Wie praktiziert Ihr Mitgefühl ?

  • Karnataka:


    Dennoch, um dem Mitgefühl halbwegs freie Bahn zu lassen, bedarf es aus meiner Sicht schon unter Umständen einschneidender Korrekturen. Gier: welcher schädliche Wunsch, welche Sucht beherrscht mein Denken? Hass: welche für mein Glück so wichtige ehrliche und echte Aussöhnung muss gelingen? Verblendung: welchem Teil des buddhistischen Weges stehe ich verständnislos gegenüber? Verzeih, wenn dies besserwisserisch klingt, aber aus Mahayana Sicht folgt dieser grundsätzlichen Weichenstellung aufgrund von Achtsamkeit das natürliche Einüben des Mitgefühls, glaube ich.


    Hi Karnataka,


    vielleicht ist das von Mensch zu Mensch auch unterschiedlich.
    Bei mir scheint das nicht zu funktionieren, mir absichtlich einen bestimmten Aspekt heraus zu picken und gezielt daran zu arbeiten.
    Ich vertraue eben darauf, dass sich das, was gerade dran ist von selbst in den Vordergrund schiebt (So eine Art Leidenswegweiser). Wenn man dann ehrlich zu sich selbst ist und die Augen nicht verschließt, hat man auch gute Chancen, etwas zu klären. Wenn nicht, oder unvollständig, dann taucht die selbe Sache eben so oft wieder auf, bis sie "geklärt" ist.
    Ich habe das Gefühl, dass das am besten zu mir passt und mein Lehrer auch. Ich will aber nicht behaupten, dass das für jeden der richtige Ansatz ist. Ich glaube zudem, dass die Wahl des spirituellen Weges sehrwohl eine Typfrage ist.
    Vor diesem Hintergrund finde ich auch nichts besserwisserisch daran, was Du geschrieben hast. Vielleicht ist das einfach "Dein Ding".


    Grüßle, HK

  • Holzklotz:
    Mirco:


    Das "... weil ich weiß, dass Leiden zu einer bestimmten Reaktion geführt hat, ..." ist schon die Intellektualisierung. Das geht kürzer.


    Hi Mirco,


    wenn man aus "weil ich weiß, dass..." "weil ich nachempfinden kann, dass..." macht, gefällt es Dir dann besser?
    Für mich macht das keinen Unterschied. Wissen muss ja nichts Intellektuelles sein.
    So hab ich's jedenfalls nicht gemeint und es liegt mir fern, Gefühle zu verharmlosen oder gar weg zu erklären, auch wenn sie innen hohl sind, sind sie immer noch da.


    Hi,
    also, bei mir ist das so. Beispiel:


    Irgendetwas bewirkt (erstmal anscheinend) Emotionen in mir. Sagen wir, jemand pöbelt mich an und ich hab' innerlich schon reagiert: die Gefühle sind schon da.


    Einen Weg, das nun nicht schadhaft weiter auszuagieren besteht für mich darin, wie Du es auch beschreibst, die Gedanken einzuschalten und mir selbst zu erklären, warum und wieso dieser da nun so ist wie er ist. Dann bin ich aus der Reaktionskette ausgestiegen und auf intellektueller Ebene entstehen verständnisvolle Gedanken. Das mache ich schon lange so, hat immer ganz gut geholfen, ist aber irgendwie nicht ganz zufriedenstellend für mich.


    Ein neuerer Weg nun ist, die entstandenen Emotionen einfach hinzunehmen, wie sie sind, ohne Gedanken einzuschalten. Es ist, wie es ist. Kein Warum und kein wieso. Warum und wieso ist egal. Dann einfach loslassen und entspannen. Und nun, ohne jede Bedingung mich wieder dem Wohlwollen hinwenden. Einfach so. Ohne warum und wieso, ohne Geschichte, ohen Gedanken, ohne Keine Bedingung.


    Das meine ich mit "es geht kürzer". Ohne zusätzliche Erweiterung auf die Gedankenebene, in der es ja von Möglichkeiten für erneutes Verlangen und Anhaftung nur so wimmert. Nur Gefühl und Wahrnehmung und loslassen.


    Hatte ich Dich recht verstanden und ist der Unterschied irgendwie klar geworden?


    (: Gruß

  • Mitgefühl ist für mich einfach Nächstenliebe. Güte, Toleranz, Geduld, Freigebigkeit, Verständnis, Nachsicht, Freundlichkeit, Rücksichtnahme, das sind alles Aspekte der Liebe, die im Herzen stattfindet, nicht im Kopf.
    Liebe deinen Nächsten wie dich selbst - immer wenn das gelingt, fühlt man sich selber auch gut dabei, wobei das Selbst eben ausgedehnt wird auf andere, man erkennt sich im anderen. Hass bewirkt das Gegenteil, das Selbst zieht sich zusammen auf ein leidvolles Ich, abgegrenzt von allem Übrigen.


  • Hi Mirco,


    da haben wir wohl aneinander vorbei geschrieben.
    Du beschreibst ja, wie man mit seinen Emotionen umgeht und ich sehe das genau so. Anschauen und los lassen, ohne durch Denkerei noch eins drauf zu setzen - durch und nicht dran vorbei (wenn's denn geht :))
    Die Frage hier war ja aber, wie Mitgefühl entsteht. So wie Du es beschreibst wäre es ja so, dass negative Emotionen verpuffen und man sich dann dem Wohlwollen zuwendet (das ist mir nicht ganz klar, wie man sich einem Wohlwollen zuwenden soll. Das ist doch schon da, wenn die Überlagerung verpufft ist).
    Ich versuch das auch mal an einem Pöbelbeispiel.


    In der Fußgängerzone kommt mir ein Jugendlicher mit zusammgekniffenen Augen und angespannten Kiefermuskeln entgegen und fixiert mich mit starrem Blick.
    Da steigt vielleicht Angst in mir auf und mit der verfahre ich bestenfalls so, wie Du es beschrieben hast.
    Gleichzeitig kann ich aber nachvollziehen, was in diesem jungen Mann vor sich gehen muss und wie schmerzhaft es ist, sich mit seinem Hass zu identifizieren und sich von ihm gefangen nehmen zu lassen. Völlig blind gemacht zu werden und sich selbst damit am meisten weh zu tun, egal, wie es dazu gekommen ist. Hass oder Wut werden dann vermutlich überhaupt nicht in mir aufsteigen, weil ich nachempfinden kann, was in diesem Menschen vor sich gehen muss, wie die Welt für ihn aussehen muss, wenn er so durch die Straßen läuft. Ich fühle also mit. Ich kann etwas von seinem Schmerz spüren (das geschieht alles in Bruchteilen von Sekunden). Das ist Mitgefühl, oder nicht? Und Gedanken oder Erklärungen braucht es da auch nicht. Vielleicht haut er mir im Vorbeigehen eine rein (was dann passiert ist ein anderes Thema), oder läuft einfach mürrisch an mir vorbei, aber gedacht habe ich bis zu diesem Zeitpunkt eventuell noch nichts. Das spielt sich alles auf einer tieferen Ebene ab. Das ist eher etwas Intuitives, das aus der Übung entsteht.


    Ich hoffe die Missverständnisse haben sich jetzt verringert und nicht noch vermehrt :D


    Grüßle

  • Hi,

    Holzklotz:

    Die Frage hier war ja aber, wie Mitgefühl entsteht. So wie Du es beschreibst wäre es ja so, dass negative Emotionen verpuffen und man sich dann dem Wohlwollen zuwendet (das ist mir nicht ganz klar, wie man sich einem Wohlwollen zuwenden soll. Das ist doch schon da, wenn die Überlagerung verpufft ist).


    verpuffen würde ich es nicht nennen, eher ein nachlassen. Verpufft sind bei mir jedenfalls die Emotionen nocht nie. Das dauert ein klein wenig länger.


    Holzklotz:

    Ich versuch das auch mal an einem Pöbelbeispiel.


    In der Fußgängerzone kommt mir ein Jugendlicher mit zusammgekniffenen Augen und angespannten Kiefermuskeln entgegen und fixiert mich mit starrem Blick. Da steigt vielleicht Angst in mir auf und mit der verfahre ich bestenfalls so, wie Du es beschrieben hast.


    Gleichzeitig kann ich aber nachvollziehen, was in diesem jungen Mann vor sich gehen muss und wie schmerzhaft es ist, sich mit seinem Hass zu identifizieren und sich von ihm gefangen nehmen zu lassen. Völlig blind gemacht zu werden und sich selbst damit am meisten weh zu tun, egal, wie es dazu gekommen ist. Hass oder Wut werden dann vermutlich überhaupt nicht in mir aufsteigen, weil ich nachempfinden kann, was in diesem Menschen vor sich gehen muss, wie die Welt für ihn aussehen muss, wenn er so durch die Straßen läuft. Ich fühle also mit.


    So wie es da steht, bezweifle ich ganz stark, das Du die Gefühle eines Anderen, der gerade so an Dir vorbeigeht, fühlen kannst. Deine Sinneseindrücke lösen Erinnerungen und Vorstellungen in Dir aus, ja, aber die Gefühle der anderen? Also, Ich kenne das ja. Ich hatte auch mal 'ne Zeit, wo ich dachte, das ich Gedanken lesen und Gefühle anderer spüren könnte. Es stellte sich aber anders heraus. Das ist alles nur in mir. Kann sein das ich und/oder Du zu den besonders Feinsinnigen und Hochsensiblen gehören, aber so wie Du die Situation beschreibst, ensteht da etwas in Deiner Gedankenwelt was Du auf den Sinneseindruck (in dem Fall der junge Mann) projezierst. Nur meine Sicht (-;


    Holzklotz:

    Ich kann etwas von seinem Schmerz spüren (das geschieht alles in Bruchteilen von Sekunden). Das ist Mitgefühl, oder nicht?


    Wie gesagt, ich denke nicht. Der Schmerz ist Deiner. Er hat seinen. Das ist meiner Meinung nach das Bedürfnis nach Erleichterung vom eigenen Leid , wahrgenommen über noch unklare Umwege. Aber, was weiß denn ich.


    Holzklotz:

    Und Gedanken oder Erklärungen braucht es da auch nicht. Vielleicht haut er mir im Vorbeigehen eine rein (was dann passiert ist ein anderes Thema), oder läuft einfach mürrisch an mir vorbei, aber gedacht habe ich bis zu diesem Zeitpunkt eventuell noch nichts. Das spielt sich alles auf einer tieferen Ebene ab. Das ist eher etwas Intuitives, das aus der Übung entsteht.

    Holzklotz:


    Gedanken mussen nicht verbal sein. Gedanken sind auch Bilder und andere non-verbale Vorstellungen.


    Na, ich glaube nicht, das sich die Missverständnisse vergrössern, solange es so schön sachlich bleibt und jeder von sich spricht.


    (: Gruß

  • Hi Mirco,


    vielleicht hast Du recht. Keine Ahnung :)
    Wann kann man schon sicher sein, dass man sich nichts einbildet.
    Das mit dem hochsensibel stimmt auf jeden Fall.
    Und wenn ich nachfrage, dann bestätigt sich meistens auch das, was ich "hinein projeziert" habe.


    Vielen Dank für das interessante Hin und Her!
    Mehr Worte darüber bringen uns jetzt aber glaub ich auch nicht weiter, was meinst Du?


    Liebe Grüße,
    Holzklotz

  • Bekommt keinen Schreck, hier ein paar "Arschgesichter":
    http://www.youtube.com/watch?feature=related&v=kysZxlbBSaM


    "Jeder denkt falsch" - das passte halt grad zum Thema. Sorry. :)
    Es fehlen halt immer viele, viele Informationen für das gesamte Bild. Vielleicht hilft es, wenn man das nicht vergisst.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Umso besser der Spiegel gereinigt ist, umso besser sieht man auch.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Geronimo:

    Umso besser der Spiegel gereinigt ist, umso besser sieht man auch.


    Warum sollte ich den Spiegel besser sehen wenn ich mich doch von der Putzerrei abwenden kann und sofort direkt sehen kann?

  • Holzklotz:

    Hi Mirco, vielleicht hast Du recht. Keine Ahnung :) Wann kann man schon sicher sein, dass man sich nichts einbildet. Das mit dem hochsensibel stimmt auf jeden Fall. Und wenn ich nachfrage, dann bestätigt sich meistens auch das, was ich "hinein projeziert" habe. Vielen Dank für das interessante Hin und Her!
    Mehr Worte darüber bringen uns jetzt aber glaub ich auch nicht weiter, was meinst Du?
    Liebe Grüße, Holzklotz


    Hey,


    ich meine auch, das der Worte genug gefallen sind. Der Rest bleibt der wahr Nehmung überlassen, der er Fahrung.


    Und ich meine, das es mir gut tut, in bestimmten Momenten dem, was da in mir vor sich geht, besonderes Interesse zu schenken und 'bei mir' zu bleiben


    Letztlich besteht alles aus dem, was in meinem Geist vor sich geht. Und je besser ich das verstehe (durch Beobachtung), desto besser verstehe ich die Welt (-;


    Kannst Du Dein hochsensibles Wesen auch im Alltag für Dich nutzen [Beruf(ung)]?


    (-; Gruß

  • Zitat

    Je genauer ich durch Meditation/Achtsamkeit mein eigenes Leiden und seine potentielle Macht kennen lerne


    Hier habe ich zuerst gelesen: "und meine potentielle Macht kennen lerne", was mich noch auf einen Aspekt gebracht hat. Der Bodhisattva-Weg ist ja mit einem Anwachsen der Siddhis verbunden. "Siddhi" heisst ja besondere Kräfte, was letztlich auch Macht bedeutet. Je stabiler das Mitgefühl, umso größer die zur Verfügung stehende Macht, die dann benutzt wird, um immer mehr Wesen helfen zu können. Wenn man es ernst meint mit dem Bodhisattva-Versprechen, dann will man ja vermeiden, dass man mit der eigenen Macht (unbewusst) Schaden zufügt. Diese Verquickung der Siddhis mit dem Mitgefühl ist ein guter Schutz für einen selbst und für andere. Man könnte ja auch direkt auf die Siddhis meditieren, das kann aber durchaus gefährlich sein. Anders herum, wenn man große Macht oder besondere Kräfte hat, ob Macht weltlicher Art oder eine Fähigkeit wie Empathie, Hellsicht usw., dann geht damit eine grosse Verantwortung einher und es kann sehr hilfreich sein, diese Kräfte bewusst in den Dienst des Mitgefühls zu stellen, damit man sie nicht versehentlich missbraucht. Hellsicht klingt erstmal so harmlos, aber Information ist Macht und man kann mit wenigen Worten das ganze Leben eines Menschen in andere Bahnen lenken, vor allem wenn man dessen Triggerpunkte kennt. Man hat mir schon so oft gesagt, es wäre an der Zeit, alle alten Gelübde aufzugeben, wieder zu lösen, um frei zu sein. Das mag für bedingte Gelübde gelten, aber das Bodhisattva-Gelübde erneuere ich immer wieder. Ich empfinde es als große Befreiung, Schutz und Quelle von Kraft und Kräften, die ich auf andere Weise nicht entfesseln wollen würde.

  • Ellviral:
    Geronimo:

    Umso besser der Spiegel gereinigt ist, umso besser sieht man auch.


    Warum sollte ich den Spiegel besser sehen wenn ich mich doch von der Putzerrei abwenden kann und sofort direkt sehen kann?


    Bewusstsein von etwas ist immer Spiegel.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Geronimo:
    Mirco:


    Wo ich jetzt ein wenig in den Wörterbüchern herumstöbere, frage ich mich, wie es überhaupt zu einer solchen Bezeichnung, sei es nun Mitgefühl oder Mitleid, Mitfreude oder und was noch alles verwendet wird, gekommen ist...


    Wie meinst du das? Im Idealfall sind sie ja in der Praxis komplett verbunden, aber das ist ja nicht zwangsläufig so.


    Mit einander verbunden ja.


    Es geht mir gerade nur um die Bezeichnungen.


    Beispielsweise muditā. Soll 'Mitfreude' bedeuten? Was um alles in der Welt haben die anderen mit mudita zu tun? Das kommt wohl aus der gleichen Ecke wie das Bodhisattva-Ideal. Mir dünkt, Buddha Dhamma könnte tatsächlich bereits lange untergegangen sein. Aber, zum Glück habt ihr ja mich ;)


    muditā stammt entweder von


    • Weichherzigkeit, Freundlichkeit, Sympathie, Weichheit, Empfänglichkeit, Formbarkeit oder von


    • zufrieden, strahlend(von glatt), erfüllt.


    Bei Ersterem steht die Sanskrit-Wurzel mṛd/mṛt dafür, die Form von etwas zu verändern, sie zu überwinden (zerbröseln, weich/formbar machen).


    So, wie kommt man nun von da auf Mitfreude? Meine mich zu erinnern, das der Begriff Mitfreude aus der Kommentarliteratur stammt. Die kommentierenden Bhikkhus fanden, der Zustand mudita entspricht am ehesten dem, was auch bei Mitfreude geschieht. Teilweise kann ich das auch unterschreiben. mudita darauf zu reduzieren, ist aber 'ne Sackgasse.


    :) Gruß

  • Mirco:


    Es geht mir gerade nur um die Bezeichnungen.


    Ok, mit geht es jetzt mal nicht eigentlich nur um die Bezeichnung,
    sondern was in der Praxis tatsächlich von muditā zu halten ist.


    Sicher ist Mitfreude nur ein Aspekt von muditā.
    Welche geistige Verfassung damit gemeint ist scheint mir mit
    "Mildheit" vielleicht besser übersetzt. Es ist ein Gönnen, Mitfreude,
    eine Mildgunst, weil man alle Freude in sich hat, ist man frei von Neid.

    Ein verwandter Begriff ist mudu (citta) = milde, sanft; eine der 5
    Weisen des citta, das zur sotāpatti fähig ist.


    Die Gegenbegriffe sind issā und arati


    issā = Neid, envy, und
    arati = Unlust, Unmut, discontent, non-attachment, aversion.


    Ich glaube daraus ist schon zu ersehen worum es geht.

  • Ein paar unkommunikative Gedanken vom 15. April :)


    Was die Geistesgifte, Gier, Hass und Verblendung, angeht, denke ich, dass es natürlich Einsicht braucht in die Destruktivität von Selbstbezogenheit und den Zusammenhang von Gier und Leid, in die Projektion eingefahrener Beziehungsmuster, in den möglichen unsichtbaren Hintergrund von Unsicherheit usw.


    Diese kognitive Einsicht sollte aber, glaube ich, nur einen Teil der Bemühung ausmachen. Denn die Geistesgifte sind sehr stark mit Emotion verknüpft. Emotion ist aber zum Teil in einem viel älteren Gehirnareal verwurzelt, wo sie schon zu Urzeiten für Angriff und Flucht und so zuständig war. Daher gibt es hier nur bedingt die Möglichkeit, durch Einsicht zu formen.


    So, denke ich, sollte Meditation stark um eine emotionale Komponente bemüht sein. Erst wenn selbstlose Liebe, Mitgefühl und Verbundenheit tatsächlich eine intensive gefühlsmäßige Qualität entfalten, die Erfahrung von innerem Glück erzeugen (Mama + ich = ungetrennt :) ), kann diese grundsätzliche Gestimmtheit erreicht und geschult werden.


    Die bloße Einsicht in den leidhaften Charakter der Geistesgifte dürfte also nicht auszureichen, da die grundlegende destruktive Energie nur von einem kognitiven Kanal in den nächsten verschoben wird. Das Leid, das man in sich und für andere schafft, ginge derart beinahe ungebremst weiter, glaube ich.

  • hmm
    ich denke schon seit einigen Tagen über die Geistesgifte nach.
    Auch denke ich schon länger über die Verbindung von Weisheit und Mirgefühl nach.


    Eine Mitgefühlspraxis an sich habe ich nicht. Ich habe früher Tonglen praktiziert. Und wenn ich wirklich der Meinung wäre, nicht genug Mitgefühl zu haben, ist Tonglen eine gute Methode für mich.


    Ist es nicht eigentlich so, dass wenn man sich der Leerheit komplett bewusst macht, Anhaftung vesiegt und man dadurch natürlich auch alle Gefühle der Umwelt annehmen kann(womit die Begierde extrem minimiert wird)`?


    Bis jetzt habe ich zumindest diese Erfahrung gemacht.
    Deshalb denke ich dass durch die Analyse der Phänomene auf Leerheit gleichzeitig Weisheit und spontanes Mitgefühl entsteht.


    Ich werde diese Sichtweise noch eine Weile prüfen. Aber bis jetzt überzeugen mich die Resultate dieser Leerheitsmeditation.


    Liebe Grüße


    Tobias



  • uff – und ich dachte schon, es wäre ganz egal, was ich hier poste, liest eh keiner…
    Danke! :)


    meine Lesart der Lehre des D L , sprich: Mahayana, ist doch so, dass Mitgefühl als grundlegende, vorausgehende Praxis zu verstehen wäre. Speziell fallen mir hier bestimmte Texte ein, auf die Seine Heiligkeit irgendwo ausführlich eingeht ("Die Lampe der Erleuchtung" oder so...), ich glaube, bei der veröffentlichten Lehrrede von Klagenfurt.


    Dennoch magst du sicher recht haben und das Versiegen destruktiver Anhaftungen wird durch die Ansicht/Erfahrung Leerheit gewaltig unterstützt und ich kann mir gut vorstellen, dass solch eine befreiende Einsicht zugleich viel Potential für Mitgefühl freisetzt. Ich möchte also überhaupt nicht widersprechen! Schließlich zählt deine Erfahrung.


    Persönlich meine ich aber, dass Manches auch von anderen Lehren beansprucht wird, wogegen alle die Notwendigkeit der Einsicht in das Mitgefühl betonen. Ein Mensch, der das Wesen und den Gewinn von selbstloser Hilfe und so weiter nicht einsichtig zu verinnerlichen sucht, scheint mir tatsächlich verblendet, weshalb ich dies auch höher bewerte.

  • Tobias:

    Zitat

    Ist es nicht eigentlich so, dass wenn man sich der Leerheit komplett bewusst macht, Anhaftung vesiegt und man dadurch natürlich auch alle Gefühle der Umwelt annehmen kann(womit die Begierde extrem minimiert wird)`?


    Bis jetzt habe ich zumindest diese Erfahrung gemacht.


    Du konntest dir die Lehrheit komplett bewusst machen ?


    Weißt Du, das was die Würdenträger da erzählen, hat immer mit der meditativen Praxis zutun
    und nichts mit einer denkenden Analyse. Man wird natürlich gleichmütiger und mitfühlender und mit der Praxis.
    Und die Angst nimmt signifikant ab.

  • @ Onyx9
    ich habe nicht gesagt, dass es ein denkender Prozess ist.
    Dieser Prozess ist eine Erfahrung.
    ich habe nur den Begriff Analyse benutzt weil mir nichts besseres dazu einfällt.


    In dieser Leerheits-Arbeit unterdrücke ich absolut nichts. Diese Prozess benutzt sowohl Gedanken als auch Gefühle. D.h. ich lasse sowohl Gedanken als auch Gefühle zu die Leerheit muss sowohl fühlend als auch denkend erkannt werden.
    Denn die Leerheit muss meiner Meinung nach immer erkannt werden, egal welche Gefühle und Gedanken da sind.


    Und dass dieser Prozess nicht meditativ ist, dass würde ich auch nicht sagen.
    Sogyal Rinpoche ein Dzogchen-Meister sagte mal, dass es ein Fehler sei, die Meditation zeitlich geschlossenen Prozess zu sehen. Tatsächlich müsse man versuchen, die Praxis mit in den Alltag zu nehmen.


    Das habe ich mir zu Herzen genommen. Jetzt versuche ich meine Meditation sooft es geht anzuwenden.


    Liebe Grüße
    Tobias


  • wieso glaubst du, dass Tobias deine Zitate gelesen hat? ;) die Ansicht ist schlicht richtig... mit weiterem Erklärungsbedarf... aber es ist ganz klar, dass im Buddhismus unterschieden wird zwischen normalen positiven Handlungen, die mit Anhaften einhergehen und transzendenten Handlungen ( Paramitas)- die ohne Anhaften an die Vorstellung eines " Ich" einhergehen. Solange man sein Gegenüber als ein Objekt erlebt und sich selbst als das mitfühlende Subjekt, ist Anhaftung an sich selbst da. Das heißt, man hat nicht nur das Gefühl ein "ich " zu sein. Sondern auch Empfindungen wie " ich bin ein guter Mensch" usw. Beim " Objekt" des Mitgefühl treten daher dann oft Empfindungen des Verletztseins auf. Weshalb es dann auch dazu kommt, dass Leute sich nicht helfen lassen wollen. Weil sie das Gefühl haben, derjenige, der helfen will, erhöht sich selbst damit. Und drückt die zu- helfende person irgendwie subtil runter. Verletzt ihr Selbstwertgefühl.Diese Problematik kann nur dann mit der Wurzel ausgerissen werden, wenn der Glaube an ein" ich" erlischt.


    Ich denke in deinen Posts kommt noch heraus, dass die ganze Sache nicht so einfach ist. Da gebe ich dir Recht. ;) Denn irgendwie sollte man ja schon mit dem Mitgefühl- üben anfangen, auch wenn man noch nicht in der Lage ist, eine echte Leerheitserfahrung zu haben.

  • Turmalin 1 danke,
    danke dass war eine gute Erklärung, du hast eine Brücke zwischen unseren Posts geschlagen.


    Liebe Grüße
    Tobias

  • Zitat

    Karnataka hat geschrieben:
    uff – und ich dachte schon, es wäre ganz egal, was ich hier poste, liest eh keiner…
    Danke! :)


    Dem ist durchaus nicht so. Ich hab nur Hemmungen als very beginner zu solch "praktischen Dingen" im Forum Stellung
    zu nehmen. 1. Mitgefühl nicht Mitleid. 2, Bin in Praxis mit silas genug beschäftigt. 3. In dem Zusammenhang halt ich mich an Ahimsa im Sinne Mahatma Ganghis als das Größte, das Alles andere umfaßt. 4. Hab vor über einem Jahr "Noch eine Runde auf dem Karussel"von Tiziano Terzani (antiqiurisch 1 Euro) gelesen. Er war Jahrzehnte Journalist für den Spiegel in Indien. Als unheilbar Krebskranker hat er alles ausprobiert, von westlicher Medizin bis etliche "Kurse" in Indien. Ist in so einem Kurs Vegetarier geworden und geblieben. (gibst ne schöne Doku mit Bruno Ganz in der Hauptrolle). Er beschreibt, daß ihn dieser Entschluß bzgl. karuna/metta entscheidend beeinflußt hat. Im Sinne "das Tun verändert das Bewußtsein".
    Letzlich ist er in einer Einsiedelei im Himayala gelandet. Dort hatte er ein Problem mit einer Maus, die ihm jede Nacht seine bescheidenen Nahrungsvorräte geklaut hat. Er beschreibt wie ihn sein Vegetarismus bzgl. seiner Einstellung zur Maus (karuna) verändert hat. Das hat mich tief beeindruckt und mich zum Vegetarier werde lassen. Ich wollt das wissen.
    Uns ich habs an mir gemerkt, da dies "mein karuna", neben der Beschäftigung mit Buddhismus, entscheidend gestärkt hat.


    Sarvamangalam
    Sarvamitra

    "Warum muß eine Sache oder ein Gedanke, um richtig zu sein, unbedingt sein?"
    Mircea Eliade

  • Hallo Tonbias,

    tobias:

    In dieser Leerheits-Arbeit unterdrücke ich absolut nichts. Diese Prozess benutzt sowohl Gedanken als auch Gefühle. D.h. ich lasse sowohl Gedanken als auch Gefühle zu die Leerheit muss sowohl fühlend als auch denkend erkannt werden. Denn die Leerheit muss meiner Meinung nach immer erkannt werden, egal welche Gefühle und Gedanken da sind.


    Leerheit wovon?


    :) Gruß