Gibt es "Karmamischungen" ?

  • Hallo Weltreisender.


    Wie es der accinca schon sagte: da wird kein Karma von einer Person auf eine andere übertragen.


    Von Karma spricht man doch eher nur von der Ebene aus, von der aus man anerkennt, dass da keine Person ist, die als Ganze irgendwie durch ein Karma angeschoben oder bedingt oder beeinflusst wäre.


    Deswegen verstehe ich folgende Zeilen auch nicht.

    Die Alternativee, und dann weitaus schlüssigere: mit dem Tod einer Person geht ihr Karma, da dieses keinen über den Tod hinaus existierenden Bindungskern hat, in ein "Meer der Ursachen", aus dem heraus neue Persönlichkeiten bedingt werden. Diese Persönlichkeiten werden durch karmische Samen aus diesem Meer der Ursachen bedingt und nicht durch das Karma einer spezifischen Person.


    Ich finde das überhaupt nicht schlüssig, denn Lehre des Buddha heisst doch gerade dass da keine Gesamtheit ICH oder Person oder Selbst bedingt oder unbedingt oder durch beides zugleich da wäre


    Hmm also so wie du das beschreibst kann es a) eigentlich nicht geben. b) klingt irgendwie verstehbarer finde ich, aber die Prämisse ist halt meiner Meinung nach nicht mit Buddhalehre vereinbar.


    Womöglich ist das ja auch eine Gleichsetzung, die du hier versucht hast: dieses Speicherbewusstsein von dem du schreibst und deine Interpretation: atman. Aber kein Plan, ich benutze all diese Begriffe nicht.

    Behauptet man nun, es gibt nichts, was über den Tod hinaus existiert und folglich nichts, was das Karma einer Person binden kann, ist die Annahme, dass das Karma einer spezifischen Person in genau eine andere übertragen wird, unschlüssig.

    Ja aber wer behauptet denn so etwas?




    :sunny:

  • Hallo ihr Lieben.


    Vielleicht können folgende Sutten etwas zum überlieferten Verständnis von Selbst und Nicht-Selbst beitragen:



    ...


    8. "Wenn er auf solche Weise unweise erwägt, entsteht eine von sechs Ansichten in ihm.

    • Die Ansicht 'für mich gibt es ein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • die Ansicht 'für mich gibt es kein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • die Ansicht 'ich nehme Selbst mit Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • die Ansicht 'ich nehme Nicht-Selbst mit Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen;
    • oder die Ansicht 'ich nehme Selbst mit Nicht-Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    • ansonsten hat er eine Ansicht wie diese: 'Es ist dieses mein Selbst, das da spricht und fühlt und hier und da die Ergebnisse guter und schlechter Taten erfährt; aber dieses mein Selbst ist unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Vergänglichkeit unterworfen, und es wird so lange wie die Ewigkeit überdauern' .

    Diese spekulative Ansicht, ihr Bhikkhus, wird das Dickicht der Ansichten genannt, die Wildnis der Ansichten, die Verdrehtheit der Ansichten, der Wankelmut der Ansichten, die Fessel der Ansichten. Durch die Fessel der Ansichten gebunden, ist der nicht unterrichtete Weltling nicht befreit von Geburt, Alter und Tod, von Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung; er ist nicht befreit von Dukkha, sage ich."


    ...



    ...


    19. "Ich erwog: 'Dieses Dhamma, das ich erlangt habe, ist tiefgründig, schwer zu sehen und schwer zu verstehen, friedvoll und erhaben, durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, subtil, von den Weisen zu erfahren. Aber diese Generation ergötzt sich am Verlangen, begeistert sich für das Verlangen, erfreut sich am Verlangen. Es ist schwer für so eine Generation, diese Wahrheit zu erkennen, nämlich die zugrundeliegende Bedingtheit, die bedingte Entstehung. Und es ist schwer, diese Wahrheit zu erkennen, nämlich die Stillung aller Gestaltungen, das Aufgeben aller Vereinnahmung, die Vernichtung des Begehrens, die Lossagung, das Aufhören, Nibbāna. ...


    ...


    Liebe Grüße

    2 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Aus meiner Sicht ja nicht. Deswegen habe ich da versucht, was zu zeigen. Der Post von Raphy ist in meinen Augen sehr hilfreich.



    :sunny:

  • Ich würde gerne wissen wie dieser Satz hier verstanden wird:

    "Für den nun, Kaccāyana, der den Ursprung der Welt der Wirklichkeit gemäß

    mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,

    Nichtsein' (heißt); für den aber, Kaccayana, der die Aufhebung der Welt der

    Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht,

    was in der Welt ,Sein' (heißt)."


    Vielleicht kommt es mir nur so vor und vielleicht mag einer denken darin

    keinen Unterschied zu sehen aber jedes mal wenn ich ihn lese habe

    ich den Eindruck er wäre falsch übersetzt und müßte heißen:

    "Für den nun, Kaccāyana, der das Entstehen von Welt der Wirklichkeit gemäß

    mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,

    Nichtsein' (heißt); für den aber, Kaccayana, der das Vergehen von Welt der

    Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht,

    was in der Welt ,Sein' (heißt)."

  • Hallo lieber accinca.


    Deine Version finde ich auch besser.

    Allerdings kann ich nicht beurteilen welche dem Pali-Original näher kommt, da ich kein Pali kann.


    Liebe Grüße

  • In Bezug auf Sankhara find ich Ursprung (im Sinne von Ursache oder Bedingung) schon passend, aber Entstehen geht auch. Und 'Vergehen' passt zwar zu Sankhara, aber nicht so ganz zu nirodha, finde ich.

    Aber denkt man nicht bei "Ursprung der Welt" an ferne vergangene Zeiten in den es

    einen angeblichen Ursprung geben hätte?

  • In Bezug auf Sankhara find ich Ursprung (im Sinne von Ursache oder Bedingung) schon passend, aber Entstehen geht auch. Und 'Vergehen' passt zwar zu Sankhara, aber nicht so ganz zu nirodha, finde ich.

    Aber denkt man nicht bei "Ursprung der Welt" an ferne vergangene Zeiten in den es

    einen angeblichen Ursprung geben hätte?

    Also bei mir war das so, als ich es die ersten Male las.


    Liebe Grüße

  • Also bei mir war das so, als ich es die ersten Male las.

    Genau, aber das ist ja gar nicht gemeint und deswegen finde ich die Übersetzung unglücklich.

  • Also bei mir war das so, als ich es die ersten Male las.

    Genau, aber das ist ja gar nicht gemeint und deswegen finde ich die Übersetzung unglücklich.

    Ja, kann ich nachvollziehen. Deshalb finde ich deine Version besser.


    Liebe Grüße

  • Hallo liebe Spock.


    Danke für deine Hinweise. Ich hoffe die waren nicht an mich gerichtet. :)


    Denn meine Palikenntnisse sind so schlecht, dass ich nicht viel damit anfangen kann. Mir fehlt da einfach der Gesamt-Zusammenhang.


    Und es ist gerade spät und ich werde mich da heute nicht mehr groß einarbeiten.


    Aber vielleicht kann ja accinca etwas damit anfangen.


    Liebe Grüße

  • Werter accinca


    Ist mir ehrlich gesagt nicht aufgefallen, weil ich mich in dem Zitat selbstprüfend auf die Frage konzentriert habe, warum für den, der der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, die Attribute "Sein" und "Nicht-Sein" der Alltagssprache (aus selben Grund) keinen Sinn machen.


    Es ist für mich ein "sehr großes" Zitat und ich bin damit noch nicht fertig.


    Ich sehe in der OriginalÜbersetzung keinen "bauchgefühlten" Änderungsbedarf, nur vielleicht vorausgehende Erläuterungen, um den Eindruck dem du mit deinem Vorschlag vorbeugen willst: es würde hier um einen ersten Ursprung gehen, zu vermeiden .



    :sunny:

  • Der Post von Raphy ist in meinen Augen sehr hilfreich.

    Das mag sein. Ich selbst tue ich mich schwer mit diesen Texten und hoffe immer Menschen zu treffen, die sie verstanden haben und deshalb in der Lage sind, sie in einfachen Worten wiederzugeben.

  • Hallo lieber pops und lieber Weltreisender.


    Also ich verstehe die Sutta so, dass es auf der einen Seite nicht korrekt ist zu sagen: Es gibt nichts oder Alles ist nicht. (Nichtsein)

    Weil man ja gewisse Wirkungen erfährt, seien diese Wirkungen Illusion oder Real, sie werden gespürt und sie haben Einfluß.

    Ein Stein im Schuh kann störend sein oder wenn man von einem großen wilden Tier angefallen wird, spürt man das bestimmt auch.

    Aus manchen Traditionen gibt es ja manchmal rabiate Geschichten überliefert, wenn jemand diese Wirkungen nicht anerkennt und meint schon frei von allem zu sein.

    Und auch der edle achtfache Pfad, der ein bestimmtes Vorgehen beschreibt, hält sich an diese Zusammenhänge und Gesetze.

    Angefangen mit dem Wohlverhalten in Taten, Rede und Gedanken, den vielen Übungen, die 8 Pfadglieder, ... .

    Das ist bedingtes Entstehen oder die zugrundeliegende Bedingtheit, weil alles miteinander Verbunden ist, aneinander gefesselt ist, solange man in der bedingten Welt als eingebildetes, festes Ich lebt. Deswegen gibt es auch scheinbare Wirkungen. Deswegen ist es nicht korrekt zu sagen: Es gibt nichts oder Alles ist nicht.


    Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht korrekt zu sagen: Es gibt Etwas oder Alles ist. (Sein)

    Denn da ist ja kein festes, unveränderliches Etwas. Alle Etwasse sind ja bedingt entstanden, sind vollkommen bedingt. Sie erscheinen nur im Zusammenspiel der sie bedingenden Faktoren als fest und unveränderlich.

    So wie ein Wagen nur aus dem Zusammenspiel seiner Bestandteile (Achse, Deichsel, Räder, Ablagefläche, ...) und verschiedener Kräfte (Mensch der ihn zusammenbaute und beobachtet, Kräfte die es möglich machen etwas zusammenzubauen, Kräfte die es möglich machen, dass der Wagen nicht gleich auseinanderfällt, feste Oberfläche wo ein Wagen gebaut werden kann und stehen kann, ...) Wagen genannt wird. Der Mensch selber, der den Wagen vielleicht baute, ist auch wieder vollkommen bedingt (32 Körperbestandteile, 4 oder 5 Großen Elemente, 5 Khandas, Kräfte die auf den Mensch wirken und sein Leben in dieser Weise ermöglichen, ...).

    Wenn der Wagen aus Holz ist, dann ist der Baum vollkommen bedingt, der das Holz lieferte (Baum muß wachsen können, Umwelteinflüsse müssen passend sein,...).

    Wenn man in die Struktur des Holzes schaut, da ist dann auch wieder ein bestimmter Aufbau aus verschiedenen Teilen.

    Da ist nirgendwo ein festes Ich zu finden oder ein fester unveränderlicher Kern in dieser bedingten, vergänglichen Welt. Da ist nichts wirklich zum Festhalten. Nur in der Einbildung. Aber die hat so eine große Kraft, dass sie Samsara ermöglicht. Scheinbar.

    Deswegen ist es auch nicht korrekt von Sein zu sprechen, denn da ist letztendlich nichts Festes zu finden, da ist nichts wirklich Greifbares, da ist nichts was man als "Das Sein" oder "Sein"bezeichnen könnte.


    Die Unterteilung in Sein und Nichtsein ist sowieso nur für ein eingebildetes, festes Ich wichtig und interessant.


    Das Ich glaubt, dass es vernichtet werden könnte (Nichtsein), weil es glaubt dass es wirklich ist (Sein).


    Deswegen lebt es in Angst, Trauer, Trübsal, Verzweiflung, Kampf und erlebt Samsara. Kurz: Es erlebt Dukkha (Leid, Unbefriedigtheit).


    Wenn man genau schaut, kann man aber dieses Ich nirgendwo finden ("Sein" zu sagen ist nicht korrekt), trotzdem hat dieses eingebildete Ich Wirkungen nach der Lehre Buddhas ("Nichtsein" zu sagen ist nicht korrekt), wenn man nicht vollkommen befreit ist davon.


    Ein vollkommen Befreiter ist natürlich etwas ganz anderes. Auf den treffen überhaupt keine Zuschreibungen mehr zu. Weder kann man sagen: Er ist. Noch kann man sagen: Er ist nicht.

    Deswegen gilt für einen Vollkommen Befreiten der Text aus der Sutta:


    "5. Für den nun, Kaccāyana, der den Ursprung der Welt der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,Nichtsein' (heißt); für den aber, Kaccayana, der die Aufhebung der Welt der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, gibt es das nicht, was in der Welt ,Sein' (heißt)."


    Aber das gilt nur für einen vollkommen Befreiten. Alle anderen spüren noch die scheinbaren Wirkungen eines eingebildeten, scheinbaren Ichs. Für sie gibt es Sein und Nichtsein. Mehr oder weniger. Je verwirklichter und fortgeschrittener auf dem Weg, umso weniger spielt Sein und Nichtsein eine Rolle.


    Das nur mal so als meine beschränkte Sicht auf diese Dinge. Ich könnte mich auch irren. Es sind eher Anregungen.


    Also nur (m)eine unvollkommene, vergängliche Meinung, die mir nicht gehört und die ich nicht bin.


    :)


    Falls jemanden der Vergleich mit dem Wagen interessiert: Milindapañha - 2.1.1. Unpersönlichkeit - 2.1.1. Paññattipañho

    Ist allerdings Kommentarliteratur.


    Liebe Grüße

  • Hallo nochmal.


    Und da wäre eben die erste Frage für mich was für dich Person bedeutet?


    Mit den Sutten und meiner Erklärung zu Sein und Nichtsein habe ich versucht zu verdeutlichen, dass es auf der einen Seite eine feste unveränderliche Person als ein festes, unveränderliches Ich oder Selbst nicht gibt. Jetzt schon nicht. Nicht erst wenn der Körper stirbt. Da ist nur Bedingtes Entstehen, die zugrundeliegende Bedingtheit.


    Auf der anderen Seite gibt es aber scheinbare Wirkungen. Wenn man innerhalb dieser Ich-Illusion lebt. Auch aufgrund der Bedingtheit, da dadurch alles miteinander verbunden ist.


    Und über diese Wirkungen wird in Bezug auf Wirkung der Taten gesagt:

    A.IV.77 Die vier unerfaßbaren Dinge (acinteyya) - 7. Acinteyya Sutta

    Vier unerfaßbare Dinge gibt es, ihr Mönche, über die man nicht nachdenken sollte, über welche nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte. Welches sind diese vier Dinge?

    • Der Machtbereich der Buddhas, ihr Mönche, ist etwas Unerfaßbares, über das man nicht nachdenken sollte und über das nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.
    • Der Machtbereich der Vertiefungen (*1) -
    • die Wirkung der Taten (kamma-vipāka)  
    das Grübeln über die Welt ist etwas Unerfaßbares, worüber man nicht nachdenken sollte, und worüber nachdenkend, man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.

    .

    Es ist also nicht zielführend für die Befreiung von Dukkha (Leid, Unbefriedigtheit) zu sehr über solche Dinge nachzudenken.


    Der Buddha hat meines Wissens in der Überlieferung des Palikanons auch nie ein Modell gegeben wie Wiedergeburt genau funktioniert. Oder ob es Karmamischungen geben kann.


    Weil das alles nur von der Praxis und dem Ziel der vollkommenen Befreiung ablenkt, denke ich.

    Es ist nur eine weitere Beschäftigung des Geistes, bringt aber nicht unbedingt eine Hilfe.

    Die Praxis ist eher in der Meditation zu erforschen, wie die Dinge wirklich sind.

    Man kann sich natürlich auch mit anderen austauschen oder logische Überlegungen anstellen, aber das ist nur ein Teil des Weges.


    Es geht um Verwirklichung. Und das ist mehr als nur Nachdenken. Trotzdem hat weises Denken natürlich seinen Platz. Und unweises Nachdenken wäre, sich über den genauen Vorgang von Wiedergeburt oder Karmamischungen allzu viele Gedanken zu machen. Man ist natürlich frei und kann tun was man will, aber spätestens wenn man merkt es führt zu mehr Verwirrung als weniger Verwirrung, sollte man es vielleicht etwas zurückschrauben. Und sich die anderen Werkzeuge anschauen. Wenn man mag, ist ja alles freiwillig.


    Deswegen ist so ein Forum auch nur begrenzt in der Lage wirklich das wiederzugeben, um was es geht. Man ist auf das sprachlich in Worten Ausdrückbare begrenzt. Und auch im echten Leben ist das nicht einfach bzw. scheint es unmöglich zu sein.


    Deswegen sind echte Meister ja so wertvoll, weil sie diese Dinge gut rüberbringen können oder das Interesse wecken können selbst nachzuforschen.


    Wen es wirklich interessiert der muß selbst nachforschen. Und andere können dabei eine Unterstützung sein. Und dann vielleicht sogar ein Forum wie dieses, ein Stück weit.


    Liebe Grüße

    7 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Der Post von Raphy ist in meinen Augen sehr hilfreich.

    Das mag sein. Ich selbst tue ich mich schwer mit diesen Texten und hoffe immer Menschen zu treffen, die sie verstanden haben und deshalb in der Lage sind, sie in einfachen Worten wiederzugeben.


    Das ist gut, dass du das so offen äußerst.


    Leider ist es bei allen komplexen Lehren so, dass es ein Vorwissen braucht, um diese verstehen zu können. Das ist sogar bei jeder Weitergabe von Wissen nötig :) Dass davor im Zuhörer etwas Entsprechendes angelegt sein muss, damit es dort Wirkung entfalten kann, schreibe ich jetzt mal so grob, in dem ich unterstelle, dass es so etwas wie Wissen gibt, was eine Eigennatur hätte, die dann Wirkung erzielen könnte.


    Du siehst an dieser Formulierung schon wieder, wie schwierig es ist, sich weitestgehend der Objektivierungs- / Verdinglichungsfalle zu entziehen (worum es im Buddhismus ja auch geht). Ganz wird das in Formulierungen ja nie gehen, denn Formulierungen sind halt Zusammensetzungen von Dingen, also selbst wieder ein zusammengesetztes Ding. Und deswegen wird eine Formulierung, selbst eine der höchsten Wahrheit sage ich jetzt mal so, Missverständnisse nicht vermeiden können. Aufgrund ihrer Form selbst. Das bleibt dann die manchmal grössere Aufgabe des "Aufnehmers" des Wissens: das zu durchbrechen, den "Klick" irgendwie selbst provozieren, mitHilfe von Konzentration, Prüfung der Begriffe, was sie genau bezeichnen sollen, ob diese Begriffe klar voneinander abgegrenzt sind, und nicht wieder versteckt noch etwas anderes meinen, was aus der Bezeichnung selbst so nicht hervorgeht.


    Du kannst ja auch einen spezifischen Sutten-Thread eröffnen, in dem du dann verschiedene Erklärungen bekommst. Man kann die Dinge ja immer auf verschiedene Weise erklären/darstellen. Es gibt auch gute Metaphern, die einfacher zugänglich sind.


    --


    Im spezifischen Fall hier hatte ich den Eindruck, du hättest Anatta - Lehre noch nicht genug durchdrungen, weswegen du dann deine Eingangsfrage so stellen konntest. Deswegen meinte ich, der Post von Raphy mit den Zitaten darin wären da gut.


    Von der einen Seite aus (Anatta - Lehre) wird ausgesagt dass da kein Gesamtheit ICH ist. Weder zusammengesetzt, noch nicht zusammengesetzt, noch sich verändernd, noch fest, usw. Weswegen da auch kein Karma auf irgendeine (andere) Gesamtheit "Person" "übertragen" werden kann.


    Auf der anderen Seite gibt es da aber den Körper mit seinen spezifischen Funktionen - diesen ganzen Wahrnehmungsapparat, mit dem im Bunde da Gefühle und Willensregungen und Erscheinungen sind.


    Die Existenz dieses Körpers ist aber nicht der letzte Grund für die "darin" erlebten Gefühle und Erscheinungen. Denn er ist selber aus Anhaftungsprozessen & sonstwie bedingt hervorgegangen.


    Deswegen kann man nicht sagen, dass dieser ganze körperliche Wahrnehmungsapparat aus sich selbst heraus das entstehen lässt, was du als ICH (etwas Ganzheitliches mit Eigennatur) so oder so gesehen durch und in den Erscheinungen erlebst/erfährst.


    Weswegen eine Aussage von jemanden der dich so (deinen Körper, deine Mimik) sähe und identifizieren würde: "Das bist ja du!" - in diesem Sinne keine wirklich zutreffende Aussage ist, da sie ja nur anzeigt, dass da beim Aussagenden eine begriffliche Einordnung stattfindet, eine Verdinglichung stattfindet.


    Eine Verdinglichung des Phänomens "der Andere - Weltreisender" ausgehend von so einer oder so einer Vorstellung darüber was es heisst, eine Person, ein Jemand, ein Selbst, ein Ding mit Eigennatur zu sein.




    :sunny:

  • weil ich mich in dem Zitat selbstprüfend auf die Frage konzentriert habe, warum für den, der der Wirklichkeit gemäß mit richtigem Verständnis betrachtet, die Attribute "Sein" und "Nicht-Sein" der Alltagssprache (aus selben Grund) keinen Sinn machen.

    Dazu muß man vielleicht auch noch weiter im Text lesen:

    "Durch Sich-Anschließen, Anhangen, Sich-Eingewöhnen, o Kaccāna, ist gemeinhin

    diese Welt gefesselt.

    Aber an dieses Sich-Anschließen und Anhangen, an das Sich-Festlegen, Eingewöhnen

    und Hinneigen des Geistes schließt sich jener (edle Jünger) nicht an, er hängt nicht daran,

    er hat sich nicht festgelegt (auf die Ansicht): «Mein Selbst».

    «Leiden nur ist es, was entsteht; Leiden nur ist es, was vergeht» -

    hierbei schwankt er nicht und zweifelt nicht, von anderen unabhängig ist

    hierbei sein Wissen. Insofern, o Kaccāna, besteht Rechte Erkenntnis."


    So wird am Zwiespalt zwischen Sein und Nichtsein nicht weiter festgehalten.


  • Ich finde das ganz wunderbar, dass du darauf darauf hinweist!


    Allerdings ... finde ich die Übersetzung die Raphy geliefert hat, besser. Da steht es noch ein wenig anders, sehe ich jetzt. Ich hatte es da nicht gelesen, und bin erst durch dich auf dieses Zitat aufmerksam geworden.


    Zitat


    6. Durch Aufsuchen, Erfassen und Dabeiverbleiben [29] ist ja, Kaccāyana, diese Welt zumeist gefesselt. Wenn nun jemand [30], Kaccāyana, dieses Aufsuchen und Erfassen, das Wollen des Denkens, sein Eindringen und Darinbeharren nicht aufsucht, nicht erfaßt, nicht dazu den Willen hat in dem Gedanken: es ist in mir kein Ich [31], - und wenn er dann daran, daß Leiden alles ist, was entsteht und Leiden alles ist, was vergeht, nicht zweifelt und kein Bedenken hat und infolge seines ausschließlichen Vertrauens [32] schon das Wissen hiervon besitzt - in so weit, Kaccāyana, gibt es rechte Einsicht.



    :sunny:

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Ja, es ist öfter so, das mehrere Übersetzungen verschiedene Aspekte betonen.


    Z.B. gibt es noch:

    "Auf zweierlei (Möglichkeit) kommt, Kaccáyana, diese Welt zumeist hinaus, auf Sein und auf Nichtsein."


    Durch Aufsuchen, Erfassen und Dabeiverbleiben ist ja, Kaccāyana, diese Welt zumeist gefesselt.

    Wenn nun jemand, Kaccāyana, dieses Aufsuchen und Erfassen, das Wollen des Denkens, sein Eindringen und Darinbeharren nicht aufsucht, nicht erfasst, nicht dazu den Willen hat in dem Gedanken: es ist in mir kein Ich,und

    wenn er dann daran, dass Leiden alles ist, was entsteht und Leiden alles ist, was vergeht, nicht zweifelt

    und kein Bedenken hat und infolge seines ausschließlichen Vertrauens schon das Wissen hiervon besitzt - in so weit, Kaccāyana, gibt es rechte Ansicht.

    7. ,Alles Ist', das, Kaccāyana, ist das eine Ende (=anto= Ende, auch Extrem).

    ,Alles ist nicht, das ist das andere Ende.
    Diese beiden Enden vermeidend, verkündet in der Mitte der Tathāgata seine Lehre:

    Durch Nichtwissen als Ursache entstehen Gestaltungen
    aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewusstsein usw"


  • Leider ist es bei allen komplexen Lehren so, dass es ein Vorwissen braucht, um diese verstehen zu können. Das ist sogar bei jeder Weitergabe von Wissen nötig :)


    Das stimmt sicher, einerseits. Andererseits bedeutet es auch: eine Lehre, die nicht aus sich heraus verständig ist, basiert auf Vorwissen, das sich der Alltagserfahrung entzieht. Wenn ich die wenigen Dinge, die ich vom Buddha gelesen habe, richtig verstehe, wollte er aber gerade einen Zugang bieten, der sich der Alltagserfahrung zugänglich zeigt. Deswegen hat er auch das metaphysische Grundgerüst des damaligen Indien übernommen und seine Lehre eher um die Beobachtungen des Menschen herum aufgebaut. Er akzeptiert einfach, dass es Wiedergeburt gibt. Aber warum? Hier im Forum haben manche Menschen geschrieben: aus pädagogischen Gründen. Deshalb glaube ich, ist der Bereich, der aus der buddhistischen Perspektive interessant sein dürfte, eben jener der Beobachtung und weniger der Bereich, der sich der Beobachtung entzieht und für den man Vorwissen bräuchte.

    Gleichzeitig verwundert es mich, dass es so viele verschiedene Ansätze zur Wiedergeburt gibt - sind das dann nicht alles unsinnige Spekulationen, die uns nicht vom Leid entfernen können?



    Dass davor im Zuhörer etwas Entsprechendes angelegt sein muss, damit es dort Wirkung entfalten kann,

    Klingt aber schon so, als müsste jemand erst etwas lernen, um die folgenden Schlüsse akzeptieren zu können. Was aber ist, wenn die Prämissen falsch sind oder an sie möglicherweise nicht geglaubt wird, verliert dann nicht "das zu Folgernde" seine Berechtigung?


    Im spezifischen Fall hier hatte ich den Eindruck, du hättest Anatta - Lehre noch nicht genug durchdrungen, weswegen du dann deine Eingangsfrage so stellen konntest.

    Das ist sicher richtig. Was auch daran liegt, dass man sich im Buddhismus nicht einig zu sein scheint. Das macht es dann für jemanden, der die buddhistischen Theorien interessant findet, aber kein Buddhist ist, schwierig, die Anatta-Lehren zu durchdringen. Warum sollte es mir besser gehen als den meisten Buddhisten? :)


    Deswegen meinte ich, der Post von Raphy mit den Zitaten darin wären da gut.

    Generell sind Zitate immer gut, wenn man das Lehrwort eines Lehrmeisters möglichst ohne eigene Färbung wiedergeben möchte, die Information möglichst unbeschadet übermitteln.

    In diesem konkreten Fall waren die Zitate allerdings so komplex, dass sie nur durch eine Meditationserfahrung und durchaus vorhandene religiöse Basiskenntnisse nicht zugänglich sind. Es bedarf einer intellektuellen Einführung in bestimmte (intellektuelle) Begriffe, um sich dann das zu erschließen, was eigentlich hinter den Begriffen liegt.


    ein Selbst, ein Ding mit Eigennatur

    Das ist ja die grundsätzliche Frage, ob das Selbst eine Eigennatur hat oder Eigennatur nicht viel eher eine treffende Zuschreibung für das Ego oder Ich sind. Das Selbst ist ja in vielen Traditionen identisch mit einem übergeordneten Prinzip, was "Eigen"natur schon einmal ausschließt. Viel eher könnte man sagen: etwas, das identisch mit einer anderen Existenz ist, kann per Definition keine Eigennatur haben, weil eine Eigennatur Identität mit sich selbst bedeuten würde und nicht mit einer übergeordneten Sache. Selbst ist also vielmehr die Verwirklichung dessen, was einem bewusst wird. Das braucht einen leeren Raum, der mit dieser Verwirklichung gefüllt werden kann.


    Die anderen Punkte beantworte ich (hoffentlich) Morgen.

  • Das stimmt sicher, einerseits. Andererseits bedeutet es.....

    Was ihr euch alles so ausdenken könnt ist ja erstaunlich. Aber sind das dann nicht alles

    unsinnige Spekulationen, die uns nicht vom Leid entfernen können?

    Davon kann man ja ganze Sätze im umgekehrten Sinne übernehmen.

    So auch bei dem sog. "Vorwissen" das meistens das größte Problem darstellt.

    In der Lehre bezeichnet man so ein "Wissen" eigentlich überhaupt nicht mit Wissen

    sonder eher schon mit Unwissen oder Nichtwissen. Ob und in wiefern ein sog "Wissen"

    im sinne der Lehre brauchbar oder hinderlich ist muß also erst einmal geprüft werden,

    denn wie bei dir, so wird oft einfach nur vorausgesetzt es handelte sich um Wissen wo

    nur was zusammen gelesen wurde oder falsch bewerte wurde usw. usw.

    Unter diesen Umständen kann man auf das was du hier geschrieben hast leider nichts geben.

  • Übrigens Nichtwissen oder Unwissen bezeichnet in der Buddhalehre nicht nur ein

    Mangel an Wissen sondern insbesondere auch ein falsches und ungeeignetes Wissen.

    So wie beim Unkraut es sich nicht um einen Mangel an Kraut handelt so mit dem Unwissen

    nicht unbedingt um gar kein Wissen. So kann Wissen eine erhebliche (auch psychologische)

    Belastung darstellen wenn man nur die Quantität damit berücksichtigen wollte.

  • Aber sind das dann nicht alles unsinnige Spekulationen, die uns nicht vom Leid entfernen können?

    Natürlich - es liegt aber in der Natur der Sache eines Forums, aus unsinnigen Spekulationen zu bestehen. Oder glaubst Du, die Aktivität hier würde irgendjemanden vom Leid befreien?


    Unter diesen Umständen kann man auf das was du hier geschrieben hast leider nichts geben.


    s.o.