Ohne Einübung der Sila gibt es keine buddhistische Praxis

  • Oder ist das nur Produkt einer moralinsauren Grießgrämigkeit?


    Das steht im Palikanon dazu: ->Klick


    Zitat

    Zuerst gibt da ein edler Schüler das Töten lebender Geschöpfe auf und tötet nicht mehr. Indem er das tut, gibt er unzähligen Lebewesen die Gabe der Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen. Und auch er selbst genießt grenzenlose Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen. Das ist die erste Gabe, die ein großes Opfer ist, ursprünglich, lange bestehend, herkömmlich und alt. Sie ist unbefleckt, wie sie von Anfang an war, sie wird jetzt und in Zukunft nicht befleckt werden. Sie wird von vernünftigen Asketen und Brahmanen nicht verachtet. Das ist die vierte Art von überfließendem Verdienst …

    Dann gibt da eine ein edler Schüler das Stehlen auf und stiehlt nicht mehr. … Das ist die fünfte Art von überfließendem Verdienst …

    Dann gibt da ein edler Schüler das Begehen sexueller Verfehlungen auf und begeht keine sexuellen Verfehlungen mehr. … Das ist die sechste Art von überfließendem Verdienst …

    Dann gibt da ein edler Schüler das Lügen auf und lügt nicht mehr. … Das ist die siebte Art von überfließendem Verdienst …

    Dann gibt da ein edler Schüler das Trinken von Alkohol auf, der nachlässig macht, und trinkt keinen Alkohol mehr. Indem er das tut, gibt er unzähligen Lebewesen die Gabe der Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen. Und auch er selbst genießt grenzenlose Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen. Das ist die fünfte Gabe, die ein großes Opfer ist, ursprünglich, lange bestehend, herkömmlich und alt. Sie ist unbefleckt, wie sie von Anfang an war, sie wird jetzt und in Zukunft nicht befleckt werden. Sie wird von vernünftigen Asketen und Brahmanen nicht verachtet. Das ist die achte Art von überfließendem Verdienst …


    Ich denke, auch ein Fortschritt in der buddhistischen Praxis bleibt ohne Sila aus.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Bitte nicht vergessen. Bud. Ethik ist ein Übungsweg. Kein „Du musst!“, „Du sollst!“, „Du darfst nicht!“, sondern „Mögest du…“

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Bitte nicht vergessen. Bud. Ethik ist ein Übungsweg. Kein „Du musst!“, „Du sollst!“, „Du darfst nicht!“, sondern „Mögest du…“

    Mögen, sollen, dürfen... Wie steht es mit Ursache – Wirkung? Wenn keine Sila, dann kein Fortschritt in buddhistischer Praxis – wertfrei, so wie: kein Licht – kein Pflanzenwachstum.


    Wenn diese Grundlage im Grunde zu vernachlässigen, nicht verbindlich ist, warum spielt sie im Buddhismus so eine große Rolle?

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    Einmal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • Bitte nicht vergessen. Bud. Ethik ist ein Übungsweg. Kein „Du musst!“, „Du sollst!“, „Du darfst nicht!“, sondern „Mögest du…“

    Mögen, sollen, dürfen... Wie steht es mit Ursache – Wirkung? Wenn keine Sila, dann kein Fortschritt in buddhistische Praxis – wertfrei, so wie: kein Licht – kein Pflanzenwachstum.


    Wenn diese Grundlage im Grunde zu vernachlässigen, nicht verbindlich ist, warum spielt sie im Buddhismus so eine große Rolle?

    Menschen neigen einerseits zur Nachlässigkeit, Bequemlichkeit und Vergesslichkeit, andererseits vertragen viele "Druck" (müssen, sollen,...) eher schlecht - weder von außen oktroyierten, noch selbst auferlegten.


    Von daher macht es Sinn, die Sila nicht als unbedingtes "Muss" zu formulieren, sondern sie - etwas sanfter - (sozusagen mit "mitfühlendem Verständnis") dem Übenden "nahezulegen".


    Die Praxis der Sila ist nicht nur heilsam für alle Wesen, sondern auch beglückend und ist ein elementarer Bestandteil des achtfachen Pfades, geradezu seine Basis.


    Zitat:

    "...Indem er das tut, gibt er unzähligen Lebewesen die Gabe der Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen. Und auch er selbst genießt grenzenlose Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen."


    Freiheit von Furcht, Feindschaft und bösem Willen führt zu Frieden.


    Ich denke, auch ein Fortschritt in der buddhistischen Praxis bleibt ohne Sila aus.

    Das denke ich auch.



    Liebe Grüße _()_ :heart:

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

  • Die Lehrrede AN 8.39 nennt zunächst die Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha. Das ist die Bedingung für das weitere.

    Zitat

    „Mönche und Nonnen, es gibt acht Arten von überfließendem Verdienst, von überfließendem Gutem. Sie nähren das Glück und führen in den Himmel, sie reifen zu Glück heran und bereiten den Weg zum Himmel. Sie führen zu dem, was erwünscht, willkommen und angenehm ist, zu Nutzen und Glück. Welche acht?

    Zuerst hat da ein edler Schüler Zuflucht zum Buddha genommen. Das ist die erste Art von überfließendem Verdienst …

    Dann hat da ein edler Schüler Zuflucht zur Lehre genommen. Das ist die zweite Art von überfließendem Verdienst …

    Dann hat da ein edler Schüler Zuflucht zum Saṅgha genommen. Das ist die dritte Art von überfließendem Verdienst …


    Die Sila werden also nicht isoliert geübt, sondern mit Unterstützung des Sangha, Dharma und Buddha. Die buddhistische Praxis ist im übrigen der gesamte achtfache Pfad und die Frage des Fortschritts oder Erfolges bzw. "was das ganze so bringen soll" - ist unangemessen, denn Fortschritt bezieht sich auf eine Relation - auf das, was war oder auf das was noch sein soll - . Auch wenn einer denkt, es zeige sich eine Verbesserung, so kann das schon im nächsten Moment alles wieder futsch sein, wegen des Dünkel z.B.

    :zen:



  • Mir ist aufgefallen, dass wir hier im Forum oft über vergleichsweise theoretische Dinge schreiben. Gibt es ein Ich, gibt es die Wiedergeburt, wer ist erleuchtet und was bedeutet das? Fraglos interessant. Dabei sind nach meinem Eindruck die Skeptiker in der Überzahl... zumindest, was die angeht, die sich häufig äußern. Das ging in der letzten Zeit so weit, dass ich mich fragte, ob es eigentlich noch viele praktizierende Buddhisten hier gibt.


    Buddhismus ist eine unglaublich lebendige (nicht nur lebensnahe) praktische, an den Alltag gebundene Lehre. Da geht es um mein Verhältnis und mein Verhalten bezüglich der lebendigen Welt um mich herum. All die Theorien der verschiedenen buddhistischen Schulen, was denn die Welt oder der Geist sei, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ich denke, das liegt daran, dass sie mein Leben nicht wirklich verändern können.


    Buddhismus ist auch nichts, das nur diffuse Tipps gibt, um mich fitter, erfolgreicher, konzentrierter zu machen. Ich denke, der Buddhismus ist in seiner Basis sehr rigoros, seine Forderungen an Selbst- und Welterkenntnis, vor allem aber an konsequentes Handeln, das sich daraus ergibt, sind keine Verhandlungsmasse auf Lustbasis.


    Die Sila habe ich lange unterschätzt, weil ich dachte, dass Meditation und Erkenntnis die eigentlichen Schlüssel zur Lehre des Buddha seien. Warum soll ich mich da mit den Grundlagen abgeben, die noch dazu so realitätsfern, lust- und lebensfeindlich erscheinen?


    Nicht lügen? Come on... im Alltag nicht umsetzbar. Nicht nehmen, was nicht freiwillig gegeben wird? Wie soll ich da noch konsumieren? Sexuelles Fehlverhalten? Was soll das denn sein? Gehören Pornos im Netz auch dazu? Nicht Töten... und die Mücken, die mich zur Weißglut bringen? Irgendwann muss auch mal Schluss sein.


    In der Praxis gibt es aber tatsächlich nichts, was mein Leben mehr verändern würde. Nicht, dass ich es schaffen würde, die Regeln konsequent einzuhalten. Aber schon die geringen Fortschritte erzeugen ein enormes Potenzial an Veränderungen zum Positiven hin – mehr als jedes Buch über buddhistische Philosophie oder jeder 10-Tages-Retreat.


    Nicht Lügen... das habe ich völlig unterschätzt. Es ist eine Übung, die viel Mut und Mühe erfordert. Sie macht das Leben nicht gerade leichter... vor allen auch das Lügen vor sich selbst oder die Notlüge, die Massen von kleinen Lügen, die man tagtäglich nutzt, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Wenn ich weniger lüge, bin ich zu viel konsequenterem und durchdachterem Handeln gezwungen. Menschen beginnen mir auf neue Weise zu vertrauen. Ich bekomme mehr Verantwortung.


    Nicht töten. Das hat auch viel damit zu tun, die eigene Wut und Aggression oder die eigene Ignoranz und Gleichgültigkeit zu sehen. Warum eine Mücke erschlagen? Klar, jetzt kommen die Argumente mit übertragbaren Krankheiten etc.. Es gibt auch andere Wege. Mich stecken kaum noch Mücken, seit ich sie nicht mehr erschlage. Ich habe andere Wege gefunden und die Tiere lassen mich in Ruhe. Nicht mehr zu töten heißt für mich vor allem, andere Wege zu finden, mit meiner Wut und der Natur, mit den Mitlebewesen umzugehen. Das ist mir als Mensch vorbehalten... Tiere haben diese Wahlmöglichkeit gar nicht. Apropos Wahlmöglichkeit: Ich empfinde es heute häufiger als Akt der Freiheit, mir selbst Regeln geben zu können. Das war früher sehr anders, weil ich jede Regel als Zumutung empfunden habe.


    Sexuelles Fehlverhalten. Wie viel von meinem Denken und Handeln macht einen anderen Menschen zum Objekt für meine Begierden? Ich habe mir früher nicht sonderlich viele Gedanken darüber gemacht. Auch ich werde ja zum Objekt für andere. Aber auch hier: Ich habe eigentlich die Wahl, es anders zu machen. Sexuelles Fehlverhalten beginnt für mich da, wo ich aufhöre, den Menschen im Gegenüber zu sehen, hat also nichts mit irgendwelchen Sexualpraktiken zu tun. Da ist sicherlich gut und richtig, was allen Beteiligten guttut, ohne in Abhängigkeit oder Ausbeutung zu geraten. Die Gleichberechtigung ist eine Konsequenz aus dem Abstehen von sexuellem Fehlverhalten.


    Verzicht auf Drogen und Alkohol. Das war für mich anfangs fast undenkbar. Die Spaßbremse auf jeder Party, puritanische Genussfeindlichkeit. Wie soll ich ohne ein gutes Glas Rotwein, ohne das Bier am Lagerfeuer je ein gutes Leben führen. Und immer nüchtern? Tagein, tagaus, Woche für Woche, Monat für Monat? Grauenvolle Vorstellung und nicht auszuhalten. Und auch dieser Schritt verändert das Leben in für mich vorher kaum erwartbaren Maße. Und jetzt, nach fast 15 Jahren vermisse ich Alkohol und Drogen nicht mehr. Meine Bekannten kennen diese Schrulle mittlerweile, und ich muss mich nicht mehr dauernd rechtfertigen.


    Aber das Leben ist nicht nur besser, es ist auch in manchen Facetten etwas strenger, vielleicht auch eintöniger geworden. Sex, Drugs und Rock'n'Roll habe schon eine betörende Leichtigkeit. Ein Ich, das sich gedankenlos über alle Grenzen hinweg ausbreitet, bedingt zugleich auch eine vielleicht besonders der Jugend eigene, berauschende Lebendigkeit, die Teil des Lebens sein muss, damit man zumindest weiß, was man hinter sich lassen möchte und warum. Ein Buddha wäre vielleicht auch kein Buddha geworden ohne vorher sich an Weib, Wein und Gesang völlig gesättigt zu haben. ;)

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    5 Mal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • ist unangemessen, denn Fortschritt bezieht sich auf eine Relation - auf das, was war oder auf das was noch sein soll - . Auch wenn einer denkt, es zeige sich eine Verbesserung, so kann das schon im nächsten Moment alles wieder futsch sein, wegen des Dünkel z.B.

    Ich bezweifle das. Natürlich geht es im Buddhismus auch darum, Fortschritte zu machen, was bedeutet, unabhängiger von Gier und Hass zu werden. Wenn ich nirgendwo hin möchte, werde ich auch nirgendwohin kommen. Dieses Zen-Denken, dass alleine schon der Wunsch nach Fortschritt den Fortschritt verunmöglicht, halte ich für nicht zutreffend. Natürlich möchte ich, dass ich mich verändere, das sich mein Leben verändert, wenn ich den buddhistischen Weg einschlage. Ich habe die Erfahrung von Leiden in verschiedenster Art gemacht, und suche nach einem Ausweg daraus. Alles an der Lehre des Buddha weist in diese Richtung: Veränderung von Sichtweisen, Lebensweisen, Gewohnheiten zum Heilsamen hin.


    Als ich gerade im Netz nach den beiden Begriffen Fortschritt und buddhistische Praxis suchte, fand ich diesen Artikel, dessen Inhalt ich hilfreich für die Praxis finde. -> Klick

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    4 Mal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • Aber bevor wir hier darüber diskutieren, ob es angemessen ist, im Buddhismus von Fortschritt zu sprechen oder nicht: Ich würde gerne wissen, welche Erfahrungen ihr mit den Sila gemacht habt. Ob ihr sie ablehnt, wichtig findet, einhaltet, welchen Stellenwert sie für euch haben, ob und wie sie euch verändert haben.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Ich habe die Pancasila durchaus ernst und würde sagen sie sind der Kern meiner buddhistischen Praxis. Meditation ist sehr in den Hintergrund getreten.


    TNH hat die pancasila um- und ausformuliert als die 5 mindfulness Trainings. Also grob gesagt statt „Ich nehme mich der Übungsregel des Abstehens Leben zu nehmen an.“ eher das positiv formulierte „Ehrfurcht vor dem Leben üben“.


    Man kann das auf https://plumvillage.org/de/die-funf-achtsamkeitsubungen nachlesen. Im Detail folge ich nicht jedem Punkt aber ich finde mit diesem Ansatz kann man die 5 Silas als sehr alltagstaugliche Leitgedanken formulieren.

  • Wenn diese Grundlage im Grunde zu vernachlässigen, nicht verbindlich ist, warum spielt sie im Buddhismus so eine große Rolle?

    Wenn menschliche Ethik als das innere Ergebnis der Einsicht, des klaren Blicks, zustande kommt, dann entsteht sie wie von selbst – also spontan und unwillkürlich. Andernfalls, im Umkehrschluss, würde es nicht funktionieren. Wie die Geschichte zeigt, hat kein "Sollen" jemals echten inneren Frieden gebracht, eher das Gegenteil. Wie St. Batchelor treffend bemerkt, schirmt uns die Religion vor der unausweichlichen Wahrheit ab, wie dem Alter, Krankheit und dem Tod.

    Echte Ethik kann durchaus ohne Märchen (also Religionen) auskommen, wenn man das tiefste Mysterium des Lebens anerkennt. Alle Lebewesen sind vergänglich und sterblich – ich sehe es, und dann fühle ich mich (mit ihnen) verbunden. Das ist meine innere Verbundenheit, mit Verpflichtung hat es nichts zu tun. So sehe ich es.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Die Sila haben für mich sehr großen Stellenwert und dennoch fiel/fällt es mir ausgerechnet beim ersten (und wohl wichtigsten) Sila schwer, es konsequent einzuhalten.


    Stichwort "Spinnenphobie" und "Ungeziefer" beim Hund.


    Früher habe ich jede Spinne in der Wohnung panisch "plattgemacht" (wenn ich alleine war) oder Andere dazu veranlasst, sie zu töten. Heute lasse ich meinen Mann die Spinnen lebendig nach draußen bringen, ich könnte denen nichts mehr tun (lassen), weil ich so stark fühle, dass sie leben wollen und "meine" Angst/"mein" Ekel mein Problem ist.

    Bei Zecken und Flöhen, die unsere Hunde gelegentlich plagten, ging es um Güterabwägung und da kam ich zu der Entscheidung, dass das Wohlbefinden und die Gesundheit des Hundes Vorrang haben, vor dem Lebensinteresse der Parasiten....


    Eine vollgesogene Zecke einfach freizulassen, würde bedeuten, dass sie sich weiter fortpflanzen und ihre Brut erneut Tiere oder Menschen plagen und ev. krank machen wird (einer meiner Hunde erkrankte schlimm an Borreliose).

    Da siegte der "gesunde Menschenverstand"/die Vernunft über den Wunsch nach Einhaltung der Sila, aber ich muss zugeben, dass ich mich immer elend beim Töten fühlte...


    Dann wäre da noch die Euthanasie geliebter Haustiere, wenn sie unheilbar erkrankt sind und schwer leiden.... Es gibt Dharmalehrer, die das Einschläfern als "Einmischung in das Karma der Tiere" (und als "Schlechtes Karma-Machen" des Tierhalters) ablehnen (: und damit womöglich großes Leid verursachen.

    Bzgl. des tierischen Karmas denke ich, dass es das Karma dieses Tieres war, bei mir zu leben und eben "erlöst" zu werden, wenn es unerträglich wird - andernfalls wäre es woanders gelandet...

    Und sollte ich selbst dadurch schlechtes Karma verursacht haben - sei's drum.... :shrug:


    Die Konsequenz aus diesen Dilemmata habe ich allerdings durch den Verzicht auf die Haltung weiterer Haustiere gezogen.


    Die Einhaltung der übrigen Sila fällt mir leicht, bis auf das unnötige Schwätzen natürlich... :grinsen:



    Liebe Grüße _()_ :heart:

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

  • Wenn menschliche Ethik als das innere Ergebnis der Einsicht, des klaren Blicks, zustande kommt, dann entsteht sie wie von selbst – also spontan und unwillkürlich

    Ja, das glaube ich auch, aber es kann ja dauern, bis der Klarblick, die Einsicht, sich einstellen und in der Zwischenzeit könnte man sich doch schon mal praktisch darin üben, von gewissen Dingen abzustehen....

    Wie die Geschichte zeigt, hat kein "Sollen" jemals echten inneren Frieden gebracht, eher das Gegenteil.

    Das kann man nicht wissen - vielleicht hätte es sonst noch mehr kriegerische Auseinandersetzungen gegeben?!

    Sich üben hilft, Verhalten zu ändern - die positiven Auswirkungen betreffen einen selbst und das Umfeld.

    Alle Lebewesen sind vergänglich und sterblich – ich sehe es, und dann fühle ich mich (mit ihnen) verbunden. Das ist meine innere Verbundenheit, mit Verpflichtung hat es nichts zu tun. So sehe ich es.

    Schön, wenn du diese Verbundenheit sehen und spüren kannst und aus diesem Mitgefühl heraus, keinem Wesen Schaden zufügen möchtest.

    Die Sila können aber zur Orientierung und als Richtschnur für jene dienen, die noch nicht diese Verbundenheit fühlen.


    Liebe Grüße :) _()_ :heart:

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

  • Bitte nicht vergessen. Bud. Ethik ist ein Übungsweg. Kein „Du musst!“, „Du sollst!“, „Du darfst nicht!“, sondern „Mögest du…“

    Mögen, sollen, dürfen... Wie steht es mit Ursache – Wirkung? Wenn keine Sila, dann kein Fortschritt in buddhistischer Praxis – wertfrei, so wie: kein Licht – kein Pflanzenwachstum.


    Wenn diese Grundlage im Grunde zu vernachlässigen, nicht verbindlich ist, warum spielt sie im Buddhismus so eine große Rolle?


    Ich verstehe leider nicht, was du sagen willst. Kannst du das nochmal mit anderen Worten schreiben?

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Heute lasse ich meinen Mann die Spinnen lebendig nach draußen bringen, ich könnte denen nichts mehr tun (lassen), weil ich so stark fühle, dass sie leben wollen und "meine" Angst/"mein" Ekel mein Problem ist.

    Spinnen sollte man nicht nach draußen bringen, da sie dann dort nicht überleben. Man hat dabei aber immerhin ein gutes Gefühl.


    Hausspinnen aussetzen? Sie kommen sowieso zurück
    Der Naturschutzbund empfiehlt, Hausspinnen nicht nach draußen zu bringen – sie kommen sowieso zurück. Und in der kalten Jahreszeit sind manche Spinnen…
    www.badische-zeitung.de

    :zen:



  • Um die Silas freiwillig und ernsthaft im Alltag zu leben und Reaktionen darauf so zu erfahren das Reaktionen ausbleiben gehört kein ‚ mögen‘, sondern ein Erkennen an Notwendigkeit.


    Bsp.Im Vorruhestand erlebt sich die Arbeitswelt leichter.So ist mit Absicherung eine gewisse Auswahl gegeben.Das einhalten der Silas führte zu einer Kündigung, übergeordnet.

    ( Nicht gegebenes nicht nehmen=Stehlen)


    Das einhalten vertraglicher Vereinbarungen sahen nicht alle Kollegen so genau.Und so kam es zum Eklat und wir trennten uns besser.


    So sollte ein Jeder ganz genau wissen was er/ sie ‚ freiwillig‘ einhalten und er-leben möchte.So wäre es für Andere evtl. kein ethisch oder moralisches Problem gewesen im Bsp. ‚ weg zu schauen‘ und den Job weiter blind zu machen, Vereinbarungen zu ignorieren…undundund.


    Doch ist es dann die Erfahrung im Leben, des Erlebens von ähnlichen Situationen in Vergangenheit, die Buddhistische Quelle der Übung im Alltag, welche Charm, Respekt und Reue rechtzeitig offenbart und für die ethisch richtige Richtung sorgt.


    Ein negatives Erlebnis kann im langfristigen durchaus zu einem positivem Heilsamen Ergebnis führen.

    Es zeigt sich nur nicht immer und jedem sofort.


    Dafür ist die Einhaltung der Silas in jeder Situation Voraussetzung für eine reinere Quelle gewesen.


    A.4.52

    »Wer zum Erwachten hegt Vertrauen,das ohne Schwanken, tief verwurzelt;wem edle Tugend, edle Sitte eigen,wie sie den Heiligen lieb und wert; wer froh der Jüngerschaft vertraut und klare, rechte Einsicht hat -ein solcher, wahrlich, ist nicht arm und hat sein Leben nicht umsonst gelebt. Wer weise, möge drum sich weihender Sittlichkeit und dem Vertrauen,der Zuversicht, sowie dem Lehrverständnis:


    des Buddha Weisung also eingedenk.«


    In Metta🙏

    Einmal editiert, zuletzt von Numisatojama ()

  • Hendrik

    Müssen, sollen implizieren ein moralisches Werturteil. "Wenn du die Sila nicht einhältst, dann bist du ein schlechter Mensch und hast als Strafe eine schlechte Wiedergeburt zu erwarten."


    Hingegen ist die Feststellung einer Ursache-Wirkung-Beziehung frei von den Kategorien Schuld und Strafe. Ursache und Wirkung beziehen sich einfach auf das Ergebnis, das ich zu erwarten habe, wenn ich mich auf eine bestimmte Weise verhalte. Beispiel: Wenn ich auf vergängliche Phänomene mein Glück baue, dann ist Leiden vorprogrammiert. Oder: Wenn ich ständig lüge, werde ich immer größere Probleme mit meiner Umwelt bekommen. Menschen werden mir nicht mehr vertrauen und meine Gesellschaft meiden.


    Das sind keine moralischen Beziehungen zwischen Tat und Ergebnis, sondern kausale.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Wenn ein Nazi zu mir kommt und fragt, ist das ein Jude? Soll ich dann die Wahrheit sagen? Eins der vielfachen Beispiele, dass sich das "moralisch richtige" nicht in irgendwelchen Geboten einfangen lässt. Du sagst nicht töten ist richtig, aber wenn du dadurch dann selbst verhungerst, wo ist das der Unterschied, welcher Tot ist mehr "Wert". Die Silas werden von vielen Meistern, zumindest im Zen als eine Erleichterung der Praxis für Anfänger gesehen, und zumindest in Klöstern, dienen sie auch dazu, dass die Hütte nicht abbrennt und sich alle halbwegs benehmen. Im Optimalfall sind die Leute nach ein paar Jahren wieder aus dem Kloster raus. Selbst die Gebote einhalten ist ja schön und gut, aber wieso andere davon überzeugen wollen, klingt mir sehr nach:


    "Bankei: "Praying for world piece and your own egoistic wishes will just lead to more egoism and arrogance. I too am now tired of praying for my soul's salvation, just wandering around calmly, letting my breath come and go."

    "Good, you say, means doing good, but bad is indeed the mind that thinks this!

    Roll good and bad equally into a ball, wrap it in paper and throw it away - forget it!"


    "THE ZEN TEACHING OF HUANG PO

    Therefore does the sutra say: ‘Develop a mind which rests on no thing
    whatever.’
    Every one of the sentient beings bound to the wheel of
    alternating life and death is re-created from the karma of
    his own desires! Endlessly their hearts remain bound to the
    six states of existence, thereby involving them in all sorts
    of sorrow and pain. Ch‘ing Ming! says: “There are people
    with minds like those of apes who are very hard to teach;
    people who need all sorts of precepts and doctrines with
    which to force their hearts into submission.’ And so when
    thoughts arise, all sorts of dharmas? follow, but they vanish
    with thought’s cessation. We can see from this that every
    sort of dharma is but a creation of Mind. And all kinds of
    beings—humans, devas, sufferers in hell, asuras and all
    comprised within the six forms of life—each one of them is
    Mind-created. If only you would learn how to achieve a
    state of non-intellection, immediately the chain of causation would snap."


    "As to performing the six pāramitās and vast numbers of similar practices, or gaining merits as countless as the sands of the Ganges, since you are fundamentally complete in every respect, you should not try to supplement that perfection by such meaningless practices. When there is occasion for them, perform them; and, when the occasion is passed, remain quiescent. If you are not absolutely convinced that the Mind is the Buddha, and if you are attached to forms, practices and meritorious performances, your way of thinking is false and quite incompatible with the Way. - Huangpo"


    "You say, ‘The six pāramitās and the ten thousand [virtuous] actions are all to be practiced.’ As I see it, all this is just making karma. Seeking buddha and seeking dharma is only making hell-karma. Seeking bodhisattvahood is also making karma; reading the sutras and studying the teachings are also making karma. Buddhas and patriarchs are people with nothing to do. - Linji"


    "That's why it's so important for you to understand about your Buddha-mind. Once you have, even without performing a lot of religious disciplines, you're Unborn that very day. If the Buddha-mind is clearly realized, that's enough. You need not do nothing else - no practice, no precepts, no zazen or koan study. Nothing like that. You'll be free from care, everything will be taken care of, just by being as you are. ~ Bankei"

  • Die Sila habe ich lange unterschätzt, weil ich dachte, dass Meditation und Erkenntnis die eigentlichen Schlüssel zur Lehre des Buddha seien. Warum soll ich mich da mit den Grundlagen abgeben, die noch dazu so realitätsfern, lust- und lebensfeindlich erscheinen?


    Für mich ist eher die Meditation die Grundlage, die ich auch mit einem Gefühl des inneren Friedens und der inneren Fülle verbinde. Von hier aus ist der Verzicht dann eigentlich gar kein Verzicht, sondern eher die Weigerung, den blauen Himmel immer wieder aufs Neue mit düsteren Wolken zuzukleistern (ohje, wenn ich mal was schreibe, hört es sich immer gleich so geschwollen an, sorry 8) ).

    DON'T HATE, MEDITATE.

  • Wenn ein Nazi zu mir kommt und fragt, ist das ein Jude? Soll ich dann die Wahrheit sagen? Eins der vielfachen Beispiele, dass sich das "moralisch richtige" nicht in irgendwelchen Geboten einfangen lässt.

    Wie ich weiter oben schon schrieb: Es geht hier ganz und gar nicht um moralische Werturteile. Wenn Ethik, die eigentlich auf das Gedeihen und das Glück der Wesen ausgerichtet ist, mit Gier und Hass in Verbindung gerät, kommt oft Moral dabei heraus. Es gibt aber eine Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen dem Einhalten der Sila und dem Wohlergehen aller Wesen, einschließlich und nicht zuletzt meiner selbst.


    Die Sila sind keine blinden Gebote, deren Einhaltung einen Selbstzweck darstellt. Es geht dabei immer um das Wohl aller Wesen. Wenn ich also das Leben eines Menschen gefährde, indem ich nicht lüge, sind Schweigen und natürlich auch die Lüge möglicherweise notwendig und die bessere Wahl.


    Die Sila entheben mich nicht der Verantwortung. Aber es kann ein Zeichen der Verantwortung sein, wenn ich die Sila einhalte, sofern es dem Wohle aller Wesen dient. Ich sage absichtlich Wesen, weil ich das Leben von uns Menschen nicht trennen kann von den anderen Mitwesen, die die Basis unseres Lebens ausmachen.


    Zudem hat das Einhalten der Sila nicht zuletzt auch einen Effekt auf mein Leben. Es ist wahrscheinlich unerheblich, ob ich nun eine Mücke erschlage oder nicht (außer für die Mücke natürlich). Aber es macht für mich einen großen Unterschied, ob ich das tue oder nicht, denn ich verändere darin meine Haltung, und die wiederum verändert die Art und Weise, wie ich die Welt erfahre. Das ist meiner Ansicht nach der entscheidende verändernde Prozess, der das Einhalten der Sila so besonders macht.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Aber bevor wir hier darüber diskutieren, ob es angemessen ist, im Buddhismus von Fortschritt zu sprechen oder nicht: Ich würde gerne wissen, welche Erfahrungen ihr mit den Sila gemacht habt. Ob ihr sie ablehnt, wichtig findet, einhaltet, welchen Stellenwert sie für euch haben, ob und wie sie euch verändert haben.

    Fortschritt messe ich letztlich daran, wie weit ich die Sila einhalten kann. Schließlich dienen die buddhistischen Erkenntnisse der Loslösung von den Trieben und dem Erlöschen des Begehrens. Es wird langsam besser.

  • Mir ist es jetzt auch noch mal wichtig, zu unterstreichen, dass die Einhaltung der Sila ein freiwilliges Üben aufgrund von Einsichten darstellt, zu denen man auf verschiedenen Wegen gelangen kann:


    Alle Lebewesen sind vergänglich und sterblich – ich sehe es, und dann fühle ich mich (mit ihnen) verbunden. Das ist meine innere Verbundenheit, mit Verpflichtung hat es nichts zu tun. So sehe ich es.

    Dieses Verbundenheitsgefühl kann durch Meditation, intensive Erlebnisse von Nähe und Gleichheit (Mitgefühl, Liebe), weniger durch reines Nach- und Hineindenken entstehen.


    Müssen, sollen implizieren ein moralisches Werturteil. "Wenn du die Sila nicht einhältst, dann bist du ein schlechter Mensch und hast als Strafe eine schlechte Wiedergeburt zu erwarten."

    Der - meines Erachtens - am wenigsten zielführende Weg ist tatsächlich der des Müssens/Sollens, womöglich noch mit Strafandrohung.

    Gerade Christen, die sich in einer Übergangsphase zum Buddhismus befinden, neigen anfangs oft zu dieser Interpretation der "Anweisungen" Buddhas.

    Dennoch kann man vermutlich auch mit dieser moralisch-urteilenden Grundeinstellung - allein durch die Praxis - heilsame Ergebnisse erleben...

    Hingegen ist die Feststellung einer Ursache-Wirkung-Beziehung frei von den Kategorien Schuld und Strafe. Ursache und Wirkung beziehen sich einfach auf das Ergebnis, das ich zu erwarten habe, wenn ich mich auf eine bestimmte Weise verhalte. Beispiel: Wenn ich auf vergängliche Phänomene mein Glück baue, dann ist Leiden vorprogrammiert. Oder: Wenn ich ständig lüge, werde ich immer größere Probleme mit meiner Umwelt bekommen. Menschen werden mir nicht mehr vertrauen und meine Gesellschaft meiden.

    Für eher kritische, skeptische Menschen (verstandes-/vernunftbetonte "Denker") kann sich der Sinn der Sila über die Erkenntnis einer Ursache-Wirkungs-Beziehung erschließen und sie dafür öffnen. Ohne innere Akzeptanz würde der Widerstand die Einhaltung der Sila möglicherweise sehr erschweren...

    Die Sila habe ich lange unterschätzt, weil ich dachte, dass Meditation und Erkenntnis die eigentlichen Schlüssel zur Lehre des Buddha seien. Warum soll ich mich da mit den Grundlagen abgeben, die noch dazu so realitätsfern, lust- und lebensfeindlich erscheinen?

    Nach meinem Gefühl trifft diese Einschätzung auf viele Buddhisten zu...

    Deshalb finde ich diesen Thread auch elementar wichtig und bin dir, Thorsten Hallscheidt , sehr dankbar - auch für deine inspirierenden Beiträge. _()_

    In der Praxis gibt es aber tatsächlich nichts, was mein Leben mehr verändern würde. Nicht, dass ich es schaffen würde, die Regeln konsequent einzuhalten. Aber schon die geringen Fortschritte erzeugen ein enormes Potenzial an Veränderungen zum Positiven hin – mehr als jedes Buch über buddhistische Philosophie oder jeder 10-Tages-Retreat.

    :heart: _()_

    Es gibt auch andere Wege. Mich stecken kaum noch Mücken, seit ich sie nicht mehr erschlage. Ich habe andere Wege gefunden und die Tiere lassen mich in Ruhe. Nicht mehr zu töten heißt für mich vor allem, andere Wege zu finden, mit meiner Wut und der Natur, mit den Mitlebewesen umzugehen.

    _()_ :heart: Diese Beobachtung habe ich auch schon gemacht, aber man muss aufpassen, wem man da was mitteilt.... ;)

    Wenn die "anderen Wege" rational nachvollziehbar sind (z.B. Fliegennetze, spez. Hautlotionen, etc.), finden sie sicher schnell Nachahmer, schwierig wird es, wenn man versucht, zu vermitteln, dass eine friedlich - wohlwollende, akzeptierende Haltung auch Effekte haben kann - schwupps, ist man von manchen als Esoteriker abgestempelt...


    Natürlich würde man wohl kaum - nur mit friedlicher Gesinnung allein - im Sommer nach Skandinavien reisen, um dort an einem See, schutzlos, zu kampieren... :erleichtert:


    (Von Buddha Shakyamuni wird ja diese schöne Geschichte erzählt, wo er - aufgrund seiner friedvollen Güte - einen wilden Elefanten beruhigen konnte, den sein Vetter Devadatta auf ihn gehetzt hatte...)

    https://www.palikanon.com/namen/n/naalaagiri.htm




    Liebe Grüße (und frohe Osterfeiertage! :sunny: :klee: ),


    Anna :) _()_ :heart:

    "...Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..." (AN.VI.63)


    "In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht, das die Vollendung kennt, das einverstanden ist, mit dem Fluss des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig." (H.Hesse)

  • Diese Beobachtung habe ich auch schon gemacht, aber man muss aufpassen, wem man da was mitteilt.... ;)

    Wenn die "anderen Wege" rational nachvollziehbar sind (z.B. Fliegennetze, spez. Hautlotionen, etc.), finden sie sicher schnell Nachahmer, schwierig wird es, wenn man versucht, zu vermitteln, dass eine friedlich - wohlwollende, akzeptierende Haltung auch Effekte haben kann - schwupps, ist man von manchen als Esoteriker abgestempelt...

    Esoteriker? Na, warum nicht auch das... ? (:


    Es gibt aber für alles eine rationale Erklärung. Nur, dass wir in manchen Fällen noch zu wenig wissen, um die rational erklärbaren Ursachen für "esoterische" Phänomen zu finden. Vor 500 Jahren erklärte man sich die Pest mit dem bösen Blick, dem Teufel, den Juden oder giftigen Dämpfen. Heute wissen wir um Bakterien und Viren. Was werden wir in 500 Jahren alles wissen?


    Ich glaube, die Mücken stechen weniger, weil ich nicht mehr so viel rummfuchtel und ergo nicht mehr so viel schwitze, was dazu führt, dass weniger Milchsäure auf meiner Haut entsteht, die üblicherweise Mücken besonders anzieht. Antibrumm tut ein Übriges.


    Aber vielleicht ist es ja auch die Aura friedlicher Demut (kurz AfD), die die Mücken überzeugt, auch den Weg des Buddha einzuschlagen. :lies: :taenzerin: :party:  :P

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Wie steht es mit Ursache – Wirkung? Wenn keine Sila, dann kein Fortschritt in buddhistischer Praxis – wertfrei, so wie: kein Licht – kein Pflanzenwachstum.

    Weil's so schön philosophisch ist:

    Die Negation ist problematisch:

    Aus 'Etwas ist Ursache für eine Wirkung' folgt nicht die Negation: 'Ohne dieses Etwas keine Wirkung'.

    Bsp. 'Weil der Wecker früh um 6 klingelt, stehe ich auf'. Daraus ist nicht ableitbar: 'Wenn der Wecker nicht klingelt, stehe ich nicht auf'. Ich werde nämlich meist schon vorher wach, stelle den Wecker ab und stehe trotzdem um 6 auf.

    Hinter der nicht erlaubten Negation steckt ein Einzigkeitsproblem:

    Aus 'Etwas ist Ursache für eine Wirkung' folgt nicht: 'Dieses Etwas ist zudem die einzige Ursache für die Wirkung." Es könnte andere Ursachen geben, die die selbe Wirkung erzielen. Bsp.: Wenn ich mit meinem Ehepartner streite, kriege ich Kopfschmerzen. Aber ich kriege manchmal auch aus anderen Gründen Kopfschmerzen.


    Deshalb können wir aus der Aussage: 'Das Üben der Silas führt zu Fortschritten in der buddh. Praxis' nicht schlussfolgern 'Ohne Silas keine Fortschritte in der buddh. Praxis'

    Ganz praktisch äußerte das im jahrhundertelangen Streit (auch in Konzilen) zwischen 'Stufenweg zur Erleuchtung' vs 'plötzliche Erleuchtung' bzw. Lam Rim vs Chan/Zen-Koans. Er wurde nie eindeutig entschieden, wenn gleich die jeweiligen Anhänger das natürlich jeweils anders sehen. Beobachtbar ist aber, dass beide Linien bemerkenswerte Buddhisten hervorbrachten.

  • Ganz praktisch äußerte das im jahrhundertelangen Streit (auch in Konzilen) zwischen 'Stufenweg zur Erleuchtung' vs 'plötzliche Erleuchtung' bzw. Lam Rim vs Chan/Zen-Koans. Er wurde nie eindeutig entschieden, wenn gleich die jeweiligen Anhänger das natürlich jeweils anders sehen. Beobachtbar ist aber, dass beide Linien bemerkenswerte Buddhisten hervorbrachten.

    Und bei beiden Linien spielen die Sila eine besondere Rolle. Auch im Zen haben und nehmen wir die Gelübde (Kai):


    Die zehn Kai sind:

    1. Nicht töten
    2. Nicht stehlen
    3. Nicht die Sexualität missbrauchen
    4. Nicht lügen
    5. Nicht maßlos sein mit Essen und Trinken
    6. Nicht selbstgefällig oder überheblich sein
    7. Nicht geizig oder habgierig sein
    8. Nicht wütend werden
    9. Nicht dogmatisch sein
    10. Nicht Buddha, Dharma oder Sangha missbrauchen

    Ich denke, dass diese Regeln auch deshalb grundlegend für die buddhistische Praxis sind, weil die meisten Menschen erst einmal grob Ordnung schaffen müssen in ihrem Leben, um Frieden genug zu finden, den Weg der inneren Einkehr zu gehen. Zumindest ging es mir so. Das Leben wird einfacher und friedlicher, je mehr die Sila mein Handeln motivieren.


    Zum Anderen sind die Sila aber auch die unmittelbare Konsequenz aus einer der grundlegenden Lehren des Buddha: Das Verständnis des Zusammenhangs von Ursache (meinen Handlungen) und Wirkung (der Art der Existenz, die ich erlebe), und aus dem Bewusstsein der Verbundenheit mit allen Wesen. Verbundenheit hier nicht oder nicht nur: Ich hab euch alle lieb. Sondern eher, wir sind aufeinander bis ins Kleinste hinein existenziell angewiesen. Alles, was ich anderen Wesen an Missbrauch, Gewalt oder Ausbeutung antue, kehrt wie ein Echo zuverlässig und sicher zu mir zurück.


    Das ist anders als beim Wecker, denn hier bin ich es, der etwas nicht tut (Nicht töten, stehlen, lügen, etc.), und damit weniger negative Ursache-Wirkung-Ketten in Gang setzt. Das verändert mich, meine Erfahrungswirklichkeit und meine Mitwelt.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Zum Anderen sind die Sila aber auch die unmittelbare Konsequenz aus einer der grundlegenden Lehren des Buddha: Das Verständnis des Zusammenhangs von Ursache (meinen Handlungen) und Wirkung (der Art der Existenz, die ich erlebe), und aus dem Bewusstsein der Verbundenheit mit allen Wesen. Verbundenheit hier nicht oder nicht nur: Ich hab euch alle lieb. Sondern eher, wir sind aufeinander bis ins Kleinste hinein existenziell angewiesen. Alles, was ich anderen Wesen an Missbrauch, Gewalt oder Ausbeutung antue, kehrt wie ein Echo zuverlässig und sicher zu mir zurück.

    Das illustriert Dharmarakshita sehr schön in seiner Schrift Das Rad der scharfen Waffen. Er benutzt dabei die Metapher des scharfen Waffenrades, um die Rückwirkung der eigenen Handlungen auf einen selbst aufzuzeigen. (Verse 8 - 48)

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.