Magie und Skepsis

  • raterz:

    deine entweder-oder-haltung gefällt mir bisweilen immer noch nicht. natürlich ist mara symbolisch bzw als innere eigene weisheut zu verstehen, aber selbstverständlich hat auch jeder dämon intelligenz und ein eigenleben und reagiert mit seiner umgebung, die ungetrennt ist von allem anderen.


    Mit dem, was Du als "selbstverständlich" bezeichnest, stimmen die meisten tibetischen Meister allerdings nicht überein ;) Hier ein Beispiel: (Dzogchen Pönlop Rinpoche, Der Geist überwindet den Tod, Kapitel: Traumyoga - Reiner Illusionskörper)


    Zitat

    Pure Illusory Body


    Second, we train in the pure illusory body. Here, we are working with pure appearances. These trainings are connected to the practices of deity yoga. There are a great number of deities in the tantric Buddhist tradition, but they are all regarded as embodiments or personifications of the meditator’s own enlightened nature. They are not regarded as externally existing gods or supernatural beings. Their physical characteristics, posture and ornaments are symbolic representations of the various qualities of enlightenment—the innate wakefulness, wisdom and compassion that are always present within the nature of mind and that fully manifest when that nature is realized.


    Hier ist die Aussage in Bezug auf die Gottheiten / Yidams nicht nur entweder-oder formuliert, sondern eindeutig: "Es gibt eine grosse Zahl an Gottheiten in der tantrischen buddhistischen Tradition, aber sie werden alle als Verkörperung oder Personifizierungen der erleuchteten Natur des Meditierenden angesehen. Sie werden nicht als im Aussen existierende Götter oder übernatürliche Wesen angesehen. Ihre körperlichen Charakteristiken, Haltung und Schmuck sind symbolische Repräsentationen der verschiedenen Qualitäten der Erleuchtung - der angeborenen Erwachtheit, Weisheit und des Mitgefühls die immer in der Natur des Geistes präsent sind und die sich vollständig manifestieren, wenn diese Natur verwirklicht wird." (Eigene Übersetzung)

  • kilaya:


    Hier ist die Aussage in Bezug auf die Gottheiten / Yidams nicht nur entweder-oder formuliert, sondern eindeutig: "Es gibt eine grosse Zahl an Gottheiten in der tantrischen buddhistischen Tradition, aber sie werden alle als Verkörperung oder Personifizierungen der erleuchteten Natur des Meditierenden angesehen. Sie werden nicht als im Aussen existierende Götter oder übernatürliche Wesen angesehen. Ihre körperlichen Charakteristiken, Haltung und Schmuck sind symbolische Repräsentationen der verschiedenen Qualitäten der Erleuchtung - der angeborenen Erwachtheit, Weisheit und des Mitgefühls die immer in der Natur des Geistes präsent sind und die sich vollständig manifestieren, wenn diese Natur verwirklicht wird." (Eigene Übersetzung)


    Lieber Kilaya,
    ist das, was Du zitierst, tatsächlich (so halbwegs) Konsens im tibetischen Buddhismus?
    Ich frage nicht, um das anzuzweifeln, sondern weil ich hier in Eurer Diskussion dazu lerne, als jemand, der keine Ahnung vom tibetischen Buddhismus hat. :)


    Liebe Grüße und vielen Dank, Aravind.

  • Sunu:


    DIN ist die Abkürzung für deutsches Institut für Normung ..nicht für deutsche Industrie Norm.


    Ja, das hieß früher mal so.

    Sunu:


    (...) somit ist es wichtig, dass die Industrie mit im Boot ist...nur wird zunehmend ausgenutzt, dass da so gut wie kein unabhängiger Vermittler mehr, der das Ganze nach wissenschaftlichen Kriterien beurteilt, den Finger drauf hat.


    Gibt es da ne Statistik? Ich habe bisher an drei internationalen Normen und IEA-Richtlinien mitgearbeitet (Bereiche Energiewirtschaft und Maschinenbau), und bei allen waren die "Akademiker" in der Mehrzahl.

    Sunu:


    (...)Gremien und Treffen finden nun rund um den Globus statt und man braucht entsprechend die Mittel, um seine Leute dort hinzuschicken. Das können sich in der Regel nur noch die Großkonzerne leisten, die dadurch entsprechend ihre Vormachtsstellungen ausbauen können.


    Dafür gibt es Mittel des Bundes, der die Komiteemitglieder entsendet, und die Kosten übernimmt, wenn sie nicht aus der Wirtschaft kommen. Allerdings muss man dafür "Werbung" für sich bei den zuständigen Ministerien machen (BMWi, ...).


    BTW: Ich möchte auf keinen Fall bestreiten, dass Normung eine starke industriepolitische Komponente hat. Dass das aber nur noch im stillen Kämmerlein stattfindet, ist in meinen Bereichen nicht so.


    Liebe Grüße, Aravind.


  • Eine Statistik dazu ist mir nicht bekannt, aber genau das war die Aussage einer führenden Mitarbeiterin des Instituts für Normung, als auf die Problematik angesprochen wurde. Hochschulen und Verbrauchern steht es zwar frei an DIN-Normen mitzuwirken. ( also kein stilles Kämmerlein)..aber das Interesse besteht da kaum mehr, aus Kostengründen u.A..
    Dazu kommt noch, dass in einem offiziellen Flyer des DIN mit folgender Aussage geworben wird.


    Neu seit Anfang des Jahres ist, eben weil die Problematik der finanziellen Mittel z.b. kleinerer Konzerne auch bekannt ist:


    Zitat

    DIN-Mitglieder haben einen weiteren guten Grund, sich aktiv in der Normungsarbeit zu engagieren. Seit Januar 2018 umfasst die DIN-Mitgliedschaft Gutscheine für die Mitarbeit in Normungsgremien. Je nach Unternehmensgröße erhalten Mitglieder zwischen einem und fünf Sitzen in Normungsgremien mit einem Wert von jeweils 1.090 Euro (netto) pro Jahr. Damit möchte DIN insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen die finanzielle Hürde zur Mitarbeit in der Normung senken.


    Die Mitgliedsbeiträge bleiben 2018 stabil. Lediglich die Preise für das Vervielfältigungsrecht wurden angepasst. Eine detaillierte Übersicht sowie weitere Vorteilen der DIN-Mitgliedschaft finden Sie auf den Seiten zur DIN-Mitgliedschaft.


    Aber das ist eher so ein Tropfen auf den heißen Stein. In meinem Arbeitsumfeld z.b. hat man die Vertretung der marktwirtschaftlichen Interessen weitestgehend in die Hände der Großkonzerne gegeben ( insbesondere eines Großkonzerns). Das hatte zur Folge, dass nun kleinere Unternehmen nicht mehr in der Lage sind DIN Konform zu arbeiten, weil es erhebliche finanzielle Mittel erfordern würde. Es hat nicht lange gedauert, dass eben diese Großkonzerne die im DIN- Ausschuss besonders aktiv waren, entsprechende Dienstleistungen anboten, die dort nun teuer eingekauft werden müssen. Zudem entstehen dadurch natürlich Abhängigkeiten. Die Produktqualität hat sich dadurch aber nicht verbessert...eher im Gegenteil.

  • kilaya:


    Es gibt eine grosse Zahl an Gottheiten in der tantrischen buddhistischen Tradition, aber sie werden alle als Verkörperung oder Personifizierungen der erleuchteten Natur des Meditierenden angesehen. Sie werden nicht als im Aussen existierende Götter oder übernatürliche Wesen angesehen. Ihre körperlichen Charakteristiken, Haltung und Schmuck sind symbolische Repräsentationen der verschiedenen Qualitäten der Erleuchtung - der angeborenen Erwachtheit, Weisheit und des Mitgefühls die immer in der Natur des Geistes präsent sind und die sich vollständig manifestieren, wenn diese Natur verwirklicht wird.[/i]" (Eigene Übersetzung)


    das ist immer die selbe eine geschichte. im großen dharmadhatu ist alles ungetrennt - deshalb gibt es keine getrennte wesen aka "im außen existierende götter/menschen/tiere/dämonen".


    so und nun geh in den nächsten supermarkt und sage mir, ob du das genau so wahrnimmst. wahrscheinlich nicht ;)


    und auf dieser grundlage wirken götter/menschen/tiere/dämonen für uns im außen - und diese mit uns und wir mit ihnen. deshalb hat mara häufiger noch mit buddha geplaudert oder padmasambhava irgendwelche dämonischen kräfte unterworfen.


    erleuchtung bedeutet beide sichtweisen zu vereinen - außen und innen zu vereinen und nicht eines von beiden zu negieren.
    und um auf den faden zu kommen: die grundlage der siddhis entsteht darauf - also das außen zu verändern durch sein inneres - sichtbar für andere (im außen), die ja auch in wirklichkeit immer nur innen sind ^^


    in bezug nehmend auf das obere zitat nimmt man in der praxis des vajrayana natürlich die sichtweise ein, dass die gottheit den dharmadhatu repräsentiert. also die vereinigung von innen und außen darstellt. (symbolisiert auch als yabyum). ich halte das oben genannte zitat deshalb ehrlich gesagt für die nicht vollständige sichtweise, weil der dharmadhatu entspricht eben nicht nur dem inneren, sondern auch dem außen. das zu sehen, zu verstehen und daran zu lernen ist ja das faszinierende.
    es muss richtig heißen: Sie werden nicht nur als im Aussen existierende Götter oder übernatürliche Wesen angesehen, sondern auch als innere eigene Aspekte der eigenen Erleuchtung.


    Dieses Paradoxon ist nicht leicht verständlich und das eigtl. Ziel der Yidam Praxis.


    P.S.
    wenn es nur um die inneren Aspekte der Erleuchtung gehen würde, bräuchte man gar keine Gottheiten - dann würden ja Symbole ausreichen, wie man sie vermutlich auch in anderen erleuchtungssystemen finden kann.
    das speziell budhistisch-mahayanische sind die gottheiten (als externe) Kraftfelder/Entitäten + bodhisattva gelübde.
    man kann tatsächlich auch mit den energien dahinter arbeiten ohne den bodhisattvas. das ist was ich gerade mache. ;)

  • Aravind:

    ist das, was Du zitierst, tatsächlich (so halbwegs) Konsens im tibetischen Buddhismus?
    Ich frage nicht, um das anzuzweifeln, sondern weil ich hier in Eurer Diskussion dazu lerne, als jemand, der keine Ahnung vom tibetischen Buddhismus hat. :)


    Jein ;) Es kommt tatsächlich auf die Ebene an, mit der man die Dinge betrachtet. Es gibt halt nicht "den" tibetischen Buddhismus. Aber man kann sagen, dass je höher die Sichtweise ist, die man einnimmt, umso eher wird der innere Aspekt betont und weniger der äußere. Das Extrem, wie es raterZ manchmal erscheinen lässt, mit einem Zoo von eigenständigen Wesen als "Gottheiten" und "Dämonen" geht so aber eher in Richtung naiver Volksglaube,


    Als Zentrum der Lehre könnte man so etwas formulieren wie: "sowohl als auch" - sie sind sowohl äußere Kräfte als auch innere Eigenschaften. Aber das was dann "äußere Kräfte" genannt wird, hat nicht den Charakter eines "Wesens" wie wir uns das vorstellen oder wie raterZ es darstellt. Es sind eher "kollektive Felder", lebendige Archetypen...


    Zitat

    wenn es nur um die inneren Aspekte der Erleuchtung gehen würde, bräuchte man gar keine Gottheiten - dann würden ja Symbole ausreichen, wie man sie vermutlich auch in anderen erleuchtungssystemen finden kann.
    das speziell budhistisch-mahayanische sind die gottheiten (als externe) Kraftfelder/Entitäten + bodhisattva gelübde.
    man kann tatsächlich auch mit den energien dahinter arbeiten ohne den bodhisattvas. das ist was ich gerade mache.


    Es ist gerade die besondere Leistung des tibetischen Buddhismus, als symbolhafte Darstellungen lebendige Formen geschaffen zu haben, auf die man sich emotional leichter beziehen kann als auf abstrakte Symbole. Sobald Du "Kraftfelder" schreibst regt sich bei mir kein Widerstand. Wenn Du "Entitäten" schreibst, regt sich Widerstand, einfach weil ich da die Assoziation mit diesem "Zoo" spüre, daher muss man entweder immer selbst den Gegenpol gleich mit formulieren - oder es kommt eben jemand wie ich daher und liefert den Gegenpol zum Ausgleich ;)


    Die Energien dahinter, ja da wird es interessant. Bei den Nyingmapas ist es gar nicht so selten, dass man statt mit Gottheiten mit Energiekugeln arbeitet. Und die Energien dahinter, die sind universell und lassen sich auch in andere Kulturen übersetzen.

  • Nach meinem Empfinden lese ich bei dir so eine anthropozentrische Idee heraus. Da ist der Mensch im Zentrum und außen rum gibts Archetypen-Felder von Göttern / Dämonen etc. die nicht wirklich eigenständig sind, sondern abhängig von den Menschen.


    Nach meiner Vorstellung gibt es diesen Zoo, indem alle mit allem Verbunden sind und keiner mehr oder weniger Wert ist, als der andere.
    Wir sind demnach bspw. für Götter oder Dämonen auch nur Repräsentationen der Erleuchtung - und keine außenständige reale Wesen, denn es gibt eben keine außenständige reale Wesen - den Menschen mit eingeschlossen.
    Ich halte es nicht für außgeschlossen, dass es dämonische Tantras gibt, wo die Dämonen einen "Menschen" praktizieren ;)


    hab dazu sogar passend was aus dem text von padmasabhava über lehrer gefunden. hier praktizieren dämonen keinen menschen - schicken aber emanationen in menschengestalt:


    Zitat

    Ebenso spricht Guru Rinpoche davon, dass in diesen verkommenen Zeiten die dämonischen Kräfte (Dämonen, negative Geister und Leid bringende Entitäten) sich absichtlich manifestieren und trügerische Emanationen von sich in Gestalt von spirituellen Lehrern aussenden, als große Gelehrte und Verwirklichte erscheinen, äußerlich ehrbar und diszipliniert, aber innerlich eigentlich Leid bringende Wesen. Sie versuchen die fühlenden Wesen absichtlich in die niederen Bereiche zu leiten.


    https://enricokosmus.wordpress…hrer-beiderseits-pruefen/

  • Moderation

    So interessant die DIN-Geschichte auch sein mag, bitte geht da hier nicht mehr weiter ins Detail, das hat dann nämlich gar nichts mehr mit dem Thema zu tun ;)

  • raterz:

    Nach meinem Empfinden lese ich bei dir so eine anthropozentrische Idee heraus. Da ist der Mensch im Zentrum und außen rum gibts Archetypen-Felder von Göttern / Dämonen etc. die nicht wirklich eigenständig sind, sondern abhängig von den Menschen.


    "Götter" im Sinne der Bewohner von Götterbereichen und "Gottheiten" die als Yidams dienen, sowie Höllenwesen als Bewohner der Höllenwelten und "Dämonen" als Verkörperungen von geistigen Prinzipien sind einfach verschiedene Kategorien. Man darf sie nicht wild durcheinander würfeln.

  • kannst du das mit irgendwas belegen, dass dies unterschiedliche kategorien sein sollen? meinem verständnis nach eben nicht - es sind bewusstseinszustände gleichermaßen wie erlebbare welten - innen wie außen sind ungetrennt. wir erleben im menschenkörper die verkörperung eines geistigen prinzips.
    daher führt entsprechendes karma aka "bewusstseinzustand" auch zu entsprechender inkarnation in einer entsprechenden welt.


    der buddhistische yidam ist natürlich von samsarischer gottheit zu unterscheiden. der yidam kann jegliche form annehmen - die gottheit nicht so einfach.

  • Ein paar begriffliche Gepflogenheiten, die ich vorzugsweise auch meine:
    "Gottheit" meint die Meditationsgottheiten, "Götter" sind die Bewohner der Götterwelten. Götter sind samsarisch, Gottheiten nicht. Yidam ist einfach ein Aspekt, als den man sich selbst meditiert. Ein Yidam kann eine Gottheit sein (so typisch, dass man oft auch die Gottheiten als Yidams bezeichnet), aber auch ein Buddha oder ein Guru kann zum Yidam werden. Ein Yidam kann nicht eine Form annehmen, sondern jede erleuchtete Form kann zum Yidam werden. Eine "samsarische Gottheit" gibt es in dem Sinne nicht, wie der Begriff "Gottheit" im Buddhismus verwendet wird.