Hierzu sagte ich kürzlich: Man soll nicht in sexuellen Dingen Ratschläge von Asexuellen, Zölibatären und Mönchen annehmen. Man frage da lieber Fachleute wie Urologen, Sexualwissenschaftler, sexuell Aktive usf.
Das ist nicht zu viel verlangt, wenn Wikipedia z.B.Kritiker des Nobelpreisträgers Luc Montagnier zitiert, er solle sich nicht außerhalb seiner Expertise zu Covid äußern - wo Montagnier doch ausgerechnet Virologe war.Tsonkhapa war jedenfalls überhaupt nicht vom Fach, nicht mal auf dem Stand des Kama Sutta, das es ja schon lange vor ihm gab.
Man kann das auch nicht einfach mit einer vergangenen Zeit wegerklären, denn schon bei den alten Griechen gab es Epikureer und Hedonisten, aber auch Enthaltsame. Jeder hatte so seine Gründe.
Meine Ansicht ist schon sehr lange, dass ohne eigene sexuelle "Befreiung" auch kein umfängliches Erwachen oder Befreien im buddhistischen Sinn möglich ist. Die Ursache dafür, dass dies nicht funktioniert, sehe ich vor allem in zwei Traditionen und ihren Irrungen: a) die Theravada-Tradition will Schluss mit allen derartigen Regungen machen; b) die tibetische Tradition versucht über krude Umwege (tantrische Rituale) bestimmten Machthabern ihrer Tradition Sex zu gönnen, der auf hierarchischen Gefällen gründet.
Im Zen habe ich die Lösung darin gesehen, Sex zugespitzt als eine Form des völligen im Hier-und-Jetzt-Seins zu praktizieren. Das ist sozusgagen Ziel der Übung, damit gibt es keinen Widerspruch zur Kernlehre des Zen und keine Notwendigkeit, Hierarchien zu etablieren oder in alte Dualismen von heilsam und unheilsam zu verfallen (wobei das auch den meisten Nicht-Zennies gelingen dürfte). Man gründet sein Sexualverhalten auf einem ehrlichen Eingeständnis der eigenen Erfahrungen.
Wer also nicht über seine Zeit hinauskommt mit seinen Erkenntnissen, darf nicht als besonders weise gelten. Zumal es wie gesagt in jeder Zeit schon Casanovas usw. gegeben haben dürfte.
Aktuell ist mir da wieder aufgefallen, dass Dogen-Anhänger (wohl aufgrund dessen Nähe zum alten Buddhismus) dazu neigen, ebenfalls den Überblick zu verlieren. In einem Video von Muho, dem ehemaligen Abt von Antaiji, sagte er einem User, der ihm von seiner Impotenz mit 39 Jahren schrieb, er würde sich da nicht weiter Sorgen machen und diesen Zustand annehmen. Hätte Muho einen Überblick über a) die medizinische Aussagekraft, die Impotenz haben kann (Verweis auf mögliche Erkrankungen wie Diabetes oder drohende Komplikationen wie Infarkt oder zumindest Testosteronmangel), und b) das tatsächliche Ausmaß des realen menschlichen/männlichen Leidens darunter (ein Besuch in einer urologischen Praxis kann da schon genügen), dann wäre ihm dieser Ratschlag nicht so leicht entfleucht. Wie steht es da mit "die Wirklichkeit so sehen, wie sie ist"? Gehört das nicht auch dazu?
Man darf also zumindest nicht nur von sich oder seiner Ideologie (Annehmen, lieber Nichtstun als Dagegenwirken etc.) ausgehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Asexueller oder gar Impotenter mit dem Leben besser zurechtkommt als sein Gegenteil, ist nicht besonders groß, dazu lese man Bücher über die Leiden der katholischen Priester, die damit klarkommen sollten. Darum gehen auch diese Versuche der "geregelten, zurückgenommenen" Sexualität im Zen-Umfeld ständig schief. Die Natur des Mannes sieht, das gilt wohl für die meisten, so aus, dass er im Grunde nie genug Sex bekommt. Und da in den meisten Fällen auch Frauen dazugehören, gllt das offensichtlich auch für sie.
Tsongkhapa ist jedenfalls das Beste entgangen. Bedauerlich.