Hallo, liebe Buddhaländer,
huch, habe ich jetzt vielleicht schon den ersten Fehler gemacht- mit dieser Anrede?
(Nicht gegendert, sondern veraltetes generisches Maskulinum, ev. zu vertrauliche Anrede, usw. .. )
Heutzutage scheint man immer mehr falsch machen zu können, denn das Streben nach und die Erwartung von Perfektion (welche aber illusorisch ist) nimmt zu und die Fehlertoleranz (sowohl gegenüber eigenen, wie fremden Fehlern) ab.
Seht ihr das auch so?
Nahezu jeder hat derzeit Zugriff auf das Internet und damit wird auch ein umfangreiches Wissen vorausgesetzt, es gibt z.B. Rechtschreib-Korrekturprogramme und daher sind orthographische oder Fehler der Interpunktion eher selten geworden.
(Übrigens: Zeichensetzung "rettet Leben" : Wir essen Opa! / Wir essen, Opa!
)
In der Regel versucht man also jegliche Fehler tunlichst zu vermeiden, erst recht, wenn es um spirituelle Entwicklung geht.
Die Fehler der Anderen fallen einem dabei gleich ins Auge, während die eigenen manchmal übersehen oder beiseite geschoben werden.
Dabei wird im Dhammapada (50) geraten:
ZitatAchte nicht auf fremde Fehler, nicht auf fremdes Tun und Lassen! Eigne Tat und eigne Säumnis mußt du fest ins Auge fassen. (Übersetzung Hans Much)
50 Der andern Fehler und ihr Tun geht dich nichts an; Betrachte, was du selbst getan und nicht getan! (Übersetzung Kurt Schmidt)
Im Buddhismus gilt es - allgemein und in den jeweiligen Traditionen - viele Regeln zu beachten, allen voran die fünf Sila, in deren Befolgung man sich ständig üben sollte.
Die große Chance, selbstverantwortlich dem achtfachen Pfad zu folgen, impliziert natürlich, dass man niemand Anderem Verantwortung zuschieben und sich damit entlasten kann, wenn etwas schiefläuft.
Der Palikanon berichtet in MN 53 von einer Lehrrede Anandas, die dieser im Auftrag des Buddhas (der sich mit Rückenschmerzen niederlegen musste...) hielt:
ZitatAlles anzeigenNun sprach Ānanda, zu Mahanama, dem Oberhaupt der Sakyer, gewandt:
«Mahanama, ein Edeljünger hält sich streng an die Sittenregeln, bewacht die Tore der Sinne, hält beim Essen Maß, befleißigt sich, wach zu sein, besitzt sieben gute Eigenschaften und erfreut sich der vier Stufen der Versenkung, die den Geist klären und schon in diesem Leben glückselig machen; er kann sie ohne Mühe erlangen.
Seine Sittlichkeit besteht darin, daß er die Sila, die Sittenregeln, befolgt, sich im Sinne der Ordensvorschriften selbst beherrscht, ein würdiges Benehmen zeigt, die geringsten Fehler ängstlich meidet und sich im sittlichen Verhalten übt. Seine Wachsamkeit an den Toren der Sinne besteht darin, daß er, wenn er etwas Sichtbares sieht, einen Ton hört, einen Duft riecht, einen Saft schmeckt, etwas Tastbares fühlt oder eine Vorstellung denkt, weder an der Erscheinung im ganzen noch an ihren Einzelheiten haftet.
Die sieben guten Eigenschaften eines Edeljüngers sind diese: Er hat Vertrauen zum Vollendeten, indem er denkt:
Heilig, erhaben, der völlig Erwachte, welcher in Wissen und Wandel bewährt ist, Kenner der Welten, zum Heile gekommen, bester Erzieher der irrenden Menschheit, Lehrer der Götter und Menschen ist Buddha.
Er hat Schamgefühl; er würde sich schämen, etwas Unrechtes zu tun, zu reden oder zu denken; er hütet sich vor schlechten, unheilsamen Regungen.
Er ist gewissenhaft; er scheut sich davor, etwas Unrechtes zu tun, zu reden oder zu denken; er scheut sich vor schlechten, unheilsamen Regungen.
.......
(MN 53)
Schamgefühl gilt in Buddhas Lehre also als etwas Gutes, wenn es als Folge eines unterlaufenen Fehlers auftritt, weil es von der Gewissenhaftigkeit des Schülers zeugt.
In der "Lehrrede vom Löwenruf in Udumbarika" (Digha Nikaya 25) wird erzählt, wie Buddha Shakyamuni einem Wandermönch namens Nigrodha, den er in Begleitung von 3000 Anhängern(!) traf, dessen falsche Ansichten vorhielt und ihn belehrte, woraufhin dieser seine Fehler einsah (im Gegensatz zu den Anhängern!):
ZitatAlles anzeigen"Erkanntest du nicht, Nigrodha, da du weise, achtsam und ausgereift bist: ‚Erwacht ist der Erhabene, lehrt die Lehre zur Erwachung, (selbst)bezähmt ist der Erhabene, lehrt die Lehre zur (Selbst)bezähmung, still geworden ist der Erhabene, lehrt die Lehre zum Stillwerden, hinübergelangt ist der Erhabene, lehrt die Lehre zum Hinübergelangen, völlig erloschen ist der Erhabene, lehrt die Lehre zum völligen Erlöschen'."
22. Daraufhin sagte der Wandermönch Nigrodha dem Erhabenen Folgendes: "Einen Fehler habe ich begangen, wie ein Tor, wie ein Verblendeter, wie ein Untüchtiger, dass ich so über den Erhabenen sprach. Der Erhabene möge meinen Fehler als Fehler akzeptieren, den ich in Zukunft nicht mehr begehen werde."
"In der Tat, Nigrodha, einen Fehler hast du begangen, wie ein Tor, wie ein Verblendeter, wie ein Untüchtiger, dass du so über mich sprachst. Aber wenn du, Nigrodha, den Fehler als Fehler siehst und in richtiger Weise wieder gut machst, dann akzeptiere ich das. Ein Fortschritt ist es, Nigrodha, in der Zucht der Edlen, wenn man seinen Fehler als Fehler sieht und in richtiger Weise wieder gut macht.
......
Aber so spreche ich nicht, Nigrodha, um euch zu (meinen) Schülern machen zu wollen, um euch von eurer Lehre abzubringen, um euch von eurem Lebenswandel abzubringen, um euch in Dinge einzusetzen, die für euch und eure Lehrer unheilsam sind und von euch unheilsam genannt werden, um euch von Dingen abzuscheiden, die für euch und eure Lehrer heilsam sind und von euch heilsam genannt werden.
Es gibt, Nigrodha, unheilsame Dinge, nicht aufgegebene, befleckende, zum Wiederdasein führende, schmerzliche, mit leidvollem Resultat, zukünftig zu Geburt, Alter und Tod führende. Um diese aufzugeben verkünde ich die Lehre, dieser nachfolgend, können von euch die befleckenden Dinge aufgegeben werden, die reinigenden Dinge vermehrt werden und ihr verweilt schon in diesem Leben die Vollständigkeit und Fülle der Weisheit selbst erkannt und verwirklicht habend."
24. Als dies gesagt wurde, blieben die Wandermönche schweigend, verwirrt, mit hängenden Schultern, gesenktem Gesicht, grübelnd und verständnislos, als seien sie im Geiste von Māra beherrscht. Da dachte der Erhabene Folgendes: ‚Alle diese törichten Menschen, sind vom Bösen ergriffen, daher kommt nicht einer zu folgender Anschauung: ‚So wollen wir wenigstens zur Probe dem Reinheitswandel des Asketen Gotama folgen, was liegt schon an sieben Tagen?' Da hat der Erhabene im Wandermönch-Hain der Udumbarikā den Löwenruf erschallen lassen.......
Erstaunlich, dass es dem Buddha hier nicht gelang, - außer Nigrodha - auch nur EINEN weiteren der Wandermönche von seiner Lehre zu überzeugen.
Die Verantwortung dafür sieht Buddha aber nicht allein bei den ("törichten") Mönchen, sondern auch bei "Mara", der diese "ergriffen" hätte...
Wie soll man das (heutzutage) verstehen?
Übenden in unserer modernen Zeit, noch dazu im Westen (weit entfernt von Buddhas Heimat Indien) und belehrt von Lehrern, die sich oft genug als "nicht erleuchtet" bezeichnen, fällt die buddhist. Praxis häufig nicht leicht...
Drohende Fehler:
- zu starke Ichbezogenheit/Ichzentrierung (mit Folgen wie Ehrgeiz, spirituelle Gier, Ungeduld/Unduldsamkeit,...)
- zu viel Denken
- zu wenig Denken
- zu wenig Wissen
- "falsches" Wissen
- zu wenig Meditation
- falsche Meditation
- und, und, und.....
(Lasst ihr euch eigentlich gerne auf eure Fehler aufmerksam machen -
seid ihr "suvaco": https://www.palikanon.com/wtb/suvaco.htm) ?)
Also, es scheint viele Fallstricke, Illusionen und sogar Risiken (z.B. psych. Störungen durch meditative Praktiken) der buddhistischen Praxis zu geben, aber
der GRÖßTE FEHLER wäre wohl, diese Chance auf Befreiung vom Leiden/Nibbana nicht wahrzunehmen, oder??
Liebe Grüße, Anna
(und - mal wieder - sorry, für die langen Texte! Ich "rede" zuviel - einer meiner vielen Fehler... )