Meditationsplan erstellen?

  • Jetzt fällt mir das auch auf. -()- Gruß von Helmut

  • Das hat mir doch keine Ruhe gelassen. Vorsicht, echt lang (ich hab gerade Ferien).


    diamant:

    Der Körper begibt sich nämlich nach meiner Beobachtung weltweit, wo die Leute sich hinsetzen, bevorzugt in eine entspannte Haltung (...) Aus diesem Grund kann einer auch länger im Sessel sitzen als im Zazen.


    Ist das so? Hast du mal 40 Minuten bewegungslos im Sessel gesessen, ohne deine Position zu verändern?


    Zitat

    Ich danke Dir für Deine ausführliche Beschreibung. Denke jedoch, dass du einem Irrtum aufsitzt, was andere Übende angeht. Auch die Leute, die seit 30 Jahren Zazen machen, erleben dabei körperliche Pein. Selbst die ernannten Meister oder "Erwachten". Die lässt nur nach, weil sie sich eben an diese Form der Haltung gewöhnen und gleichzeitig ihre Duldsamkeit erhöhen. Der Leiter von Eisenbuch musste sich, wie man mir vor Jahren sagte, einer Knieoperation unterziehen. Wie krummbuckelig der uralte Abt des Eiheiji aussah, habe ich ja schon mal schmunzelnd kommentiert.


    Ja, ich denke, dass viele Japaner (und ihre westlichen Schüler) beim Zazen rücksichtslos mit ihrem Körper umgehen. Da hat die Kultur die Übung überformt. Ich selbst musste eine Zeit lang ziemlich offensiv meine Übungsweise gegen einen Lehrer verteidigen, der aus der Soto-Tradition kommt, und in dessen Sangha ich seit Jahren sitze (ich habe bei ihm angefangen, und ein Wechsel lohnt sich nicht, andere - für mich geographisch erreichbare - Lehrer sind auch nicht anders). Das ging so weit, dass ich dem Kyosaku-Mann androhte, aufzuspringen und ihm eine runterzuhauen, wenn er bei seiner Runde noch mal versucht, mich zu "korrigieren". Danach haben sie mich bei den Übungsperioden in Ruhe gelassen.


    Inzwischen, zwei Jahre später, spricht dieser Lehrer selber davon, dass man den Körper nicht in die Haltung hineinzwingen darf, dass sie sich entwickeln muss. Aber er benutzt immer noch ein aggressives, aktionsorientiertes Vokabular (drücken, pressen, stoßen), das für Anfänger vollkommen falsche Signale setzt. Ich ignoriere das.


    Zitat

    Natürlich kenne ich diese Augenblicke, wo der "Sitzschmerz" völlig überraschend mittendrin abfällt. Das ist in der Tat erstaunlich.


    Wenn es erstaunlich und überraschend bleibt, hast du noch nicht durchschaut, wie der Schmerz entsteht, und was die Basis für die Veränderung schafft. Wenn du DAS durchschaust, kommst du weiter.


    Zitat

    Den Unterschied zwischen "Körper durcharbeiten" und "Betrachten des Geistes" kann ich so nicht unterschreiben. Wenn ich Schmerzen beim Zazen habe, tauchen die doch auch im Geiste auf, ansonsten gibt es auch nichts durchzuarbeiten.


    Ein sehr guter Chan-Lehrer, der leider in den USA lebt und dessen Retreats ich daher nicht besuchen kann, hat mir mal was bestätigt, worauf ich durch Zufall und intuitiv gekommen bin, und DAS ist meiner Meinung nach entscheidend: das allererste, womit du übst, ist der Körper. NICHT mit den Gedanken, die zum Körpergeschehen entstehen.


    Die Schmerzen selbst tauchen also nicht im Geist auf, sondern im Geist tauchen Gedanken zu diesen Schmerzen auf. Das ist etwas völlig anderes als die Schmerzen selbst. Diese Unterscheidung ist die absolute Grundlage für eine richtige Praxis.


    Was geschehen muss, ist: Die Aufmerksamkeit bleibt auf der sensorischen Ebene, der Fokus bleibt strikt bei den sensorischen Ereignissen ("sensate level, visceral phenomena"). Gedanken dazu sind natürlich da, sie brabbeln im Hintergrund und man braucht sich nicht mit ihnen zu beschäftigen - außer aufzupassen, dass sie nicht diie Oberhand übernehmen. Sie KÖNNEN nicht aufhören. Erst wenn der Körper zur Ruhe gekommen und vollkommen entspannt ist, kommen auch die Gedanken zur Ruhe - und das kann lange dauern.


    Bis dahin gilt: Die Gedanken zu betrachten, auch wenn es Kommentargedanken zum Körpergeschehen sind, heißt, NICHT mit voller Aufmerksamkeit beim Körper zu sein. Und das führt dazu, dass man seine körperlichen Probleme nicht vollständig wahrnimmt, und nicht angemessen damit umgeht. Und das wiederum führt im schlechtesten Fall zu gewaltsamem Sitzen mit daraus folgenden Verletzungen, und im besten Fall dazu, dass man seine Sitzperioden auf eine so kurze Dauer beschränkt, dass nichts kaputt geht.


    Zitat

    Wer sich deshalb in Zazen setzt, schafft also physische Pein, wo gar keine sein müsste, und behauptet, sie würde prophylaktisch anderer Pein vorbeugen. Dann ist Zazen tatsächlich ein "um ... zu", eine Art Physiotherapie. Die aber sicher zu den schlechteren gehört, weil sie an anderer Stelle den Körper wie gesagt auch belastet.


    Wer sich in Zazen setzt und richtig übt (und das herauszufinden ist zugegebenermaßen nicht einfach), schafft keine physische Pein, sondern macht bereits existierende psychophysische Pein wie unter einem Vergrößerungsglas sichtbar, bevor sie sich z.B. im Alltag z.B. als körperliche Einschränkung manifestieren kann. Er hört auf, jedem Pipi auszuweichen, und das führt auf Dauer zu überraschenden Veränderungen.


    Wenn man das lange und sorgfältig genug übt, kommt man auch zu der Identität von emotionaler Pein und physischer Pein, und schließlich zu der Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Gedanken und Körper. Und das geht über Physiotherapie weit hinaus. Wahrscheinlich geht´s da noch weiter, aber davon habe ich im Moment noch keine Ahnung.


    Zitat
    Zitat

    Die eigentliche Zenübung in deinem Sinne, also das Betrachten des Geistes, kommt erst, wenn der Körper im Wesentlichen durchgearbeitet ("durchschaut, durchfühlt") ist.


    Dieser Satz bietet mir die Gelegenheit, mein Verständnis oder meine Erfahrung zusammenzufassen. Zazen ist eine gute Sache. Meditation an sich ist empfehlenswert. Aber ich glaube fest, dass unser Körper uns wesentlich beschränkt und bestimmt, inclusive natürlich unseres Gehirns. Wir können da machen, was wir wollen, es wird der Körper sein, der unser Leben beendet, nicht der Geist. Deshalb ist das Betrachten des Geistes - abgesehen davon, dass es eine Hirnübung ist - nicht wesentlich von einer Körperübung abhängig.


    Ja. Und nein. Richtig, unser Körper beschränkt und bestimmt uns. Und genau deshalb ist das Betrachten des Geistes zu 100% vom Körper abhängig.


    Zum Einen sind wir uns in der Regel nicht dessen bewusst, wie stark unser Körperzustand unser Denken - sei es begrifflich oder sonstwie - determiniert. Beispiel: Dieselbe Situation wird für uns völlig unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem ob wir entspannt oder verspannt sind. Wenn wir verspannt sind, ohne das zu merken (was die Norm ist), entsteht daraus in der Regel Fehlwahrnehmung, Fehlbeurteilung, und auf Dauer ein unangemessenes Weltbild, ein Set von unangemessenen Handlungsmustern. Solange das nicht übermäßig dysfunktional ist, fällt uns das überhaupt nicht auf. Wir halten das für normal, und nennen es Charakter oder Persönlichkeit.


    Dies vollständig zu durchschauen ist einer der wichtigsten Zwecke der Übung. Und das kann Jahre und Jahrzehnte dauern. Dass man diese Übung (in vitro) auch in komplexere Situationen (in vivo) übertragen will und soll, ist irgendwie klar. Wenn man mit der in-vitro-Übung aber zu früh aufhört, macht man sich was vor. Die interessante Frage ist nun: wann ist zu früh?


    Zum Zweiten: was betrachtet denn da den Geist? Betrachtet etwa der Geist den Geist? Wenn du das denkst, dann denkst du nur, du betrachtest - in Wirklichkeit denkst du aber. Denn das wäre nur ein Aneinanderreihen von Gedanken: Gedanke A, darauf folgt Betrachtungsgedanke A1, darauf folgt Gedanke B, darauf folgt Betrachtungsgedanke B1 und so weiter. Diese Art von "Betrachtung" bringt überhaupt nichts - sie ist einfach Fortsetzen des Denkens mit anderem Inhalt.


    Dazu muss ich nicht Buddhist werden, das machen die Christen auch, und jeder Atheist, der einem humanistischen Ideal folgt. Also, was ist Betrachten, und was ist es, das da betrachtet? Kommt das Betrachten aus dem Körper? Wenn ich mir diese Fragen stelle, will ich automatisch Körper und Geist in eine ruhige, möglichst unkomplexe Situation bringen - einfach damit ich genauer sehen kann, was da vor sich geht.


    Zitat

    Was Huineng also lehrte, ist für mich, dass es keines "formalisierten Körpers" bedarf, diesen Geist zu üben. Wenn der Körper bei Huineng eine Rolle spielt, dann als im Alltag "tätiger" Geist, also indem er das umsetzt, was der Geist erkannt hat oder was ein Loslassen der anhaftenden Gedanken widerspiegelt.


    Es wäre interessant zu sehen, ob Huineng wirklich eine solche Körper-Geist-Beziehung postuliert, wie du sie hier darlegst, nämlich dass der Körper ein Vehikel für den darin wohnenden Geist ist. Was ja eher ein Descarte´sches Modell ist - richtig (Schulwissen :()?


    Mein Fazit bleibt also: Nach allem, was ich aus Eurer Diskussion verstanden habe, postuliert Huineng lediglich, dass eine formalisierte Praxis ohne rechte Aufmerksamkeit zwecklos ist, und dass sich die Praxis nicht auf die formalisierte Praxis beschränkt.

  • Jojo:


    Mein Fazit bleibt also: Nach allem, was ich aus Eurer Diskussion verstanden habe, postuliert Huineng lediglich, dass eine formalisierte Praxis ohne rechte Aufmerksamkeit zwecklos ist, und dass sich die Praxis nicht auf die formalisierte Praxis beschränkt.


    Was nunmal nichts anderes heißt, als dass es viele Wege gibt. Von nur-Sitzen, über viel-Sitzen bis wenig-Sitzen oder auch gar-nicht-Sitzen ist alles möglich. Alles kann funktionieren, und umgekehrt funktioniert weder das eine noch das andere automatisch. Das ist doch eine ganze Menge, was Huineng da einräumt.

  • Sôhei:

    Was nunmal nichts anderes heißt, als dass es viele Wege gibt. (...) Alles kann funktionieren, und umgekehrt funktioniert weder das eine noch das andere automatisch.


    Absolut. Und leider, sonst wäre es schön einfach... :( Wie genau praktizierst du eigentlich?

  • Jojo:


    Zum Einen sind wir uns in der Regel nicht dessen bewusst, wie stark unser Körperzustand unser Denken - sei es begrifflich oder sonstwie - determiniert. Beispiel: Dieselbe Situation wird für uns völlig unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem ob wir entspannt oder verspannt sind. Wenn wir verspannt sind, ohne das zu merken (was die Norm ist), entsteht daraus in der Regel Fehlwahrnehmung, Fehlbeurteilung, und auf Dauer ein unangemessenes Weltbild, ein Set von unangemessenen Handlungsmustern. Solange das nicht übermäßig dysfunktional ist, fällt uns das überhaupt nicht auf. Wir halten das für normal, und nennen es Charakter oder Persönlichkeit.
    Dies vollständig zu durchschauen ist einer der wichtigsten Zwecke der Übung. Und das kann Jahre und Jahrzehnte dauern. Dass man diese Übung (in vitro) auch in komplexere Situationen (in vivo) übertragen will und soll, ist irgendwie klar. Wenn man mit der in-vitro-Übung aber zu früh aufhört, macht man sich was vor. Die interessante Frage ist nun: wann ist zu früh?


    Hmm, sorry, aber da bin ich definitv anderer Ansicht. Hier entsteht bei mir der Eindruck, dass du das Sitzen zu einer Art Körperarbeit hochstilisieren tust. Sitzen im Seiza oder Lotossitz ist natürlich eine körperliche Arbeit; aber es gibt m.M.n. viele bessere Methoden, um mit dem Körper zu arbeiten. Rein körperlich würde ich behaupten, gibt bloßes Sitzen wirklich nicht so viel her. (Und ich kenne wirklich viele Körpermethoden, praktisch und theoretisch.)


    Auch erscheint mir deine Unterscheidung zwischen Gedanken und sensorischer Ebene doch problematisch. So als ob es ein unmittelbares sensorisches Bewusstsein gäbe, unabhängig oder frei vom Geist/den Gedanken im Kopf. Ich würde jetzt mal eher vermuten, dass auch wenn du dich ganz in deinem zwickenden Knie oder wo immer fühlst: es sind trotzdem deine Gedanken vom Knie und wie es zwickt.


    Schließlich schreibst du:

    Jojo:

    Wenn man das lange und sorgfältig genug übt, kommt man auch zu der Identität von emotionaler Pein und physischer Pein, und schließlich zu der Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Gedanken und Körper.


    Das knüpft ja jetzt doch wieder an das an, was ich im anderen Thread hinterfragt hatte, die Sache mit der "Anstrenung an der Basis körperlicher Schmerzen". Für das Sitzen, vielleicht; aber ich glaube nicht mal da ausschließlich. Und wie gefragt: wo ist die Anstrengung deinerseits, wenn die eine Kastanie auf den Kopf fällt, wenn du Kopfweh hast, wenn du vielleicht eine Erkrankung mit Schmerzen hast etc.?

  • Jojo:


    Ein sehr guter Chan-Lehrer, der leider in den USA lebt und dessen Retreats ich daher nicht besuchen kann, hat mir mal was bestätigt, worauf ich durch Zufall und intuitiv gekommen bin, und DAS ist meiner Meinung nach entscheidend: das allererste, womit du übst, ist der Körper. NICHT mit den Gedanken, die zum Körpergeschehen entstehen.

    Das kann ich bestätigen. Ich bin Meditation angefangen und hatte nur Bücher. Ich bin garnicht auf die Idee gekommen einen "Meister" aufzusuchen. Zu der Zeit war ich beim Bund in Wittmund und danach wieder in Nordenham, also in der Wüste. Die Techniken die ich erlesen habe gingen mir nach einigen Jahren auf die Nerven. Sie brachten immer nach einiger Zeit unwohlsein. Bis ich genau das getan habe, mich nur und ausschließlich um den Körper kümmerte. Seit dem wurden meine psychischen Probleme immer weniger. Eben zu üben sich nicht mit den Gedanken zu beschäftigen sondern mit dem aus dem Gedanken erscheinen. Also mit der Quelle. Diesem Körper.

    Jojo:

    Wenn man das lange und sorgfältig genug übt, kommt man auch zu der Identität von emotionaler Pein und physischer Pein, und schließlich zu der Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Gedanken und Körper. Und das geht über Physiotherapie weit hinaus. Wahrscheinlich geht´s da noch weiter, aber davon habe ich im Moment noch keine Ahnung.

    Da kommt nicht mehr viel aber das kennst Du schon, dieses Frieden mit sich selber(seinen Vorstellungen) zu haben. Befreiung von meinem Glauben das meine Vorstellungen allgemein gültig sind: Das macht doch jeder so. Zu wissen das ICH immer mit Vorstellungen verbunden ist und nur durch Vorstellungen erscheinen kann, nie nur durch Gedanken sondern immer mit mindestens der Frage:"Was soll das? verbunden wird.


    Jojo:

    Mein Fazit bleibt also: Nach allem, was ich aus Eurer Diskussion verstanden habe, postuliert Huineng lediglich, dass eine formalisierte Praxis ohne rechte Aufmerksamkeit zwecklos ist, und dass sich die Praxis nicht auf die formalisierte Praxis beschränkt.

    Da schließt sich Huineng dem Buddha an der sagt: Nicht anhängen an Regeln und Ritualen. Wir sitzen ja nicht mehr als Ritus sondern so wie Hunineng und Dogen und Buddha das gesagt haben. Handlung als Ausdruck der Möglichkeit die Dinge so zu erkennen wie sie sind. Sitzen als Regel oder Ritual ist Dukkha erzeugend. Es fördert die Unterwerfung unter Ritus und Regeln. Macht abhängig von Regeln und Riten gebenden Egos.
    Als Ausbilder: Ich lege dem Schüler Regel und Riten auf und bestehe immer streng darauf das er sie einhält. Gleichzeitig lege ich ihm einen Fleischhammer hin und sage: Das ist ein Messer! Nennst du es Fleischhammer gibs eine Ohrfeige, nennst Du es nicht Fleischhammer gibs eine Ohrfeige! WAS IST DAS!" So lernt er das es Techniken gibt nur für ihn , auf seinen Körper eingestellt und das diese immer den von mir aufgestellten Riten und Regeln widersprechen müssen denn diese ignorieren seinen einmaligen Körper mit seine einmaligen Gedanken und aber nicht seinen allgemeinen Vorstellungen.
    Vielen Dank!
    liebe Grüße
    Helmut

  • diamant:

    Was heißt es nun, wenn man eher Zen nach Dogen oder eher nach Huineng macht? b. geht in ein Kloster (das ich freilich auch für wichtig halte), um Zen zu üben. Ich gehe einfach unter Leute, die nichts davon wissen. b. zieht sich ein kesa an, ich ein T-Shirt mit einem C (für Camel) drauf. Wenn mich jemand fragt, was Buddhismus ist, dann sage ich: "Die Übung des Geistes." Wenn b. jemand fragt, was Buddhismus ist, dann sagt er: "Der Geist der Übung" (siehe oben).


    Ich geh in kein Kloster "um Zen zu üben" und da gibts auch keinen Widersprch oder Gegensatz zu "unter Leute gehen". Wer wissen will, was "Dogen-Zen" wirklich im umfasenden Sinn ist, den verweise ich ans Shobogenzo Zuimonki, an Sawaki und Uchijama, und natürlich an Orte, wo diese Tradition nach meinen Erfahrungen lebendig ist. Da klären sich dann alle Zerrbilder, die so im Umlauf sind.
    Wer von mir wissen will, was Buddhismus ist, dem sage ich: "keine Ahnung, juckt mich nicht"


    Zitat

    Vokshochschule


    Kurz nach meiner Ankunft hier n kleine Sudiengruppe ins Leben gerufen: zwei Chinesisch-Muttersprachler, einer davon mit Hochschulabschluss "Buddhismus", eine zweisprachig (chinesisch, deutsch) aufgewachsen, noch n Kumpel und Kanji-Fanatiker aus der Okumura-Truppe and me. :)


    Gute Verrichtung weiterhin.

  • nibbuti:

    empfehlenswert ist mind. 1 Stunde morgen und abends wenn man nicht auf der Stelle treten will


    Ich mache nur jeden Arbeitstag 10-15 min und ich trete nicht auf der Stelle. Es geht also auch unter 1 Stunde.

  • Jojo:

    Mein Fazit ...


    Hier meins: Dass Zazen kein bloßes Rumsitzen im Sinne von gedanklich vor sich Hinträumen sein sollte (und genau das dürfte i.a.R. passieren, wenn wir uns hinsetzen und die Sache dann einfach mehr oder weniger sich selber überlassen) ist hier ja ausführlich besprochen worden. Worum es bei diesem "geistigen Aspekt" der Übung geht, zeigen u.a. die hochkarätigen Zitate aus vor allem bels und diamants obigem Diskussionsfeuerwerk - wobei die Abspaltung eines "geistigen Aspektes" aus einer "körperlichen Übung" natürlich ein rechter Eselsplock ist, an den man sich langfristig besser nicht anbinden sollte - Ich greif mal eins heraus:


    Dumoulins Analyse des Plattformsutras, zitiert von Diamant:


    Zitat

    ... das Eigentliche ist das Nichthaften des Geistes, die ungegenständli­che Meditation, die an keinem Etwas festhält.


    Im Alltag kann solches Nichtanhaften des Geistes naheliegender Weise mit Koan praktiziert werden, indem man (z.B. mit dem Hauptkoan; meist "Mu" oder "Was ist dies?") ein intuitives Genau-Jetzt-Gewahrsein aufrecht zu halten sucht, und tut, was in der jeweiligen Situation zu tun ist, ohne durch Gedanken etc. aus dem Immer-Genau-Jetzt abzudriften (Warnung am Rande: Die Vorstellung von "genau jetzt" ist dabei natürlich auch ein dicker Eselspflock).


    bel, Jojo ...: Wie sieht's bezüglich der "geistigen Haltung" im Alltag denn laut Soto-Schulen aus? So was wie: Nur sitzen, nur arbeiten, nur essen etc?


    Die Frage, ob (und sicher zutreffende Feststellung, dass), die "ungegenständliche Meditation, die an keinem Etwas festhält" keineswegs unbedingt im Zazen, sondern auch in jeder anderen Lebenssituation verwirklicht werden kann, läuft aus meiner Sicht vor allem erst mal auf eine Art prinzipieller Erkenntnis hinaus. Ich würde mich dem genau von der entgegengesetzten Seite nähern: Die im obigen Zitat von Dumoulin bezeichnete Haltung widerspricht krass unserer seit früher Kindheit von Augenblick zu Augenblick ausgeübten, geradezu reflexhaften Denkgewohnheit. Und wenn es schon unter den relativ idealen Bedingungen des Zazen fast unmöglich scheint, dass auch nur für wenige Augenblicke halbwegs konsequent umzusetzen - um wie viel schwieriger wird's erst im Alltag, wo unser Denkorgan quasi ständig gefordert ist! Es ist daher wohl auch kein Zufall, dass in zumindest allen mir bekannten Zenschulen ein enormer Fokus auf der Praxis des Zazen liegt, egal ob dort mit oder ohne Koan praktiziert wird.


    @ Sanshin: Einen verbindlichen Meditationsplan zu erstellen, kann in diesem Sinne also durchaus sinnvoll sein. Hier sei von meiner Seite besonders noch mal auf Thursdays sehr treffenden, letzten Beitrag weiter oben hingewiesen. Das Ausmaß hängt natürlich in erster Linie von deinem Zeit-Budget und deiner Sitzpower ab, allmähliche Steigerung inbegriffen.


    _()_
    Tai

  • Tai:

    Zitat

    wobei die Abspaltung eines "geistigen Aspektes" aus einer "körperlichen Übung" natürlich ein rechter Eselsplock ist.


    Die Abspaltung eines körperlichen Aspektes aus einer geistigen Übung auch. Wobei ich das nicht Eselspflock nennen würde. Einfach nur ne`Fessel`.
    Die Atmosphäre einer Zendo, ihre Form, die Art des Umganges, ist ein wesentlicher Aspekt, genauso, ob die Begleiter `gut`sind. Eine `gute`, hilfreiche Atmosphäre ist geprägt von Gleichmut, Friedfertigkeit und Präsenz. Sie ist -sozusagen- anständig. Wenn nicht, setzt man sich eh auf ein Nagelkissen.
    Jojo sagt, dass der Körper Einfluss auf die Psyche hat, wiederum auf das Weltbild, aber ich sehe es eher umgekehrt - wobei, wenn körperliche Probleme im Vordergrund stehen, sieht man das eben vielleicht eben so. So wie ich das sehe, reagiert der Körper auf den Geist, die Psyche, bzw. auf deren Gesinnung. Ich halte es grundsätzlich für falsch Körper & Geist gesondert zu betrachten. Zazen ist Geistbetrachtung. `Dzogchen` würde sagen: "Gewahrsein im Auge des Sturms". Aber Geist und Körper sind eins. Körper, Gefühle, Vorstellungen, Gedanken, Bewusstsein bedingen sich gegenseitig - und ursachenlos.


    Es ist Unerfahrenheit oder sehr einseitige Erfahrung, die sich sagt, dass regelmäßiges - auch formelles Sitzen- obsolet wäre. Aber wem erzähl ich das ? :lol:



    Grüße
    Blue_

  • Tai:

    bel, Jojo ...: Wie sieht's bezüglich der "geistigen Haltung" im Alltag denn laut Soto-Schulen aus? So was wie: Nur sitzen, nur arbeiten, nur essen etc?


    Ich bin natürlich immer noch entsprechend meiner Art ziemlich chaotisch, ich registriere aber auch, wie sich fast unmerkliche Änderungen in einer stabilen Weise in neuem Verhalten kumulieren.
    Dabei hat mir ganz sicher auch der Klosteralltag geholfen, in dem Zazen ja nur ein Teil des Lebens, der Übung ist. Der Tag ist genau so organisiert, das offensichtlich wird, was nur essen, nur arbeiten, nur zuhören, nur rezieieren, usw bedeutet. Und die Leute dort unterscheiden sich mit ihren Problemen, Macken und liebenswerten Seiten überhaupt nicht von "normalen Leuten". Es gibt dort die selben Reibungen und Ablenkungen wie auch außerhalb. Nur eben auch einfach durch den Alltag organisiert, ständige Aufforderung/Gelegenheiten einen Schritt zurück zu treten.


    Ich glaube tatsächlich nicht, dass ein verwirrter Geist sich selbst zur Unverwirrtheit wenden könnte. Das wäre so, wie ein Sprichwort sagt, den Teufel mit dem Bezelbub austreiben zu wollen. Deshalb kann auch eine "Übung des Geistes" nicht iwas anderes bewirken als nur noch größere Verwirrung. Einschließlch sog. Erleuchtungserlebnisse.


    Was aber immer möglich ist, immer Jetzt eine Entscheidung zu treffen, sich mit einer bestimmten Geisteshaltung für das Jetzt ganz, also mit dem ganzen Körper-Geist, zu entscheiden. Und dann guckt man, was da passiert. Und wenn du nicht guckst, boxt dir einer in die Rippen. Dann versuchst du es halt wieder - usw.
    Dieser ununterbrochene, immerwährende Versuch selbst ist die "Ausübung" und eben darin niemals von "Erwachen" getrennt.

  • Tach Leute.
    Schöner Satz:


    blue_aprico:

    Aber Geist und Körper sind eins.


    Sie sind eins. Fühlt sich an wie zwei, sind eins.
    Das, was da Gedanken "nur betrachtet", das, was da den Atem "nur betrachtet", das, was da die schmerzenden Knie "nur betrachtet", was ist das? In irgendeiner Form an irgendeiner Stelle getrennt vom Denkenden, der atmet und ein Aua hat?
    Das, was sich "sinn-los" oder "zweck-los" hinsetzt, was ist das? Warum setzt es sich hin, wenn es doch zwecklos ist?


    Wo ist die Trennung?


    Viele Grüße
    Andreas

  • Andreas:

    Tach Leute.
    Schöner Satz:


    blue_aprico:

    Aber Geist und Körper sind eins.


    Sie sind eins. Fühlt sich an wie zwei, sind eins.


    Das ist eine Vorstellung/ein Konzept von Einssein.
    Geist = Körper und Körper = Geist - leider stellt man sich hier auch gleich wieder was vor. Das Problem ist sprachlich: "Körper" als Begriff ist ein Name für ein Ding. "Geist" als Begriff ebenso. Damit ist nicht erfasst, was das ist und es ist letztlich auch nicht zu erfassen. Das aber muss man selbst erfahren, denn es hilft nichts, sich hinzustellen und zu sagen "Es ist nicht zu erfassen", wenn man sich nie um diese Erfassung wirklich bemüht hat.
    In jedem Fall kann man Körper=Geist nicht fühlen. Genauso wie man Einssein nicht fühlen kann.

    Zitat


    Wo ist die Trennung?


    In der Vorstellung. Und sonst nirgends.

  • Von wem redest du hier, Frau Donnerstag ? Wen willst Du belehren ? Seit wann ist denn Körper Geist nicht fühlbar dem "fühlendem Wesen " :roll:

    Zitat

    Geist = Körper und Körper = Geist

    *kopfschüttel* - mal drüber schlafen ? :)

  • Bel:

    Zitat

    Dieser ununterbrochene, immerwährende Versuch selbst ist die "Ausübung" und eben darin niemals von "Erwachen" getrennt.

    Genau. Nicht getrennt, da der stete Versuch, dieser Wunsch, dieser Antrieb-religiös- ein Abzeichnen des Erwachens ist. Wer teilt da noch nach formell oder nicht-formell ? Da ist einfach eine Chance.



    Grüße, Alles Gute
    Blue_

  • Zitat

    Ich glaube tatsächlich nicht, dass ein verwirrter Geist sich selbst zur Unverwirrtheit wenden könnte.


    Auch ich glaube das nicht. Aber es können eben Bedingungen eintreten, die es möglich machen.

  • Sôhei:

    Hmm, sorry, aber da bin ich definitv anderer Ansicht. Hier entsteht bei mir der Eindruck, dass du das Sitzen zu einer Art Körperarbeit hochstilisieren tust. Sitzen im Seiza oder Lotossitz ist natürlich eine körperliche Arbeit; aber es gibt m.M.n. viele bessere Methoden, um mit dem Körper zu arbeiten. Rein körperlich würde ich behaupten, gibt bloßes Sitzen wirklich nicht so viel her. (Und ich kenne wirklich viele Körpermethoden, praktisch und theoretisch.)


    Hm, kann natürlich sein, dass ich die wirklich effektiven Methoden einfach nicht kenne.


    Zitat

    Auch erscheint mir deine Unterscheidung zwischen Gedanken und sensorischer Ebene doch problematisch. So als ob es ein unmittelbares sensorisches Bewusstsein gäbe, unabhängig oder frei vom Geist/den Gedanken im Kopf. Ich würde jetzt mal eher vermuten, dass auch wenn du dich ganz in deinem zwickenden Knie oder wo immer fühlst: es sind trotzdem deine Gedanken vom Knie und wie es zwickt.


    Ja, kann sein, dass ich einfach noch nicht klar genug sehe.


    Zitat

    Schließlich schreibst du:

    Jojo:

    Wenn man das lange und sorgfältig genug übt, kommt man auch zu der Identität von emotionaler Pein und physischer Pein, und schließlich zu der Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Gedanken und Körper.


    Das knüpft ja jetzt doch wieder an das an, was ich im anderen Thread hinterfragt hatte, die Sache mit der "Anstrenung an der Basis körperlicher Schmerzen". Für das Sitzen, vielleicht; aber ich glaube nicht mal da ausschließlich. Und wie gefragt: wo ist die Anstrengung deinerseits, wenn die eine Kastanie auf den Kopf fällt, wenn du Kopfweh hast, wenn du vielleicht eine Erkrankung mit Schmerzen hast etc.?


    Du willst darauf hinaus, dass es Schmerzen gibt, die einem (ohne eigenes Zutun) zugefügt werden? Na klar.


    Ich muss zugeben, dass ich meine jeweils letzte Entdeckung in der Regel für die Wahrheit halte. Langsam komme ich dahinter, dass auf jede neue Entdeckung irgendwann eine noch neuere Entdeckung folgt, aber so richtig eingesickert ist das noch nicht…

  • Tai:

    bel, Jojo ...: Wie sieht's bezüglich der "geistigen Haltung" im Alltag denn laut Soto-Schulen aus? So was wie: Nur sitzen, nur arbeiten, nur essen etc?


    Keine Ahnung, was die offizielle Soto-Doktrin angeht, muss ich komplett passen.
    Ich wurstel mich so durch.

  • Jojo:
    Sôhei:

    Hmm, sorry, aber da bin ich definitv anderer Ansicht. Hier entsteht bei mir der Eindruck, dass du das Sitzen zu einer Art Körperarbeit hochstilisieren tust. Sitzen im Seiza oder Lotossitz ist natürlich eine körperliche Arbeit; aber es gibt m.M.n. viele bessere Methoden, um mit dem Körper zu arbeiten. Rein körperlich würde ich behaupten, gibt bloßes Sitzen wirklich nicht so viel her. (Und ich kenne wirklich viele Körpermethoden, praktisch und theoretisch.)


    Hm, kann natürlich sein, dass ich die wirklich effektiven Methoden einfach nicht kenne.


    Also, ich respektiere Sitzen im Lotossitz oder Seiza als ernstzunehmende körperliche Herausforderung, aber was soll denn da groß passieren?
    Durch das stabile Ruhen kann sich die Wirbelsäule ausrichten, der Lendenwirbelbereich wird gelängt, die Schultern können sinken, es kann Spannung und Verspannung aus dem Brust- und Schulterraum genommen werden, und die Atmung vertieft sich (und wird auf Bauchatmung umgestellt, falls man noch Brustatmer war).
    Klar, das ist eine feine Sache; aber viel mehr ist dann doch nicht drinn. Im Vergleich zu anderen Methoden wie Pilates, Feldenkrais, Hatha-Yoga, Jacobson, Rolfing, Bioenergetik, Qigong oder Kampfkünsten und wie dort mit dem Körper gearbeitet wird ist das m.M.n. verschwinden wenig.
    Durch Sitzen gibt es keine Kräftigung der so wichtigen Beinmuskulatur, es wird nicht gedehnt und gestreckt, die Flexibilität der Wirbelsäule wird nicht geschult aktiviert, das Herz-Kreislauf-System wird nicht beansprucht, es wird nicht die Funktionalität und Effektivität in der Bewegung untersucht, Fehlhaltungen im Stand und Gehen sind kein Thema, körperliche Sperren und Verhaltensweisen werden nicht gezielt angegangen etc. etc. Das meine ich damit.


    Auch wenn es historisch zwar ein Mythos ist: nicht umsonst heißt es ja, dass Bodhidharma den Mönchen ob ihrer beklagenswerten körperlichen Verfassung Körperübungen beigebracht hat.

  • Da drängt sich einem doch glatt die Frage auf, WTF haben sich der Shakyamuni und auch Bodhidharma dabei nur gedacht, so zu sitzen.

  • bel:

    Da drängt sich einem doch glatt die Frage auf, WTF haben sich der Shakyamuni und auch Bodhidharma dabei nur gedacht, so zu sitzen.


    Na ja, der Bodhidharma hat ja die entsprechende Gymnastik gekannt; und der Shakyamuni als alter Kriegersproß war ja wohl auch fit genug :)
    Aber im Ernst - wie genau die wie lange gessesen sind, weiß ich nicht. Weißt du es?


    Davon abgesehen habe ich ja nur gesagt, dass Sitzen als Körperarbeit nicht das Optimum darstellt. Aber das war ja wohl auch nicht deren Absicht, oder?

  • Sôhei:

    wie genau die wie lange gessesen sind, weiß ich nicht. Weißt du es?



    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Sohei:

    Zitat

    Aber im Ernst - wie genau die wie lange gessesen sind, weiß ich nicht. Weißt du es?


    Gibt sicher auch da ne Geschichte drüber. Aber mal im Ernst, was tut einer und tut nicht, wie Bodhidharma, wohl in der Abgeschiedenheit der Berge ?Warum ist er da wohl hinaufgestiegen ?


    Wenn die Energie wach wird, tut sich so einiges im Zazen. Es braucht eine Form dafür. Keine Form in die man sich rein zwingt, keine Marmorstatue, im Gegenteil, aber ne Art Grundhaltung des Körpers und des Bewusstseins. Dann kommt die althergebrachte Form von alleine `hoch`und `fest` und `geschmeidig`. Von innen. Das ist nur eine Sache, die sich da tun kann. Mir ist es verständlich was Jojo schreibt, obwohl ich nicht die selben Schwierigkeiten habe. Es ist mit Erstaunen verbunden, wenn sich was tut. Zumal was der `Transformation`. Es ist etwas zwischen eigenem Tun und Nicht-eigenem-Tun. Wenn du dann niemanden hast mit dem du das teilen kannst, dann schreibst du vielleicht darüber. Und schaust weiter. Oder du behälst es für dich. Und schaust weiter.


    Wie auch immer.
    Grüße
    Blue_