Worauf will Nagarjuna raus?

  • Ich frage mich:
    Worauf will IkkyuSan raus?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.


    Alles klar.


    Für Anfänger, die hier Tipps bezüglich des Buddhismus suchen,
    Sabbāsava sutta


  • Zitat

    Alles klar.


    Einbildung ist auch eine Bildung.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Ich frage mich:
    Worauf will IkkyuSan raus?


    Ich wollte einfach nur verstehen, was es mit Nagarjuna auf sich hat. Hat sich aber jetzt geklärt. Ich dachte die ganze Zeit, dass er auf irgendwas hinaus möchte, aber es scheint einfach eine Art des Skeptizismus zu sein, die auf den mittleren Weg deutet, so wie ich das Ganze nun verstanden glaube.


    Die Sprache bzw. das Tetralemma wurde dann eben in Disputen mit Logikern und Philosophen benutzt, da es teilweise auf ihrer Sprache aufbaut. Ein kurzer Auszug aus der "Meißelschrift" hätte diesbezüglich wohl gar keine Wirkung erzielt.

  • Kurz und bündig beschrieben hat das Ansinnen Nagarjunas der Zen-Meister Thich Nhat Hanh in seinem Werk "Schlüssel zum Zen" in Kapitel V "Fußspuren der Leerheit" auf den Seiten 117-121:


    Thich Nhat Hanh:

    Die Methode des Madhyamika besteht darin, deutlich die Leerheit vor Augen zu führen, wie sie in der Prajñāpāramitā dargestellt wird, sowie die Absurdität und Nutzlosigkeit aller Begriffe und Ziele aufzuzeigen. Sie stellt keine linguistische Philosophie dar und ist nicht lediglich eine Spielerei mit Worten oder eine intellektuelle Übung. Das Madhayamika zielt vielmehr darauf, alle Begriffe ad absurdum zu führen, um das Tor zum nichtbegrifflichen Wissen aufzustoßen. Dabei geht es nicht darum , eine bestimmte Sicht der Wirklichkeit vorzustellen und diese dann im Gegensatz zu anderen Sichten der Wirklichkeit zu bringen. Alle Sichtweisen sind nach Auffassung des Madhyamika irrig, weil alle Sichtweisen nicht Wirklichkeit sind. Das Madhyamika wird deshalb nicht als Lehre, sondern als Methode vorgestellt. Dadurch wird sie zur legitimen Erbin des Denkens der Prajñāpāramitā.
    [...]
    Diese (Anm. Nagarjunas Dialektik) zielt darauf, gegen jeden Begriff so vorzugehen, daß sich sein jeweiliger diametral entgegengesetzter Begriff als untauglich erweist. Aus diesem Grund nennt man sie "den Mittleren Weg". Mit dem Ausdruck "mittlerer" ist keine Synthese zweier gegensätzlicher Begriffe gemeint, wie etwa "Sein" und "Nichtsein", "Erzeugung" und "Vernichtung", sondern das Transzendieren aller Gegensätze.
    [...]
    Gemäß den Prinzipien der "drei Tore zur Befreiung" hat die Negation also die Aufgabe, so lange alle Begriffe zu zertrümmern, bis der Übende an den Punkt kommt, wo er sich vollständig von aller Unterscheidung löst und in die ununterschiedliche Wirklichkeit eindringt. Die Dialektik zielt darauf ab, im Betreffenden eine Krise auszulösen, die ihn völlig umkrempelt, und nicht, eine Wahrheit herauszumeißeln.

  • IkkyuSan:

    Ich wollte einfach nur verstehen, was es mit Nagarjuna auf sich hat. Hat sich aber jetzt geklärt. Ich dachte die ganze Zeit, dass er auf irgendwas hinaus möchte, aber es scheint einfach eine Art des Skeptizismus zu sein, die auf den mittleren Weg deutet, ...


    Das ist eine der spekulativen Interpretationen. Der Kampf um die Deutungshoheit ist eröffnet und ist die Sache der vielfältigen religiösen irrationalen Bewegungen.
    Nimmt man das MMK so kann man eigentlich nur seine Wortspielereien würdigen, die den Leser gekonnt „an der Nase herumführen“ und ihm so seinen unangemessenen Umgang mit Sprache vor Augen führen. Das ist aber auch schon alles, aber das ist nicht wenig, bloß Philosophie ist das keine.

  • Ich denke Nagarjuna sprach von Idee vs Erscheinung vs Tatsache vs Ereignis.


    Eine Idee ist aus Erscheinungen zusammengesetzt aus Kantschen Formen und eine Tatsache aus Ereignissen aus Kantschen Begriffen.


    Plato ist derjenige, der als erstes Ideen für sein philosophisches System als Grundlagen verwendet hat und Aristoteles derjenige, der als erstes Tatsachen für seines genaustens unter die Lupe nahm.


    Ideen stehen für die Bedingtheit der Erscheinungen und das Wissen um die Formeneinheit.
    Tatsachen stehen für den Kreislauf der Ereignisse und das Verständnis der Begriffseinheit.


    Wie kam er damit zurecht?


    Nirwana ist die Bedingtheit aller Erscheinungen. Yin/Yang ist der Kreislauf aller Ereignisse.

  • Thomas23:

    Kurz und bündig beschrieben hat das Ansinnen Nagarjunas der Zen-Meister Thich Nhat Hanh in seinem Werk "Schlüssel zum Zen" in Kapitel V "Fußspuren der Leerheit" auf den Seiten 117-121:


    Thich Nhat Hanh:

    Die Methode des Madhyamika besteht darin, deutlich die Leerheit vor Augen zu führen, wie sie in der Prajñāpāramitā dargestellt wird, sowie die Absurdität und Nutzlosigkeit aller Begriffe und Ziele aufzuzeigen. Sie stellt keine linguistische Philosophie dar und ist nicht lediglich eine Spielerei mit Worten oder eine intellektuelle Übung. Das Madhayamika zielt vielmehr darauf, alle Begriffe ad absurdum zu führen, um das Tor zum nichtbegrifflichen Wissen aufzustoßen. Dabei geht es nicht darum , eine bestimmte Sicht der Wirklichkeit vorzustellen und diese dann im Gegensatz zu anderen Sichten der Wirklichkeit zu bringen. Alle Sichtweisen sind nach Auffassung des Madhyamika irrig, weil alle Sichtweisen nicht Wirklichkeit sind. Das Madhyamika wird deshalb nicht als Lehre, sondern als Methode vorgestellt. Dadurch wird sie zur legitimen Erbin des Denkens der Prajñāpāramitā.
    [...]
    Diese (Anm. Nagarjunas Dialektik) zielt darauf, gegen jeden Begriff so vorzugehen, daß sich sein jeweiliger diametral entgegengesetzter Begriff als untauglich erweist. Aus diesem Grund nennt man sie "den Mittleren Weg". Mit dem Ausdruck "mittlerer" ist keine Synthese zweier gegensätzlicher Begriffe gemeint, wie etwa "Sein" und "Nichtsein", "Erzeugung" und "Vernichtung", sondern das Transzendieren aller Gegensätze.
    [...]
    Gemäß den Prinzipien der "drei Tore zur Befreiung" hat die Negation also die Aufgabe, so lange alle Begriffe zu zertrümmern, bis der Übende an den Punkt kommt, wo er sich vollständig von aller Unterscheidung löst und in die ununterschiedliche Wirklichkeit eindringt. Die Dialektik zielt darauf ab, im Betreffenden eine Krise auszulösen, die ihn völlig umkrempelt, und nicht, eine Wahrheit herauszumeißeln.


    Was wahr ist, ist wahr.


    Zu der abendländischen Philosophien, die im Begriff einen Wahrheitsanspruch für sich einzuräumen sind, könnte man anmerken, dass sie alle Prämissen setzen, die nicht unbegrenzt gültig sind und speziell im Kontext der Leerheit der Wahrheit nicht entsprechen können. In der buddhistischen Philosophie wurde der Begriff 'Absolute Wahrheit' postuliert, die alle anderen weltlichen 'Realitäten' als relativ vorsieht - der Sinn des MMK.


    Zitat

    Prämissen und Wahrheit


    Prämissen und Wahrheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
    Sind die Prämissen in einem gültigen Schluss wahr, muss auch die Konklusion wahr sein. Ein Beispiel hierfür ist der obengenannte Schluss, dass aus „Alle Menschen sind sterblich“ und „Sokrates ist ein Mensch“ folgt „Sokrates ist sterblich“. Das Umgekehrte gilt jedoch nicht: Sind die Prämissen (oder einige der Prämissen) falsch, gilt nicht notwendigerweise, dass die Konklusion falsch ist. Beispielsweise folgt aus „Alle Menschen sind Griechen“ und „Sokrates ist ein Mensch“ der Satz „Sokrates ist Grieche“. Hier ist eine Prämisse falsch, dennoch ist die Konklusion wahr.


    Wikipedia - "Prämissen"


    U. a. deshalb:


    >>Alle Sichtweisen sind nach Auffassung des Madhyamika irrig, weil alle Sichtweisen nicht Wirklichkeit sind. Das Madhyamika wird deshalb nicht als Lehre, sondern als Methode vorgestellt. Dadurch wird sie zur legitimen Erbin des Denkens der Prajñāpāramitā.<<

  • TNH:


    Diese (Anm. Nagarjunas Dialektik) zielt darauf, gegen jeden Begriff so vorzugehen, daß sich sein jeweiliger diametral entgegengesetzter Begriff als untauglich erweist. Aus diesem Grund nennt man sie "den Mittleren Weg".


    Hallo Yofi,


    Kann man das nicht so verstehen das Form und Leerheit, Kant sagte Form (mE rupa) die blind ist ohne Begriff und Begriff (mE nama) der leer ist ohne Form solche diamentralen Dinge sind.[/b]


    Ich bin, das ist jetzt nicht auf Dich gemünzt aber das fällt mir eben auf in Philosophieforen in denen Buddhismus bestenfalls ignoriert wird und in Buddhismusforum in dem Philosophie bestenfalls ignoriert wird.


    Mir scheint hier hängen beide zu sehr an ihren Büchern. Ist da was dran dE?
    Deshalb schweben mir ein paar rießen Zentralbibliotheken vor wo man diese Lektüren als Urlaubslektüren- und Freizeitlektüren ausleihen kann und dann wieder zurückgibt. Das ist für mich Loslassen.
    Den an Schriften hängen Menschen. Das sieht man hier mE deutlich, wenn man mal über den Tellerand blicken will?!

  • Hi gbg,


    der Einwand ist sicher berechtigt, es gab einige Denker, denen eine Annäherung an die Leerheit gelang, u. a. Immanuel Kant und Albert Einstein. Wir können auch all diese Philosophien als Vorstufen der unzähligen wissenschaftlichen Disziplinen sehen, die sich auf der Grundlage der Rationalität entwickeln konnten. Wie aber auch im Sinne eines anderen Threads über den Glauben (Allg. Buddhismus) - Erkenntnistheorien bekommen als Methoden dann einen Sinn, wenn sie zu einer Praxis führen, die zur Verbesserung der Gesamtsituation der Menschen beiträgt. Dieses Kriterium erfüllt die Philosophie der Leerheit im Kontext der buddhistischen Religion.


    Der Umstand, dass es Foren gibt, in denen buddhistische Philosophie bestenfalls ignoriert wird, kann ich mir nur anhand des Mangels an Informationen der Betreffenden vorstellen. Falls dir noch ein anderer Sinn zur Philosophie in der europäischer Kultur einfällt, würde ich mir das auch sehr gerne anhören.


    Meine Vermutung, die den Grund der Orientierungslosigkeit unserer westlichen Gesellschaft, die sich zumindest zum Teil nun aber zunehmend an die östliche Weltanschauung annähert betrifft, ist der Verlust der authentischen urtümlichen Religionen Europas, die in den vergangenen zwei Jahrtausenden praktisch spurlos aus der Erinnerung der Menschen verschwanden bzw. verdrängt wurden.

  • Yofi:

    Meine Vermutung, die den Grund der Orientierungslosigkeit unserer westlichen Gesellschaft, die sich zumindest zum Teil nun aber zunehmend an die östliche Weltanschauung annähert betrifft, ist der Verlust der authentischen urtümlichen Religionen Europas, die in den vergangenen zwei Jahrtausenden praktisch spurlos aus der Erinnerung der Menschen verschwanden bzw. verdrängt wurden.


    ich würde die zu begrüßende Abkehr von Religionen nicht als "Annäherung an östliche Weltanschauung" fehlinterpretieren. Denn schließlich handelt es sich um den Siegeszug der europäischen Aufklärung. Vielleicht bewegst du dich in Minderheitenkreisen, die dir aufgrund des Echokammer-Effektes als "westliche Gesellschaft" erscheinen. ;)

  • Stero:
    Yofi:

    Meine Vermutung, die den Grund der Orientierungslosigkeit unserer westlichen Gesellschaft, die sich zumindest zum Teil nun aber zunehmend an die östliche Weltanschauung annähert betrifft, ist der Verlust der authentischen urtümlichen Religionen Europas, die in den vergangenen zwei Jahrtausenden praktisch spurlos aus der Erinnerung der Menschen verschwanden bzw. verdrängt wurden.


    ich würde die zu begrüßende Abkehr von Religionen nicht als "Annäherung an östliche Weltanschauung" fehlinterpretieren. Denn schließlich handelt es sich um den Siegeszug der europäischen Aufklärung. Vielleicht bewegst du dich in Minderheitenkreisen, die dir aufgrund des Echokammer-Effektes als "westliche Gesellschaft" erscheinen. ;)


    Meinst Du mit Aufklärung Rationalität?
    Ist für Dich Rationalität Vernunftdenken?
    Wie unterscheidest Du Vernunft und Verstand?
    Ist das eine nicht ein Scheinwerfer für Formen und das andere ein Kübel für Begriffe?
    Dann bist Du aber ganz schnell bei nama und rupa. Und die Leerheit und Blindheit winken Dir bereits von ferne zu.
    Wenn Du Kant schon verstanden hättest wärst Du kein solcher Antibuddhist.

  • gbg:
    Stero:


    ich würde die zu begrüßende Abkehr von Religionen nicht als "Annäherung an östliche Weltanschauung" fehlinterpretieren. Denn schließlich handelt es sich um den Siegeszug der europäischen Aufklärung. Vielleicht bewegst du dich in Minderheitenkreisen, die dir aufgrund des Echokammer-Effektes als "westliche Gesellschaft" erscheinen. ;)


    Meinst Du mit Aufklärung Rationalität?
    Ist für Dich Rationalität Vernunftdenken?
    Wie unterscheidest Du Vernunft und Verstand?


    Ich habe die Definitionen bereits 1000 Mal wiederholt hier im Forum. Wenn's dich interessiert, dann wende dich an meinen Blog, Link in der Signatur.

  • Stero:

    ich würde die zu begrüßende Abkehr von Religionen nicht als "Annäherung an östliche Weltanschauung" fehlinterpretieren. Denn schließlich handelt es sich um den Siegeszug der europäischen Aufklärung.


    Diese Aufklärung brachte uns nichts außer ein System, in dem ein Mensch den anderen und ein Land das andere ausbeutet. Bzw. fallen unter die erste Instanz immer die gleichen Länder - die mit den aufgeklärten Menschen.


    Das Wort Aufklärung beeindruckt heutzutage niemanden mehr, eventuell hätte man sich vor etwa 100 Jahren noch dafür interessiert, aber auch das nur aufgrund der Unwissenheit, denn selbst in den 20-er Jahren ist der wirtschaftliche und sonstige Aufschwung Europas nur deshalb möglich gewesen, weil im Rahmen der Kolonialisierung fremde Länder geplündert wurden und deren Einheimische zu Millionen verhungerten.


    Nun gab und gibt es bis heute noch kleine Völker und Gesellschaften, die im Einklang mit der Natur leben, bei denen niemand kriminell wird und keine Gefängnisse vorhanden sind. Diese Völker haben auch kein Finanzsystem, sie produzieren Güter gemeinschaftlich und in der Menge, die für alle als ausreichend angesehen wird. Eben diese Menschen werden anhand ihrer religiösen und humanen Lebensweise von uns als primitiv angesehen.

  • Gründet sich Logik eigentlich auf Empirie oder Rationalität?
    Und gründet sich Vernunft eigentlich auf Logik oder Erfahrung?


    Ich denke hier haben wir vier + 1 Nagarjunabegriffe.


    Kant ging auch bis zur reinen Vernunft (Logik). Aber er stellte sie neben die praktische Vernunft (Erfahrung).


    Daneben gab es bei ihm noch die Urteilskraft. Was hatt es damit auf sich?

  • Ein vielleicht passendes Beispiel punkto Aufklärung und Buddhismus:
    "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" von Friedrich Schiller.


    Schiller verfasste dieses Werk aufgrund des blutrünstigen Verlaufes der Französischen Revolution.
    Er ist vereinfacht ausgedrückt der Ansicht das die Menschen erst zur Freiheit erzogen werden müssen um die Freiheit auch human leben zu können.
    Hierzu bedient er sich des Modells einer "ästhetischen Erziehung".


    Schiller ist der Ansicht das Menschen über eine rationale, vernunftbasierende und natürliche, emotionale Seite verfügen.
    Das Ideal sieht er darin die Menschen so zu erziehen das beide Seiten voll entfaltet miteinander in eine Art Spiel geraten.
    Er schreibt das die beiden Sichtweisen als getrennt voneinander/nebeneinander exisitierend zu betrachten sind.
    Beide Qualitäten müssen gleichwertig entfaltet werden sonst führt dies zu Extremen wie der Gewalt der Frz. Revolution.


    Eine Vorstellung davon wie dieses "ästhetische Zusammenspiel" von Vernunft und Empfindung funktioniert soll zB der Anblick ergreifender Gemälde bieten. Die betrachtende Person hat keine Begriffe dafür warum sie dieses spezielle Bild ergreift und in einen Zustand der Verzückung geraten lässt. Es ist nicht definierbar. Beim Anblick solcher Kunstwerke geraten laut Schiller Logik und Gefühl miteinander in ein ästhetisches Spiel. Das Kunstwerk scheint alles genau richtig zu machen und beide Seiten vollauf zu befriedigen und zu stimulieren ohne das man Worte dafür hat.


    Dieses ästhetische Zusammenspiel beider menschlicher Seiten hält Schiller für erstrebenswert damit die neu erworbene Freiheit im Zuge der Aufklärung von den Menschen auf harmonische Weise frei von Extremen angenommen und verarbeitet werden kann.


    Die einseitige Entfaltung einer der beiden Seiten führt zu "Wilden" (Gefühlsgeleitet) oder "Barbaren" (Regelgeleitet).
    Der Wilde wird von seinen Gefühlen beherrscht und verfällt reflexhaft und unbesonnen in jegliche aufkommende Stimmungslagen.
    Der Barbar zeigt sich völligst empathielos und drückt sein logisch erfasstes und auf Prinzipien beruhendes Regelwerk ohne Rücksicht auf die Gefühle der Mitmenschen auf Gedeih und Verderb mit allen Mitteln durch.
    Beide Extreme gilt es zu vermeiden.


    Ist stark simplifiziert zusammengefasst. Ich habe das Buch vor einigen Jahren ausführlich studiert.
    Ich finde es mutet gaanz leicht buddhistisch an (keinen Begriff des ästhetischen Zustandes machen können.. usw) und passt vielleicht ganz gut als Inspiration zur aktuellen Rationalität vs Irrationalität Diskussion hier ;)


    Zitat

    Er protestiert gegen das Zwangsdiktat der Vernunft der Aufklärung ebenso wie gegen die Willkür der Sinne bzw. der Natur.


    Zitat

    Dem „ästhetischen“ Menschen wird es quasi automatisch zum Bedürfnis, moralisch zu handeln, so Schiller im 23. Brief. Ästhetische Erziehung hat zum Ziel, den jungen Menschen die eigene ästhetische Sinnestätigkeit sowie ihr ästhetisch-kulturelles Milieu bewusst zu machen als Voraussetzung für den empfindenden, verstehenden und urteilenden Erwachsenen in Natur und Gesellschaft


    Die Vollendung eines ästhetischen, edlen Menschen sah Schiller in Goethe (Erleuchteter? 8) )



    ... hat dieses Zusammenspiel nicht was von Mitgefühl + Weisheit im Mahayana-Buddhismus?

  • Thomas23:

    Schiller verfasste dieses Werk aufgrund des blutrünstigen Verlaufes der Französischen Revolution.


    Das zu erleben muss sehr schlimm gewesen sein. Übrigens hat Schiller wahrscheinlich einen der ersten Grundsteine zur Triebtheorie gelegt. Natürlich wollten einige, dass so etwas nicht wieder vorkommt und haben deshalb Analysen erstellt. Wenn aber Menschen sich nicht intensiv in Nicht-Gewalt üben, wird das immer wieder vorkommen.

  • Danke Thomas für den Schiller und Yofi für die Aufklärung...


    es zeigt auch irgendwie, dass wo viel Licht ist, da is immer auch viel Schatten...
    Die Aufklärung brachte viel Gräuel und Unterdrückung auf der einen Seite...auf der anderen Seite auch viele Erkentnisse, die vorher ( fast) niemand wagte zu denken oder gar auszusprechen. Das alles war aber im Prinzip auch schon bei den und Römern, Griechen so...und zu allen Zeiten ...ein sogenannter "Wissensvorsprung" wurde immer zur Unterdrückung anderer oder zur Ausbeutung der Natur ausgenutzt. Aber ist solches wissen wirklich wissen ? Oder eigentlich nur Unwissenheit bzw. Verblendung, die daraus besteht, dass wir glauben, wir würden zumindest relativ unabhängig existieren ?

  • Zitat

    Das Wort Aufklärung beeindruckt heutzutage niemanden mehr, eventuell hätte man sich vor etwa 100 Jahren noch dafür interessiert, aber auch das nur aufgrund der Unwissenheit, denn selbst in den 20-er Jahren ist der wirtschaftliche und sonstige Aufschwung Europas nur deshalb möglich gewesen, weil im Rahmen der Kolonialisierung fremde Länder geplündert wurden und deren Einheimische zu Millionen verhungerten.


    Doch, mich beispielsweise.
    Allein, dass wir hier schreiben können, hat was damit zu tun. Also bitte nicht so als Marginalie wegwischen.
    Die Ausbeutung usw. sind weniger das Ergebnis von Aufklärung, die man besser als Initialzündung für einen Prozess sehen sollte, als das Ergebnis mangelnder Aufklärung und Fortführung von Gier und imperialen Bestrebungen. Die sind nämlich keineswegs neu. Das haben schon Jahrhunderte vor der Aufklärung Römer, Han-Chinesen, Maya, Osmanen, Mongolen, Hethiter u.a. genauso betrieben.
    Es gibt leider nicht genug Aufklärung auf der Welt, und gerade deshalb feiern Irrationalität und Intuitionen gerade fröhliche Urständ überall auf der Welt. Aus diesem Bauchgefühl heraus fordert die Masse gerade Vertreibungen, Todesstrafe, Abschaffung von Rechtssystem, den Bau von Mauern …

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:
    Zitat

    Das Wort Aufklärung beeindruckt heutzutage niemanden mehr, eventuell hätte man sich vor etwa 100 Jahren noch dafür interessiert, aber auch das nur aufgrund der Unwissenheit, denn selbst in den 20-er Jahren ist der wirtschaftliche und sonstige Aufschwung Europas nur deshalb möglich gewesen, weil im Rahmen der Kolonialisierung fremde Länder geplündert wurden und deren Einheimische zu Millionen verhungerten.


    Doch, mich beispielsweise.
    Allein, dass wir hier schreiben können, hat was damit zu tun. Also bitte nicht so als Marginalie wegwischen.
    Die Ausbeutung usw. sind weniger das Ergebnis von Aufklärung, die man besser als Initialzündung für einen Prozess sehen sollte, als das Ergebnis mangelnder Aufklärung und Fortführung von Gier und imperialen Bestrebungen. Die sind nämlich keineswegs neu. Das haben schon Jahrhunderte vor der Aufklärung Römer, Han-Chinesen, Maya, Osmanen, Mongolen, Hethiter u.a. genauso betrieben.
    Es gibt leider nicht genug Aufklärung auf der Welt, und gerade deshalb feiern Irrationalität und Intuitionen gerade fröhliche Urständ überall auf der Welt. Aus diesem Bauchgefühl heraus fordert die Masse gerade Vertreibungen, Todesstrafe, Abschaffung von Rechtssystem, den Bau von Mauern …


    Ist es in der Geschichte nicht gerade auch immer zu viel Leid gekommen, weil die " Aufgeklärten" den "Unaufgeklärten" ihr "Heil" der Aufklärung über die Welt bringen wollten ? Was heute als rational gilt ist morgen doch vlt. schon irrational..

  • Sunu:
    Doris Rasevic-Benz:

    Doch, mich beispielsweise.
    Allein, dass wir hier schreiben können, hat was damit zu tun. Also bitte nicht so als Marginalie wegwischen.
    Die Ausbeutung usw. sind weniger das Ergebnis von Aufklärung, die man besser als Initialzündung für einen Prozess sehen sollte, als das Ergebnis mangelnder Aufklärung und Fortführung von Gier und imperialen Bestrebungen. Die sind nämlich keineswegs neu. Das haben schon Jahrhunderte vor der Aufklärung Römer, Han-Chinesen, Maya, Osmanen, Mongolen, Hethiter u.a. genauso betrieben.
    Es gibt leider nicht genug Aufklärung auf der Welt, und gerade deshalb feiern Irrationalität und Intuitionen gerade fröhliche Urständ überall auf der Welt. Aus diesem Bauchgefühl heraus fordert die Masse gerade Vertreibungen, Todesstrafe, Abschaffung von Rechtssystem, den Bau von Mauern …


    Ist es in der Geschichte nicht gerade auch immer zu viel Leid gekommen, weil die " Aufgeklärten" den "Unaufgeklärten" ihr "Heil" der Aufklärung über die Welt bringen wollten ? Was heute als rational gilt ist morgen doch vlt. schon irrational..


    Wenn Du unter "Aufgeklärte", diejenigen verstehst, die ihren Glauben an Chemtrails, ihre Götter usw. als Aufklärung unter die Leute bringen, dann schon.


    Aufklärung und Rationalität sollte man nicht verwechseln. Zur Aufklärung gehört nämlich auch ein Bewusstsein über die Emotionalität des Menschen und ein vernünftiger Umgang damit. Buddha war ein großer Aufklärer.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.


  • Sicher gehört die ästhetische Erziehung zum Schulunterricht. Auch empfinde ich in gewisser Hinsicht konservativ und sehe Kunst und Schönheit in enger Beziehung. Sind Künstler aber automatisch moralischer, wie Schiller behauptet?
    Schillers Zeitgenosse Immanuel Kant, der Philosoph der Aufklärung, brachte folgenden Gedanken: Wenn wir etwas für schön halten, haben wir den Anspruch, dass auch andere unser Urteil teilen. Dennoch treffen wir unser Urteil, ob etwas schön sei, selbstständig. (Beim Kitsch und in der Werbung ist das anders: Da wird etwas produziert, damit andere es schön finden sollen. Die Produzenten richtet sich also nach dem Geschmack der anderen.)


    Der Clou bei diesem Gedanken ist: Kant sah darin eine Ähnlichkeit von ästhetischem und moralischem Urteil. Auch das moralische Urteil möchte Zustimmung, entsteht jedoch nach Kants Ansicht aus innerer Überzeugung.


    Für mich zählt der Vergleich von Kunst und Ethik in der Hinsicht, dass es auch für Ethik aus meiner Sicht kein wissenschaftliches Testverfahren gibt, wie in jeder Situation richtig zu handeln sei. So wie man nicht wissenschaftlich festschreiben kann, wann etwas schön ist, gibt es auch für die Vielfalt der Welt keine universellen moralischen Regeln. Kant sah das bekanntlich ganz anders und wollte mit dem Kategorischen Imperativ ein universelles Testprinzip geben.
    Kants Ansicht von der "reinen Vernunft" ist im Rahmen der Aufklärung zu verstehen.
    Mit "Schiller, Mahayana, Christentum und Islam" würde auch ich meinen, dass es Mitgefühl braucht, um gute Lösungen zu finden.

    • Offizieller Beitrag
    Karnataka:

    Sicher gehört die ästhetische Erziehung zum Schulunterricht. Auch empfinde ich in gewisser Hinsicht konservativ und sehe Kunst und Schönheit in enger Beziehung. Sind Künstler aber automatisch moralischer, wie Schiller behauptet?


    Ästhetik bedeutete in dieser Zeit noch etwas anderes: Die Idee war, das man den Menschen einerseits auf eine intelektuellen Ebene erziehen kann, es aber eben darunter auch andere nicht-intektuelle -Ebene der "sinnlichen Erkenntnis" gibt, die man ebenfalls schulen sollte.


    Das Ästhetische ist also nicht rein das optisch/Akkustisch schöne sondern das was einen sinnlich anzieht. Und da ist es dann ja schon ein unterschied ob man sich an groben Sachen erfreut oder seine Wahenmhmungfähig so geschult hat, dass man sich an feinen Dingen erfreut, die einen in eine bessere Richtung bringen. So war da die Denkweise.


    Das bedeutet nicht, dass Künstler moralischer sind, sondern eher dass man als Künstler eine hohen moralische Verantwortung hat. So wie ein Art "geisitiger Koch" der den Leuten entweder was bekömmliches, gesundes oder einen abstumpfenden Frass servieren kann. Die Idee das man sich auch auf der sinnlichen Ebene Schulen sollte, war sicher eine gute Idee.


    Das Ganze hat aber dann im 19.Jahrhundert zu so einem elitären Kunstreligion geführt, wo alle nur noch erhaben und empfindsam rumgetan haben und sowas von Schöngeister waren, die der hehren, erhabenen Kultur gefrönt haben. Was ja dann Nietzsche vernichtend kritisiert hat.

  • Zitat

    Das Ganze hat aber dann im 19.Jahrhundert zu so einem elitären Kunstreligion geführt, wo alle nur noch erhaben und empfindsam rumgetan haben und sowas von Schöngeister waren, die der hehren, erhabenen Kultur gefrönt haben. Was ja dann Nietzsche vernichtend kritisiert hat.


    Da hat dann das Schwärmerische wieder überhand genommen, und das kommt recht selbstverliebt daher.
    Trotzdem würde ich das nicht verallgemeinern und auf sämtliche Kunstströmungen und schon gar nicht auf der ganze 19. Jahrhundert übertragen. Damals existierten auch noch z.B. Realismus und Impressionismus, wo genauestes Beobachten und sogar eine Affinität zur modernen Welt und Wissenschaften eine große Rolle spielten. In der Literatur gilt das sogar für Teile der Romantik.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • void:

    Ästhetik bedeutete in dieser Zeit noch etwas anderes: Die Idee war, das man den Menschen einerseits auf eine intelektuellen Ebene erziehen kann, es aber eben darunter auch andere nicht-intektuelle -Ebene der "sinnlichen Erkenntnis" gibt, die man ebenfalls schulen sollte.


    Das Ästhetische ist also nicht rein das optisch/Akkustisch schöne sondern das was einen sinnlich anzieht. Und da ist es dann ja schon ein unterschied ob man sich an groben Sachen erfreut oder seine Wahenmhmungfähig so geschult hat, dass man sich an feinen Dingen erfreut, die einen in eine bessere Richtung bringen. So war da die Denkweise.


    Das bedeutet nicht, dass Künstler moralischer sind, sondern eher dass man als Künstler eine hohen moralische Verantwortung hat. So wie ein Art "geisitiger Koch" der den Leuten entweder was bekömmliches, gesundes oder einen abstumpfenden Frass servieren kann. Die Idee das man sich auch auf der sinnlichen Ebene Schulen sollte, war sicher eine gute Idee.


    Auch wenn dann aus einem "zufriedenen Schwein" ein "unzufriedener Sokrates" wird? Nein, im Ernst: Ich würde Schiller Recht geben, dass es Vernunft alleine nicht tut, sondern dass es auch Empfindsamkeit braucht, die mit ästhetischer Sensibilität vermutlich zusammenhängt. Im Gesamtpaket scheinen die „feinen Dinge“ die Menschen in eine bessere Richtung zu bringen.


    void:

    Das Ganze hat aber dann im 19.Jahrhundert zu so einem elitären Kunstreligion geführt, wo alle nur noch erhaben und empfindsam rumgetan haben und sowas von Schöngeister waren, die der hehren, erhabenen Kultur gefrönt haben. Was ja dann Nietzsche vernichtend kritisiert hat.


    Den eigentlichen Todesstoß besonders für die ästhetische Empfindung der Erhabenheit gaben totalitäre Regime wie der Nationalsozialismus, wo etwa die Filme von Leni Riefenstahl solche Empfindungen für manipulative Zwecke missbrauchten. Auch die harmlose Ästhetik der Nachkriegszeit entspricht einem Bedürfnis, das mitunter kritisiert wird. Für sich ist die ästhetische Empfindung weder gut noch böse.