Bedingungen und Ursachen

  • Es gibt die Unterscheidung Grund und Folge und Ursache und Wirkung.

    Im Englischen wird der Unterschied deutlicher: reason und cause. Während die Ursache direkt mit der Wirkung zusammenhängt, kann es mehrere Gründe für eine Wirkung geben.


    Damit ein Apfel vom Baum fällt, kann es mehrere Gründe geben - aber es gibt nur eine Ursache - die Wirkung einer Kraft. Auch die Schwere des Objekts ist keine Ursache für seinen Fall - da hatte sich Aristoteles etwas geirrt, weil er seiner Beobachtung mehr Gewicht beigelegt hatte und außerdem nicht glaubte, dass es so etwas wie ein Vakuum geben kann.

    :zen:



    Einmal editiert, zuletzt von Leonie ()

  • Ist der Bewusstseinsstrom ein sich wechselseitig beeinflussendes Nebeneinander von Wahrnehmungen, Empfindungen, Gefühlen und Gedanken, welches unsere Erfahrung mehr oder weniger notwendigerweise begleitet?

    Das Bewusstseinskontinuum ist eine ununterbrochene Abfolge vergänglicher Bewusstseinsmomente. Durch das Vergehen des gegenwärtigen Bewusstseinsmomentes entsteht der darauffolgende Bewusstseinsmoment. Bewusstseinsmomente können Sinneswahrnehmungen, Gedanken, unmittelbare geistige Wahrnehmungen, yogische Wahrnehmungen usw. sein. Wenn ein Gedanke zu Ende geht, muss der darauffolgende Bewusstseinsmoment nicht zwangsläufig auch wieder ein Gedanke sein, er kann dann auch eine Sinneswahrnehmung oder eine yogische Wahrnehmung usw. sein. Darüber hinaus können Bewusstseinsmomente manifest oder latent sein.


    Die Bewusstseinsmomente besitzen zwei wesentliche Aspekte:

    • den Hauptgeist
    • die Geistesfaktoren

    Der Hauptgeist erfasst das Wahrnehmungsobjekt als Ganzes. Die Geistesfaktoren erfassen irgendwelche Besonderheiten des Wahrnehmungsobjektes.


    Zwischen dem Hauptgeist und den Geistesfaktoren gibt es mehrere Übereinstimmungen. Zum Beispiel:

    • Beide beruhen auf derselben Sinneskraft
    • Beide sind auf dasselbe Beobachtungsobjekt ausgerichtet
    • Beide entstehen, bestehen und vergehen gleichzeitig.

    Jedes Bewusstseinsmoment ist ein Hauptgeist, der immer mit mehreren Geistesfaktoren verbunden ist. Auf jeden Fall mit den fünf stets gegenwärtigen Geistesfaktoren. Dazu kommen dann noch objektfeststellende Geistesfaktoren. Je nach den gegebenen Umständen können dann noch heilsame oder unheilsame Geistesfaktoren hinzukommen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Zwischen dem Hauptgeist und den Geistesfaktoren gibt es mehrere Übereinstimmungen. Zum Beispiel:

    Beide beruhen auf derselben Sinneskraft

    Ich denke, es passiert nicht immer:

    So Bhante Sujiva:


    Zitat

    Ein Geistestorprozeß kann

    ohne Sinnestorprozeß auftreten, doch für gewöhnlich folgt er diesem. Ein

    Beispiel für von selbst auftretende Geistestorprozesse wäre eine Person,

    die in Tagträume oder tiefes Nachdenken fällt, bis sie ihre Umgebung

    vollkommen vergißt. Solche Prozesse treten am Geistestor und durch das

    Geistestor auf, welches, wie schon gesagt, das Lebenskontinuum selbst

    ist. Es ist mit einer Leinwand vergleichbar, auf welche die Bilder eines

    Films fallen, einem Raum, der von Objekten eingenommen wird, oder

    auch einer Tür, durch die Menschen in unser Leben hineinkommen und

    oder daraus austreten, was oft nicht zu verhindern ist.

    Im letzteren Fall sehen wir zuerst Farben, hören Laute, riechen, schmecken

    oder fühlen. Sogar beim Berühren wissen wir zunächst noch nicht,

    worum es sich handelt. Wenn sich alles zusammenfügt und der Begriff

    einer Person entsteht, erkennen wir ihn oder sie. Dann ist die Person

    schon „drin“. Fortlaufend entwickelt sich das Bild weiter, und weitere

    Handlungen verstärken die Verknüpfung.




    Man braucht /manchmal/ keine 'Sinne', denn alles, was den "geistigen Prozess" als das Kontinuum oder Geistertorprozess umfasst, ist nicht allein auf die Sinne angewiesen.

    Im tiefen traumlosen Schlaf sowie bei sehr tiefen Versenkungen oder im Zustand von Jnana läuft der Prozess weiter. Der nächste Moment wird immer vom vorherigen bedingt – alles entsteht abhängig, sei es in Bezug auf Gedanken, Gefühle oder andere innere Vorgänge.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Es gibt die Unterscheidung Grund und Folge und Ursache und Wirkung.

    Im Englischen wird der Unterschied deutlicher: reason und cause. Während die Ursache direkt mit der Wirkung zusammenhängt, kann es mehrere Gründe für eine Wirkung geben.

    Ein Beispiel für den Unterschied für Grund und Ursache. Der Waldarbeiter möchte einen Baum fällen. Der Grund für das Fällen des Baumes ist die Vorstellung oder Absicht des Waldarbeiters den Baum zu fällen. Die Ursache dafür, dass der Baum fällt, ist das fachgerechte Ansetzen der laufenden Motorsäge an den Stamm.


    Der logische Raum der Gründe umfasst den ganzen Bereich, den wir auch durch Reflexion und Abwägung beeinflussen können. Das ist auch der Bereich, in dem die Geistesschulung zum Teil ansetzt. es gibt daneben noch den Bereich der Einübung z.B. in der Meditation.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Danke für den Beitrag Helmut. Das ist sehr erhellend und bringt hoffentlich etwas mehr Klarheit in die Diskussion.


    Ich möchte nochmal auf den Unterschied zwischen Bewusstseinsstrom und Bewusstseinskontinuum. Der Begriff Bewusstseinsstrom ("stream of consciousness") geht auf den Philosophen und Psychologen William James zurück. DIeser nennt als wesentliche Eigenschaften des Bewusstseins:

    Vier Eigentümlichkeiten des Bewußtseins. Wie findet es statt? In der Beantwortung dieser Frage bemerken wir sofort vier wichtige Eigentümlichkeiten an dem Prozeß, der in dem gegenwärtigen Kapitel seine allgemeine Behandlung finden soll.


    1. Jeder “Zustand" tritt auf mit dem Anspruch Teil eines persönlichen Bewußtseins zu sein.
    2. Innerhalb jedes persönlichen Bewußtseins wechseln die Zustände fortwährend.
    3. Jedes persönliche Bewußtsein ist merklich kontinuierlich.
    4. Es interessiert sich ausschließlich für bestimmte Teile des ihm gegenübertretenden Objekts mit Vernachlässigung anderer und ist beständig beschäftigt aufzunehmen oder abzuweisen, kurz zu wählen unter seinen Gegenständen.

    Das Bewusstsein ist nach James ein kontinuierlicher Prozess, der nicht in einzelne Momente zerteilt werden kann.

    Zitat

    Das Bewußtsein erscheint sich daher selbst nicht als in Stücke zerhackt. Worte wie “Kette" oder “Zug" geben nicht richtig den Eindruck wieder, den es unmittelbar von sich selbst gewinnt. Es besteht nicht aus verbundenen Gliedern; es fließt. Ein “Fluß", ein “Strom", das sind die Metaphern, durch welche es am natürlichsten versinnbildlicht wird. Wir wollen es also, wenn wir von nun an davon sprechen, den Strom des Denkens, des Bewußtseins oder des subjektiven Lebens nennen.

    Dagegen ist die Vorstellung des Bewusstseinsstromes anscheinend durch die Vorstellung unterscheidbarer Bewusstseinsmomente bestimmt. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein wesentlicher Unterschied ist oder eher eine Nuance.


    Das Bewusstseinskontinuum besteht so wie ich verstanden habe die ganze Zeit fort, auch wenn wir schlafen oder bewusstlos sind.


    In meditativer Versenkung, was du wahrscheinlich mit yogischer Erfahrung meinst, können bestimmte Bereiche der Erfahrung wie Denken vorübergehend suspendiert sein. Was heißt das für den Bewusstseinsstrom, im Sinne von James? Wird er gestaut? Oder auf eine andere Ebene umgeleitet?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Maha ()

  • Dagegen ist die Vorstellung des Bewusstseinsstromes anscheinend durch die Vorstellung unterscheidbarer Bewusstseinsmomente bestimmt. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein wesentlicher Unterschied ist oder eher eine Nuance.


    Das Bewusstseinskontinuum besteht so wie ich verstanden habe die ganze Zeit fort, auch wenn wir schlafen oder bewusstlos sind.

    Lieber Maha , das ist mit ein Rätsel, wie kann man den Abhidhamma mit der modernen Psychologie vermählen, sieh hier:


    Zitat

    Dieser unterbewußte Daseinsstrom ist eben das, was die Psychologen als Unterbewußtsein, auch als das Unbewußte oder die Seele, bezeichnen. Es ist das, worauf alle Erinnerung beruht und wodurch sich das aus früheren Existenzen Ererbte erklären läßt.


    bhavanga-sota, -citta

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Lieber Mabli , das ist mit ein Rätsel, wie kann man den Abhidhamma mit der modernen Psychologie vermählen, sieh hier:

    Meinst du James hat vom Abhidharma abgeschrieben? Oder aus dem Buch menschlicher Erfahrung? :)

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • In der offenen Leere zwischen zwei Gedanken, die Du auch kennst (#51), gibt es keine Gedanken, Empfindungen, Gefühle, ist der Bewusstseinsstrom, der Strom der Bewusstseins-Inhalte zum Stillstand gekommen. Wer bringt den Film wieder zum Laufen ?

    Nehmen wir die Antwort von Igor07, dann sind es laut dem Theravada Abhidamma, wie er im Patthana dargestellt ist, der unterbewusste Strom, der die Bedingung des Daseins bildet, und dessen Bewusstsein. So etwas wie ein kollektives Unbewusstes?


    Zitat

    In den Kommentaren werden diese Begriffe erklärt als der Grund und die Bedingung des Daseins, als das sine qua non alles Lebens, u.zw. in Form eines Prozesses, wörtl. 'Fließens' oder 'Stromes' (sota), in dem seit Urzeiten alle Eindrücke und Erfahrungen gleichsam aufgespeichert sind, die aber als solche dem Oberbewußtsein verschlossen bleiben, doch als Geisttor (manodvāra), sowohl während des Schlafens als auch Wachens, entsprechende Bilder und Vorstellungen im Oberbewußtsein wachrufen.

    Dieser unterbewußte Daseinsstrom ist eben das, was die Psychologen als Unterbewußtsein, auch als das Unbewußte oder die Seele, bezeichnen. Es ist das, worauf alle Erinnerung beruht und wodurch sich das aus früheren Existenzen Ererbte erklären läßt.

    Bei Dhammajoti, der als ausgewiesener Experte des Sarvastivada-Abhidarmas gilt, findet man in dem Zusammenhang auch den Begriff

    Zitat

    santati-parinäma — (Progressive) transformation of a serial continuity

    Damit ist wohl so etwas wie eine fortschreitende Transformation des Bewusstseinsstroms gemeint - und damit eine Antwort auf die Frage, wie sich Wandel in der Kontinuität vollzieht.

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    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    Einmal editiert, zuletzt von Maha ()

  • Wenn man nicht den Fokus auf das Wesentliche halten kann, dann sind genau diese Fragen "unsägliche Spekulationen". Was ist aber das Wesentliche in der buddhistischen Philosophie?
    Es dreht sich alles um die praktische Frage, was "dukkha" ist, und was zur Befreiung von dukkha führt. "Philosophie" gibt es beim Buddha nur insofern, als er auf die zur damaligen Zeit anderen religiösen Vorstellungen antworten musste, also z.B. zu begründen, warum diese nicht zielführend sind. Deshalb M2.

  • Damit ein Apfel vom Baum fällt, kann es mehrere Gründe geben - aber es gibt nur eine Ursache - die Wirkung einer Kraft.

    Danke für die Klärung der Begriffe, was ich als Grund bezeichnet habe (populär-trivial "Schwere"), ist nach heutigen Begriffen die (eine) Ursache.


    Wie ist es dann bei den Gedanken, Emotionen, Gefühlen, ... ?

    Es gibt mehre Gründe ("Auslöser"), aber nur eine Ursache.

    Was ist die eine Ursache ?

    Aus der Sicht "des Buddhismus" bzw. seiner Schulen ?

    Aus Deiner "sapere aude"-Sicht (eigene Vernunft und eigener Verstand), wenn Du wie Mowgly fernab der Zivilisation aufgewachsen wärst, also ohne menschliche Lehrer, Literatur und Internet ?

    Aus Deiner Prajna-Sicht (der in Zazen aus Samadhi gewonnen Weisheit), aber das lässt sich wohl in Worten nicht "intersubjektiv nachprüfbar" formulieren ?


    :?

  • Auch die Schwere des Objekts ist keine Ursache für seinen Fall - da hatte sich Aristoteles etwas geirrt, weil er seiner Beobachtung mehr Gewicht beigelegt hatte und außerdem nicht glaubte, dass es so etwas wie ein Vakuum geben kann.

    Da hätten wir dann gleich noch eine kleine philosophische Spielerei für Vernunft und Verstand:


    Ist auch das Vakuum leer im Sinne des Herz-Sutra ?


    :?

  • Es dreht sich alles um die praktische Frage, was "dukkha" ist, und was zur Befreiung von dukkha führt. "Philosophie" gibt es beim Buddha nur insofern, als er auf die zur damaligen Zeit anderen religiösen Vorstellungen antworten musste, also z.B. zu begründen, warum diese nicht zielführend sind. Deshalb M2.

    Ich teile Deine Sicht nicht.


    Du müsstest schon sagen, was du mit "beim Buddha" meinst?


    Was ist mit dem Abhidamma? Was ist mit den Schulen* der Vaibashikas, Sautrantrikas, Yogacaras und Madhyamikas? Gab es dort keine "Philosophie"? Keine Fragen?


    * Man könnte noch etliche weitere Schulen nennen. ( Sthaviravadins, Theravadas, Lokottaravadins, Sarvastivadins, Mahasanghikas, usw...)

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    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

    2 Mal editiert, zuletzt von Maha ()

  • Kein einziges Objekt hat subjektive Ursachen, nur objektive. Heißt, ein Ding ist nicht durch Gedanken entstanden und Gedanken werden nie Dinge.

    Wir handeln mit Dingen und verändern Dinge, wenn das Handeln zufällig so wirkt, wie wir uns das gedacht haben, sehen wir nur nicht richtig hin.

    Niemals ist es mir gelungen, ein Gericht für einen Gast so zu erzeugen, wie ich es gedacht habe, in 50 Jahren als Koch.

    Welche Lösung war nötig, um Koch mit Freude zu bleiben? Wenn ich etwas abgeschmeckt habe und es für mich nicht mehr Einen Geschmack hatte, sondern alle, konnte es freigegeben werden, denn nur dann gilt: Schmeckt nicht, gibt es nicht, mag ich nicht, ist eine Entscheidung der Konditionierung des Gastes.

  • Ich teile Deine Sicht nicht.

    hab ich nicht anders erwartet.

    Du müsstest schon sagen, was du mit "beim Buddha" meinst?

    Ich meine den Buddha, von dem überliefert wurde, dass er nur das "Leiden und des Leidens Aufhebung" lehrte. Nach meiner Erfahrung reichen zwei Handvoll Pali-Sutten dafür, und das und was du "Philosophie" nennst, zu kapieren.

    Was ist mit dem Abhidamma?

    Ach komm, die meisten Teile des Pali-Abhidhamma (von den Abidhammas der anderen Schulen ganz zu Schulen ganz zu schweigen) sind nicht übersetzt. Kaum einer im Westen weiß, was da tatsächlich steht, Es ist auch von untergeordneter Bedeutung, weil es nur Kommentar zu den Sutten ist.

    Was ist mit den Schulen* der Vaibashikas, Sautrantrikas, Yogacaras und Madhyamikas? Gab es dort keine "Philosophie"? Keine Fragen?

    Ich sagte ja schon, des geht nicht um Fragen an sich, sondern darum, ob man beim Fragen auch den Fokus halten kann. Wie in der Geschichte als auch heute gelingt das vielen nicht, deshalb sind ja die verschiedenen Schulen entstanden, was auch nicht viel genützt hat, wenn ich mir anschaue was hier regelmäßig Unverdautes Nargarjuna unterstellt wird. Beim Yogacara ist es nicht besser, da hat vielleicht einer von 1000 das Lankavatara-Sutra gelesen, die anderen kauen Kommentare von Kommentaren von Kommentaren wieder. Das ist für mich keine Philosophie, sondern nur Scholastik und Wichtigtuerei.

  • Da hätten wir dann gleich noch eine kleine philosophische Spielerei für Vernunft und Verstand:
    Ist auch das Vakuum leer im Sinne des Herz-Sutra ?

    Na sicher.
    Du meine Güte, das sind aber geringe Ansprüche an "Philosophie".

  • Erscheinungen (Phänomene) können nur Subjekte sein, sie sind bestenfalls Dharma-Lehre. Existierendes sind Realitäten, als Dinge, Objekte, Existenzen, Dharmas.

    Phänomene bewirken Handeln(Karma) mit existierenden Realitäten, um Wirkungen zu erzeugen auf, mit Dingen zu erreichen. Handeln ist weder Ursache noch Wirkung.


    NUR die chinesischen Worte sind aus MMK von Geldsetzer. Seine Übersetzungen haben mich nie überzeugt. Meine Übersetzer sind translate.google, Deepl und mdbg.net/chinese/dictionary


    MMK Kapitel 1

    Vers 1

    Alle Dinge/Dharma existieren nie ohne Verursachung, nie aus sich selbst oder aus anderen Dingen heraus. Sie haben kein Entstehen und kein Vergehen nur Existenz. Man kann wissen, das nur Existenz real ist.

    2 Wie man auch wissen kann das Dinge immer nur ihre Eigennatur sind. Sie können keine weitere „innewohnende“ Natur als verursachendes haben, auch keine Natur die Wirkungen erzeugt, und somit gibt es keine andere Natur als Eigennatur.

    3 Es gibt nur vier Bedingungen, die doch nur Phänomene (Seiendes ohne Materie und Raum) des fühlenden Lebewesens (Geist) sind:

    1Aufgrund einer unbekannten Ursache erscheinen Wirkungen.

    2Aufgrund einer gehandelten (Karma) Wirkung erscheinen Ursachen.

    3Aufgrund von Ursache/Wirkung erscheinen Dinge ohne mein handeln.

    4Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit durch die Bedingtheit der Dinge erscheinen (Natur)Gesetze.

    Aufgrund der vierten Bedingung erscheinen (Natur)Gesetze. Es gibt keine Ursache/Wirkung durch diese (Natur)Gesetze. Gesetze bewirken, verursachen nichts. Daher sind sie keine fünfte Bedingung.

    4 Wenn es eine verursachende Wirkung gibt, existiert ein Ergebnis, eine Frucht.

    Wenn es keine verursachende Wirkung gibt, existiert kein Ergebnis, keine Frucht.

    Wenn ein Ergebnis, eine Frucht existiert, gab es eine bewirkende Ursache.

    Wenn kein Ergebnis, keine Frucht existiert, gab es keine bewirkende Ursache.

    5 Ein Verursachen oder Wirken der (Natur)Gesetze ist nur eine Begrifflichkeit für ein benanntes Ergebnis, eine Verursachung. Wenn das Ergebnis/Frucht nicht existent ist, warum wird das nicht Daseiende, dann nicht Nicht-Existenz, Wirklichkeit gemäß, Erscheinung genannt?

    6 Weil es weder etwas Entstandenes noch etwas Nicht-Entstandenes geben kann, sondern nur Existierendes, wie kann dann, auch nur eine, Ursache oder Wirkung real existieren?

    7 Wenn es keine Entstehung der Dinge/Dharma gibt, existiert auch kein Vergehen, Zerstören. Es kann keine Ursache/Wirkung real geben, weil diese eben Phänomene sind, ohne Existenz als Ding/Dharma.

    8 Bei etwas, das nicht zur Existenz kommt, kann es auch keine Vernichtung des nicht existierenden geben, nur eine der Erscheinungen. Es kann auch keine Ursache/Wirkung stattfinden.


    9 Wie die Buddhas sagen: Ein existierender Dharma hat keine Gebundenheit, aus, mit oder durch andere Dharma. Wie kann ein Dharma eine fesselnde Verbundenheit haben?

    10 Dharmas existieren mit Eigennatur, daher gibt es inhärente Natur: wie Entstehen/Vergehen, Ursache/Wirkung, nur als Bedingungen/Vorstellungen der Suchenden, nach Antworten über das Wirken und Verursachen durch (Natur)Gesetze. Nicht erkennen wollen, dass diese nicht verursachen oder bewirken.

    11 Diese vorgestellten Bedingungen der Naturgesetze bedingt, die Suche nach einem Ergebnis. Man wird keines finden. Wenn keine Ursache/Wirkung, Entstehen/Vergehen real existiert, wie kann es dann eine Frucht/Existenz durch Bedingungen geben?

    12 Wenn eine Frucht nicht aus Ursache/Wirkung resultieren kann, doch Frucht als eine Ursache/Wirkung erkannt wird, kann es auch keine Existenzen/Früchte aus einer Nicht-Ursache, Nichtexistenz, Erscheinung geben?


    13 Wenn bedingtes Entstehen durch keine Eigennatur und aus keiner Eigennatur existieren kann, ist bedingtes Entstehen nur noch Erscheinung der Gesetze, Phänomene. Wie kann dann bedingt entstehendes existierend sein?

    14 Wenn es kein bedingtes Entstehen aus vier Bedingungen gibt, gibt es auch kein bedingtes Entstehen aus einer als fünfte Bedingung geglaubten. Wenn es kein Existieren aus Bedingungen gibt, gibt es auch kein Existieren aus (Natur)Gesetzen. Handlung ist das bedingte Entstehen. Handeln aus Absicht, mit einer erkannten Ursache zu einer erwarteten Wirkung auf Dinge/Dharma.



    Das ist sehr komplex, aber nicht kompliziert. Kompliziert wird es nur durch des Lesers Vorstellungen. Meine Worte müssen nicht Deine sein.

  • Was ist aber das Wesentliche in der buddhistischen Philosophie?
    Es dreht sich alles um die praktische Frage, was "dukkha" ist, und was zur Befreiung von dukkha führt.

    Begehren ist die Ursache von dukkha, heißt es da. Ich denke es ist sowohl die Ursache, als auch die Bedingung. Wenn man etwas tut das Leid zur Folge hat, ist das ein zeitlicher Ablauf - die Ursache liegt in der Vergangenheit, die Wirkung ist gegenwärtig. Außerdem ist das gegenwärtige Leid durch Begehren bedingt, indem beides gleichzeitig da ist: "wenn dieses ist, ist jenes", wenn Leid ist, ist auch Anhaftung. Wenn etwas als "Ich" oder "mein" vereinnahmt wurde, leidet man eben darunter. Ohne diese begehrliche Anhaftung ist auch dukkha nicht gegenwärtig.


    Der achtfache Pfad ist wiederum die Ursache zur Befreiung von Begehren und Anhaftung in einem zeitlichen Ablauf und wenn er erreicht ist, fällt diese gleichzeitige Bedingung weg und damit ist dukkha zu Ende. Die Bemühung ist Ursache-Wirkung, die Frucht ist die Auflösung des bedingten Bestehens.

  • Damit ein Apfel vom Baum fällt, kann es mehrere Gründe geben - aber es gibt nur eine Ursache - die Wirkung einer Kraft.

    Danke für die Klärung der Begriffe, was ich als Grund bezeichnet habe (populär-trivial "Schwere"), ist nach heutigen Begriffen die (eine) Ursache.

    Da sehe ich keine Klärung.

    Grund und Ursache sind Begriffe aus verschiedenen Sachzusammenhängen und haben nichts mit früher oder heutig zu tun. Das eine hat einen ontologischen Bezug, das andere einen funktionalen.

    Im Anfängergeist gibt es keinen Gedanken - sagte Shunryu Suzuki. Genau davon ist im Herz-Sutra die Rede. Also lässt es sich in Worten ausdrücken und auch durch Erfahrung prüfen.


    Wo kommen also die Gedanken her? Wo kommt eigentlich dieser ganze Staub her?

    Das sind die Fragen, die im Buddhismus als Ansichtengestrüpp bezeichnet werden und die allenfalls Spielerei sind - wie die Gedankenspielerei des Dschungelbuch.

    Wobei sich das am einfachsten beantworten lässt: ein Menschenkind kann außerhalb der menschlichen Gruppe nicht überleben. Das ist eben Fantasy und Fiction - sehr beliebte Genre seitdem Religionen nicht mehr die Massen bedienen und diese nach Vorstellungen hungern.


    Die Frage nach dem woher oder auch wohin stellt sich nur derjenige, der weiter im samsara herum mäandern will. Siehe nochmal MN 2.


    Sprache ist nichts eigenes, Gedanken sind nichts eigenes - sie werden ergriffen und von einem Ich-Bewusstsein angeeignet. Fällt das Ich, dann fallen auch die Gedanken und die Worte. Das ist wie ein Vorhang, der im Theater die Vorstellung beendet.

    :zen:



  • Deine Gedankenspielerei zeigt, dass du an Philosophie nicht interessiert bist und weder weißt was im Herzsutra mit Leere gemeint ist, noch weißt was ein Vakuum ist.

    :zen:



  • Was Bhante Sujiva im diesem Satz ausdrückt, ist die Tatsache, dass ein gegenwärtiger Bewusstseinsmoment von einem unmittelbar vorhergehendem Bewusstseinsmoment abhängig ist. Der unmittelbar vorhergehende Bewusstseinsmoment kann eine der sechs Bewusstseinsarten sein. Ist der gegenwärtige Bewusstseinsmoment ein geistiges Bewusstsein, dann kann der unmittelbare vorhergehende Bewusstseinsmoment entweder ein Augen-, ein Gehör-, ein Geruchs-, ein Geschmacks-, ein Tast- oder ein geistiges Bewusstsein sein.


    Dies ist aber eine andere Beziehung als die Beziehung, die mit der Übereinstimmung von Hauptgeist und Geistesfaktor beschrieben wird.


    Da der Hauptgeist und die ihn begleitenden Geistesfaktoren gleichzeitig existieren, haben sie gemeinsame Grundlagen. Eine dieser gemeinsamen Grundlagen ist die Sinneskraft auf der sie beruhen. Ein geistiges Bewusstsein und seine begleitenden Geistesfaktoren haben als eine Grundlage die Sinneskraft des geistigen Bewusstseins. Dies ist die Wahrnehmung, die selbst ein geistiges Phänomen ist.


    Ist das Hauptbewusstsein ein Augenbewusstsein (Sehbewusstsein) dann beruht es mit seinen begleitenden Geistesfaktoren auf der Sinneskraft des Auges; ist es ein Hörbewusstsein, ist die gemeinsame Sinneskraft die Sinneskraft des Ohres usw.


    Mit Sinneskraft sind nicht die materiellen Organe gemeint, sondern die Kraft, die es dem Auge ermöglichen, Farben und Formen wahrzunehmen; die es dem Ohr ermöglichen Töne wahrzunehmen usw.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Deine Gedankenspielerei zeigt, dass du an Philosophie nicht interessiert bist und weder weißt was im Herzsutra mit Leere gemeint ist, noch weißt was ein Vakuum ist.

    "

    Die Musik ist das Ungeheure.

    Wer sie mit Hingabe hört, gehört zum Sein.

    Philosophie ist der Versuch, das Leben auszuhalten,

    wenn die Musik aufgehört hat zu spielen

    "


    Was ich vom Vakuum weiss, dass es zwar nichts "enthält", aber nicht "tot" ist, weil es von den Fluktuationen geheimnisvoller "Felder" durchdrungen ist ?


    Eine empirische Analogie zur "Leere" des Herz-Sutra, die zwar nichts enthält (auch keine "Geistesfaktoren"), aber dennoch lebendig ist ?


    :?

  • Sprache ist nichts eigenes, Gedanken sind nichts eigenes - sie werden ergriffen und von einem Ich-Bewusstsein angeeignet. Fällt das Ich, dann fallen auch die Gedanken und die Worte. Das ist wie ein Vorhang, der im Theater die Vorstellung beendet.

    Ein schönes Gleichnis.


    Im Anfängergeist sind alle Erscheinungen nur ein Spiel, und Samsara der kreative Spielplatz erwachter Kinder, die wissen, das sie Theater spielen, und bei der Wahl des Genre und der Rolle ein karmisch begrenztes Mitspracherecht haben ?


    :party:

  • Dies ist aber eine andere Beziehung als die Beziehung, die mit der Übereinstimmung von Hauptgeist und Geistesfaktor beschrieben wird.


    Da der Hauptgeist und die ihn begleitenden Geistesfaktoren gleichzeitig existieren, haben sie gemeinsame Grundlagen. Eine dieser gemeinsamen Grundlagen ist die Sinneskraft auf der sie beruhen. Ein geistiges Bewusstsein und seine begleitenden Geistesfaktoren haben als eine Grundlage die Sinneskraft des geistigen Bewusstseins. Dies ist die Wahrnehmung, die selbst ein geistiges Phänomen ist.

    Im Koma-Zustand oder während eines sehr tiefen Schlafes ohne Träume gibt es keine "Sinnenkraft".

    Wie kann man den "Haupt-Geist" definieren? :?:

    Das Ganze wirkt für mich wie eine ausgeklügelte intellektuelle Akrobatik, und ich bezweifle sehr, dass es in der Praxis tatsächlich nützlich sein kann.

    Anders ausgedrückt könnte man auch vom Lebenskontinuum-Bewusstsein sprechen, in dem keine Wahrnehmung stattfindet. Das wäre vergleichbar mit Atman, oder? 8)

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich meine den Buddha, von dem überliefert wurde, dass er nur das "Leiden und des Leidens Aufhebung" lehrte

    Meine Frage, was du mit "beim Buddha" meinst, bezog sich auf die Präposition "beim". Beim Buddha auf dem Schoß, beim Buddha auf den Schultern oder beim Buddha zu seinen Füßen sitzend. Du meinst also einen bestimmten Buddha, von dem überliefert wurde, dass seine Lehre sich exklusiv um das Leiden und dessen Aufhebung dreht. Im nächsten Satz sagst du auch wo man diese Lehre findet, nämlich "in zwei Hand voll Pali-Sutten".


    Diese reine Lehre und deren Einfachheit sind wie du sagst eine Überlieferung (von vielen) und eine Vorstellung. Einen unmittelbaren Zugang zu der authentischen Einfachheit gibt es nicht. Nur durch Vermittlung einer bestimmten Tradition und Schulbildung sind sie für uns heute zugänglich.

    Ich sagte ja schon, des geht nicht um Fragen an sich, sondern darum, ob man beim Fragen auch den Fokus halten kann

    Und der Fokus wäre, das Leiden und dessen Aufhebung? Die philosophische Erklärung und Untermauerung von der Lehre Buddhas soll stets auf diese Kernfrage bezogen bleiben. Das ist sicher ein sinnvoller Grundsatz beim Philosophieren im Sinne des Buddhismus.

    Wie in der Geschichte als auch heute gelingt das vielen nicht, deshalb sind ja die verschiedenen Schulen entstanden, was auch nicht viel genützt hat, wenn ich mir anschaue was hier regelmäßig Unverdautes Nargarjuna unterstellt wird. Beim Yogacara ist es nicht besser, da hat vielleicht einer von 1000 das Lankavatara-Sutra gelesen, die anderen kauen Kommentare von Kommentaren von Kommentaren wieder.

    Du meinst, dass die mangelnde Belesenheit und das fehlende Wissen über die Primärquellen, was zum Verlust des Fokus auf die Kernfrage führt, gegen philosophische Diskussion sprechen. Wenn sie entsprechend fundiert, belesen und fokussiert daher kommt, wäre sie durchaus sinnvoll? Da das aber nicht möglich ist, sollte man es lieber gleich lassen.

    Das ist für mich keine Philosophie, sondern nur Scholastik und Wichtigtuerei.

    Was ist diese unerreichbare wahre Philosophie jenseits der Wichtigtuerei? Es mag ja sein, dass bei philosophischen Diskussionen immer eine gute Portion Wichtigtuerei mit dabei ist - wobei ich mich nicht ausnehmen würde. Aber auch diejenigen die hier für eine Anti- Philosophie und Rückker zur Einfachheit plädieren, beteiligen sich ja an diesem absurden Theater-Spiel.


    "Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen."

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Eigentlich war ja meine ursprüngliche Idee für diesen Thread sich über die Theorien von Ursachen und Wirkungen in der buddhistischen Abhidharma-Philosophie auszutauschen.


    Jetzt ist daraus doch eher eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Philosophie und Philosophieren an sich geworden. Ist ja auch spannend. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns in dem Punkt einig werden.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte