Hallo, ihr Lieben,
aus gegebenem Anlass stellte sich mir die Frage, inwieweit Klagen (im Sinne von jammern, seinem Leid verbal Ausdruck verleihen) und sich Beklagen (über -äußere- Missstände, andere Menschen, das Leben an sich,...usw.) im Buddhismus akzeptiert und als berechtigte Äußerung leidender Menschen hingenommen werden.
Der biblische Hiob, dem bekanntlich schweres Leid widerfuhr (weil Gott mit dem Satan eine Wette abschloss...), ertrug anfangs geduldig sein schweres Los, aber irgendwann brach die Klage aus ihm hervor: Bitter beklagte er seine Schmerzen, sein ungerechtes Schicksal, das mitleidlose Verhalten seiner Verwandten und Freunde..., aber er beschwerte sich auch bei Gott selbst, klagte ihn an:
ZitatAlles anzeigen....Mein Leben verrinnt,
das Elend hat mich fest im Griff.
17 Bohrende Schmerzen rauben mir den Schlaf,
sie nagen an mir Nacht für Nacht.
18 Mit gewaltiger Kraft hat Gott mich am Gewand gepackt
und schnürt mich ein wie ein zu enger Kragen.
19 Er wirft mich in den Schmutz,
ich bin zu Staub und Asche geworden.
20 Ich schreie um Hilfe, o Gott,
aber du antwortest nicht;
ich stehe vor dir,
doch du starrst mich nur unerbittlich an.
21 Du bist mein grausamer Feind geworden,
mit aller Kraft kämpfst du gegen mich!
22 Du wirbelst mich empor in die Luft,
treibst mich vor dem Sturm dahin
und zerschmetterst mich dann mit lautem Krachen. ......
https://www.biblegateway.com/p…=Hiob%2029-31&version=HOF
c) Hiob bittet die Freunde um Mitleid und spricht die feste Hoffnung aus, daß Gott ihm dereinst Recht schaffen, aber auch die Gefühllosigkeit der Freunde strafen werde
21»Habt Mitleid, habt Mitleid mit mir, ihr meine Freunde! Denn Gottes Hand hat mich schwer getroffen. 22Warum verfolgt ihr mich ebenso wie Gott und werdet nicht satt, mich zu zerfleischen?
. 28Wenn ihr aber sagt: ›Wie wollen wir ihn verfolgen!‹ und ›der letzte Grund der Sache (d. h. meiner Leiden) sei in mir selbst zu finden‹,* 29so fürchtet euch vor dem Schwert – denn derartige Verschuldungen verdienen die Strafe des Schwertes –, damit ihr erkennt, daß es noch ein Gericht gibt!«
(*klingt irgendwie buddhistisch....)
https://www.die-bibel.de/bibel/MEB/JOB.19
Letztendlich wird Hiob von Gott für die erlittenen Qualen entschädigt und wegen seiner Treue und seines Gehorsams reich belohnt. (Interessant, dass verstorbene Kinder/Menschen und Tiere sich offensichtlich so leicht wie Gegenstände "ersetzen" ließen...)
Im Buddhadharma, dessen Hauptanliegen die Befreiung vom Leiden ist, wird recht nüchtern darauf verwiesen, dass Jammern, Klagen und Kummer über unvermeidliche Tatsachen, wie das Unterworfensein von Alter, Krankheit und Tod, sinnlos und sogar leidsteigernd sind.
Z.B. im Sutta Nipata III.8 574-593 - "Der Dorn" (Salla Sutta) :
ZitatAlles anzeigen....
So ist ja wahrlich diese Welt mit Tod und mit Zerfall geschlagen!
Drum werden Weise nimmer klagen, die die Natur der Welt erkannt.
582
Dessen Weg du nimmer wahrnimmst, nicht sein Kommen, nicht sein Gehen,
Ungewahr der beiden Enden, - zwecklos ist um ihn dein Klagen!
583
Könnte irgend einen Vorteil man durch Klagen je gewinnen,
Würde auch ein Kluger klagen! Selber schaden wird sich nur ein Tor!
584
Nicht durch Weinen, nicht durch Klagen findet je man Geistesfrieden.
Immer mehr nur wächst das Leiden und der Leib wird aufgerieben.
585
Selber Schaden nur sich bringend, mager wird er, blaß an Farbe.
Nicht hilft er damit den Toten, ohne Nutzen ist sein Klagen.
586
Wenn der Mensch nicht Kummer aufgibt, sinkt er tiefer nur ins Leiden.
Um den Abgeschiedenen jammernd, wird vom Schmerz er ganz bewältigt. .......
Andererseits werden aber auch die vier Unermesslichen/Brahmaviharas hervorgehoben, die nahelegen, dass - aufgrund ihres Leides - Klagenden, liebende Güte und Mitgefühl geschenkt werden sollten.
Tatsächlich ist aber stets die Vermittllung der Buddha-Lehre das Beste und Heilsamste, was Leidenden als Ausweg angeboten werden kann - Hilfe zur Selbsthilfe.
In der Psychologie (Robin Kowalski) werden zwei unterschiedliche Arten des Klagens unterschieden:
a) Instrumentelles Sich-Beklagen (es erfolgt bewusst und dient beispielsweise dazu, den Adressaten zu einer Änderung seines Verhaltens zu veranlassen)
b) Expressives (Be-)Klagen (verfolgt keinen bewussten Zweck, sondern dient dem "Dampf ablassen", Von- der- Seele- Reden, dem Werben um soziale Anteilnahme ...)
Bemerkenswert ist die Beobachtung in der Forschung, dass Klagende sich unmittelbar nach dem Beklagen, unglücklicher fühlen, als zuvor, einfach, weil sie ihrer Unzufriedenheit intensive Aufmerksamkeit widmeten, wodurch jene verstärkt wurde.
Wichtig wäre noch das Folgende:
ZitatGewohnheitsmäßiges Sich-Beklagen
Menschen, die sich bei anderen wahllos, gewohnheitsmäßig und chronisch beklagen, können diesen lästig fallen und setzen sich langfristig dem Risiko sozialer Isolation aus.[33] Wissenschaftliche Beobachtungen zu diesem Verhalten sind vor allem von Psychotherapeuten festgehalten worden.[34] Wie Robin Kowalski und Janet Erickson aufgewiesen haben, gibt es verschiedene Faktoren, die darüber entscheiden, wie bereitwillig Menschen, die sich beklagen, Gehör finden. So fallen insbesondere solche Klagen lästig, die kein Ende zu nehmen scheinen und die ohne Rücksicht darauf vorgebracht werden, ob der andere sie in aller Ausführlichkeit anhören möchte. Der Zuhörer wird dadurch nicht nur ermüdet; jemand, der sich ständig über alles beklagt, erscheint überdies auch unglaubwürdig. .......
Solltet ihr diesen Post beklagenswert finden, würde ich das verstehen....
Ich persönlich habe keine Probleme, mir das Klagen Anderer anzuhören, denn ich verstehe die Klagenden nur zu gut - bin ja selbst jemand, der Frust, Ängste und Sorgen gerne (mit-)teilt und "bekakelt".
(Mein Mann entzieht sich kurzerhand durch "Wegratzen" , wenn es ihm zuviel wird - dementsprechend brauche ich mir diesbezüglich wohl keine Sorgen zu machen...
)
Die Dosis macht auch hier das Gift oder wie seht ihr das?
Liebe Grüße, Anna