Meine Feinde, die Leidenschaften

  • Wut, Anhaftung und Ähnliches sind meine Feinde;

    sie haben weder Arme noch Beine,

    auch sind sie weder mutig noch klug -

    wie kommt es, dass ich ihr Sklave bin?


    Es ist, als wären sie in meinem Bewusstsein zu Hause

    und während ich mich [ihrer Anwesenheit] erfreue, richten sie Schaden an.

    Trotz allem lasse ich sie ohne Ärger gewähren -

    diese Geduld ist unangebracht.


    Meine Feinde, die Leidenschaften,

    existieren seit langer Zeit, ohne Anfang und ohne Ende;

    kein anderer meiner Widersacher

    hat ein derartig langes Leben.


    Wenn ich auf richtige Weise helfe und diene,

    wandelt sich alles in Nutzen und Gutes um;

    wenn ich aber eine Leidenschaft pflege und ihr diene,

    entstehen daraus nur Leid und Qual.


    Wenn diese langlebigen, fortwährenden Feinde für mich

    nur Ursachen der Vermehrung von Schaden sind

    und ruhig in meinem Herzen bleiben können,

    wie kann ich die zyklische Existenz ohne Furcht und mit Freude erleben?


    aus: Santideva, Bodhicaryavatara, Verse 4.28/29, 4.32 -34; Übersetzung D. Hangartner, 2005

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Grob gesagt:


    Im Theravada will man die Leidenschaften vermeiden und besiegen.


    Im Vajrayana arbeitet man mit ihnen.


    Aber es gibt natürlich auch fließende Übergänge.


    Shantideva kommt ja nicht aus der Alten Tradition. Andererseits hat man nicht eindeutig herausgefunden, ob es sich tatsächlich nur um eine bestimmte Person handelt. Wahrscheinlich waren es mehrere. So kann es auch sein, dass sich hier ältere und neuere Traditionen in den Aussagen vermischen.

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Grob gesagt:


    Im Theravada will man die Leidenschaften vermeiden und besiegen.


    Im Vajrayana arbeitet man mit ihnen.

    Sowohl im Theravada als auch im Sutrayana, dem Vollkommenheitsfahrzeug, und den Vajrayana geht es darum, die Leidenschaften samt ihren Ursachen vollständig zu überwinden. Nur so ist die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen und die vier edlen Wahrheiten werden sowohl im Theravada, im Sutrayana und im Vajrayana gelehrt.


    Man arbeitet im Vajrayana ja nicht mit den Leidenschaften, um sie zu hegen und zu pflegen und zu vermehren.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Man arbeitet im Vajrayana ja nicht mit den Leidenschaften, um sie zu hegen und zu pflegen und zu vermehren.

    Inwiefern ich es verstanden hatte, Theravada ist ausgerichtet auf die Versiegung von Trieben, also ihre absolute Ent-Reiz-ung. Über die "Arbeit" man kann nur träumen.

    Im Vajrayana man kann mit dem Wut, Hass, Sex-Begierde , usw.. arbeiten, ..um --am ende sie alle zu transzendieren.

    Das ist der andere Zugang. Und die andere Vorgehensweise. Wer hat Recht, ich enthalte mich, um die andere nichts zu provozieren.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Sowohl im Theravada als auch im Sutrayana, dem Vollkommenheitsfahrzeug, und den Vajrayana geht es darum, die Leidenschaften samt ihren Ursachen vollständig zu überwinden. Nur so ist die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen und die vier edlen Wahrheiten werden sowohl im Theravada, im Sutrayana und im Vajrayana gelehrt.

    Habe ich doch gesagt, nur das hast Du vergessen zu zitieren:

    dass es natürlich auch fließende Übergänge gibt.

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Da die vier edlen Wahrheiten im Theravada, Sutrayana und Vajrayana nicht auf unterschiedliche Art und Weise dargelegt werden, gibt es auch keine fließenden Übergänge.


    Im Kern geht es darum, was Santideva in den Versen, die ich im Eingangspost zitiert habe, zum Ausdruck bringt: Die Leidenschaften (klesas) in unserem Geist sind unsere eigentlichen Feinde und sie sind zu überwinden. Wenn man sie überwunden hat, hat man die dritte edle Wahrheit verwirklicht und sich aus Samsara befreit.


    Die Aufgabe der Dharmapraktizierenden ist es doch, den eigenen Geist von den Leidenschaften (klesas) zu befreien. Die Methoden mit denen man dies erreichen kann sind allerdings vielfältig. Das ist auch gut so.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Sowohl im Theravada als auch im Sutrayana, dem Vollkommenheitsfahrzeug, und den Vajrayana geht es darum, die Leidenschaften samt ihren Ursachen vollständig zu überwinden. Nur so ist die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen und die vier edlen Wahrheiten werden sowohl im Theravada, im Sutrayana und im Vajrayana gelehrt.

    Habe ich doch gesagt, nur das hast Du vergessen zu zitieren:

    dass es natürlich auch fließende Übergänge gibt.

    Liebe Amdap , es gibt dazu die andere Meinung, z.B.:


    Im Vajrayāna hat sich der Buddhismus in sein Gegenteil verkehrt.

    Fußnote (1) Helmut von Glasenapp, Der Buddhismus in Indien und im Fernen Osten, Berlin 1939, Seite 91.


    Um nichs zu zitieren, ich verlinke die Seite:


    bodhibaum.de / Kurt Schmidt: Buddhas Lehre


    Eine Person, die hatte mich blockert , so Mahayana.. Ich sagte diesem Menschen, unumwunden, man sollte die Triebe , egal welche austilgen, erlöschen.. versiegen..usw..

    Keine "Übergänge".

    Die zweite und die dritte (An)-Drehunen des (Dharma) -Rades man würde vergebens im Pali-Kanon suchen, er findet es alles dort nichts. Sorry, das ist der Fakt, ich kann nicht dafür.


    Im meinen rein persönlichem Gespräch mit der Frau Anders-Debes ( Buddh. Seminar) ich hatte genau diese Frage gestellt. Kein Avalokiteshvara, der dich retten kann. Keine Mantras oder so etwas.. Nur ich selbst durch das eigene Tun, also Schaff-Sal.

    Der Indologe H. W. Schumman hat genau identische Meinung zu "Leidenshaften", ..und ihrer Überwindung.

    Theravada--Mahayana--Vajrayna.. das sind alles sehr verschiedene Schuhen.

    Wie gesagt, das ist keine meine eigene Meinung. Ich würde Link von Schumann nichts verlinken, aber ich habe ihn auch. Die Leidenshaften sind die "Feinde".. die hindern den Wachstum ( Herzen-S-Reinigung von kilesa..) , und haben absolut nichts zu suchen mit Nibbana, wie es im Pali-Kanon steht.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Wenn man nun endlich erkannt hat dass die Leidenschaften Feinde sind und keine Freunde die das Leben bereichern, muss man sie noch besiegen. Es sind alte, sehr mächtige Feinde und es könnte ein sehr langer Kampf werden. Ohne Zuflucht bei Buddha, Dhamma und Sangha sehe ich keine Chance auf einen Sieg.

  • Wenn man nun endlich erkannt hat dass die Leidenschaften Feinde sind und keine Freunde die das Leben bereichern, muss man sie noch besiegen. Es sind alte, sehr mächtige Feinde und es könnte ein sehr langer Kampf werden. Ohne Zuflucht bei Buddha, Dhamma und Sangha sehe ich keine Chance auf einen Sieg.

    Ich denke, die Zufluchtnahme ist eine wichtige und notwendige Übung für Praktizierende, die sich aus Samsara, also von den Leidenschaften, befreien wollen.


    Die Befreiung aus Samsara gelingt ja nur auf der Grundlage einer menschlichen Existenz. Deshalb muss man sich auch stets in den Übungen schulen, die zu einem kostbaren Menschenleben in der nächsten Existenz führen. Deshalb muss man stets über Tod und Vergänglichkeit und die Frage, was nach dem Tod passiert, kontemplieren und meditieren. Da die Gefahr besteht, in der nächsten Existenz in niedere, leidvolle Existenzen zu geraten, nehmen wir Zuflucht zu den drei Juwelen Buddha, Dharma und Sangha. Darüber hinaus müssen wir uns mit Handlungen und ihren Wirkungen gründlich beschäftigen.


    Das allein reicht aber nicht aus, um sich von den Leidenschaften zu befreien und Samsara zu überwinden. Zusätzlich ist noch eine gründliche Beschäftigung mit den vier edlen Wahrheiten erforderlich.


    Nur wenn wir die Leidenschaften und ihre Charakteristika und ihre Ursachen erkennen und erkennen, warum sie uns schaden und wie sie uns an Samsara fesseln, werden wir die Gegenmittel zu ihrer Überwindung anwenden können. Wir müssen ja wissen, wovon wir uns befreien wollen, und was die geeigneten Mittel sind mit denen man die Befreiung von den Leidenschaften verwirklichen kann.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Mich quälen weder Leidenschaften noch irgendwelche Emotionen ich liebe das Leben in allen Erfahrungen und daher liebt es auch mich weder angenehme noch unangenehme Erfahrungen bleiben für immer und beide haben immer nur die eine Botschaft für mich du bist jetzt hier, vor meinen Augen spielt der endlose Film in seinen endlose Variationen, aus Wasser und Erde erhebt sich das Leben in all seiner Vielfalt, wohin der Fluß des Lebens mich auch tragen wird das wird sich in der Zukunft offenbaren, meine Gefühle kann ich nicht ändern und auch nicht den Strom meiner Gedanken denn jenseits all meiner Wünsche strahlt heller als alle Sterne zusammen das Licht der Wahrheit, des so seins und der höchsten Weisheit die alle Unwissenheit überstrahlt die idurch alle Freude und alles Leid hindurchleuchtet und mich in allen Erscheinungen immer nur das eine erkennen lässt, Wahrlich kein Leid hat je existiert eins mit der Wirklichkeit bin ich, war ich schon immer und werde ich sein für ewig.

    Mögen die Formen kommen und gehen ich werde in ihnen sein so wie ich schon immer in ihnen war kostbar ist dieses seltene Erlebnis ein Mensch sein zu dürfen wertvoller als alles Gold und alle Edelsteine, gleich den verschiedenen Farben des Regenbogens sind die Freuden und Leiden dieses Lebens alle nur auf dieses eine Licht hinweisend aus dem ich geboren wurde, wie kann eine Geburt als Mensch schlecht sein? Die Weisen sitzen mit mir an der selben Tafel doch die Narren ziehen es vor in Samsara zu wandeln wie groß ist ihr Elend unfähig zu sehen das sie unermesslich reich sind ganz gleich was auch immer geschehen mag, mögen sie alle befreit werden vom Leid des nicht erkennens des eigenen Reichtums, mögen sie eintreten in das Königreich des Gleichmutes und mögen sie in den Genuss der höchsten Freude kommen genau hier, genau jetzt denn nirgendwo sonst ist Nirvana zu finden als inmitten von Samsara.

    Om Shanti Shanti Shanti


    Dieser Text gefällt mir sehr gut und er inspiriert mich auch immer wieder auf meinem Weg

  • Wenn man nun endlich erkannt hat dass die Leidenschaften Feinde sind und keine Freunde die das Leben bereichern, muss man sie noch besiegen. Es sind alte, sehr mächtige Feinde und es könnte ein sehr langer Kampf werden. Ohne Zuflucht bei Buddha, Dhamma und Sangha sehe ich keine Chance auf einen Sieg.

    Nur wenn wir die Leidenschaften und ihre Charakteristika und ihre Ursachen erkennen und erkennen, warum sie uns schaden und wie sie uns an Samsara fesseln, werden wir die Gegenmittel zu ihrer Überwindung anwenden können. Wir müssen ja wissen, wovon wir uns befreien wollen, und was die geeigneten Mittel sind mit denen man die Befreiung von den Leidenschaften verwirklichen kann.

    Ja, die geeigneten Mittel...

    Zu wissen, wovon wir uns befreien müssen, ist der erste Schritt. Die Mittel-, die Vorgehensweise zu kennen, ist der zweite - das Know How sozusagen, nach dem Motto: "Was man häufig bedenkt und sinnt, dahin geneigt wird das Herz"

    Paul Debes nennt es das Gesetz der Wandlung der Triebe. Der Buddha behandelt das Thema in M20 und ein ausführlicher Kommentar findet sich hier ab Seite 2880. Deutlicher ausgedrückt habe ich es nirgendwo gefunden.

    Eine schönes Thema, Dank an den Starter _()_

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

    Einmal editiert, zuletzt von Hajobo ()

  • Ich möchte gern einen meiner Gedankengänge vorstellen eine andere Sichtweise eine Andere Art wie man die Leidenschaften auch betrachten könnte.

    Wenn wir nachdenken über ein Thema so dreht es sich doch meist um eines das uns wichtig ist, das uns bewegt, das uns beschäftigt denn den Dingen die uns vollkommen gleichgültig sind schenken wir naturgemäß keine Aufmerksamkeit.

    Wenn ich meine Aufmerksamkeit in völliger Ignoranz meiner Umgebung nach innen richte mit dem Ziel eine allumfassende Gleichgültigkeit zu erlangen dabei auf jede auftretende Wahrnehmung mit dem Mantra "ist mir egal" reagierend entsteht eine hochgradige Gleichgültigkeit gegenüber der Welt welche zu einem Zustand innerer Sammlung führen wird denn wie gesagt wenn uns alles gleichgültig wäre würden wir auch nicht viel nachdenken.

    Dehnen wir nun auch noch die bereits erworbene Gleichgültigkeit auf unsere verbliebenen Gedanken und innere Wahrnehmungen aus würde ein Zustand Absoluter Gleichgültigkeit entstehen welcher zu einer vollständigen Abwesenheit von Gedanken führen könnte und in diesem Zustand der Metaignoranz könnten wir sicherlich eine absolute Leidenschaftslosigkeit erfahren welche jedoch bloß den Zweck verfolgen würde uns von unseren Gedanken zu befreien und nicht etwa um uns in einen Ignoranten per se zu transformieren.

    Hätten wir nun durch diese Vorgehensweise eine gewisse Befreiung von Leidenschaften erreicht würde in uns sicherlich bald der Wunsch entstehen anderen zu helfen Ihre eigenen Leidenschaften zu überwinden indem wir ihnen den verborgenen Wert der Gleichgültigkeit begreifbar machen würden zum Beispiel indem wir sie darauf aufmerksam machen könnten das wir Konflikte ganz egal welcher Größenordnung ob innere mit uns selbst oder äußere gegen andere nicht etwa deshalb führen weil uns alles egal ist sondern deshalb weil uns Nicht alles egal ist usw.

    Zugegeben eine etwas gewagte Herangehensweise mit Totaler Gleichgültigkeit auf die Leidenschaften zu reagieren doch ist nicht Akzeptanz genau dies, nämlich Gleichgütigkeit gegenüber dem Anderssein von Mitmenschen?


    Ganz Liebe Grüße

  • Ich möchte gern einen meiner Gedankengänge vorstellen eine andere Sichtweise eine Andere Art wie man die Leidenschaften auch betrachten könnte.

    Wenn wir nachdenken über ein Thema so dreht es sich doch meist um eines das uns wichtig ist, das uns bewegt, das uns beschäftigt denn den Dingen die uns vollkommen gleichgültig sind schenken wir naturgemäß keine Aufmerksamkeit.

    Wenn ich meine Aufmerksamkeit in völliger Ignoranz meiner Umgebung nach innen richte mit dem Ziel eine allumfassende Gleichgültigkeit zu erlangen dabei auf jede auftretende Wahrnehmung mit dem Mantra "ist mir egal" reagierend entsteht eine hochgradige Gleichgültigkeit gegenüber der Welt welche zu einem Zustand innerer Sammlung führen wird denn wie gesagt wenn uns alles gleichgültig wäre würden wir auch nicht viel nachdenken.

    Dehnen wir nun auch noch die bereits erworbene Gleichgültigkeit auf unsere verbliebenen Gedanken und innere Wahrnehmungen aus würde ein Zustand Absoluter Gleichgültigkeit entstehen welcher zu einer vollständigen Abwesenheit von Gedanken führen könnte und in diesem Zustand der Metaignoranz könnten wir sicherlich eine absolute Leidenschaftslosigkeit erfahren welche jedoch bloß den Zweck verfolgen würde uns von unseren Gedanken zu befreien und nicht etwa um uns in einen Ignoranten per se zu transformieren.


    Die Konzentration auf ein Meditationsobjekt führt zur Sammlung, das kann auch ein Mantra sein. Man kann es ja ausprobieren ob es mit dem Mantra "ist mir egal" funktioniert, wenn man dabei das Ziel allumfassender Gleichgültigkeit im Auge behält. Es ist halt ein sehr hohes Ziel und vermutlich wird diese eine Übung nicht genügen um es zu erreichen.

  • Ja da hast du recht es braucht schon eine tiefere Einsicht in das warum man so vorgeht man möchte ja weniger kontrollieren und größeres Mitgefühl mit allen erlangen die diesen Gleichmut nicht kennen und dessen Wert nicht richtig deuten können denn die Einsicht das wir hier nicht bei wünsch dir was sind sondern bei so is es ist nicht immer leicht in gewissem Sinn ist es schon eine durch Einsicht entstandene alternativlose Akzeptanz fast eine zwingende


    LG

  • Zugegeben eine etwas gewagte Herangehensweise mit Totaler Gleichgültigkeit auf die Leidenschaften zu reagieren doch ist nicht Akzeptanz genau dies, nämlich Gleichgütigkeit gegenüber dem Anderssein von Mitmenschen?

    Die Art und Weise in der buddhistischen Praxis auf Gedanken und Gefühle zu reagieren, ist ja nicht: "Ist mir egal". Es ist keine teilnahmslose Gleichgültigkeit, sondern eine Gleichmütigkeit, die mit großem Interesse teilhat an dem, was geschieht, wie es geschieht und welche Konsequenzen es hervorbringt.


    Es ist ein sehr genaues Hinschauen und Hinfühlen. Vor allem der Punkt, wo es dann zur Identifikation mit einem Ich kommt, ist von entscheidender Bedeutung. Das ist der Augenblick, in dem aus einem aufkommenden Gefühl (oder einer anderen Wahrnehmung) eine ganze automatische (gewohnheitsmäßige) Kette von Ursachen und Wirkungen hervorgeht, die schließlich in Geschichten von mir selbst, Vorstellungen, Hoffnungen, Ängsten, Erwägungen, Erinnerungen, u.s.w. mündet, also in eine von Augenblick zu Augenblick automatisch und unbewusst fortgeführte Erzählung von einem kontinuierlichen Ich. Die Ich-Erzählung "Ist mir egal" gehört übrigens auch dazu. Auch das ist eine spezifische Ich-Konstruktion, die eine gleichgültige Bewertung aller auftretenden Phänomene vornimmt, mit dem Ziel, das Ich vor Leiden zu schützen. Das ist aber nicht das Ziel buddhistischer Praxis. Das Ziel ist, die Dynamiken zu erkennen, die zu Konstruktion und Identifikation mit einem vorgeblichen Ich führen, um diese Automatismen und Gewohnheiten zu verändern.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Ja da hast du recht es braucht schon eine tiefere Einsicht in das warum man so vorgeht man möchte ja weniger kontrollieren und größeres Mitgefühl mit allen erlangen die diesen Gleichmut nicht kennen und dessen Wert nicht richtig deuten können denn die Einsicht das wir hier nicht bei wünsch dir was sind sondern bei so is es ist nicht immer leicht in gewissem Sinn ist es schon eine durch Einsicht entstandene alternativlose Akzeptanz fast eine zwingende


    LG

    Für mich ist „ist mir egal“ und Mitgefühl ein Unterschied. Aber wenn das funktioniert, berichte bitte. Würde ein Brett vor meinem Kopf lösen.

  • Vielen Dank, lieber Thorsten Hallscheidt , für die Klarstellung! _()_ :heart:


    Ayya Khema nannte Gleichgültigkeit immer den "nahen Feind" vom Gleichmut, der ja zu den "4 Brahmaviharas"/ 4 Unermesslichen gehört und dort, ihrer Belehrung zufolge, die Position der "höchsten Emotion" einnimmt.


    Die Art und Weise in der buddhistischen Praxis auf Gedanken und Gefühle zu reagieren, ist ja nicht: "Ist mir egal". Es ist keine teilnahmslose Gleichgültigkeit, sondern eine Gleichmütigkeit, die mit großem Interesse teilhat an dem, was geschieht, wie es geschieht und welche Konsequenzen es hervorbringt.

    Genau, so sollte es geübt werden und so wird es auch langfristig heilsame Auswirkungen haben.


    Dennoch mag es für den Praktizierenden Ausnahmesituationen (wo Leidenschaften ihn zu überrollen drohen!) geben, in denen "Akuthilfe" vonnöten und das Ziel des Gleichmutes vielleicht noch in weiter Ferne ist.....


    Die Ich-Erzählung "Ist mir egal" gehört übrigens auch dazu. Auch das ist eine spezifische Ich-Konstruktion, die eine gleichgültige Bewertung aller auftretenden Phänomene vornimmt, mit dem Ziel, das Ich vor Leiden zu schützen.

    Kurioserweise kann diese Ich-Erzählung "Ist mir egal" wirklich eine enorme Kraft und Wirkung z.B. in einer akuten Angst-Situation entfalten.

    Ich wende daher dieses "Mantra" in bestimmten Fällen ganz bewusst als Strategie an, um diese eine akute Stresssituation durchstehen zu können (Zahnarzt-Phobie.... ;) )

    (Äußerst hilfreich: Der eintönige Singsang des Original-Songs "Is mir egal" von Kazim Akboga, den man auch auf dem Zahnarztstuhl leise summen kann - da kann der Bohrer rotieren, wie er will.. :erleichtert: )

    Das ist aber nicht das Ziel buddhistischer Praxis. Das Ziel ist, die Dynamiken zu erkennen, die zu Konstruktion und Identifikation mit einem vorgeblichen Ich führen, um diese Automatismen und Gewohnheiten zu verändern.

    Ja, das sollte man sich natürlich immer vor Augen führen, denn Gleichgültigkeit zu erreichen ist zwar viel leichter (und man beobachtet es ja auch zunehmend in der Gesellschaft), aber dem Ziel der Befreiung letztlich abträglich.

    (Manche postulieren gar, dass das wahre Gegenteil von Liebe nicht etwa Hass sei, sondern Gleichgültigkeit.)

    Es reicht, auch vom ethischen Standpunkt her, nicht, sich von der Welt, nebst ihren Leiden(schaften), gleichgültig abzuwenden.....

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

    Einmal editiert, zuletzt von Anna Panna-Sati ()

  • Es funktioniert sehr gut mein gesamtes Umfeld kann das bestätigen jedoch gibt es auch einige die darunter leiden weil es ihnen nicht egal ist das ich mich so akzeptieren kann wie ich bin und mit denen habe ich großes Mitgefühl denn sie haben noch nicht verstanden das sich Allumfassende Gleichgültigkeit eben auch auf mich selbst bezieht. Gleichmut und Gleichgültigkeit sind für mich austauschbare Begriffe und was mich betrifft ich bin ich und mache nicht den Kardinalsfehler die Existenz eines Ego zu verleugnen im Gegenteil mein Ego ist wie alles von göttlicher Herkunft und deshalb liebe ich es auch jedoch weiß ich auch das mein Ego aus den Daseinsgruppen hervorgeht und bloß eine beobachtende Funktion erfüllt ich reite den Tiger nur ich lenke ihn nicht und wohin auch immer er mich tragen wird liegt nicht in meiner Hand deshalb sollte es mir egal sein falls ich nicht leiden möchte

    LG❤️

    Einmal editiert, zuletzt von Sandaju ()

  • Buddhistische Praxis bedeutet für mich mehr als Texte auswendig zu lernen um gut argumentieren zu können für mich muß alles praktisch in der Anwendung funktionieren damit es mir falls mich der erste Pfeil trifft EGAL ist woher er möglicherweise gekommen ist usw. Ich ziehe ihn lieber gleich heraus und dann ist Ruh..


    Egal kommt von equal = gleichförmig, gleichmütig, gleichwertig, laut Dr. Google


    Ganz liebe Grüsse 💖

  • Was beim Erwachen wegfällt ist ja nicht das Ego selbst sondern die Illusion seiner unabhängigen Existenz das ich selbst bleibt als funktionales Element bis zur Auflösung im Verlauf des Sterbeprozess vorhanden..

    Dem sonst hätte beispielsweise der Buddha als er mit seinem Namen angesprochen wurde nicht reagiert und wäre wohl einfach weitergelaufen😂

  • Okay Sandaju, aber gleichmütig ist dennoch präziser. Hier lesen ja auch User mit, die diesen Unterschied erstmal kennen müssen.

    In unserem Sprachgebrauch ist gleichgültig eher ignorant, während ich z.B. bei dem Begriff gleichmütig ein warmes, wohlwollendes Empfinden habe.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Lieber Sandaju ,


    wie Monika schon anmerkte: Wenn du die Begriffe "Gleichmut" und "Gleichgültigkeit" synonym verwendest, könnte das in einem buddhistischen Forum gelegentlich Verwirrung auslösen, außer du stellst es immer gleichzeitig (wie hier) klar, wie DU es interpretiert wissen willst.;)


    Es funktioniert sehr gut mein gesamtes Umfeld kann das bestätigen jedoch gibt es auch einige die darunter leiden weil es ihnen nicht egal ist das ich mich so akzeptieren kann wie ich bin und mit denen habe ich großes Mitgefühl denn sie haben noch nicht verstanden das sich Allumfassende Gleichgültigkeit eben auch auf mich selbst bezieht.

    Huch :eek: , klingt irgendwie ein bisschen sarkastisch, hier von "großem Mitgefühl" mit Menschen zu sprechen, die "darunter leiden, dass du dich selbst akzeptierst, wie du bist" (die also deine Selbstakzeptanz missbilligen?) oder habe ich dich hier missverstanden? :?


    "Allumfassende Gleichgültigkeit" hat man in maximaler Ausprägung erreicht, wenn man tot ist.

    Wem ALLES gleichgültig ist, wer keinerlei Gefühle mehr (für sich und Andere) empfindet, ist so gut wie tot...

    DAS kann m.E. nicht mit Erwachen/Befreiung/Nibbana gemeint sein.

    Liebende Güte (Metta), Mitgefühl (Karuna) und Mitfreude (Mudita) sind im Gleichmut (Upekkha) inhärent.


    Im folgenden Auszug aus dem Palikanon scheint sich allerdings zu zeigen, dass der Zustand "frei von Begehren" tödlich enden kann. Die betreffenden Mönche griffen nicht nur nicht ein, als sich ihre Mitbrüder umbrachten und umbringen iießen, sie nahmen auch ihre eigene "Hinrichtung" ohne Angst oder Widerstand hin...:

    Vinaya-Piṭaka III

    BHIKKHU-VIBHAṄGA

    Die Einteilung der Vorschriften für die buddhistischen Mönche

    3. Das dritte Ausschluss-Vergehen




    "........Dann nahm er sein scharfes Schwert und ging damit von Wohnstätte zu Wohnstätte, von Zelle zu Zelle und sprach: "Wer hat noch nicht überschritten? Wen soll ich über­schreiten lassen?" Diejenigen Mönche, die noch nicht frei vom Begehren waren, die hatten in diesem Moment Furcht, die waren verängstigt, denen standen die Haare zu Berge. Aber jene Mönche, die frei von Begehren waren, die hatten in diesem Moment keine Furcht, die waren nicht verängstigt, denen standen die Haare nicht zu Berge. Da nun nahm Migalaṇḍika, dieser falsche Asket, an einem Tag einem Mönch das Leben, an einem [anderen] Tag nahm er zwei Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er drei Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er vier Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er fünf Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er zehn Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er zwanzig Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er dreißig Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er vierzig Mönchen das Leben, an einem [weiteren] Tag nahm er fünfzig Mönchen das Leben und an einem [weiteren] Tag nahm er sechzig Mönchen das Leben.[266]......"


    :shrug:

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


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  • Gleichmut und Gleichgültigkeit sind im Kontext des Dharma keine Synonyme. Gleichmut ist im Kontext des Dharma ein Fachbegriff mit einer bestimmten Definition, die nicht mit dem Gebrauch des Wortes im alltäglichen Sprachgebrauch übereinstimmen muss. Die Begriffe, die man im Dharma benutzt kann man aber nur der Alltagssprache entnehmen wie es zum Beispiel auch die Physik tut. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.


    Im Kontext des Dharma bezeichnet Gleichmut eine Geisteshaltung, die sich auf die anderen Lebewesen bezieht. Sie besteht darin, alle anderen Lebewesen als genauso wichtig zu nehmen wie sich selbst. In ihm steckt die Auffassung, dass alle Lebewesen gleichen Wert haben, gleichwertig sind. Ein Lebewesen nicht wichtiger oder wertvoller ist als ein anderes.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Buddhistische Praxis bedeutet für mich mehr als Texte auswendig zu lernen um gut argumentieren zu können für mich muß alles praktisch in der Anwendung funktionieren damit es mir falls mich der erste Pfeil trifft EGAL ist woher er möglicherweise gekommen ist usw. Ich ziehe ihn lieber gleich heraus und dann ist Ruh..

    Der Pfeil ist ja nicht das eigentliche Problem, denn er ist ja nur der mitwirkende Umstand für das Entstehen meiner Leiden. Wenn man ihn beiseite legt, ist erst einmal für eine bestimmte Zeit Ruhe. Aber der nächste Pfeil kommt gewiss so lange wir in Samsara leben.


    Nicht der Pfeil, der von außen kommende Umstand, ist die eigentliche Ursache für unser Leiden, sondern die Leidenschaften in uns; und zwar

    • Gier
    • Hass
    • Stolz
    • Unwissenheit
    • leidenschaftsverbundener Zweifel
    • leidenschaftsverbundene Ansichten

    So lange diese Leidenschaften in unserem Geisteskontinuum bestehen, werden sie immer wieder von Pfeilen aktiviert werden.


    Man muss also nicht nur den Pfeil beiseite legen, sondern die Leidenschaften im eigenen Geist überwinden. Dafür hat Buddha Sakyamuni den achtfachen Pfad und andere Methoden aufgezeigt.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Warum sind die Leidenschaften meine Feinde?


    Manjushri drückt dies im Schmuck der Mahayana-Sutras folgendermaßen kurz und knapp aus: "Die Geistesplagen zerstören mich selbst, sie zerstören die Wesen, und sie zerstören die Disziplin."


    Die Leidenschaften schädigen die eigenen heilsamen karmischen Potenziale, weil sie ihnen ihre Kraft rauben. Andere schädigen meine Leidenschaften, weil sie Handlungen bewirken, die anderen Schaden an Körper und Geist zufügen. Auch die eigene ethische Disziplin degeneriert durch die Kraft der Leidenschaften.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.