Wiedergeburt ist? Umfrage und Diskussion

  • Ich erlebe das so:


    Da gibt es eine Zellkolonie, eine richtig große. Damit diese Zellkolonie gut funktioniert, hat sie die Aufgaben eingeteilt. Ein Teil macht Verdauung, ein Teil atmet, ein Teil dient der Reproduktion … und ein Teil gibt der ganzen Kolonie das Wir-Gefühl und steuert – das Gehirn. Dieses Wir-Gefühl nennt die Kolonie "Ich", der Kolonie wird also die totale Einheit suggeriert (obwohl es Kulturen gibt, die kennen kein Ich, sondern nur ein Wir, haben also die Vorstellung einer Vielzahl, da wo wir von Ich sprechen). Das ist ein Prinzip, das sich evolutionär bewährt hat, es ist effektiv, die ganze Kolonie zieht an einem Strang und vergeudet keine Zeit und keine Energie.


    Es gibt Lebenssituationen, in denen dieses Ichgefühl ein Hindernis ist, wo es unnötigerweise zum Einsatz kommt, weil es aus Gewohnheit gar nicht mehr anders kann als Ich Ich Ich. Das ist dann jedesmal eine Situation des Ergreifens. In den Phasen dazwischen zerfällt diese Ich-Vorstellung, z.B. wenn die Kolonie in einer Verrichtung völlig aufgeht, sagen wir mal, beim Bauen einer Sandburg. Sobald jedoch eine Störung von aussen auftritt, z.B. eine andere Kolonie kommt und mit dem Fuß auf die Burg tritt, erinnert sich Kolonie Doris wieder an sein Ich, die Kolonie sieht sich gezwungen ihr Territorium zu verteidigen und die Kolonie spricht unisono: "Geh von meiner Burg runter, Blödmann!". Es gibt auch die Möglichkeit nicht auf den Reiz des Drauftretens zu ergreifen und einfach weiterzumachen. Dann entsteht kein Ich vs. Du. Die Kolonie kann verschieden ergreifen, je nach Gewohnheit. Ist sie eine von Haus aus wohlerzogene Kolonie, dann sagt sie womöglich: "Willst Du mitspielen?" oder "Bin ich Dir im Weg?", ist es eine gewohnheitsmäßig ruppige Kolonie, dann mag die Reaktion so aussehen: "Bist Du blind, Mann?"


    Was wird ergriffen?
    Angesichts der Menge der Reize wird wohl sehr wenig ergriffen. Es stehen uns irre viele Lichtpunkte zur Verfügung, sehr viele Geräusche berühren unser Ohr, viele Empfindungen treffen auf unserer Haut auf, aber nur ein Bruchteil davon erregt Aufmerksamkeit. Und dann ergreifen wir. Normalerweise spüre ich den Gummi meiner Unterhose nicht, aber wehe, da ist eine kratzige Stelle! Ich schmecke auch meine Spucke nicht, es sei denn, da ist was außer der Reihe, eine Krankheit, ein Nachgeschmack. Ergreifen scheint mir also eine wichtige Rolle zu spielen für das Überleben. Es scheint aber auch oft genug unnütz und sogar schädlich zu sein, für die eigene Kolonie und für die anderen Kolonien.
    Das kann jetzt mein selbstgebastelter Dharma sein … Ich denke, die Übung besteht darin, das Ergreifen zu erkennen, die Fähigkeit zu analyiseren wo es nützt und wo nicht und die nützlichen Aspekte zu kultivieren. Dieser Moment zwischen Kontakt und Ergreifen scheint mir das zu sein, was Trungpa als Bardo/Zwischenzustand bezeichnet hat. Das ist ein sehr kleiner Zeitabschnitt und wohl deshalb so schwer freizulegen. In unserem Beispiel dauert der Moment zwischen Bemerken, dass jemand auf die Sandburg tritt und die Reaktion natürlich auch sehr kurz. Die Kolonie Doris lernt also, diesen Moment zu erkennen und dann entgegen der üblichen Gewohnheit des Schimpfens, eine freundliche Reaktion hervorzubringen. Oder erst mal gar keine, sondern einfach beobachten und analysieren (vielleicht sieht sie dann, dass der Person schlecht geworden ist und deshalb draufgetreten ist und Hilfe benötigt.)
    Woher hat die Kolonie Doris die pampige Reaktion her? Aus der Gewohnheit, aus vielen anderen Situationen, in der sie ebenso reagiert hat. Diese Kolonie Doris, in dieser Ausprägung, wird dann wiedergeboren. Das kann unzählige Male stattfinden, wenn die Bedingungen ähnlich sind.
    Wo ist der Ursprung? Vielleicht hat Kolonie Doris das von Kolonie Eltern so abgeguckt? Oder von den Kolonien der Großeltern oder anderen Kolonien? Stirbt Kolonie Doris ohne dieses Verhalten aufgelöst zu haben, dann hat womöglich eine andere Kolonie Zeit gehabt dieses Verhalten abzuschauen und tradiert das Verhalten. Darum wird auch nach dem Beenden einer Kolonie wiedergeboren. Nicht die Kolonie Doris, aber das Ergreifen auf eben diese eine Weise wird wiedergeboren.


    So ungefähr ist das vereinfachte Bild, das ich von dem Thema habe. Ob es stimmt? Keine Ahnung.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Hallo bel,


    bel:

    Das denkst du dir einfach aus, aber es steht weder in D15 noch in M38.


    in DN 15 steht, dass ein Bewusstsein (oder in MN 38 ein gandhabba) sich in den Mutterschoss herabsenkt und dann erst namarupa entsteht. Erst ab diesem Punkt bilden namarupa und vinnana wieder eine bedingte Abhängigkeit. Das sich herabsenkende Bewusstsein ist ein normaler Bewusstseinsmoment, der hier jedoch dem Sterbebewusstsein nachfolgt und daher Verlinkungsbewusstsein genannt wird. Das Sterbebewusstsein ist noch mit dem "alten namarupa" verbunden und das Verlinkungsbewusstsein mit dem "neuem namarupa".


    bel:

    Was okkamati in D15 bedeutet hab ich hier auch schon mehrmals dargestellt, steht im Archiv... Ich sagte ja schon vorher, dass der Buddha für "erinnern" an die Kindheit und "erinnern" an "fühere Leben" verschiedene Verben benutzt.


    Habe ich eigentlich etwas verpasst oder warum machst du hier auf Pali-Guru. Was hast du denn da für eine street credibility? Ich dachte, du bist Naturwissenschaftler. Ich vertraue da lieber Leuten, die das gelernt haben. Ich habe ja selber Chinesisch studiert und übersetze hin und wieder ein paar Texte. Da kommen dann manchmal auch ein paar Leute um die Ecke und meinen, dies müsste man so und so übersetzen. Nach ein paar Worten stellt sich dann heraus, dass sich deren Chinesischkompetenz darin erschöpft, ein wenig in einem digitalen Wörterbuch herumzuklicken. Dies mag vielleicht reichen, sich selbst zu überzeugen. Aber es ist jetzt nicht wirklich ein Donnerhall in einer Diskussion.


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:

    in DN 15 steht, dass ein Bewusstsein (oder in MN 38 ein gandhabba) sich in den Mutterschoss herabsenkt und dann erst namarupa entsteht.


    Nein, das liest du aus deiner Übersetzung raus. Die "Pali Text Society" sieht das schon auf rein lexikalischer Ebene anders.


    bel:

    Was okkamati in D15 bedeutet hab ich hier auch schon mehrmals dargestellt, steht im Archiv... Ich sagte ja schon vorher, dass der Buddha für "erinnern" an die Kindheit und "erinnern" an "fühere Leben" verschiedene Verben benutzt.

    Buddhaghosa:

    Habe ich eigentlich etwas verpasst oder warum machst du hier auf Pali-Guru. Was hast du denn da für eine street credibility? Ich dachte, du bist Naturwissenschaftler.


    Schließt etwa das eine das andere aus? Geht's jetzt auf ad personam? Ich stützen mich auf anerkannte Quellen und begründe das sachlich, und nicht nur bezüglich Lexik und Grammatik. Wenn Du meinst darauf nicht sachlich eingehen zu wollen, is für mich auch ok.

  • bel,


    Diesen Punkt hätte ich gerne kurz näher beleuchtet, wenn's recht ist:



    Was ist nun mit den Leuten die die Lehre nicht verwirklichen? Wenn sie sterben, wären sie nach deiner Ansicht dann ja ebenso befreit wie jene die sie verwirklicht haben?
    Gibt es eine Aussage vom Buddha, in irgendwelchen Überlieferungen des Mahayana oder Theravada: Beim Zerfall des Körpers ist dukkha für immer zu Ende?
    Im Palikanon geht es ja um die Loslösung von den khandha und darum anatta zu verwirklichen, was eben für die meisten Menschen sehr schwierig ist. Sagt der Buddha irgendwo, dass man sich das auch sparen kann weil der Tod dasselbe Resultat erbringt?

  • Hallo bel,


    kurz zu dem ad personam. Ich sehe es so, wir tauschen hier Argumente aus und prüfen diese. Tritt hier jemand als Übersetzer auf, dann ist es für mich vollkommen okay, die persönliche Qualifikation prüfen zu wollen.


    Ich stütze mich auch auf anerkannte Quellen und begründe das genau so sachlich.


    Gruß
    Florian

  • @Florian
    Nein, du gehst hier nicht auf meine Sachargumente ein, sondern gehst voll ad personam. Es wird was die von mir hier ins Spiel gebrachten lexigrafischen Fragen betrifft, nix geprüfte, was Dir ja möglich wäre.
    Ich trete hier auch nicht als Übersetzer auf, die Probleme die ich hier ansprach, sind ja aus der Sekundärlieratur bekannt. Was die formale Qualifikation betrifft, dürfte meine wohl mindestens der von Sujato entsprechen :P Und, was spielt das für ne Rolle? Bitte erwarte nicht, dass ich weiter auf deine ad personam-Diskussion eingehe.

  • mukti:

    Was ist nun mit den Leuten die die Lehre nicht verwirklichen? Wenn sie sterben, wären sie nach deiner Ansicht dann ja ebenso befreit wie jene die sie verwirklicht haben?


    Wie kommst du darauf? Das habe ich weder geschrieben, impliziert oder gedacht.

    mukti:

    Gibt es eine Aussage vom Buddha, in irgendwelchen Überlieferungen des Mahayana oder Theravada: Beim Zerfall des Körpers ist dukkha für immer zu Ende?


    Natürlich nicht. Es wurde hier schon angesprochen: Dukkha ist ein universelles Daseinsmerkmal, nur Atta-Gläubige mißverstehen es als "mein/dein" Dukkha.Ebenso Befreiung als "meine" Befreiung.

    mukti:

    Sagt der Buddha irgendwo, dass man sich das auch sparen kann weil der Tod dasselbe Resultat erbringt?


    Das wurde hier auch nicht behauptet, sondern immer nur wieder unterstellt.

  • Bel, was mich betrifft, so versuche ich diese Sichtweise zu verstehen und habe nicht die Absicht etwas zu unterstellen.
    Was ist denn nun deiner Meinung nach der Unterschied wenn "jemand" (bzw. ein namarupa) mit vollständiger anatta-Verwirklichung stirbt und wenn "jemand" ohne anatta-Verwirklichung stirbt? Wo ist da ein Unterschied, wenn in beiden Fällen alles zu Ende ist, ist es nach dem Tod nicht dasselbe? Kein Ich und mein und kein Selbst mehr.

  • mukti:


    Was ist denn nun deiner Meinung nach der Unterschied wenn "jemand" (bzw. ein namarupa) mit vollständiger anatta-Verwirklichung stirbt und wenn "jemand" ohne anatta-Verwirklichung stirbt? Wo ist da ein Unterschied, wenn in beiden Fällen alles zu Ende ist, ist es nach dem Tod nicht dasselbe? Kein Ich und mein und kein Selbst mehr.


    Wie das der Vollständig Erwachte empfindet, kann ich Dir leider nicht sagen und deshalb auch nicht sicher, wie das was in Textform überliefert wurde, letztlich zu verstehen ist.
    Sicher ist jedenfalls, dass nach dem Tod eines gewöhnlichen Menschen nicht "Alles" zu Ende ist, weil ja der Buddha bezüglich paticcasamuppada immer von der "ganzen Masse des Leidens" spricht und nicht von dem spezifischen Leiden eines einzelnen Menschen, von "meinem/deinem" Dukkha.
    Du scheinst mit diesem wesentlichen Unterschied aber nix anfangen zu können?
    Das ist aber m.e. wirklich der Schlüssel zum Verständnis der Lehre wie ich sie begreife: die Unterscheidungen . (Trennungen, Spaltungen in Singularitäten) in mein/dein zu unterlassen. Das wird sehr schön in M121 erläutert.
    Ich bin davon überzeugt, solange man die Buddhalehre als Vehikel zur Befreiung vom eigenen Leiden begreift, wird das nix mit dem Erwachen. Das ist nur ein Ego-Standpunkt, den man wohl nicht dem Buddha unterstellen sollte.
    Deshalb wird ja in M2 ausgeführt:



    Also das, was hier immer als notwendig sinngebende Motivation für die Buddha-Praxis dargestellt wird, ist dort als Fehlleitung bezeichnet.

  • Zitat


    Sicher ist jedenfalls, dass nach dem Tod eines gewöhnlichen Menschen nicht "Alles" zu Ende ist, weil ja der Buddha bezüglich paticcasamuppada immer von der "ganzen Masse des Leidens" spricht und nicht von dem spezifischen Leiden eines einzelnen Menschen, von "meinem/deinem" Dukkha.
    Das ist aber m.e. wirklich der Schlüssel zum Verständnis der Lehre wie ich sie begreife: die Unterscheidungen . (Trennungen, Spaltungen in Singularitäten) in mein/dein zu unterlassen. Das wird sehr schön in M121 erläutert.
    Ich bin davon überzeugt, solange man die Buddhalehre als Vehikel zur Befreiung vom eigenen Leiden begreift, wird das nix mit dem Erwachen. Das ist nur ein Ego-Standpunkt, den man wohl nicht dem Buddha unterstellen sollte.


    Selbst wenn ich für mich und mein Leben alles so auf die Reihe bekomme, dass ich an daran nicht mehr leide – und das denke ich schon, dass es möglich ist –, so wächst doch mein Mitgefühl für die anderen Wesen parallel dazu. Die sehe und erlebe ich leiden, und das schmerzt, das schmerzt mehr als mein eigenes Leiden vorher. Das haben wir alle schon erfahren, wenn wir vom Leiden anderer hören und uns dann denken, wie gut wir es doch selbst haben, trotz …


    Deshalb kann man ab einem gewissen Punkt z.B. nicht mehr nur für sich selbst bitten/beten oder nur diesem oder jenem was Gutes wünschen. Das ist nicht mehr möglich, wenn ich den Anderen als meinen Nächsten erkannt habe. Dieser Andere ist jeder. Deshalb möchte ein Bodhisattva auch immer wieder kommen, weil er sieht, dass die Arbeit nie getan ist. Das kann ich auch innerhalb eines Lebens verstehen: Die Bodhisattva-Persönlichkeit soll immer wieder neu entstehen. Das ist frei von Ego, denn diese Wiedergeburt dient nur dem Anderen, der Bodhisattva ist selbstlos.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • @ bel:

    Zitat

    Also das, was hier immer als notwendig sinngebende Motivation für die Buddha-Praxis dargestellt wird, ist dort als Fehlleitung bezeichnet.


    In diesem Zitat geht es eindeutig um spekulative `um sich selbst drehende `Gedanken. Wenn man aber nun aber annimmt, es gibt Wiedergeburt, aufgrund der Lehre, dann hat das für mich nicht viel mit einer Atta-Spekulation zu tun, sondern man erkennt für sich das Daseinsgesetz an, als Faktum. Ich glaube, das "innere Zugpferd" ist ein anderes, neben " Wohl und Wehe-Gedenken", von dem auch du nicht frei sein kannst und auch nicht solltest.
    Es besteht glaub ich darin, dass wir die Wahrheit "wissen" und auch den Erlösungs"zustand": "Alle Wesen sind Buddha ...warum wissen sie es nicht ? Der Meister: Sie wissen es." ( kann mich an den genauen Wortlaut nicht erinnern ).
    Natürlich gehört `wörtliche Wiedergeburt`zur `konventionellen Sichtweise`, andersherum: versetzt man sich in eine " künstliche Shunyata-Sicht": im Ursprung ist da kein Ding...worauf soll sich Staub legen.../ dann hebt das nicht illusionäre Sichtweise auf.( allgemein, nicht zu dir persönlich gesprochen )
    Das Buddhas `erscheinen`und dass sie aus `Mitleid`erscheinen und den `Weg bahnen`, naja, ist iwie ein anderes Thema...? nicht wirklich, aber das ist ne `weise Motivation`... immerhin ist hier niemand mitleid und mitgefühllos und ein tumper tor...sagen wir, da erscheint buddha, gerade jetzt..." in der ganzen masse an leiden"

  • bel:


    Wie das der Vollständig Erwachte empfindet, kann ich Dir leider nicht sagen und deshalb auch nicht sicher, wie das was in Textform überliefert wurde, letztlich zu verstehen ist.
    Sicher ist jedenfalls, dass nach dem Tod eines gewöhnlichen Menschen nicht "Alles" zu Ende ist, weil ja der Buddha bezüglich paticcasamuppada immer von der "ganzen Masse des Leidens" spricht und nicht von dem spezifischen Leiden eines einzelnen Menschen, von "meinem/deinem" Dukkha.
    Du scheinst mit diesem wesentlichen Unterschied aber nix anfangen zu können?


    Vorerst nicht, weil ich unter "Masse des Leidens" bislang die vielen Leiden verstehe, die der Buddha aufzählt: Geburt, Alter, Krankheit, Tod, getrennt sein von Liebem, usw., wie sie von Einzelnen erfahren werden - die Leiden sind beim Tod zu Ende oder nicht, eine dritte Möglichkeit kann ich nicht sehen: wenn ich bin, muss ich leiden, bin ich nicht, leide ich nicht.


    bel:


    Das ist aber m.e. wirklich der Schlüssel zum Verständnis der Lehre wie ich sie begreife: die Unterscheidungen . (Trennungen, Spaltungen in Singularitäten) in mein/dein zu unterlassen.


    Kann ich nicht sehen, dass die Aufhebung der Trennungen das Leid beendet. Bliebe da nicht übrig: "Ich bin alles?"


    Wie in dem Dialog mit Brahma in M.49 - der Buddha hat die Allhaftigkeit erkannt, hat aber daran keinen Anteil:


    Zitat

    "'Guter Herr, wenn du behauptest, unmittelbar das erkannt zu haben, woran die Allhaftigkeit von Allem nicht Anteil hat, möge sich deine Behauptung nicht als nutzlos und leer erweisen!'"


    "'Bewußtsein, das nicht irgendetwas zuweist,
    Unendlich ist, Getrennt von Allem leuchtet:


    daran hat die Erdhaftigkeit des Erdelements nicht Anteil, daran hat die Wasserhaftigkeit des Wasserelements nicht Anteil, daran hat die Feuerhaftigkeit des Feuerelements nicht Anteil, daran hat die Windhaftigkeit des Windelements nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Lebewesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart von Pajāpati nicht Anteil, daran hat die Eigenart von Brahmā nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen des Überströmenden Glanzes nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit nicht Anteil, daran hat die Eigenart der Himmelswesen der Großen Erfolge nicht Anteil, daran hat die Eigenart des Überwinders nicht Anteil, daran hat die Allhaftigkeit von Allem nicht Anteil.'"


    bel:


    Das wird sehr schön in M121 erläutert.
    Ich bin davon überzeugt, solange man die Buddhalehre als Vehikel zur Befreiung vom eigenen Leiden begreift, wird das nix mit dem Erwachen. Das ist nur ein Ego-Standpunkt, den man wohl nicht dem Buddha unterstellen sollte.


    In M.121sehe ich nur dass es um die Leerheit aller Phänomene geht.
    Dann wirst du erst von Leiden frei wenn alle Leiden der Welt beseitigt sind, und dein Ego ist erst dann aufgelöst, wenn alles Ego der Welt aufgelöst ist?



    Ja daran kaue ich noch etwas herum. Wenn das so für sich alleine wörtlich zu verstehen ist, dann muss ich gestehen, in diesen Dingen noch unwürdig und seicht zu erwägen. Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich - das waren immer wichtige Fragen für mich. Wobei ihre Lösung wohl ein Segen für die ganze Menschheit wäre. Eine grundsätzlich falsche Motivation kann es nicht sein, weil mich gerade diese Fragen, nebst der Fage wie das Leid beendet werden kann, allmählich zur Buddha-Praxis gebracht haben, welche mit der anatta-Lehre die einzig mögliche Lösung zu geben scheint.

  • blue_apricot:

    @ bel:

    Zitat

    Also das, was hier immer als notwendig sinngebende Motivation für die Buddha-Praxis dargestellt wird, ist dort als Fehlleitung bezeichnet.


    In diesem Zitat geht es eindeutig um spekulative `um sich selbst drehende `Gedanken. Wenn man aber nun aber annimmt, es gibt Wiedergeburt, aufgrund der Lehre, dann hat das für mich nicht viel mit einer Atta-Spekulation zu tun, sondern man erkennt für sich das Daseinsgesetz an, als Faktum.


    Ja, daran hab' ich auch schon gedacht, weil ja in M.2. auch dabeisteht:



    Diese Zweifel werden umso weniger, je klarer die Lehre wird, was meines Erachtens wörtlich zu verstehende Wiedergeburt mit einschließt.

  • @ Mukti:


    Ich finde dieses "Nachsinnen" sowieso normal, Zen "spielt" sogar mit diesen "unwürdigen Wähnen" und treibt dieses zweifelnde und fragende Nachsinnen mit Koan in die Spitze.
    Jedoch kann man nicht einfach sagen, die Annahme der Wiedergeburt wäre egoistischer Natur und käme durch solches Wähnen zustande. Das implizierte, dass die Lehre vom Daseinskreislauf Wähnen/Wahn entspringen müsste.


    Zitat

    Kann ich nicht sehen, dass die Aufhebung der Trennungen das Leid beendet. Bliebe da nicht übrig: "Ich bin alles?"


    Alles ist eins - "sich in allem wiedererkennend"- die Einheit des Geistes - gegenwärtiges Wohl

  • Heute ist "Setsubun", es gab ne Menge Dämonenaustreibung mit nem großen Feuer und traditionellem Essen - insgesamt aber alles weitgehend harmlos, weil jetzt die Leute einfach nach Hause gehen und bis zum nächsten Jahr daran nicht sehr viele Gedanken verschwenden. Schöne Religion. Will mir mal n Beispiel nehmen.

  • Hallo bel,


    bel:

    Sicher ist jedenfalls, dass nach dem Tod eines gewöhnlichen Menschen nicht "Alles" zu Ende ist, weil ja der Buddha bezüglich paticcasamuppada immer von der "ganzen Masse des Leidens" spricht und nicht von dem spezifischen Leiden eines einzelnen Menschen, von "meinem/deinem" Dukkha.


    die ganze Masse des Leidens bezieht sich für mich nicht auf ein globales Leiden, sondern auf das aufgetürmte Leiden über die unzähligen Vorleben. Dies macht Buddha ja auch in vielen Lehrreden deutlich, wo er die vergossenen Tränen aller Leben vergleicht mit den Ozeanen oder die abgetragenen Knochen mit dem Himalaya. Und die Masse an vergangenem Leiden vergleicht er dann mit dem wenigen an zukünftigem Leiden für einen Stromeingetretenen.


    Als bel geboren wurde, oder Florian oder mukti, ist er dann karmisch als weißes Blatt Papier zur Welt gekommen oder schon eingeprägt durch irgendwelche Karmasamen o.ä.?


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:


    Als bel geboren wurde, oder Florian oder mukti, ist er dann karmisch als weißes Blatt Papier zur Welt gekommen oder schon eingeprägt durch irgendwelche Karmasamen o.ä.?


    Zum Ergreifen von "Karmasamen",was auch immer das sein soll, braucht es Kontakt, dafür die Sinnesgrundlagen und Fühlen. Das alles entwickelt sich schon pränatal, ist aber ist ganz sicher nicht bei Empfängnis vorhanden.

  • Die wortgetreuen Interpreten legen ja gerade einen richtigen Zwischenspurt hin und führen momentan mit 13 zu 8 stimmen.


    Man kann sich übrigens auch umentscheiden und seine Stimme neu vergeben.


    Gruß
    Florian

  • Ich habe [irgendwie anders] angekreuzt.



    Man wirrd es nicht erfassen können wenn man in Kategorien "das bin ich, das ist mein", verhaftet bleibt. Ebenso wenig entsteht Verständnis, wenn man in Kategorien" das sind wir, das ist unser" verweilt.



    In diesem Sinne sind es nicht "meine oder unsere ichs" die durch einen Äther wandern (indem sie sich wiedergebären).


    Auch ist da kein sich während eines Menschenlebens sich veränderndes ich, dass meines oder unsere wären zu finden.

  • Eine Frage hätte ich einmal: Was soll »mentale Anwandlungen/Stimmungsschwankungen« genau bedeuten?



    Interessant finde ich ja die Frage, wie es mir jetzt "motivational" helfen soll, dass etwas, was gerade nicht ich bin, nach meinem Ableben kausal durch mich bedingt ins Leben tritt. Verschärft wird das ja noch, wenn es mich im strengen Sinne nach der Buddhalehre nicht einmal jetzt wirklich gibt. Motivation den Weg zu gehen wäre wohl eher, dass ich das erfahrene Leiden jetzt beenden will, denn nachher bin ich so oder so nicht, sondern bestenfalls etwas, was mit mir bedingungsmäßig verbunden ist, jedoch scheint es dabei kein ungebrochenes, durchgängiges Erleben zu geben, was letztlich die Crux dafür wäre, wenn ich so etwas annehmen wollte.


    bel:

    Heute ist "Setsubun", es gab ne Menge Dämonenaustreibung mit nem großen Feuer und traditionellem Essen


    Das ist ja nett.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Roth:

    Eine Frage hätte ich einmal: Was soll »mentale Anwandlungen...« genau bedeuten?


    "Puṇṇa, da entwickelt jemand die Hundeübung vollständig und ununterbrochen; er entwickelt die Hundegewohnheit vollständig und ununterbrochen; er entwickelt den Hundegeist vollständig und ununterbrochen; er entwickelt Hundeverhalten vollständig und ununterbrochen. Nachdem er das getan hat, erscheint er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode in der Gesellschaft von Hunden wieder.”


    Kukkuravatika Sutta




    Zitat

    Interessant finde ich ja die Frage, wie es mir jetzt "motivational" helfen soll, dass etwas, was gerade nicht ich bin, nach meinem Ableben kausal durch mich bedingt ins Leben tritt. Verschärft wird das ja noch, wenn es mich im strengen Sinne nach der Buddhalehre ja nicht einmal jetzt wirklich gibt. Motivation den Weg zu gehen wäre wohl eher, dass ich das erfahrene Leiden jetzt beenden will


    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Buddhaghosa:

    Hallo bel,


    bel:

    Sicher ist jedenfalls, dass nach dem Tod eines gewöhnlichen Menschen nicht "Alles" zu Ende ist, weil ja der Buddha bezüglich paticcasamuppada immer von der "ganzen Masse des Leidens" spricht und nicht von dem spezifischen Leiden eines einzelnen Menschen, von "meinem/deinem" Dukkha.


    die ganze Masse des Leidens bezieht sich für mich nicht auf ein globales Leiden, sondern auf das aufgetürmte Leiden über die unzähligen Vorleben.


    Ich hab durchaus Verständnis für diesen Standpunkt. Möglicherweise kann man ja unter dem Eindruck des eigenen Leidens - über Äonen gedacht - gar keine andere Perspektive einnehmen. Da wird dann aber alles zum Zirkelschluss, da wird das eigene Leiden zum ganzen Leiden.
    In M38 wird aber schön erklärt, dass für dieses Weiterdrehen des Leidensrades eines unerlässlich ist: sozialer Kontakt, im Mutterleib beginnend, die Spiele der anderen Jungs dann mispielend.

  • Buddhaghosa:

    Man kann sich übrigens auch umentscheiden und seine Stimme neu vergeben.


    Habe mich von Option 2 auf "irgendwie anders" umgepolt.
    Der Ausdruck "Mentale Anwandlungen" ist zu schräg.

  • Jojo:
    Buddhaghosa:

    Man kann sich übrigens auch umentscheiden und seine Stimme neu vergeben.


    Habe mich von Option 2 auf "irgendwie anders" umgepolt.
    Der Ausdruck "Mentale Anwandlungen" ist zu schräg.

    Ich hab das Sutta gelesen und weiss warum ich mich nicht mehr beteilige. Denn wer an Wiedergeburt glaubt und diesen Glauben fest und ausdauernd verfolgt wird zu einem Wiedergeborenen nach seinem Tod.

  • @ Ellviral:

    Zitat

    Denn wer an Wiedergeburt glaubt und diesen Glauben fest und ausdauernd verfolgt


    Aber das trifft ja bei dir eh nicht zu.


    Was aber zutreffen mag, ist, dass wer die Erleuchtungserkenntnis vom samsarischen Wandern und Wiederscheinen verneint, der falschen Ansicht und Erkenntnis unterliegt, mit entsprechenden Folgen in Bezug auf den 8 fachen Pfad, auch dann wenn der Zen -Meister sagt: Vertiefung umfasst die drei Übungsgebiete.