Gedanken leeren

  • Axel Benz:
    Ellviral:

    Gedanken leeren heißt, vom anheften von Bedeutungen über die Wirklichkeit jetzt hinaus Abstand zu nehmen.
    "Der Apfel ist rot."
    "doch ist das auch so ein Rot wie es wirklich rot ist oder ist das Rot ein Rot das ein anderer anders sieht?"


    Ich weiß es nicht, Ellviral. Ich habe die Vermutung (ohne es beweisen zu können), dass wir, wenn wir dieses Problem lösen (http://de.wikipedia.org/wiki/Qualia), mehr über die Natur des Geistes erfahren haben, als nach 10.000 Stunden Meditation. Aber ich kann mich irren...



    Hey Axel, du interessiert dich doch für Kognitionswissenschaften etc. . Dazu gibt es ein tolles buddhistisches Buch: "Der Geist und seine Funktionen". Diese als Lo-rig (Geist und Erkennen) bekannten Unterweisungen beschreiben das Phänomen Geist, Objekte, Wahrnehmung, Geistesfaktoren in allen Einzelheiten.

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Hypertroph:


    Ich werde vieleicht lieber einen Lehrer aufsuchen als mich von einem Troll wie Grund voll labern zu lassen. :roll:


    wenn du GLÜCK hast wird dir ein Lehrer auch nichts anders (als Grund) sagen, es sei denn der Lehrer sagt was du gerne hören willst.... was ein t(r)oller Lehrer...
    viel glück be der Suche....
    .

  • Hallo Hypertroph,


    ich habe eine Zeitlang auch mal etwas betrieben, was in die Richtung "unterdrücken/weghaben wollen" von Gedanken ging. Die ganzen Gedanken haben mich einfach genervt.
    Da waren auch ein paar ganz interessante Erfahrungen dabei, aber letztendlich hatte ich das Gefühl einen Teil von mir abzuschneiden/zu unterdrücken/abzulehnen. Ich habe mich dadurch mit der Zeit kastriert und eingeschränkt gefühlt. Ich war nicht freier als vorher, sondern gefangener.
    Auf der anderen Seite mußte ich vielleicht die Erfahrung auch machen. Ich wollte es wissen und habs mit Gewalt versucht. Wenn ich es nicht gemacht hätte, würde ich heute vielleicht immer noch zweifeln, ob so ein bisschen unterdrücken vielleicht nicht doch ganz hilfreich sein könnte.
    Deswegen will ich dir nicht sagen es nicht zu tun.
    Aber ich sehe es heute wie Grund und andere. Gedanken sind nun mal ein ganz natürlicher Prozess. Dagegen zu kämpfen heist für mich gegen meine Natur, gegen mich zu kämpfen. Gedanken dürfen da sein. Man muß ihnen aber nicht glauben. Weil nach meiner Erfahrung jedes Wort, jeder Gedanke, jede Bewertung im Grunde eine Lüge ist. Nicht die Wahrheit.
    Worte sind aber, leider, meistens das einzige mit dem wir in Kontakt zu anderen treten können. Glauben wir jedenfalls oft. ;) Sie sind das offensichtlichste was Meister benutzen können, um ihren Schülern die Richtung zum Mond zu zeigen. Aber sie sind nicht der Mond. Und deswegen im Grunde eine Lüge.
    Oder anders formuliert: Ich bin nicht meine Gedanken. Deswegen ist es auch kein Problem wenn Gedanken da sind. Ich bin auch nicht mein Körper und es ist auch kein Problem wenn der Körper da ist. Ich bin nicht meine Gefühle, deswegen ist es kein Problem wenn Gefühle da sind. Alles natürlich, aber nicht ich.
    Deswegen bringt, nach meiner Erfahrung, dagegen zu kämpfen nichts.
    Gedanken bedeuten nichts. Sie haben nur eine scheinbare Bedeutung, weil wir uns damit identifizieren. Und weil wir uns damit, hier im Westen, eine so tolle Welt geschaffen haben. Ich gebe zu, in der Welt kann man mit dem Verstand sehr erfolgreich sein. Der Verstand kann sehr erfolgreich in vielen Berreichen sein. Ist die Frage ob wir das hier wollen.
    Wir glauben oft, dass wir die Gedanken sind, dass es unsere Gedanken sind. Oder dass wir das Gehirn sind.
    Als ich angefangen habe die Gedanken und sowieso alles andere so sein zu lassen wie es ist. Mich zu entspannen. Einfach hier zu sein. So bewußt wie es mir jetzt möglich ist. Haben sich auch die Gedanken von selbst beruhigt. Man muß garnicht dagegen kämpfen. Sie gehen von alleine wenn man sie nichtmehr ernst nimmt. Und wenn man sie dochmal braucht, kann man mit ihnen sogar spielen. Aber sie sind halt nicht die Wahrheit. Das zu wissen reicht schon.
    Man verliert automatisch mit der Zeit das Interesse an Gedanken, wenn man sieht, dass sie nicht die Wahrheit sind. Das Leben wird viel leichter und freier. Aber man kann es nicht erzwingen. Ich habe auf dem Weg auch viel über Geduld gelernt.
    Aber wie gesagt, das ist nur meine Erfahrung. Ich kann mich irren. Du mußt deinen Weg gehen, wie du ihn eben gehst. Vielleicht zeigst du es ja allen.


    Auf jeden Fall alles Gute.

    3 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Raphy:


    Oder anders formuliert: Wir sind nicht unsere Gedanken. Deswegen ist es auch kein Problem wenn Gedanken da sind. Ich bin auch nicht mein Körper und es ist auch kein Problem wenn der Körper da ist. Ich bin auch nicht meine Gefühle, deswegen ist es kein Problem wenn Gefühle da sind. Alles natürlich, aber nicht ich.
    Deswegen bringt, nach meiner Erfahrung, dagegen zu kämpfen nichts.


    Das ist eine fundamental richtige Feststellung. Diese Dinge sind einfach da. Das Weghaben-Wollen ist der falsche Weg. (Weshalb auch die Lehre von den Geistesgiften - klesha - bei falscher Handhabung nach hinten losgehen kann. Die Genussfeindlichkeit und die Aversions- und Ekel-Praktiken im Theravada sind ein Beispiel hierfür).


    Und: Zwischen dem achtsamen Wahrnehmen von Gefühlen und dem unreflektierten Ausleben von Gefühlen liegen Welten.


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Wobei das Missverständnis des »Weghabenwollens« eines der typischen Erst-Hürden im Zugang zum Thema sein dürfte.
    Ich persönlich würde den Satz »Buddhismus dient nicht dazu, Gedanken, Gefühle oder Wahrnehmungen jeglicher Art zu beseitigen.« in jegliche Präambel der Anfängerleiteratur stellen.
    Erst, als ich das für mich klar hatte, konnte ich überhaupt weiter auf das Ganze zugehen…


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • malsehen:

    Wobei das Missverständnis des »Weghabenwollens« eines der typischen Erst-Hürden im Zugang zum Thema sein dürfte.
    Ich persönlich würde den Satz »Buddhismus dient nicht dazu, Gedanken, Gefühle oder Wahrnehmungen jeglicher Art zu beseitigen.« in jegliche Präambel der Anfängerleiteratur stellen.


    Diese Präambel wäre in der Literatur für "Fortgeschrittene" ebenfalls gut angebracht. Leider ist das keine Hürde nur für Einsteiger.
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:

    [… Diese Präambel wäre in der Literatur für "Fortgeschrittene" ebenfalls gut angebracht. Leider ist das keine Hürde nur für Einsteiger.


    Uff, dass ich da froh bin. Ich muss nur noch sehen, wie ich das »meinen« Buddhisten beigringe … :shock:


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Hypertroph:

    Grund, deine Spiritualität steckt noch in den Kinderschuhen.


    Sowas ist nicht mal ansatzweise vorhanden 8)


    Hypertroph:


    Zumindest nehm ich deine Zitate nicht für voll! :lol:


    Vielleicht liegt's dran, dass ich ausschließlich dich zitiert habe? 8)

  • Vielleicht noch mal was Praktisches.
    Was mir immer gut geholfen hat aus dem Kopf und den Gedanken zu kommen:


    Den Fokus weg von diesem ständigen Gedankenkreisen nehmen und stattdessen den Fokus mehr auf Gefühle, Empfindungen, Körperempfindungen, den Atem, dem Heben und Senken der Baudecke, oder was für jeden persönlich gut passt, legen. Aber das alles ganz sanft und weich. Wenn Gedanken auftreten sie nicht verurteilen oder weghaben wollen, sondern sie registrieren und sanft mit der Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Atem, die Körperempfindungen oder was gerade das beste Meditationsobjekt ist. Das alles ohne Druck und Streß, eher spielerisch und sanft. Es ist auch ein bisschen herumexperimentieren was für mich gerade am besten passt. Und es geht nicht darum irgendwo hin zu kommen, sondern mit dem wie es jetzt hier ist, Frieden zu schließen. Das ist für mich die Grundlage von allem. Nicht nur für die Meditation, sondern auch für das Leben an sich.
    Und es wird tausende Male passieren, dass die Gedanken wieder meine Aufmerksamkeit bekommen. Kein Problem, jedesmal kann ich auch zum Meditationsobjekt und zum Frieden zurückkommen. Eigentlich nur eine Übungssache.
    Das kann man nicht nur im Sitzen machen, sondern geht im Prinzip in jeder Körperhaltung und überall, wenn man sich dannach fühlt.
    Man könnte auch allgemein sagen, dass man den Fokus ganz bewußt weg von den Gedanken nimmt und mehr zum Fühlen und zum Körper kommt.
    Und alles eher sanft und spielerisch. So gut es eben geht. Auch in der Hinsicht kein Streß. Es ist eh nichts perfekt.


    Falls ich noch was Wichtiges vergessen habe, kann es gerne ergänzt werden. :)


    Liebe Grüße

  • Raphy:


    Den Fokus weg von diesem ständigen Gedankenkreisen nehmen und stattdessen den Fokus mehr auf Gefühle, Empfindungen, Körperempfindungen,


    Liebe Grüße


    Ja, Raphy, ich bin so ein Mensch mit Grübelzwang und habe mich die letzten 4-5 Jahre mit Zen, Tao und Gedankenstille beschäftigt. Ich frage mich immer, was ist wirklich Wahrheit? Was ist nr Speklation ? Wenn man sich mit dem Tao beschäftigt, dann kommt man irgendwann dahin:


    Zitat

    Der Begriff "Wechselseitig bedingtes Entstehen" (in Pali: paticca-samuppada, in Sanskrit: pratitya-samutpada) ist in der Lehre des historischen Shakyamuni Buddha der grundlegende Begriff für ein illusionsfreies Verständnis der Wirklichkeit. Als solcher steht er bis heute im Mittelpunkt der Tradition des Theravada-Buddhismus (Sri Lanka, Burma, Thailand, Laos, Kambodscha).

    Quelle


    Wenn man mal, wie ich, an Gott geglaubt hat, dann erkennt man, was das Gebot heisst sich kein Bild zu machen, von Gott und der Welt, sondern einfach nur zu schmecken und nicht zu erklären, nicht an den anerzogenen Vorstellungen anzuhaften. Unsere Gedanken sind oft Spekulation, und eine Gedankenbeobachtung um Gedankenstille zu erzeugen bringt oft nur weitere Gedanken und weitere Tagträume. Aber seine Sinne zu schmecken und die Gefühle wahrzunehmen kann zu intuitiven Einsichten führen. Und, da ich das nun hier bei Dir lese, kann ich ja mit meiner selbst erkannten Sichtweise nicht so ganz verkehrt liegen. Herzlichen Dank für diesen Betrag, Raphy. Herzliche Grüße aus der Stadt, die die Menschen Hamburg nennen, Chantao

    Nach dem Großen Geist mit dem denkenden Geist zu suchen ist gewiss
    ein schweres Missverständnis.


    Seng Tsan

  • Moin Chantao


    Chantao:

    ... Ich frage mich immer, was ist wirklich Wahrheit? Was ist nr Speklation ? ...


    Dass du dich das fragst, ist Wahrheit. Das was du dabei heraus bekommst, ist Spekulation. :)


    Chantao:

    ... Herzliche Grüße aus der Stadt, die die Menschen Hamburg nennen, Chantao


    Wie wird sie sonst genannt?


    LG
    Ji'un Ken

  • Onda:


    Und: Zwischen dem achtsamen Wahrnehmen von Gefühlen und dem unreflektierten Ausleben von Gefühlen liegen Welten.


    LG
    Onda


    Auf jeden Fall. Sehe ich auch so.


    Liebe Grüße


  • Hi & willkommen Hypertroph


    Hass kann bekannterweise nicht mit Hass bekämpft werden, lieber Hypertroph, sondern nur mit der Abwesenheit von Hass (siehe Gandhi).


    Gier kann nicht mit Gier bekämpft werden, sondern nur mit der Abwesenheit von Gier (siehe Buddha).


    Es gibt also einen Weg, der möglich ist.


    Aber was hälst du vom Fight gegen die eigenen Hindernisse hier und jetzt?:


    • Gier (zB nach einer idealisierten Welt),
    • Abneigung (gegen den aktuellen Zustand der Welt),
    • Lähmung ('Weltschmerz', Machtlosigkeit usw),
    • Rastlosigkeit und
    • Zweifelssucht?


    :?:

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Onda:

    Das ist eine fundamental richtige Feststellung. Diese Dinge sind einfach da. Das Weghaben-Wollen ist der falsche Weg. (Weshalb auch die Lehre von den Geistesgiften - klesha - bei falscher Handhabung nach hinten losgehen kann. Die Genussfeindlichkeit und die Aversions- und Ekel-Praktiken im Theravada sind ein Beispiel hierfür).


    Und: Zwischen dem achtsamen Wahrnehmen von Gefühlen und dem unreflektierten Ausleben von Gefühlen liegen Welten.


    Hier wird einiges durcheinander gebracht, lieber Onda.


    Der Buddha lehrt, dass es (für ehrliche Übende) einige Dinge gibt, die entwickelt und gefördert werden sollten.


    Aber auch einige Dinge, die gemieden oder sogar mit aktivem Einsatz abgewendet (avertiert) werden sollten.


    Drei mal darfst du raten, zu welchen Dingen die Genuss-Sucht gezählt wird ;).


    Besser das einseitige Verständnis von der Lehre kritisieren (wie zB ein Haufen Bhikkhus durch einseitige Anwendung von Ekel auf den Selbstmord zurückgriffen), nicht die darin erwähnten Praktiken, genauso einseitig, dämonisieren.


    Dazu braucht es Sachlichkeit und Leidenschaftslosigkeit, auch wenn letzteres nicht gerade angesagt ist in der Welt.


    Es wird Zeit, lieber Onda, über den Tellerrand von THNs Knuddeldharma hinaus zu gehen.


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Solang’s schee macht …


    Liebe Grüße
    Meine affige Bonobo-Hälfte

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.