag (72)


    auf welches Sutta beziehst du dich? oder hast du das von Buddhaghosa oder so oder ist das deine persönliche Ansicht?


    In der Regel erklärt der Buddha die Vier Wahrheiten unabhängig von pratītyasamutpāda.

    pratītyasamutpāda ist tatsächlich eine Erklärung des Daseinskreislaufs. Und der Daseinskreislauf besteht aus Leiden und Ursachen und Bedingungen des Leidens.


    In SN 56,11 sagt der Buddha sogar, dass auch Verlangen und Ergreifen Leiden sind.

    Überhaupt, wie kann man die Bedingungen des Leidens getrennt von Leiden betrachten oder erklären wollen?

    Wären die Bedingungen nicht schon Leiden, wie könnten aus ihnen Leiden entstehen?


    In SN 56,11 wird im Kontext der Vier Wahrheiten die Leidensentwicklung jedenfalls anders erklärt:

    Zitat

    Dies nun, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden: Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Sterben ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung sind Leiden; vereint sein mit Unliebem ist Leiden, getrennt sein von Lieben ist Leiden; was man verlangt, nicht erlangen, ist Leiden. Kurz gesagt: die fünf Faktoren des Ergreifens sind Leiden.

    Dies nun, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Leidensentwicklung: Es ist dieser Durst, der Wiederdasein säende, Genügens-reiz-verbundene, dort und dort sich ergötzende, nämlich der sinnliche Durst, der Daseinsdurst, der Nichtseinsdurst.

    Samyutta Nikaya 56

    :rainbow: