Mitgefühl

  • Guten Morgen,


    meine erste Frage: Warum soll ich Mitgefühl entwickeln (jetzt nicht falsch verstehen, natürlich empfinde ich es), wenn letztlich doch jeder für sein Karma selbst verantwortlich ist? Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet. Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    2) Wie geht ihr mit Menschen um, die ihr nicht mögt? Zum Beispiel weil sie eine Einstellung haben, die ihr nicht teilen könnt. Darf/muss man Abstand nehmen, obwohl sie den Kontakt suchen? Macht ihr da Unterschiede, ob man verwandt ist oder „nur“ bekannt, befreundet?


    Liebe Grüße
    Veilchen

    Wer die Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet.

  • Frage 1: Finde es heraus. Versuche Mitgefühl zu entwickeln. Mach das mal so ca ein Jahr lang. Und dann versuche die gleiche Zeit völlig gleichgültig oder hasserfüllt herum zu laufen. Mal sehen, womit du besser klar kommst.
    Und keine "warum" Fragen. Es gibt darauf keine allgemeingültigen Antworten. Du musst deine Antwort für dich in dir finden.


    Frage 2: Ich versuche das Verhältnis zu klären. Geht das nicht, gehe ich auf Abstand. Geht das auch nicht, lerne ich, damit zu leben.
    Zum Klären des Verhältnisses gehört auch, sich selbst zu hinterfragen. Manche Menschen mag ich vielleicht nur deshalb nicht, weil sie meine völlig kruden Ansichten nicht teilen. Und manche Meschen mag ich vielleicht deshalb nicht, weil ich mich im Grunde selbst nicht mag und diese Ablehnung auf andere übertrage. Ein weites Feld der Übung tut sich auf. ;)

  • Hier wie ich das bisher sehe...


    Zitat

    Warum soll ich Mitgefühl entwickeln, wenn letztlich doch jeder für sein Karma selbst verantwortlich ist? Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet.


    Jeder ist für sein Karma und die Ursache dahinter selbst verantwortlich, aber man kann ihnen dabei helfen, es zu ändern, wenn sie es möchten. Wesen der Welt sind miteinander verbunden. Wenn ein Mensch in deiner Nähe unglücklich, wütend oder traurig ist, werden es auch die anderen in der Umgebung. Wenn du einen Menschen mit deiner Hilfe glücklich machen kannst, wirst du selbst glücklich.
    Klingt für mich super in der Theorie und stimmt wohl auch bei Freunden, aber bei Fremden kann ich es mir bislang nur bedingt vorstellen.


    Zitat

    Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    Es ist doch schon in dem Sinne als Buddhist selbstsüchtig, dass man erwachen will, dass man damit etwas für sich erreichen will und sein Leiden dadurch auslöschen will. So viele Schulen gibt es mittlerweile, die alle für sich den richtigen Weg dazu kennen.
    Sich durch diesen oder andere Wünsche nicht beherrschen zu lassen, ist wohl das wichtige bei der Sache.


    Zitat

    Wie geht ihr mit Menschen um, die ihr nicht mögt?


    Oh, die Frage ist echt schwierig. Das ist wohl immernoch meine schwierigste Aufgabe, dafür eine Lösung zu finden.
    Es gibt viele Gründe, eine Person nicht zu mögen, ich nehme mir mal die Streitfrage raus, da es bei mir schnell dazu kommt.
    Besonders, wenn man nunmal Kontakt mit streitfreudigen, oder für einen einfach komplizierten, Menschen haben muss, beispielsweise auf der Arbeit, wo man sogar nur für eine kurze Zeit harmonisch miteinander auskommen muss, dann gestaltet sich das schon wirklich schwierig für mich.
    Wenn es wirklich Momente gibt, wo ich merke, ich bin kurz vorm Austicken, sag ich mir wirklich "stopp!", verlasse den Raum oder zähl langsam bis 10 und suche den Grund in mir und versuche ihn zu löschen.
    Es gibt aber bei mir Momente, da merke ich es zu spät und stoppe mich erst mitten im Satz oder gar nicht. Oder ich denke danach stundenlang darüber nach und mache mich damit unglücklich.
    Das heißt nicht, dass ich nicht diskutiere oder konstruktiv streite, aber wenn ich eine Wand als Gegenüber habe, dann versuche ich es zu akzeptieren.
    Solchen Menschen Mitgefühl entgegen zu bringen, ist wirklich sehr schwer. Wenn sie keine Hilfe wollen, würde man sie ja mit ungewollter Hilfe vielleicht auch unglücklich machen.
    Ich könnte mir daher z.B bislang nicht vorstellen, in ein Kloster zu gehen. Allein die Tatsache, dass ich dann vielleicht eine Person nicht leiden kann (oder die Person mich) und ich dann mit der Person essen, arbeiten, lernen, schlafen muss... Wenn ich jetzt schon auf der Arbeit Probleme habe, wie soll das dann erst werden? :lol: Nein, bislang wäre mir das zu viel.


    Zitat

    Darf/muss man Abstand nehmen, obwohl sie den Kontakt suchen?


    Ich nehme mir im Alltag den Abstand, den ich brauche, da ich bislang nicht anders kann. Aber wenn das nicht möglich ist, versuche ich mich wie oben beschrieben von innen raus zu stoppen.
    Wenn jetzt aber eine Person, die ich nicht leiden kann, von mir genau umgekehrt denkt, muss ich mich fragen, warum.


    Zitat

    Macht ihr da Unterschiede, ob man verwandt ist oder „nur“ bekannt, befreundet?


    Da mache ich keine Unterschiede, aber meine Familie ist auch nicht so eng wie manch andere.

  • Mitgefühl haben oder entwickeln muss nicht unbedingt heissen, dass man dem Menschen helfen muss, für den man Mitgefühl entwickelt.


    Es bedeutet für mich lediglich, von meinem eigenen kleinen Egostandpunkt etwas abzurücken und zu versuchen, den Anderen in seinen Gedanken, seinem Handeln (und von mir aus auch Irrsinn) zu verstehen. Einfach nur das reicht manchmal schon aus, um aggressive Situationen zu entspannen oder eben gar nicht erst aufkommen zu lassen. Damit hilft man meiner Meinung nach nicht nur sich selbst, sondern eben auch dem Anderen.


    Deswegen bemühe ich mich eben besonders bei Menschen, die ich nicht mag darum, Mitgefühl zu entwickeln, denn es zeigt mir eben auch etwas über mich selbst, wenn ich einen anderen Menschen ablehne.


    Schönen Sonntag! solaris


  • Hallo und herzlich Willkommen Veilchen,
    zu 1.
    das "tatsächlich gemeinte Mitgefühl" - so jedenfalls meine Überzeugung - hat sich eigentlich erst dadurch entwickelt, dass ich erkannte, wie schwer es ist, die Perspektive zu ändern und daraus seine Konsequenzen zu ziehen. Obwohl ich mich seit Jahrzehnten mit dem "Sinn des Lebens" und entsprechenden Richtungen, letztendlich Buddhas Lehre, beschäftigt habe, hat der Begriff Mitgefühl für mich doch eine immer wieder erweiternde Bedeutung bekommen. Gefühlt habe ich es eigentlich erst im vollem Umfang (oder auch noch nicht ganz - wer weiß), als mir klar wurde, wie schwer es mir fällt, mein Wissen in die Tat umzusetzen. Wie viel schwerer muss es da für jemanden sein, der sich nicht damit beschäftigt. Und das erzeugt bei mir Mitgefühl und Wohlwollen. Karma abzubauen ist nicht selbstsüchtig, sondern befreit auch die mir Nahestehenden, da sie sich vor mir nicht fürchten müssen, z.B. Zorn, Gier und Hass, Ignoranz.


    Zu 2.
    Menschen, die ich nicht mag, gibt es eigentlich kaum noch. Ich halte Abstand, wenn nötig. Früher hätte ich u.U. meinen Charme entwickelt oder geheuchelt oder wäre unwirsch geworden. Ich habe mein Bedürfnis, ständig Meinungen austauschen zu wollen, abgebaut. Ich höre heute lieber zu. Außerdem hab ich - gerade auch durch meine erwachsene Tochter - gelernt, nicht ständig meinen Senf dazuzugeben.
    Wenn ich merke, dass mir meine Schwester (sie ist 93) z.B. auf den Geist geht, dann arbeite ich an meinem Geist und nicht an meiner Schwester. Ebenso mit anderen Verwandten und Freunden. Wird es zu schwierig, trete ich zurück. Wenn nötig, trenne ich mich auch s. hier http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=6&t=14005#p276272. Die letzten 40 Jahre - als es mir das erste Mal auffiel - konnte ich mich immer entspannen, wenn ich meinen Eigen-Anteil an Konflikten erkannte. Denn sobald ich sehe, was ICH damit zu tun habe, kann ich etwas dagegen tun. Natürlich ist das ein langer Weg, und ich bin oft gestolpert. Aber er lohnt sich.


    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Hallo Veilchen,


    Veilchen:


    meine erste Frage: Warum soll ich Mitgefühl entwickeln (jetzt nicht falsch verstehen, natürlich empfinde ich es), wenn letztlich doch jeder für sein Karma selbst verantwortlich ist? Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet. Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    Wer schlechtes Karma macht schadet sich auch selbst, dem kann ja nur Unwissenheit bzw. Verblendung oder Verwirrung zugrundeliegen, und was soll man anderes empfinden bei einer verwirrten Person die sich selber schadet als Mitgefühl?
    Wer sich selber und anderen nicht schaden möchte der macht gutes Karma oder gar keines. Um gar kein Karma mehr zu machen muss man aber völlig frei sein von Begehren, und das geht am Besten indem man zuerst gutes Karma macht und damit Selbstlosigkeit entwickelt. So sehe ich das.


    Veilchen:


    2) Wie geht ihr mit Menschen um, die ihr nicht mögt? Zum Beispiel weil sie eine Einstellung haben, die ihr nicht teilen könnt. Darf/muss man Abstand nehmen, obwohl sie den Kontakt suchen? Macht ihr da Unterschiede, ob man verwandt ist oder „nur“ bekannt, befreundet?


    Ich versuche Toleranz zu entwickeln aber wenn die andere Einstellung sich sehr störend auswirkt dann nehme ich Abstand. Im Palikanon sagt der Buddha auch öfter dass man schlechten Umgang meiden, und übrigens auch dass man heilsam handeln sollte (Karma):


    Zitat

    Kein anderes Ding kenne ich, ihr Mönche, wodurch in dem Maße die unaufgestiegenen unheilsamen Dinge zum Aufsteigen kommen und die aufgestiegenen heilsamen Dinge schwinden, wie die Trägheit - die Ungenügsamkeit - die Unzufriedenheit - das unweise Nachdenken - die geistige Unklarheit - der schlechte Umgang - die Ausübung unheilsamer Dinge und Nichtausübung heilsamer.
    http://www.palikanon.com/angutt/a01_011-033.html


    Wobei ich mich schon auch selber frage ob ich mich zu einer Person deshalb nicht hingezogen fühle weil sie bestimmte gute Eigenschaften hat die ich selber nicht habe. Dann sollte man diesen Umgang suchen auch wenn man sich dabei nicht so wohl fühlt, weil man was lernen kann. Und bei Verwandten kann ein Umgang auch aufgrund von Verpflichtungen zustandekommen.


    Schöne Grüße,
    mukti

  • Guten Abend,


    @Ji'un Ken
    vielen Dank für deine Antwort. Mir ist schon klar, dass es leichter und besser ist, wohlwollend durch die Gegend zu gehen und ich habe auch nicht vor, das (versuchsweise) zu ändern.


    Zitat

    Und keine "warum" Fragen. Es gibt darauf keine allgemeingültigen Antworten. Du musst deine Antwort für dich in dir finden.


    Kannst du mir das bitte erklären. Das ist ja genau das, was ich bisher tat. Antworten in Büchern und in mir zu finden. Jetzt gehe ich unter Gleichgesinnte, und du sagst, ich darf nicht fragen („warum“ ist ja nur eine Formulierung) Buddhas letzte Worte waren doch (soviel ich weiß) sinngemäß, nur nicht einfach alles glauben, sondern alles hinterfragen. Wie soll das gehen, wenn ich nicht fragen darf? Sicher werde ich Antworten in mir finden – später, wenn ich weiter bin. Jetzt brauche ich Hilfen.
    Mir ist auch klar, dass ich manche Menschen intuitiv ablehne, weil ich ihnen so ähnlich bin und sie mir meine Fehler vor Augen führen. Darum ging es mir aber nicht. Sondern um Menschen, deren Haltung ich ablehne, z.b. Rechtsradikale.


    Vielen Dank für deine Denkanstöße.



    Hao,
    vielen Dank für die ausführliche Antwort. Deine Gedanken zur Selbstsucht kann ich verstehen. Wenn ich es recht verstehe, muss ich erst mal mit mir selbst klarkommen, bevor ich anderen helfen kann. Das geht nur, wenn ich mich auf mich konzentriere – also im weitesten Sinne selbstsüchtig bin. Danke dir.
    Weiter unten mehr ...



    @solaris
    auch dir vielen Dank. Dein Hinweis darauf, dass man Mitgefühl haben kann. ohne helfen zu müssen, hilft mir schon ein Stücken weiter.
    Weiter unten mehr …



    @Monikadie4
    auch dir vielen Dank für die Beschäftigung mit meinen Fragen.
    Zu 1. hast du einiges gesagt, was ich sacken lassen muss und werde. Auch ich beschäftige mich seit Jahren mit „Sinn des Lebens“ und auch mit dem Buddhismus, allerdings ganz privat, durch Bücher. Erst vor ein paar Wochen bin ich zu einem Tag der offenen Tür in ein buddhistisches Zentrum gegangen und seitdem lässt mich so vieles nicht mehr los.
    zu 2. Eigentlich mag ich erst mal alle Menschen, solange sie mich nicht ärgern. Damit will ich nur sagen, dass ich versuche niemanden von vorneherein abzulehnen. Wenn ich merke, dass es gar nicht klappt, nehme ich so weit es geht Abstand und frage mich, ob das in Ordnung ist, oder ob ich es mir da zu einfach mache. Im Bekannten-, Freundes- und Arbeitskreis ist das kein so großes Problem. Mich beschäftigt derzeit die Frage nach der Familie.
    Weiter unten mehr …



    @alle
    Und ich habe schon gelernt, dass ich mich doch präziser ausdrücken muss. Ich versuche meinem Möglichkeiten entsprechend, die Menschen in meinem Umfeld zu verstehen. In diesem Fall geht es um einen Verwandten, zu dem ich jahrelang keinen Kontakt hatte. Nun sucht er den Kontakt. Auf seiner FB-Seite sind fremdenfeindliche Sprüche.
    Ich versuche zu verstehen, was mir sehr schwerfällt.
    Einerseits denke ich, es ist Familie, aber ich habe einfach keinen Nerv mich jetzt zu rechtfertigen, warum ich Vegetarier bin, warum ich mich für den Buddhismus interessiere, warum mir Saufgelage mit Schweinsbraten keinen Spaß machen und vieles mehr. Und ich bin mir auch sicher, dass ich die Verwandtschaft nicht zu fremdenfreundlichen Menschen umerziehen kann. Anderseits tun sie mir wirklich aufrichtig leid, weil ich denke (und hier habe ich einfach auch Angst überheblich zu sein), dass sie sich in all den Jahren nicht weiterentwickelt haben. Ich fühle mich dem einfach nicht gewachsen. Zwickmühle – elende.
    Ich war nicht konkret und meinte nicht die Menschen, die einem so täglich begegnen. Ich versuche, in Zukunft genauer zu sein.


    Vielen Dank euch allen, ich freue mich über euren Antworten und die Zeit, die ihr mir geschenkt habt.


    Liebe Grüße
    Veilchen

    Wer die Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet.

  • Liebes Veilchen,


    wenn Dein Verwandter zu Dir Kontakt sucht, dann nimm es auf oder lasse es bleiben. Du bist nicht für seine geistige Entwicklung zuständig wenn er Deinen Rat in diesen Dingen nicht sucht. Bittet er Dich konkret um Deine Hilfe, musst du schauen, ob du etwas für ihn tun kannst. Wenn nicht, lass es laufen. Niemand kann einem anderen Menschen sein Karma wegnehmen oder ihm helfen wenn er sich damit selber schadet. Nur wer seine eigenen Grenzen und auch seine eigenen Möglichkeiten genau kennt ist in der Lage, anderen überhaupt hilfreich zu sein. Dafür ist vorher viel eigene Arbeit an sich selbst nötig.


    Was jemand auf Facebook postet muss andererseits nicht das sein, was ihn wirklich ausmacht. Die konkrete Begegnung mit einem Menschen kann ganz anders aussehen. Ich selbst hab mich mal fürchterlich übernommen bei dem Versuch, einem Menschen zu helfen, der alle anderen für sein Unglück verantwortlich gemacht hat ausser sich selbst. Heute sehe ich es wirklich als meine eigene eitle Selbstüberschätzung und als eine großen Fehler aus dem ich einiges über mich gelernt habe.


    Ich wünsche Dir weiter Achtsamkeit und kein übereiliges Handeln. Gruß. solaris


  • Warum-Fragen sind Fragen nach einem linearen Ursache/Wirkung Geschehen. Ich mache etwas und löse damit genau das und das aus.
    Das gibt es nicht.
    Unser Leben ist ein Prozess, ein ungeheuer vielschichtiges Beziehungsgefüge. Als Bild: Wenn du Blumensaat ausstreust, dann ist das nicht die Urasache für ein Blumenbeet, aber du hast die Bedingungen dafür verändert.
    Du kannst fragen, du sollst auch fragen, aber die Frage nach dem Warum bringt dich nicht weiter.
    Warum sollst du Mitgefühl üben, lieben.....
    Doch nicht weil es dir jemand sagt, weil es irgendwo steht oder weil du etwas erreichen willst.
    Wenn du dich intensiv mit der Lehre auseindersetzt, wenn du übst und sie in deinem Leben Gestalt werden lässt, ensteht Mitgefühl für alle Wesen zwangsläufig in dir. Und irgendwann wird dir auch klar, dass da im Grunde gar nichts entstanden ist. Alles ist immer schon da.


    Du bist dann dieses Mitfühlen. Die Frage nach dem Warum ist dann völlig überflüssig. Du wirst sie auch nicht mehr stellen.
    Und jetzt ist es im Grunde genauso. Warum sollst du werden, was du schon lange bist.
    Da dir das aber noch nicht klar ist, fängst du an zu suchen. :D
    http://homepage2.nifty.com/sanbo_zen/cow_d.html


    Und Mitgefühl mit allen Wesen heißt nicht, dass alle lieb und nett sind. Es heißt auch Stellung beziehen, zu urteilen, richtig und falsch zu erkennen. Und auch den Kontext zu erkennen, in dem deine Urteile entstehen. Und wenn es Menschen gibt, deren Haltung du klar ablehnst, dann beziehe auch klar Stellung.


    LG
    Ji'un Ken

  • @ Veilchen:

    Zitat

    Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    Ja, ist es.
    Denn deine Frage scheint mir eben aus einer Ecke zu stammen, die "Mitgefühl entwickeln" als Notdurft für "Verdienst" ansieht. Nun hat dich diese "Ecke" irgendwie angezogen und beeinflusst und sie mag dein natürliches Empfinden und Verstehen gestört und zum Fragen nach dem "Warum, Weshalb und Wie" veranlasst haben um dir wieder klarer in der Richtung zu werden. Wir lieben klare Vorgaben, aber wir lieben auch nachvollziehbare Gründe dafür. Und doch zweifeln wir, wenn wir beides bekommen. Vielleicht weil wir dann schon "die innere Stimme" verloren haben und nach einem kunst-fertigem Ersatz suchen. Imgrunde ist es doch völlig einleuchtend, warum wir Mitgefühl ( weiter ) entfalten sollten. Stellen wir uns eine solche Frage nicht erst, wenn uns noch nicht oder nicht mehr einleuchtet warum wir Mitgefühl für uns selber entfalten sollten ? Erscheint es uns egoistisch Mitgefühl für uns selber zu entfalten ? Dann erscheint es uns auch als egoistisch Mitgefühl für andere zu entfalten. Wir verlangen doch nicht auch noch Verdienst dafür wenn wir Mitgefühl für uns selber entfalten, wie wenig ist es notwendig an einem Verdienst zu hängen und zu glauben im Mitgefühl für andere? "Kein Warum" ist deswegen sinnvoll, weil wir die Pflanze nur gießen müssen. Jeder weiß das, niemand muss nach dem warum fragen. Jeder weiß, daß es gute, heilsame Bedingungen benötigt, damit eine Pflanze blühen kann. Du solltest jetzt nicht darüber anfangen nachdenken zu wollen ( zu müssen ). Das wünsche ich dir.

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Mitfühlend zu handeln ist natürlich. Daraus eine Übung zu machen, macht das ganze hässlich und künstlich. Das ist so wie die gespielte Freundlichkeit einer Verkäuferin oder eines buddh. Lehrers.
    Für etwas selbstverständliches dann noch was haben zu wollen, ist doch dann nur noch albern. (Ich bin mir nichtmal sicher, ob der Buddhismus an individuelles karma glaubt).


    Irgend jemand sagte mal, daß der Unterschied zwischen normalen Menschen und Buddhisten der sei, das Buddhisten meinen ihr Handeln sei etwas besonderes. Das Handeln ist aber das selbe.

    Ich bin nicht im Heiligen Geschäft. Ich sing mein eigenes Lied.
    U.G.

  • Veilchen:

    Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    Klar. Genau das Gegenteil tritt ein.


    Veilchen:

    wenn letztlich doch jeder für sein Karma selbst verantwortlich ist? Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet.


    per Definition: Karma ist Tat (bzw die Absicht zur Tat). Natürlich jeder verantwortlich für seine Taten - will heißen, muß für seine Taten Verantwortung übernehmen.


    Veilchen:

    Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet.


    Nichts findet seine Ursache in sich selbst - das ist jedenfalls der dem Buddha zugeschriebene Standpunkt, er wendet sich dabei explizit gegen Karma-Auffassungen von "Andersgäubigen" ( "aññatitthiyā paribbājakā", wrtl: "Wanderer durch eine andere Furt")


    Zitat

    Es gibt ..., etliche Samanas und Brāhmanas, Anhänger der Lehre vom Karma, die verkünden, daß das Leiden selbst verursacht sei ....(oder) daß das Leiden von einem anderen verursacht sei. ....(oder) daß das Leiden sowohl selbst verursacht als auch von einem anderen verursacht sei. .... (oder) daß das Leiden nicht selbst bewirkt, auch nicht von einem anderen bewirkt, sondern ohne Ursache entstanden sei. (S.12.24. http://www.palikanon.com/samyutta/sam12_30.html#s12_24)


    Alle diese Ansichten treffen tatsächlich nicht zu, vielmehr ist Leiden und der durch Leiden getriebene Karma(Tat)-Prozess durch vielfache Faktoren bedingt, und zwar so, daß eine letztendliche Ursache nicht aufzeigbar ist, was wir wissen können, ist der Mechanismus, wie das prinzipiell abläuft (paticcasamuppadha, Bedingtes Entstehen), und in diesen Mechanismus können wir bedingt eingreifen.
    Da wir aber nur bedingt eingreifen können - also auch mit all unserer Ignoranz, unseren Bevorzugungen und Abneigungen - gehen wir in unserem Bemühen oft genug fehl, und leider auch ohne daß uns das auch nur im Mindesten bewußt wird.


    Veilchen:

    Warum soll ich Mitgefühl entwickeln ....


    Mitgefühl ist (wie die anderen "Unermeßlichkeiten") beim Buddha ein Ausdruck für das Bewußtsein, sich selbst in jedem anderen wiederzuerkennen. Zu erkennen, daß man sich selbst überhaupt nicht von dem "Anderen" unterscheidet, unabhängig davon wer das ist, was letztlich (sekundär) zu Veränderungen von Verhaltens- und Denkmustern führt.


    Zitat

    Derart von Begierde und Übelwollen befreit, unverwirrt, wissensklar und achtsam, durchdringt der edle Jünger mit einem von Güte - von Mitleid - von Mitfreude - von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer inmitten, sich in allem wiedererkennend (sabbattatâya, alternativ: mit allem verbunden seiend), die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste ... (M7, M50, M83 usw)


    Mitgefühl ist also keine Sache des Wollens und Strebens, es ist die natürliche Folge von Klarheit, dem Übersteigen von Begierden und Beurteilungen, meist des Gefühls, daß man besser, weiter, klüger, was Besonderes, usw sei.

  • Hallo,


    °°°:

    Mitfühlend zu handeln ist natürlich. Daraus eine Übung zu machen, macht das ganze hässlich und künstlich. Das ist so wie die gespielte Freundlichkeit einer Verkäuferin ...


    das sehe ich nicht so. Ich empfinde die gespielte Freundlichkeit der Verkäuferin nicht als hässlich, sondern weit angenehmer als ihre womöglich ernstgemeinte Abneigung. Und das gilt auch für die Leute mit mir in der U-Bahn etc. Der Buddha hat ja auch gelehrt, was man häufig bedenkt, dahin neigt sich der Herzgeist. Das künstliche Einüben von Mitgefühl wird so mit der Zeit ganz natürlich. Einfach weil der Herzgeist es irgendwann als Normalzustand kennt. Von daher unbedingt zur Übung machen, einfach aus dem Himmel fallen wird es nicht.


    Gruß
    Florian

    • Offizieller Beitrag
    Veilchen:

    Guten Morgen,


    meine erste Frage: Warum soll ich Mitgefühl entwickeln (jetzt nicht falsch verstehen, natürlich empfinde ich es), wenn letztlich doch jeder für sein Karma selbst verantwortlich ist? Also jedes Leid seine Ursache in sich selbst findet. Und wenn ich damit gutes Karma für mich sammeln will, ist das dann nicht selbstsüchtig?


    "Karma sammeln" und "Karma haben" sind ja nur Metaphern. Es gibt kein "etwas", das man haben oder sammeln könnte, sondern es geht um die Einübung heilsamen Verhaltens in Taten, Gedanken und Worten. "Heilsames Handeln" ist eine Beziehung und hat sehr viel mit Mitgefühl zu tun.


    Indem man seine eigenen Ego-Lasten abwirft, kann man freundlicher mit anderen umgehen und auch deren Lasten tragen. Die eigene Lastenlosigekeit als eine spezielle Art von Gepäck zu sehen, von dem man sich selber immer mehr zusammensammelt, führt dagegen in die bizarre Logik buddhistischer Eichhörnchen.


    Veilchen:

    Wie geht ihr mit Menschen um, die ihr nicht mögt? Zum Beispiel weil sie eine Einstellung haben, die ihr nicht teilen könnt. Darf/muss man Abstand nehmen, obwohl sie den Kontakt suchen? Macht ihr da Unterschiede, ob man verwandt ist oder „nur“ bekannt, befreundet?


    Es ist ersteinmal wichtig, die Verschiedenartigkeit anzuerkennen. Mir hilft da die Vorstellung einer Blumenwiese, die ja dadurch schön ist, dass die Blumen verschieden sind. Jede ist die Anpassung an eine unterscheidlche ökologische Nische und hat von daher eine ganz andere Form und Farbe. So hilft mir der Gedanke, dass jemand einfach ein Produkt einer bestimmten Geschichte und bestimmter Bedingungen ist und von daher ganz anders geworden ist als ich. Mich erheitert, dass das sogar bei meinen Geschwistern der Fall ist.

  • @ Bel:

    Zitat

    Mitgefühl ist also keine Sache des Wollens und Strebens, es ist die natürliche Folge von Klarheit, dem Übersteigen von Begierden und Beurteilungen, meist des Gefühls, daß man besser, weiter, klüger, was Besonderes, usw sei.


    Stimmt. Es gibt jedoch noch die "andere Seite", die der Selbstverkleinerung, ebenfalls aus Meinung und Urteil verursacht, die Mitgefühl ( und Klarheit - auch über eine Sache, eine Situation, eine Person ) zum Schwinden bringt


    *


    Ich finde es wichtig, wenn man an sich ein gewisses Maß an Mitgefühl / Güte anerkennt, zu beobachten wie es sich weiter entfaltet - und umgekehrt, was zu einem Verschütten führt. Es ist nicht verkehrt neben Zazen noch Mettaübung aufzunehmen . Weil Metta die Tendenz zur Achtsamkeit unterstützt.- und überhaupt Übungen zu folgen, die `das Karma reinigen`und das "Ich-Mein-Mir " helfen loszulassen. Nur - sich darüber Gedanken zu machen verfälscht die Motivation, die Richtung und damit "die Frucht". "Das ( zukünftige ) Karma" verändert sich von Sekunde zu Sekunde. Und tatsächlich ist es so wie Bel hier sehr treffend formuliert :
    "Vielmehr ist Leiden und der durch Leiden getriebene Karma(Tat)-Prozess durch vielfache Faktoren bedingt, und zwar so, daß eine letztendliche Ursache nicht aufzeigbar ist,..."


    *


    Genau genommen sollte man tierisch aufpassen lernen. Ehrlich gesagt. Zumindest wenn man an "Wiedergeburt" glaubt. Den annern kannst ja ejal sein. Also das ist "karmische Pluspunkte sammeln " (eher aufpassen als über Verdienst und Unverdienst zu spekulieren):


    Auch in Bedrängnis finden sie die Lehre,
    Die zur Erlangung des Nibbāna führt,
    Die rechte Achtsamkeit entfalten:
    Vollkommen wird ihr Geist geeint.



    Samyutta Nikaya 47


    Danke der Erinnerung, Veilchen ! :)

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

    2 Mal editiert, zuletzt von al-Nuri ()

  • °°°:

    Mitfühlend zu handeln ist natürlich. Daraus eine Übung zu machen, macht das ganze hässlich und künstlich.


    Solange wir noch nicht erleuchtet sind, ist der ganze buddhistische Weg (welches Fahrzeug man auch immer wählt) eine einzige Übung.
    Das gilt nicht nur für Mitgefühl, sondern für fast alle Aspekte des Weges.

  • Guten Abend


    und lieben Dank für die vielen Antworten. Ich merke wie mir beim Lesen und auch bei meinen Antworten an euch einiges klarer wird. Es war also eine gute Entscheidung mich hier anzumelden.



    Liebe Solaris,
    ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich mit meinem Verwandten umgehen soll. Und ich denke, du hast mir da gute Hinweise gegeben. Er will weder meinen Rat noch meine Hilfe, im Gegenteil, ich soll ja so sein, wie er und der Rest der Familie es will. Da ich dem nicht gewachsen bin, werde ich auch weiterhin den Kontakt weitestgehend meiden. Sollte jemand meine Hilfe brauchen, werde ich sie nicht ablehnen.



    Lieber Ji'un Ken,
    erst mal vielen Dank für deine Mühe, mir die Dinge genauer zu erklären. Ich finde das sehr schwierig, alles zu verstehen.

    Zitat


    Warum-Fragen sind Fragen nach einem linearen Ursache/Wirkung Geschehen. Ich mache etwas und löse damit genau das und das aus.


    Genauso hatte ich es verstanden an diesem Tag der offenen Tür in diesem b.Z. Alles ist Ursache und Wirkung.


    Zitat

    Das gibt es nicht.


    Im ersten Moment ein Widerspruch, aber nach deiner Erklärung mit dem Blumenbeet doch auch irgendwie einleuchtend. Die zehn Bilder vom Ochsenhirten habe ich mir kurz angesehen, ich werde sie lesen und daraus lernen. Danke dafür.




    Liebe/r al-Nuri,
    nicht nachdenken zu müssen/wollen ist sehr schwierig (derzeit für mich). Ich halte Mitgefühl für eine Grundeinstellung, allerdings, wie du richtig erkannt hast, weniger für mich selbst, sondern eher für andere. Die Frage nach dem „warum“ entwickelte sich aus der Frage nach dem Karma. Wenn eben, so wie ich es bisher verstanden habe, alles Ursache und Wirkung ist, dann hat jeder sein Karma zu tragen und muss damit fertig werden. Beispiel: Wenn also jemand in einem Leben geplündert, gemordet oder sonst was getan hat und nun in seinem neuen Leben irgendwo auf der Welt – in keiner guten Gegend, unter schlimmen Bedingungen lebt, erhebt sich für mich die Frage: warum Mitgefühl? Wäre es nicht sinnvoller, ihm alles Gute zu wünschen und zu hoffen, dass er in seinem Leben aus den Fehlern des vorherigen gelernt hat und sich weiterentwickelt?
    Nochmal: Ich habe Mitgefühl und Mitleid für arme, kranke, alle Menschen, ich frage mich nur, ob das eigentlich richtig ist?



    Lieber/Liebe °°°,
    eine Übung sollte man sicher aus dem Mitgefühl nicht machen, aber ich bin der Meinung, dass man sich ruhig überwinden darf, freundlichen zu sein, und sein Gegenüber zu verstehen, auch wenn's vielleicht mal schwerfällt. Lächele – und die Welt lächelt zurück.


    Liebe Bel,
    um das alles zu verstehen, muss ich noch sehr viel lernen. Nach euren Antworten, dem darüber nachdenken und nachlesen, habe ich jetzt (im Moment) verstanden, dass man nur bedingt Einfluss auf das Karma haben kann


    Zitat

    Mitgefühl ist also keine Sache des Wollens und Strebens, es ist die natürliche Folge von Klarheit, dem Übersteigen von Begierden und Beurteilungen, meist des Gefühls, daß man besser, weiter, klüger, was Besonderes, usw sei.


    Womit meine Verwirrung weiter zunimmt. Wenn ich z.B. einen Menschen bedauere, weil ich (meine zu) erkenne(n), dass er falsch handelt, habe ich auch im nächsten Moment ein schlechtes Gewissen, weil ich mich frage, woher ich mir das Recht nehme, das zu beurteilen …


    Ich habe mir deine HP angesehen und bin hängen geblieben, sehr interessant und schön.



    Lieber Buddhaghosa/Florian,
    wenn mir auffällt, dass eine Verkäuferin ihre Freundlichkeit nur vortäuscht, überlege ich mir, warum das wohl so ist. Vielleicht hatte sie gerade Ärger mit ihrem Chef oder hat Magenschmerzen – von daher, freue ich mich darüber, dass sie sich dennoch bemüht. Ich teile deine Ansicht.


    Liebe/r void,
    ein schönes Bild von der Blumenwiese, dem ich gerne zustimme. Aber es gibt auch giftige Pflanzen und welche die stechen und es gibt Pflanzen, die nicht nebeneinander gedeihen können … Diese Unterschiede zu erkennen, fällt mir schwer.
    Ein buddhistisches Eichhörnchen möchte ich natürlich nicht werden, ich lerne …


    Liebe/r Spacy,
    ja, das void schön beschrieben. Mir gefällt das auch.


    Liebe/r al-Nuri,
    du schreibst:


    Zitat

    Stimmt. Es gibt jedoch noch die "andere Seite", die der Selbstverkleinerung, ebenfalls aus Meinung und Urteil verursacht, die Mitgefühl ( und Klarheit - auch über eine Sache, eine Situation, eine Person ) zum Schwinden bringt


    ich fürchte fast, auf dieser Seite bin ich derzeit eher. Ich zweifele daran, das Richtige zu tun – mache mir über alles und jedes Gedanken und überlege schon, ob es überhaupt in Ordnung ist ein „guter“ Mensch sein zu wollen … denn gleichzeitig frage ich mich, warum ich das sein will. So edel, ständig an andere zu denken bin ich ja auch nicht. In meinem Kopf ist derzeit Sturm – und ich komme nicht wirklich zur Ruhe. Auch Meditation ist nicht möglich, nur wirre Gedanken. Zu viel für mich. Ich werde versuchen erst mal achtsam zu sein, im Kleinen und hoffen, dass die Ruhe dann wiederkommt.


    Lieber/Liebe Sherab Yönten,
    ja alles Übung – ich werde mich bemühen.




    Vielen Dank euch allen, auch wenn ich derzeit sehr verwirrt bin, bin ich euch wirklich dankbar. Ihr helft mir sehr dabei, das Knäuel zu entwirren – es wird schon.


    Schönen Abend und gute Nacht
    Liebe Grüße
    Veilchen

    Wer die Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet.

  • Veilchen:

    Liebe Bel,


    .... wenn Du das so formulierst: "lieber" :) ....

    Veilchen:

    Nach euren Antworten, dem darüber nachdenken und nachlesen, habe ich jetzt (im Moment) verstanden, dass man nur bedingt Einfluss auf das Karma haben kann


    Ich hab den Eindruck, du solltest noch mal grundsätzlich klären, was "Karma" im buddhistischen Sinne ist. "Karma" ist ein vorbuddhistisches Konzept, daß der Buddha umgedeutet und mit einem spezifischen Inhalt - in Abgrenzung von anderen Auffassungen - versehen hat. In seiner eigenen Lehre, dem "Bedingtes Entstehen", kommt "Karma" überhaupt nicht vor.
    Das sorgt bis heute für Verwirrung und gerade bei dem von Dir erwähnten Ole Nydahl geht da einiges durcheinander, also das bloß nicht "abnicken" ;)
    Es braucht ne Weile bis man das auseinander geknotet hat,


    Zitat

    Mitgefühl ist also keine Sache des Wollens und Strebens, es ist die natürliche Folge von Klarheit, dem Übersteigen von Begierden und Beurteilungen, meist des Gefühls, daß man besser, weiter, klüger, was Besonderes, usw sei.

    Veilchen:

    Womit meine Verwirrung weiter zunimmt. Wenn ich z.B. einen Menschen bedauere, weil ich (meine zu) erkenne(n), dass er falsch handelt, habe ich auch im nächsten Moment ein schlechtes Gewissen, weil ich mich frage, woher ich mir das Recht nehme, das zu beurteilen …


    Ja eben, weil Du schon weißt, daß Du selbst oft genug "falsch" handelst - möchtest du dann "bedauert" werden, oder würdest Du doch eher wünschen, daß man sich trotzdem oder gerade deswegen Deines tatsächlichen Problems annimmt? "Mitgefühl" hat ja auch eine biologische und sozial bestimmte Grundlage, man nennt die heute "Empathie", also die prinzipielle Fähigkeit, sich selbst in die Lage eines "Anderen" hineinzuversetzen, dessen Verhalten zu "spiegeln". Diese konkurriert aber mit anderen und sozial und biologisch bestimmte Fähigkeiten, z.B. dem Hang zur Kategorienbildung , salopp, der Einteilung der Welt in Schubladen, um sch darin darin besser zurechtzufinden. Aus diesen scheinbaren Widersprüchen resultieren dann Unsicherheiten wie man sich verhalten soll, so wie bei Dir.
    Niemand wird "rechtsradikal" geboren, es ist eine Art, sich gegen ein Gefühl von Ausgegrenztheit und gesellschaftlicher Isolation zu wehren - man sucht sich in Ermangelung anderer Gemeinschaft, einfach ne eigene Gemeinschaft. Wenn man diese Leute dann deswegen wie ne heiße Kartoffel fallen läßt, wird alles nur noch schlimmer.
    Das angemessene Verhalten kann man auch ganz ohne Buddhismus finden. Dagegen steht, daß man mit sich selbst die größten ungelösten Probleme hat, das führt dann traditionell oft zur Religion - was ja auch eine Art von Abgrenzung - ist, hoffentlich nur zeitweise, wenn man sich das ehrlich eingesteht.

  • bel:


    Ich hab den Eindruck, du solltest noch mal grundsätzlich klären, was "Karma" im buddhistischen Sinne ist. "Karma" ist ein vorbuddhistisches Konzept, daß der Buddha umgedeutet und mit einem spezifischen Inhalt - in Abgrenzung von anderen Auffassungen - versehen hat. In seiner eigenen Lehre, dem "Bedingtes Entstehen", kommt "Karma" überhaupt nicht vor.


    Paticcasamuppada ohne Karma...?
    Nyanatiloka, Buddhistisches Wörterbuch: "Durch Unwissenheit bedingt sind die Karmaformationen (avijja-paccaya sankhara)." Und: "Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewusstsein." Siehe auch die Erläuterungen dazu, sowie zu "Durch den Werdeprozess bedingt ist die Geburt".
    Ohne Karma, die Idee einer irgendwie beschaffenen Beziehung zwischen Handeln (im Sinne von Tatabsicht bzw. Gedanken, Worten, und körperlichen Aktionen) und Wirkung (wenngleich diese meines Wissens nach weder im Buddhismus noch in der westlichen Philosophie lückenfrei erklärt werden konnte), macht jedenfalls der gesamte buddhistische Weg doch überhaupt keine Sinn. Oder wie meinst du das?

  • Guten Morgen Veilchen,


    Zitat

    ...Wenn eben, so wie ich es bisher verstanden habe, alles Ursache und Wirkung ist, dann hat jeder sein Karma zu tragen und muss damit fertig werden. Beispiel: Wenn also jemand in einem Leben geplündert, gemordet oder sonst was getan hat und nun in seinem neuen Leben irgendwo auf der Welt – in keiner guten Gegend, unter schlimmen Bedingungen lebt, erhebt sich für mich die Frage: warum Mitgefühl? Wäre es nicht sinnvoller, ihm alles Gute zu wünschen und zu hoffen, dass er in seinem Leben aus den Fehlern des vorherigen gelernt hat und sich weiterentwickelt?
    Nochmal: Ich habe Mitgefühl und Mitleid für arme, kranke, alle Menschen, ich frage mich nur, ob das eigentlich richtig ist?


    ich halte es für sehr bedenklich, wenn jemand unter Karma versteht, dass all die Menschen, die unter schlimmsten Bedingungen leben - z.B. in Afrika, ihr Karma selbst verursacht haben. Derartiges hat der Buddha nicht gelehrt. Ich glaube auch nicht an eine persönliche Wiedergeburt, die dazu nötig wäre.


    Diesen Menschen alles Gute zu wünschen, ist m.E. bereits ein Stück Mitgefühl. Zu denken, dass sie aus ihren Fehlern lernen mögen, um sich weiterzuentwickeln, halte ich für absolut anmaßend - wer immer Dir so etwas vermittelt haben mag. Ursache und Wirkung bedeutet, dass wir etwas verursachen - z.B. die Umweltverschmutzung - und dies für spätere Generationen zum Verhängnis werden kann.
    Die Bedingungen in der 3. Welt sind - aus meiner bisherigen Erkenntnis heraus vereinfacht formuliert - auf die Kolonialisierung zurückzuführen und nicht, weil das normale Volk vom Kind bis zum Greis seine Kultur zerstört hat.


    So einfach ist das mit dem Karma nicht. Mitgefühl ist in jedem Fall angebracht, so wie auch Florian das beschreibt. Außerdem halte ich es nicht für gut zu selektieren, weil dabei nur herauskommen kann, dass Du Rückschlüsse auf das vorhandene Leid eines Wesens schließt und meinst, das hätte schon seine Berechtigung. Ich habe mich von solchem Denken gänzlich befreit und kümmere mich nur um meine eigenen Ursachen und Wirkungen.


    Mit zunehmender Erkenntnis und wenn möglich mit einem guten Lehrer wird sich das Knäuel der Verwirrung lösen. :D
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

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  • Guten Abend zusammen


    Lieber Bel :)


    stimmt, da besteht noch viel Bildungsbedarf. Hast du vielleicht einen Tipp für mich, wo ich etwas übers Karma lernen kann?
    Ole Nydahl schreibt tatsächlich in seinem Buch „Wie die Dinge sind“
    Zitat: Töten – bringt immer Leid, und die Eindrücke im Geist wiegen sehr schwer. Buddha warnt sehr vor dem Töten, denn die Folgen sind kurze, schwierige Leben mit vielen Krankheiten >> in einer wenig anziehenden Gegend in einem Land mit vielerlei Krieg und Unglück<<
    Dahinter steht eine kleine 5 – leider habe ich die Fußnote dazu noch nirgends gefunden. Keine Sorgen, auch wenn ich vieles abgenickt habe – so doch längst nicht alles.
    Natürlich hast du recht, dass niemand rechtsradikal geboren wird, genau so wenig wie als Mörder, Räuber oder sonst was. Aber als fühlende Wesen muss man doch unterscheiden können zwischen Gut und Böse. Und jemanden zu morden – oder ihm den Tod auch nur zu wünschen – ist letztlich eine eigene Entscheidung und darf durch keine Schublade entstehen können.


    Liebe/r Sôhei,
    du verzeihst wenn ich auf deinen Kommentar nicht näher eingehe? Ich verstehe kein Wort.


    Liebe Monika,
    danke, deine Worte tun mir gut. Ich meine nicht, dass die Menschen an ihrem Leid selbst schuld sind – aber ich habe es so aufgefasst. Siehe bitte meine Antwort oben an Bel. Ich bin sehr froh, dass ihr hier anderer Meinung seid.
    Und wie und wo finde ich einen guten Lehrer? Ich weiß doch noch nicht mal, in welche Richtung ich gehe. Derzeit stehe ich auf einer großen Wiese inmitten vieler Pflanzen, alles sind gut und wertvoll und locken mit ihrem Duft – da braucht es Zeit, zu verstehen welcher Weg der richtig ist.


    Lieber Ji'un Ken,
    danke auch dafür – auch den neuen Thread werde ich aufmerksam verfolgen.



    Allen einen schönen Abend und herzliche Grüße
    Veilchen

    Wer die Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet.

  • Veilchen:


    Liebe Monika,
    Ich meine nicht, dass die Menschen an ihrem Leid selbst schuld sind – aber ich habe es so aufgefasst.


    Hallo Veilchen,
    vielen Dank für Dein feedback. Um es noch einmal klar auszudrücken, was ich meine:
    Natürlich hat jeder Mensch die Konsequenzen seines Denken und Handelns zu tragen. Aber es funktioniert nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn. So jedenfalls meine derzeitige Sicht.
    In meinem Beispiel ging es um ein nationales Problem, bei dem viele in Mitleidenschaft gezogen werden. Da zu behaupten, sie wären Schuld, dass sie dort geboren sind, sie hätten womöglich was Schreckliches in einem früheren Leben verbrochen, halte ich nicht nur bedenklich, sondern auch für absurd.


    Wenn Du heute eine brennende Zigarette fortwirfst und weitergehst, wirst Du vielleicht nicht mehr bemerken, dass es anfängt zu brennen. Es wird Dich vielleicht auch niemand dafür verantwortlich machen können. Woher also willst Du wissen, was und wann Dich da Dein Karma trifft?
    Deshalb ist es wichtig, vor allem aus Rücksicht auf Lebewesen, die möglicherweise in Gefahr geraten, immer achtsam zu denken und zu handeln, auch wenn es nicht so offensichtlich ist wie ein Feuer.
    Allein das ist aus meiner Sicht schon Mitgefühl.


    Ich wünsche Dir auch einen schönen Abend :D
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)