Gute Lehrer / schlechte Lehrer

  • Solche Theorien habe ich anderswo schon gelesen und sie fußen für mich auf einer Verneinung des Zens und auf fast schon Verschwörungstheorien, weil ich für meine Meinung hier unter anderem Zen Patriarchen zitiere und belege. Es sollte jedem auffallen, dass man sich hier nur mit Thesen, die man nicht weiter beweist oder verargumentiert ausdrückt und ganz bewusst die Zitate der Zen Meister ignoriert, anders funktionieren solche Ansichten auch nicht!!! Das ist typisches Gefasel von Leuten, die sich in der Materie nicht auskennen und leider auch ein wenig abgerutscht sind. So ein Vermeidungsverhalten von offensichtlicher Wahrheit, ist für mich ein Zeichen das da was nicht stimmt, ich hoffe die die du da lehrst, wissen da besser zu unterscheiden, ansonsten wirds wie gesagt, gruselig.


    Es ist für mich nicht schwer nachvollziehbar, das die Zen-Praxis da nicht begriffen wurde, damit führt die weltliche Ansicht zu nur noch mehr Arroganz und Hass. Die moralischen Tugenden/Sila wörtlich nehmen zu müssen und dann andere als "Wixxer" zu beleidigen, sollte jedem Zeigen, wie viel moralische Tugend da mit deinen Methoden kultiviert wurde, vielleicht sollte statt moralischer Tugend, Selbstreflektion ein Punkt sein, mit dem man einen authentischen Lehrer erkennt, um auf die Anfangsfrage zurückzukommen.


    Hui-Neng:

    “Good friends, the deluded speak with their mouths, but the wise practice with their minds."

    Huang-po:

    Every day whether you are walking, or standing, or sitting, or lying down, or when you are speaking, as long as you don’t become attached to conditioned things, whatever you talk about or look at will be free of karma.

    Nur so! Lässt sich ethisches Zen Handeln in den Alltag integrieren. Alles andere ist anhaftendes Ego. Die Vergangenheit zeigt, wenn man sich mit solchen Leuten selbst mal auseinandersetzt, es schnell klar wird, was für moralische Überflieger das sind.

    2 Mal editiert, zuletzt von ykxjbk1 ()

  • Es ist schon traurig, wie solche Diskussionen immer damit enden, dass auf einmal ich der Unmoralische bin.


    Seufz... eines Tages werde also hoffentlich auch ich meine Schülerinnen wirklich selbstlos begrapschen können, um meine moralische Tugend zu beweisen.


    PS Du bekommst von mir gerne einen Einser in "Zen-Meinungen mit Patriarchen-Zitaten Belegen" :lol:

  • Eines Tages werde also hoffentlich auch ich meine Schülerinnen wirklich selbstlos begrapschen können, um meine moralische Tugend zu beweisen.

    Ach Leute, ich weiß es nicht... das ist doch auch unsinnig. Sex ist nix unmoralisches, auch sexuelles Verlangen bei Zen-Lehrern nicht. Zudem hinterfragt Zen in Wort und Tat tatsächlich in vielen Kontexten gesellschaftliche Normen und Wertvorstellungen, und bereitet so den Weg, konventionelle Verhaltens- und Denkmuster zu durchbrechen. Ein zentraler und wichtiger Schritt, meiner Ansicht nach.


    Dieser globale, tiefgehende Zweifel im Zen an allen festgefügten Wertvorstellungen und Normen ist auch dem Umstand geschuldet, dass Zen eine situative Ethik anstrebt und verfolgt, keine deontologische Ethik, die auf festen, vordefinierten Moralvorstellungen fußt. Bevor eine Situation entsteht, ist in der situativen Ethik nicht klar, welches Verhalten das angemessene ist, weil es keine feste Direktive gibt.


    Wenn nun diese beiden Konzepte (das westliche, deontologische, und das im Hier und Jetzt stattfindende konkret-situativ ethische Verständnis) aufeinandertreffen, sind Konflikte, Probleme, Missdeutungen fast schon vorprogrammiert. Natürlich sind im Zen deshalb destruktives oder konstruktives Verhalten oder Verantwortung nicht aufgelöst, im Gegenteil: Man kann sich innerhalb der situativen Ethik eben nicht darauf berufen und verlassen, dass eine Handlung richtig oder falsch ist, weil andere sie als solche zuvor allgemein definiert haben, denn jede Situation bildet im Zen eine wirklich neue, nicht mit vorhergehenden Situationen vergleichbare Bewertungsgrundlage. Darum ist die Verantwortung auch total und kann nicht in Richtung allgemeiner Gesetze delegiert werden. Das ist in einem tiefen Verständnis der unendlich komplexen kausalen und relationalen Bedingtheit (= Leerheit) aller Phänomene begründet, also einer ontologischen Grundannahme der buddhistischen Lehre.


    Es gibt auch hier natürlich unheilsame, falsche und verletzende Verhaltensweisen, denn eine situative Ethik ist sicher kein Garant dafür, dass die Handlung per se gut oder angemessen ist, nur weil ein Zen-Praktizierende oder -Meistern sie tut, der glaubt, erwacht zu sein. Darum sind die 10 Kai im Zen auch so entscheidend als relative Richtungsgeber, als Übungsfeld und als Korrektive (nicht als unumstößliche ethische Normen), denn situative Ethik muss aus einem echten und umfassenden Verständnis der Situation und des Gegenübers heraus geschehen, nicht aus Zuständen von Ich-zentrierter Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit. Zudem spielt die Motivation in der situativen Ethik eine zentrale Rolle.


    Jenseits aller gesellschaftlichen Konventionen (nicht unbedingt entgegen!) können es auf diese Weise natürlich auch sexuelle Handlungen sein, die eine konstruktive, ethisch vollkommen angemessene Handlung aus dem Moment heraus darstellen, ebenso wie Holz hacken, essen, kacken, schlafen etc.


    Man kann diese besondere Form der Ethik im Zen natürlich ablehnen. Aber dann würde man einige zentrale Punkte des Zen und auch genrell der buddhistischen Lehre ablehnen. Es gibt keinen politisch oder moralisch korrekten Zen, denn Zen ist in letzter Konsequenz durch den situationsethischen Ansatz apolitisch und amoralisch, sofern mit Politik oder Moral auf bestehende Konventionen, tradierte Vorstellungssysteme oder Programme Bezug genommen wird.


    Das Honshin no Uta von Bankei Eitaku bringt das virtuos auf den Punkt.


    Das alles ist, das möchte ich verstanden wissen, kein Freibrief für sexuelle Übergriffe. Aber das sollte klar geworden sein, hoffe ich zumindest.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    10 Mal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • „Crazy“


    „Was hier abgeht“


    This place is a dream. Only a sleeper considers it real. Then death comes like dawn, and you wake up laughing at what you thought was your grief…


    - Rumi -

  • Traurig aber wahr. Besonders im Fall Sasaki trifft das ebensolche Schüler wie offenbar unseren Herrn Guacamole hier, die Kensho im luft- und leidleeren Raum fetischisiereren. Sie sehen in Sasakis autoritäre Rinzai-Gehabe das "echte" japanische und wollen dann partout nicht einsehen, dass der Mann einfach ein alter Wixer war :)

    Es ist ja schon etwas Paradox. Wenn Ole gefragt wird, welcher Schule er angehört, so bezieht er sich direkt auf Bodhidharma. Thích Nhất Hạnh, immerhin Linji-ordiniert, also in Ordinationslinie zu Bodhidharma, ist Persona non grata, weil er zu oft von Glück redet, den Pali-Kanon sowie die Agamas gelesen hat, sowie Yogacara sowie Reines-Land-Buddhismus in seine Lehrtradition einbezieht. Wiederkehrend wird dann ein Chan-Mönch bemüht, der dafür Zeuge stehen soll dass TNH nun keinen Chan praktiziere (ohne einen Beleg anzuführen, auch auf Nachfrage nicht). Aber sobald der japanische Zen-"Meister" in Frage gestellt wird, so will man ohne gerichtlich festgestellte Schuld erstmal nichts glauben, und selbst wenn sind die Kritiker schuld.

  • Du wirst das merken, wie standfest du bist.


    Hier mal eine unbiased Studie zur Ethik im Zen. Ich verteidige auch keinen Sasaki, ich sage nur das man bei den Fakten bleiben soll und de facto hat er nichts illegales gemacht, es war immer einvernehmlich. Auch ich frage mich, was den Sawaki so umgetrieben hat, aber ich habe gelernt nicht zu urteilen, bevor man nicht alle Umstände kennt und das was ich bisher gelesen habe, kommt den Anschuldigungen nicht gerecht. Die Leute sind an Wahrheitsfindung nicht interessiert, der hatte was mit der Schülerin, weg mit dem. So ein Gleichmut ist das. Nämlich keiner.


    Ethics in Zen


    Aber ich würde diejenigen, die so erpicht an den Geboten hängen auf jeden Fall raten die Gebote zu halten, denn dafür wurden sie ja mitunter auch gemacht, um selbst falls man in die Irre geht, was schon immer und oft der Fall ist (deswegen ja meine Aussage, erst gar nicht anzufangen), es so vorbeugend trotzdem eingedämmt wird. (Für die Zitat "wilden Fuchsgeister")


    Ch‘ing Ming! says: “There are people with minds like those of apes who are very hard to teach; people who need all sorts of precepts and doctrines with which to force their hearts into submission.’ And so when thoughts arise, all sorts of dharmas? follow, but they vanish with thought’s cessation. We can see from this that every sort of dharma is but a creation of Mind. And all kinds of beings—humans, devas, sufferers in hell, asuras and all comprised within the six forms of life—each one of them is Mind-created. If only you would learn how to achieve a state of non-intellection, immediately the chain of causation would snap.


    Hier auch eine Kurzzusammenfassung zu Haubners Buch, welches mitunter über die Situation mit seinem Meister Sasaki, der keine Dharmanachfolger ernannt hat, und die Aufarbeitung dessen ins Detail geht.


    Blog-Post

    Bankei:
    When anger arises in your mind, you change the marvelous wisdom of your Buddha-mind into the way of the hungry ghosts or fighting spirits. Anger and happiness both exist only because of your partiality to yourself. This partiality makes you lose the Buddha-mind's marvelous wisdom and sends you into the endless illusion of the wheel of existence. If it disappears, however, your mind becomes the mind of the Unborn, and you do not transmigrate.

    That's why it's so important for you to understand about your Buddha-mind. Once you have, even without performing a lot of religious disciplines, you're Unborn that very day. If the Buddha-mind is clearly realized, that's enough. You need not do nothing else - no practice, no precepts, no zazen or koan study. Nothing like that. You'll be free from care, everything will be taken care of, just by being as you are.

    Soweit ich weiß hat sich Bankei noch weitgehend an die Gebote gehalten.


    Ein andere, der die Gebote auch wörtlich so einhält und sie selbst nicht gebrochen hat, ist Shodo, der sagt aber eben, dass sie nicht ursprünglich nötig sind, sondern eben wichtig werden, in der sozialen Gemeinschaft. Da wirst du aber nicht aus der Sangha geworfen wenn du sie brichst (solange das nichts illegales dann ist versteht sich). An solche Leute sollte man sich wenn dann orientieren.


    Aus meiner Sicht, tut jeder Mensch den Umständen entsprechend das beste was er kann und ist damit selbst ein Meister. Das ist für mich Gleichmut.


    Diejenigen die als veurteilte Straftäter gelten, sind ja nun auch keine, die die Gebote nicht gelehrt hätten.


    Und das ist auch eine sehr gekürzte Zusammenfassung der Kritik gegen TNH.

    Nguyen - Zen in Medieval Vietnam (University of Hawaii Press 1997):

    "There is no reliable evidence for the traditional belief that there were cohesive lineages established and uniform sets of doctrines transmitted. Present-day Vietnamese Buddhism still claims an affiliation to Linji Zen, but in reality, it practices a kind of easygoing, emotionally reassuring, composite Buddhism that scarcely reflects the uncompromising abstractness and iconoclasm associated with the Linji spirit." (S. 50f.)

    The Faces of Buddhism in America, 1998:

    Thich Nhat Hanh was never known as a Ch’an master in Vietnam. (…) he oversees several retreat centers in America and Europe where his Western and Vietnames disciples engage in the practice of a “New Age”-style Zen and rituals created by him that do not have any affinity with or any foundation in traditional Vietnamese Buddhist practice (Prebish, 1998: 131) (...) The question is, if Thich Nhat Hanh emphasizes this direct transmission as the essence of Chan, then from whom did he himself receive this direct transmission? After all, Thich Nhat Hanh was not a Chan master in Vietnam.

    - Der Tempel, in dem Thich Nhat Hanh ordiniert wurde und angeblich die Dharma-Übertragung erhielt, ist kein Zen-Tempel.

    - Es fehlt ein Übertragungsdokument, das ihn als Lehrer autorisiert (es werden nur Texte in Englisch, Vietnamesisch und Chinesisch angeboten, die von seinen Anhängern verfasst sind und seine Verbindung zur vietnamesischen Tradition belegen sollen).

    - Es werden andere Sutren in den Mittelpunkt seiner Lehre gestellt als im Linji-Buddhismus.

    -Es fehlen Charakteristika der Linji-Schulung wie das Koan-Studium.

    4 Mal editiert, zuletzt von ykxjbk1 ()

  • facto hat er nichts illegales gemacht, es war immer einvernehmlich.

    Dass es einvernehmlich war, ist lediglich deine Deutung, das ist kein Fakt.


    Deine uneinsichtige Verteidigung eines Lehrers, über den es „eine Flut“ von Anschuldigungen zu sexuellem Fehlverhalten gibt, ist unangemessen ebenso wie die Versuche Kritiker zu diskreditieren.


    Ich denke, dass du zum Ende kommen musst.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • OK, danke für den Vortrag aber ich zumindest rede ja hier über nichts anderes

    Ja, entschuldigt, ist lang und kompliziert geworden. Ich musste selbst erst mal genau formulieren, was ich diffus sagen wollte, und wollte zugleich so präzise wie möglich sein, um auch für mich Freiheit von Willkür abzugrenzen.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Ihr wisst aber noch, dass es hier darum geht, was gute und was schlechte Lehrende sind? Diese Frage ist aus der Perspektive des Zen nicht so schnell und so einfach zu beantworten, wie ein Mensch aufgrund seiner äußeren Handlungen verurteilt werden kann.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Diese Frage ist aus der Perspektive des Zen nicht so schnell und so einfach zu beantworten, wie ein Mensch aufgrund seiner äußeren Handlungen verurteilt werden kann.

    Weil das Thema Sasaki nun hoffentlich erledigt ist, darf ich mich vielleicht selbst wieder zum Thema "äußeren Handlungen" zitieren:


    Zitat

    Danach folgt eine vergleichende Analyse von beiden Lehrern gemeinsamen Verhaltensweisen. Sie umfasst acht öffentlich einsehbare, relevante Bereiche. Hierbei wurden von mir sexuelle Aspekte zunächst ausgeklammert, da sexuelles Fehlverhalten weitgehend hinter verschlossenen Türen stattfindet. Der Fokus liegt auf jenem anderen, eben nicht vorwiegend im Privatbereich auftretenden und vom aufmerksamen Beobachter jederzeit erkennbare Fehlverhalten. Mein Anliegen ist es nämlich, zukünftigen Schülerinnen damit ein wirksames Werkzeug und Hilfsmittel an die Hand zu geben, um mögliches Missbrauchsverhalten von Zen-Lehrern bereits frühzeitig, d. h. bevor es schließlich zu einer körperlichen Belästigung kommt, erkennen zu können.

  • Darum ist die Verantwortung auch total und kann nicht in Richtung allgemeiner Gesetze delegiert werden. Das ist in einem tiefen Verständnis der unendlich komplexen kausalen und relationalen Bedingtheit (= Leerheit) aller Phänomene begründet, also einer ontologischen Grundannahme der buddhistischen Lehre

    An der stelle sollte aber such erwähnt sein, dass die Lehre von den zwei Wahrheiten zwischen einer gewöhnlichen und einer absoluten Wahrheit unterscheidet. So wie konventionelle und absolute Wahrheit koexistieren so kann man denke ich situative und pflichtethik als sich ergänzende, gültige prinzipen ansehen. Es kann eben beides wahr sein, der Dieb Robin Hood handelt unethisch weil er mordet (pflichtethik) aber ethisch weil der Diebstahl situativ gerechtfertigt ist. Ein Rückzug auf eine rein situative Sicht halte ich für einseitig. Ein bisschen wie konventionelle Wahrheit zu ignorieren weil man sich nur noch um absolute kümmern möchte.

  • Da wir Lehrer und Lehrerinnen

    suchen,
    konsultieren,
    wählen
    anderen Buddhisten und buddhistisch interessierten empfehlen

    Sind die Fragen einfach nicht vergleichbar.

    Vordergründig sehe ich das auch so.


    Hintergründig bin ich mir nicht sicher, ob wir unsere Lehrer(innen) nicht nach Kriterien suchen und wählen, die uns weitgehend unbewusst sind. Die Frage, inwieweit wir auch unsere Mütter selbst "gewählt" haben, ist natürlich esoterisch und für mich nicht rational beantwortbar.


    :?

  • Mir kam dann immer das Bild eines Fahrlehrers in den Sinn, der seinen Schülern zwar exzellent und sehr bildlich beschreiben kann, wie man ein Auto fährt. Aber sitzt er selbst am Steuer, kann er ein Auto keine hundert Meter unfallfrei durch den Verkehr steuern. Will man sich von so einem Fahrlehrer das Autofahren wirklich beibringen lassen?

    Nein, besser nicht.


    Aber nimm an, der der gutaussehende Fahrlehrer ist ein meisterhafter Autofahrer, kann aber den Reizen so mancher seiner Schülerinnen nicht widerstehen ("Halb zog er sie, halb sanken sie hin ?").


    Sollte dieser Mann nur noch Männer als Fahrschüler annehmen dürfen ?


    Meine Antwort: ein klares Nein.


    Ich hatte vor sehr langer Zeit einen solchen Fahrlehrer.

    Ein Wiener.

    Ich konnte jahrelang keinen Wiener Dialekt mehr hören.

    Denn der Mann war zu mir und anderen jungen Männern ein echtes Ekel.

    Bei Frauen war er wie ausgewechselt, ich bin einmal auf dem Rücksitz ein paar Minuten mitgefahren, nachdem eine junge Frau auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte.

    Er war auch zweimal in unserer Stammkneipe, mit einer seiner Schülerinnen.

    Sie himmelten ihn an.


    Gott sei seiner Seele gnädig.


    :cry:

  • Es kann eben beides wahr sein, der Dieb Robin Hood handelt unethisch weil er mordet (pflichtethik) aber ethisch weil der Diebstahl situativ gerechtfertigt ist.

    Der Ursprung dieser radikalen situativen Ethik im Zen findet sich schon im Palikanon:


    Zitat

    »Aus diesem Grunde eben, Kālāmer, haben wir es gesagt: Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt,und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann, o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.


    Geht, Kālāmer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen machen.


    Quelle


    Im Grunde ergänzt das hier die situative Ethik um die Fähigkeit zur Einsicht durch Erfahrung. Ich mache etwas nicht, weil ein Gesetz, eine Autorität oder ein Gelübde es von mir verlangt, sondern weil ich aufgrund von Erfahrung und Erwägung zu dem eigenen Schluss komme, etwas ist heilsam oder unheilsam. Auch das ist schon keine Pflichtethik mehr.


    Allerdings betrifft das hier den Laienstand. Bei den Mönchen gab es ja bekanntermaßen unzählige Regeln.


    Zen geht hier noch einen Schritt weiter, indem auch die aufgrund von Erfahrungen gewachsenen Vorstellungen von gut und böse zugunsten einer ständigen Neubewertung von aktuellen Situationen hinterfragt werden. Was in einer vergangenen Situation richtig war, muss in einer zukünftigen ähnlichen nicht richtig sein.


    Ich denke, das hat damit zu tun, dass im Zen im besten Fall aus dem Zustand des Erwachens heraus in der konventionellen Wirklichkeit gehandelt wird, denn beide sind da im Grunde identisch (Leere = Form, etc.).


    Aus diesem Grunde denke ich, dass Zen eine Pflichtethik komplett infrage stellt – allerdings nur für Menschen, die das Erwachen auch vollkommen kultiviert haben. Aber auch

    von den Bonno umher getriebene Leute wie wir sollten natürlich Dinge deshalb denken, sagen und tun, weil wir sie eingesehen haben, nicht weil sie ein Meister sagt. Darum sind die 10 Kai gute Übungsfelder, um diese Einsicht zu bekommen.


    Meister, die ihre Schüler zum Erwachen führen wollen, greifen mitunter im Zen, aber auch in tibetischen Traditionen zu unkonventionellen Mitteln, die einer Pflichtethik entgegenlaufen und für den Schüler zunächst sehr unangenehm sein können.


    Hierzu zwei Fragen:


    Kann oder darf Sex ein solches Mittel sein, wenn nein, warum nicht?

    Ist die bedingungslose Hingabe an einen Meister sinnvoll, wenn ja, unter welchen Bedingungen und mit welchem Ziel?

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    2 Mal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • Christopher

    Nach welchen Kriterien definierst Du Fehlverhalten innerhalb einer situativen Ethik?

    Eine der wichtigsten Fragen im Bezug auf einen Lehrer ist, inwieweit man ihm vertrauen kann. Dazu gehört erstmal, dass Anspruch und Wirklichkeit zusammen passen. Und zweitens dass niemand geschädigt oder mißbraucht wird. Man muß also schauen, was verletzt wird.


    Bei Sasaki waren ja dies die Vorwürfe:

    On website discussion boards, former students began voicing what turned out to be long-festering complaints about Mr. Sasaki, accusing him of engaging in sexual affairs with female students and Buddhist nuns, and of molesting or coercing hundreds of others into having sexual contact with him during one-on-one training sessions at his Rinzai-ji Zen Center in Los Angeles and at his retreat camps.


    They said he would tell them that sexual contact with a Zen master, or roshi, like him would help them attain new levels of “non-attachment,” one of Zen’s central objectives. If they resisted, they said, he used intimidation and threats of expulsion.

    Da könnte man dich feststellen, wie viel Nutzen und Schaden entstanden ist. Hat seine sexuelle Belästigungen Schülerinnen wunderbarerweise bei ihrer spirituellen Entwicklung geholfen oder sie erniedrigt, verstört und verwirrt zurückgelassen? Ersteres ist nicht ausgeschlossen aber eher unwahrscheinlich, denke ich.

  • Nach welchen Kriterien definierst Du Fehlverhalten innerhalb einer situativen Ethik?

    Deine Frage ist sicherlich gut gemeint aber ich bin leider von meiner Veranlagung her wenig interessiert, sie zu antworten. Ich beteilige mich hier eigentlich nur, wenn jemand in einem nicht-theoretischen Fall Scheiße erzählt. Das passt auch besser zu meiner Zen-Praxis :)


    PS ich dachte, wir hätten den Fall Sasaki schon abgehakt. Wenn nicht, liest doch mal seinen englischen Wikipedia-Eintrag. Da ist eigentlich schon alles gesagt.

  • Zitat

    Nach welchen Kriterien definierst Du Fehlverhalten innerhalb einer situativen Ethik?

    Schäme ich mich für ein Verhalten, auch wenn ich es nicht begangen habe, kann ich mich vor den Menschen, für die ich mich schäme, schützen, einschließlich meines Ich.


    Mein Kriterium ist mein Gewissen, mein zutiefst inneres Gewissen, das keiner außer mir bemerkt. Dieses Gewissen ist von den Sila geprägt (meinem Lernen, der Übung des Abstandnehmens von mir Leid (Scham) erzeugendem Verhalten).

    Dieses Gewissen hilft mir, meine Scham nach einer Handlung zu erkennen und diese Scham ernst zu nehmen, um nicht wieder mein Gewissen in diesem Fall zu spüren.

    Ignoriert man diese Scham, führt es zu Schamlosigkeit und andauerndem Brechen des Abstandnehmens und der Relativierung, Anpassung der Sila an meine Gier, Ablehnung, Meinung. Die Geistesgifte werden als Helfer erkannt und gelebt. Perfekt gefestigte Unwissenheit, Verblendung/Verschleierung.


    Fühle ich mein Gewissen beim Verhalten, das mir Scham erzeugt, auch meinem Lehrer gegenüber ist er nur noch ein Lehrer ohne Macht über mich, respektiert, aber nicht mehr einer, dem ich folge. Seine Lehre bleibt bestehen, getrennt vom Menschen, der sie nicht lebt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Qualia ()

  • ich dachte, wir hätten den Fall Sasaki schon abgehakt.

    Für mich schon lange. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach Sexualität im Kontext des Erwachens aber schon, vor allem, wenn es in Konstellation Meister-Schüler passiert.


    ich bin leider von meiner Veranlagung her wenig interessiert, sie zu antworten.

    Klar, wie Du willst. Praxis heißt für mich auch meine Vorstellungen zu hinterfragen, vor allem, wenn ich mich empöre oder urteile. – also in sehr konkreten Fällen.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Das geht auch so. Buddhanatur ist innewohnend. Deswegen sagt Huang-po, nicht anhaften an den konditionierten Dingen = karmafreies handeln. Das ist eine konkrete Alltagspraxis. Das Denken ist dann auch nicht getrennt davon. Kommt dein Denken aus diesem loslassenden Geist? Dann ist auch deine Moral komplett. Das Sasaki Erleuchtet war hat ja auf jeden Fall nicht gereicht für die hier geforderten moralischen Verhaltensweisen. Weder hat es in anderen Fällen das lehren der Gebote.


    Wenn man die Lehren vergleicht zu anderen Zen Meistern, merkt man vielleicht, das sich an der grundsätzlichen Praxis kein großer Unterschied feststellen lässt. Man könnte also sagen, dass es eher der Mensch und seine Umstände sind, als das es etwas mit Zen zu tun hätte. Auch das muss man vorsichtig in Betracht ziehen (so wie man sich z.B. an der Front sieht, wenn Putin weiter macht und die deutsche Wehrpflicht ausgerufen wird, da wendet man sich dann doch plötzlich an Kodo Sawaki(!)). Muss man etwa sein Urteil erst nach der Faktensuche machen? Die schwierig wird, weil die Hauptanklägerinternetseiten wie SweepingZen ihre Anschuldingungen runtergenommen haben.


    "Ich fühlte mich nie durch Roshi missbraucht. Er liebte mich bedingungslos. Ich fühle mich durch euren Entschuldigungsbrief missbraucht!"


    Das ist auch eine Seite des Roshis, natürlich kann man das verneinen, wenn man der Frau ihre Integrität raubt, ich glaube, das würde sie aber gar nicht so gut finden.

  • nicht anhaften an den konditionierten Dingen = karmafreies handeln

    Wie sollte jemals „karmafreies handeln“ existieren, wenn Schicksal von Karma/Handeln verursacht werden kann und Handeln immer Karma ist?


    ... nicht anhaften an den konditionierten Dingen = schicksalsfreies handeln...