Degenerationen & Stolperfallen - extended version

  • Jede spirituelle Lehre ist anfällig für extreme Auslegungen, Degeneration und Missbrauch.


    Es gehört zum Allzumenschlichen, dass nichts auf Erden - und sei es noch so schön & heilig - vor Missbrauch und Verzerrung gefeit ist. So wie im Kapitalismus schlechthin alles zur Ware wird, so sind die menschlichen Triebmotoren Gier, Hass und Verblendung geeignet, zur Degeneration von Religionen zu führen. Ja, vielleicht kann man sagen, dass Religion an sich (als Institutionalisierung einer spirituellen Lehre) bereits ein Degenerationsphänomen ist. Das Ideal des Mittleren Weges, der die Extreme meidet, ist nur schwer zu realisieren. Das mögliche und reale Scheitern des Buddhismus zeigt sich in vielen Aspekten. In fast allen diesen Punkten zeigt sich ein Scheitern beim Begehen des Mittleren Weges.



    1) Eine lebensfeindliche Lehre
    Grundsätzliche Aversion gegen das Leben. Versuch der Überwindung des Lebens durch Nicht-Mehr-Geboren-Werden. Ideal des Rückzugs von der "Welt" (Eskapismus). Die Lehre vom Bedingten Entstehen wird missverstanden und als Lehre der Lebensüberwindung gedeutet. Diese Ideologie ist in ihrer Lebensverachtung eine verkappte und spirituell veredelte Suizid-Phantasie.


    2) Mangelnde Wertschätzung des Individuums und seiner individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten
    Notwendigkeit zur individuellen Charakterbildung und Entwicklung von individuellen Talenten/Neigungen und damit persönlicher Identität wird übersehen. Die anatta-Lehre kann fehlinterpretiert werden als Ablehnung der Notwendigkeit individueller Persönlichkeitsentwicklung. anatta Lehre schlägt um in die Leugnung des Individuums und des dazugehörigen empirischen Ichs.


    3) Überbetonung der Vergänglichkeit
    Wohl sind alle Phänomene letztlich vergänglich. Dennoch gibt es auch (begrenzte) Dauer & Kontinuität. Dieses Faktum gerät aus dem Blickfeld. Das Phänomen der (begrenzten) Dauer und Kontinuität (als persönlichkeitsstiftende hinreichende Ähnlichkeit) wird unzureichend beschrieben und gewürdigt.


    4) Überbetonung der Leidhaftigkeit des Seins
    dukkha als Daseinsmerkmal beschreibt die Unzulänglichkeit der Phänomene: keines kann dauerhaft befriedigen. Leid entsteht aber erst dort, wo dauerhafte Befriedigung gewollt ist. Die Gleichung "Leben = Leiden" ist falsch. Miesepeterei, morbide Fixierungen, Weltverachtung.


    5) Eine genussfeindliche Lehre
    Sinnliche Freuden werden wegen ihres Anhaftungspotentials grundsätzlich abgelehnt. Ideal des empfindungs- und gefühllosen Menschens. Der gefühllose Mensch immunisiert sich gegen das Leidpotential der Welt. Aus Angst vor Enttäuschung wird die Befriedigung garnicht erst gesucht. Es wird nicht erkannt, wie wichtig die Befriedigung von Bedürfnissen für das Wohlbefinden ist. Bedürfnisse werden einseitig unter dem Gesichtspunkt der Begierde betrachtet. Fixierung auf angeblich unheilsame Begierden.


    6) Eine sexualfeindliche Lehre.
    Ablehnung der Sexualität. Reduktion der Sexualität auf den Aspekt der Begierde. Ablehnung der Fortpflanzung im Zusammenhang mit dem Ideal der langfristigen Lebensverunmöglichung (Punkt 1).
    Problem mit dem Wort "Liebe".


    7) Eine ratiofeindliche Lehre.
    Der Buddhismus hat erkannt, dass die extreme Fixierung auf den rationalen Teil des menschlichen Geistes unheilsam ist und dass es Erfahrungswirklichkeiten gibt, die das Rationale überschreiten. Insbesondere das Erwachen wird als transrationales Ereignis geschildert. In degenerierter Form wird diese Einsicht zu einseitiger Ratiofeindlichkeit und öffnet die Tür für den Aber-Glauben (s.u.)


    8] Glorifizierung des monastischen Weges
    Die Mönchs-Existenz als Non Plus Ultra. Stilisierung der monastischen Lebensweise zum "eigentlichen" und effizientesten Weg. Polemik gegen die "Haushälterexistenz".


    9) Fixierung auf heilige "Original-Schriften".
    Die fundamentalistischen Fraktionen haften an einer Schrift an, die sie für autoritativ und authentisch erklären - den Palikanon. Man kultiviert die Illusion, im Besitz der einzigen authentischen Originalschrift zu sein, die das Wort des "historischen Buddhas" konserviere (Vgl. Glaube und Aberglaube).
    Schrift-Wahrheit steht über Eigenerfahrung. Der PK als Fetisch. Neigung zur wörtlichen Lesart in Verbindung mit mangelndem Talent, spirituelle Texte auch metaphorisch zu lesen. So glauben dann Buddhisten im Wortsinne an Himmel und Hölle und an die Wiedergeburt als Hungergeist oder Tier (Siehe > Glaube und Aberglauben). Zeitgenössische Schriften werden als "Sekundärliteratur" abqualifiziert.


    10) Kontrollsucht
    Das meditierende Ich versucht die Dinge unter Kontrolle zu bringen und sich bsp. gegen Gefühle zu immunisieren. Das meditierende Ich verspricht sich durch Anwendung von Techniken persönlichen Zugewinn. Es will die Dinge in den Griff bekommen. Errichtung einer kontrollierenden Instanz. Gefahr der Ego-Aufblähung.


    11) Spiritueller Materialismus
    Spirituelle Praxis verkommt zur Leistungs-Show. Ich kann dies & das, habe diese oder jene Einweihung, dieses oder jenes Jhana realisiert. So schmückt sich das Ego mit Errungenschaften und kultiviert Dünkel gegenüber den "Leistungsschwächeren".


    12) Schulbildung
    Es kommt zur Bildung von Schulen, die sich voneinander abgrenzen und um Deutungshoheit wetteifern. Kampf um die Rechte Lehre. Anhaften an und Verherrlichung der eigenen Schule.


    13) Geringschätzung von Kunst
    Kunst wird ausschließlich unter dem Aspekt der Sinnesbefriedigung betrachtet. Potential ästhetischer Kommunikation wird nicht gesehen.


    14) Machtmissbrauch
    Religion wird benutzt, um Macht auszuüben. Die herrschende Kaste sichert sich persönliche Vorteile und Privilegien. Machtausübung ermöglicht den jenen spezifischen Lustgewinn, der aus der Unterdrückung anderer Menschen resultiert. Sexueller Missbrauch von Schülern. Anhäufung von Besitz.


    15) Glaube und Aberglaube
    Im Zusammenhang mit der Rationalismus-Kritik kommt es zu einer Überbetonung der Glaubenselemente und zu einer Degeneration im Aberglauben: Amulette, Glücksbringer, Geisterbeschwörung, Zauber-Mantren, Reliquienkult etc. Unkritische Übernahme abergläubischer hinduistischer Glaubensinhalte wie Karma und Wiedergeburt.


    16) Anhaftung an Riten
    Schon der Buddha hat die Gefahr des Anhaftens an Riten erkannt. Auch der Buddhist erkommt dieser Gefahr nicht immer erfolgreich und haftet an: Mantrenrezitationen, Sutrenrezitationen, Meditationskleidung, Zeremonien, etc.


    17) Missbrauch von Lehrelementen zur Immunisierung gegen Kritik
    Buddhisten (und buddhistische Gemeinschaften) haben eine wirkungsvolle Strategie, um Kritik an sich abprallen zu lassen: sie erklären Kritik zum alleinigen Problem des Kritikers: "Alles deine Projektionen". So vermeidet man es geschickt, sich mit dem eigenen Fehlverhalten auseinanderzusetzen

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Noch ein Thread zum selben Thema?


    Wir haben doch mittlerweile alle verstanden, dass der Buddha-Dhamma (noch) nicht Dein Ding ist lieber Onda.
    Die Antworten werden sich nicht ändern, auch wenn Du immer und immer wieder von vorne beginnst.


    Aber, aber, aber ..............


    Man kann nichts erzwingen. Um die 4 edlen Wahrheiten verstehen zu können, muss es halt auch karmisch passen.
    Auch hilft das ewige philosophieren recht wenig, wenn man nicht praktiziert und an den weltlichen Dingen klammert.


    Es ist paradox zu sagen ..... "ich mach die Dinge ohne anzuhaften", es aber auf der anderen Seite zu verteidigen und nicht sein lassen zu können. Lass doch einfach mal ein paar Dinge sein, die Dir lieb und teuer sind (z.B. die Musik) ...... und dann siehe selber.


    Alles andere ist nur Geplapper.


    mit Metta
    Sukha

  • Aber wenn es doch so gerne ein bißchen Wellnessbuddhismus sein soll.
    Und als Christ hättest "Onda" auch gar kein Probleme. Und jetzt kommt
    der Buddha und tut ihm das ganze schöne Leben vermiesen und redet von
    leer hohl und nichtig, leidhaft usw. Kein Wunder wenn man da an einer
    "Lesart" anhaftet bei der es solche "gemeinen Sachen" nicht gibt. Und
    irgendwie kann man das ja auch nachvollziehen.

  • Sukha:


    Wir haben doch mittlerweile alle verstanden, dass der Buddha-Dhamma (noch) nicht Dein Ding ist lieber Onda.


    Gäbe es nur den sukkha- und accinca-Buddhismus so wäre das in der Tat Anlass genug, der Veranstaltung beherzt den Rücken zu kehren.
    Danke, dass ihr - und auch andere in diesem Forum - mir immer wieder die Gelegenheit gebt, die dunklen & degenerierten Seiten des Buddhismus zu studieren.
    Ihr könntet euch über die im Kern pro-buddhistische Auflistung der Stolperfallen freuen - wenn ihr nicht in die meisten schon voll hineingetappt wäret!


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:


    Danke, dass ihr - und auch andere in diesem Forum - mir immer wieder die Gelegenheit gebt, die dunklen & degenerierten Seiten des Buddhismus zu studieren.


    lieber Onda,


    offensichtlich verstehst du nicht das es nicht die anderen sind (zu denen ich aus deiner sicht auch zähle), die dir möglichkeiten bieten, es ist azsschließlich deine sichtweise, dein geist der diese wahrnehmungen bastelt. damit will ich nicht sagen das ich zu allem was unter buddhalehre so läuft, ja und amen sage, sicher nicht, aber mir ist bewust das es mit mir was zutun hat. was ich möglicherweise als stolperfalle für mich deffiniere kann für einen anderen OK sein.

    Zitat

    Ihr könntet euch über die im Kern pro-buddhistische Auflistung der Stolperfallen freuen


    als option schon, aber nicht als postulat.

    Zitat

    - wenn ihr nicht in die meisten schon voll hineingetappt wäret!


    sicher ist ein jeder in irgendeine falle getappt, vieleicht auch mehrere in ähnliche fallen, aber es waren immer die eigenen!!!


    _()_
    .

  • Zorița Câmpeanu:


    offensichtlich verstehst du nicht das es nicht die anderen sind (zu denen ich aus deiner sicht auch zähle), die dir möglichkeiten bieten, es ist ausschließlich deine sichtweise, dein geist der diese wahrnehmungen bastelt.


    Stolperfalle 17. Langweilig.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Danke, Onda!
    Ich finde Du hast die Punkte richtig benannt, die immer wieder zu beobachten sind, an sich und an den anderen.
    Ich sehe das genauso wie Du.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Onda:
    Zorița Câmpeanu:


    offensichtlich verstehst du nicht das es nicht die anderen sind (zu denen ich aus deiner sicht auch zähle), die dir möglichkeiten bieten, es ist ausschließlich deine sichtweise, dein geist der diese wahrnehmungen bastelt.


    Stolperfalle 17. Langweilig.


    Onda


    erst wenns richtig langweilig wird, hören alle die fragen nach Stolperfallen auf :)
    _()_
    .

  • Onda, das ist mir jetzt schon mehrmals unangenehm aufgefallen:


    Wenn Deine Manifeste und Postulate Punkt für Punkt in Frage gestellt werden und Du darauf Antworten bekommst, die Dir nicht so in den Kram passen, dann werden plötzlich Beiträge als OT gelöscht oder gleich ganze Threads geschlossen, nur damit Du Deine Thesen an anderer Stelle wieder unwidersprochen erneut aufsagen kannst.


    Nun werde ich meine Gegendarstellung also überarbeiten und hier wieder einstellen ...


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:


    Wenn Deine Manifeste und Postulate Punkt für Punkt in Frage gestellt werden und Du darauf Antworten bekommst, die Dir nicht so in den Kram passen, dann werden plötzlich Beiträge als OT gelöscht oder gleich ganze Threads geschlossen, nur damit Du Deine Thesen an anderer Stelle wieder unwidersprochen erneut aufsagen kannst.


    Ich habe den alten Thread schließen lassen, weil die Liste mittlerweile erweitert wurde.
    Du kannst deine Liste gerne wieder hier einstellen! (Bitte bedenke: ich schildere Extreme. Im wesentlichen Abweichungen vom Mittleren Weg).
    Ich habe kein Problem mit sachlicher Kritik & begründetem Widerspruch.


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Onda, das klingt so, als wärst du auf das Kalamer-Sutra reingefallen. Du darfst Buddhismus nicht genau untersuchen. Dann bleibt so gut wie nix übrig. (Und das was übrigbleibt - kein Ich und keine Seele, wird dir vermutlich nicht gefallen).


    Buddha hatte einfach ein Problem: Da ist Leiden, und das will ich nicht.
    Wenn es dir aber darum geht, zu leben, und nicht darum, Leid zu vermeiden, dann nützt dir Buddhismus nix.
    Sprich: Wenn sein Problem nicht dein Problem ist, geh deinen eigenen Weg. Es bringt nicht viel, die Probleme von anderen nachzuspielen.


    Aber die meisten wollen ein wenig Führung, ein wenig Halt, ein wenig Trost, eine wenig Ruhe durch Meditation. Das werden sie im Buddhismus (oder was sich so nennt) finden. (Und dann wollen sie noch eine bessere Welt - und erschaffen sich einen engagierten Buddhismus - so ne Mixtur aus Christentum, Konfuzianismus, Marxismus und Buddhismus).

    "Von der Waschschüssel der Geburt

    bis zur Waschschüssel des Bestatters -

    nur Geschwafel"

    Ikkyû Sôjun

  • Zorița Câmpeanu:


    erst wenns richtig langweilig wird, hören alle die fragen nach Stolperfallen auf :)


    Langweilig wird's immer bei Belehrungen & Selbst-Beweihräucherungen.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Wu°:

    Du darfst Buddhismus nicht genau untersuchen. Dann bleibt so gut wie nix übrig.


    Auch eine lustige Aufforderung!


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Onda:

    Langweilig wird's immer bei Belehrungen & Selbst-Beweihräucherungen.


    Onda


    na wie gut das es mich nicht betrifft ....
    .

  • Sukha:


    Es ist paradox zu sagen ..... "ich mach die Dinge ohne anzuhaften", es aber auf der anderen Seite zu verteidigen und nicht sein lassen zu können. Lass doch einfach mal ein paar Dinge sein, die Dir lieb und teuer sind (z.B. die Musik) ...... und dann siehe selber.


    Statt dich hier in übergriffigen Spekulationen & Ermahnungen zu ergehen, bist du herzlich eingeladen, sachlich auf die Punkte einzugehen.
    Bei 17 Punkten ist bestimmt das eine oder andere dabei.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Onda:

    Statt dich hier in übergriffigen Spekulationen & Ermahnungen zu ergehen, bist du herzlich eingeladen, sachlich auf die Punkte einzugehen. Bei 17 Punkten ist bestimmt das eine oder andere dabei.


    Onda, genau das hatte ich zum Thema "Vergänglichkeit" eigentlich versucht, die Argumente ändern sich nicht, nur weil es jetzt einen weiteren Thread zum selben Thema gibt. Bitte erkläre mir doch mal warum Du diesen hier aufgemacht hast.

  • Matthias65:
    Onda:

    Statt dich hier in übergriffigen Spekulationen & Ermahnungen zu ergehen, bist du herzlich eingeladen, sachlich auf die Punkte einzugehen. Bei 17 Punkten ist bestimmt das eine oder andere dabei.


    Onda, genau das hatte ich zum Thema "Vergänglichkeit" eigentlich versucht, die Argumente ändern sich nicht, nur weil es jetzt einen weiteren Thread zum selben Thema gibt. Bitte erkläre mir doch mal warum Du diesen hier aufgemacht hast.


    Ich danke dir nochmal für deine durchwegs sachlichen EInwände zum Thema "Vergänglichkeit" (der einzige Punkt der alten Liste, auf den du eingegangen bist)! Meiner Meinung nach verlierst du (und viele Buddhisten) den Aspekt der Dauer zu sehr aus den Augen. Diesen Thread hier habe ich eröffnet, weil ich die Liste erheblich erweitert habe.


    Onda

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  • Onda:

    Ich danke dir nochmal für deine durchwegs sachlichen EInwände zum Thema "Vergänglichkeit" (der einzige Punkt der alten Liste, auf den du eingegangen bist)! Meiner Meinung nach verlierst du (und viele Buddhisten) den Aspekt der Dauer zu sehr aus den Augen


    Ich habe bewußt nur diesen zentralen Punkt ausgewählt, alle anderen Punkte sind m.E. unwesentlich. Aber: Eigentlich wäre es sinnvoll zu jedem Deiner Einwände einen eigenen Thread zu eröffnen, damit dann sachlich auf speziell diesen Punkt eingegangen wird. Das Thema Leerheit ist nun mal innerhalb einer jeden buddhistischen Richtung das wesentliche Merkmal, was die "Weisheit" des Buddhismus von anderen Philosophien/ Religionen unterscheidet. Daher ist es nur logisch, dass eigentlich alle Buddhisten den Aspekt der Dauer vernachlässigen müssen, um über den Vergänglichkeitsgedanken Weisheit/Leerheit zu "realisieren".

  • Matthias65:

    Daher ist es nur logisch, dass eigentlich alle Buddhisten den Aspekt der Dauer vernachlässigen müssen, um über den Vergänglichkeitsgedanken Weisheit/Leerheit zu "realisieren".


    Wenn Buddhisten den Aspekt der Dauer völlig vernachlässigen, dann verfallen sie in ein Extrem. Meistens - außerhalb des buddha-dharma - wird der Aspekt der Dauer überbetont. Den Aspekt der Dauer außer acht zu lassen, verkürzt die Welt aber um ein wichtiges Element. Der Buddhist, der den Aspekt der Dauer gänzlich ignoriert lässt, muss sich Einseitigkeit vorwerfen lassen.


    Onda

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  • Onda:

    Der Buddhist, der den Aspekt der Dauer gänzlich ignoriert lässt, muss sich Einseitigkeit vorwerfen lassen.


    Wenn Du mir auch nur ein Phänomen zeigst, das von Dauer ist, dann mag der Vorwurf richtig sein.


    In meinem letzten Beitrag beim alten Thread hatte ich ja bereits angefangen zu unterscheiden zwischen relativer und absoluter Ebene.


    Um das Phänomen Leerheit und Vergänglichkeit sowie relative und absolute Ebene gänzlich zu verstehen und zu verinnerlichen, ist vielleicht das Forum nicht der richtige Ort.


    Nagarjuna schreibt zur Leerheit: "Da es keine Phänomene gibt, die nicht in wechselseitiger Abhängigkeit entstanden sind, gibt es keine Phänomene, die nicht leer von inhärenter Existenz sind".


    Der Dalai Lama schreibt: "Wir alle befinden uns in der trügerischen Illusion der Unvergänglichkeit. Und so denken wir, dass uns immer eine Menge Zeit bleibt. Diese fälschliche Annahme setzt uns der großen Gefahr aus, unser Leben durch Hinausschieben zu vergeuden. Das ist dann eine besonders große Vergeudung, wenn unser Leben mit den Freiheiten und Möglichkeiten für heilsame Handlungen gesegnet ist. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken ist es wichtig, über die Vergänglichkeit nachzudenken - zuerst über die Tatsache, dass der Tod jeden Augenblick eintreten kann und dann über die äußerst vergängliche Beschaffenheit des Lebens".


    Weiter:


    "Die Tatsache, dass sich die Dinge von Moment zu Moment verändern öffnet die Möglichkeit für positive Veränderungen.Wenn Situationen unveränderlich wären dann würden sie für immer den Aspekt des Leidens behalten. Wenn Sie einmal erkannt haben, dass die Dinge sich ständig verändern, dann können Sie in schwierigen Zeiten Trost in der Tatsache finden, dass die Situation nicht ewig fortdauern wird".


    Zitiert aus: "Das Leben tiefer verstehen".


    Vergänglichkeit und Leerheit begreifen bedeutet viel mehr als sich mit subtilen Veränderungen auseinanderzusetzen. Daher mag derjeniege einseitig, sein, der meint, dass er davon ausgehen könne, dass er am nächsten Tag noch leben würde.

  • Onda:
    Zorița Câmpeanu:


    erst wenns richtig langweilig wird, hören alle die fragen nach Stolperfallen auf :)


    Langweilig wird's immer bei Belehrungen & Selbst-Beweihräucherungen.


    Onda


    Na wie gut das dir sowas nicht passiert... ;)

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Matthias65:
    Onda:

    Der Buddhist, der den Aspekt der Dauer gänzlich ignoriert lässt, muss sich Einseitigkeit vorwerfen lassen.


    Wenn Du mir auch nur ein Phänomen zeigst, das von Dauer ist, dann mag der Vorwurf richtig sein.


    Phänome entstehen & vergehen. Keines hat eine ewige Dauer. Nur eine begrenzte. Vom Leben einer Eintagesfliege bis zur Existenz der Alpen.
    Wenn alles gut geht, kannst du ca. 77 Jahre alt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt dauert dein Leben. Was nicht bedeutet, dass du dich bis dahin nicht veränderst.
    In der relativen Wirklichkeit, in der wir uns bewegen, ist Dauer eine nicht zu vernachlässigende Größe. Es mag sich alles immer ändern, wir nehmen Dauer wahr. Anders könnten wir uns nicht orientieren.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:
    Welche dieser Punkte, dieser "Stolperfallen" konntest du denn an dir und deiner Entwicklung beobachten, um sie als diese zu erkennen?

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Natürlich gibt es so was, das gemäß unserem Lebens- und Erlebnistempo als "Dauer" erscheint.
    Die Fähigkeit Dauer zu erleben ist eine wichtige Eigenschaft, ohne die ein Überleben nicht möglich wäre. Wir könnten auch keine Erfahrungen sammeln, selbst Meditationserfahrungen wären für die Katz, hätten wir nicht ein Gedächtnis, das uns Dauer vermittelt. Wir müssten sekündlich alles neu erleben, erfassen, begreifen. Im Dschungel wäre das fatal. Selbst das Telefonieren wäre eine Katastrophe, denn wir hätten kein Gedächtnis, das uns sagt, wie es geht. Lesen – müsste täglich neu erlernt werden. Usw.


    Bei all den Dingen, die uns der Dharma lehrt und die unser Weltbild umstösst, geht es nicht darum, unser menschliches Erleben zu vernichten (was nicht möglich ist und nur zu Monströsitäten führt). Es geht doch darum, dass wir uns eine gewisse Offenheit antrainieren, die es möglich macht mehr Flexibilität in unser Denken und Handeln zu bekommen. Nichts wird abgeschafft, nichts beseitigt, es wird lediglich der Tunnelblick geöffnet, der Spalt zwischen Emotion und Handlung so breit erkennbar gemacht, dass wir darin alternativ zu unseren Gewohnheiten handeln können. Und so ist es auch mit der Dauer. Es gibt sie im Erleben des Menschen. Der Trost besteht aber auch darin, dass sie nicht ewig dauert. Das gibt uns eine Chance mit den Wechselfällen des Lebens flexibler umgehen zu können. Dauer und Vergänglichkeit bestehen beide im Erleben. Ob es so was im Absoluten gibt, spielt für uns Menschen keine Rolle. Wir erleben Dauer und wir erleben Vergänglichkeit. Wir können beides als wohltuend und beruhigend erleben, ebenso wie beängstigend. Betrachten wir beides unvoreingenommen, dann gibt es kein Probleme. Z.B. kann Krankheit wegen seiner Dauer (aha! Sie dauert nämlich eine gewisse Zeit, währenddessen uns Sekunden wie Stunden vorkommen.) als leidvoll betrachtet werden. Wir können uns jedoch mit dem Blick auf die Vergänglichkeit der Krankheit und des Lebens auch getröstet fühlen. Es ist der Blick, der Dauer und Vergänglichkeit leidvoll macht, nicht deren Eigenschaften.


    Was uns als Menschen anbelangt:
    Auch da ist eine gewisse Kontinuität unentbehrlich. Wie könnten wir einander vertrauen, wenn wir nicht wüssten, dass uns XY noch nie enttäuscht hat? Wie könnten wir einander beschenken, wenn wir nicht wüssten, dass ABC gerne Bücher liest? Er hat es vor einem Jahr getan, und heute tut er es auch. Wie könnten wir wissen, dass unser Baby immer schreit, wenn es Bauchweh hat? Das ist Dauer. Genetische Information sind Dauer, Instinkte sind Dauer, Gelerntes ist Dauer. Ein Problem entsteht doch nur dann, wenn kein Platz für andere Erfahrungen mehr ist, wenn wir uns verschließen.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.