Ist der Mahayana-Buddhismus überhaupt buddhistisch?

  • Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Arhats und Boddhisattvas. Jedes Wesen, das Befreiung erlangt hat, hilft allen anderen Wesen unwillkürlich. Indem es zB. keinen Unterschied zwischen Mahayana und Theravada macht, oder auf eine andere Weise in der Welt wirkt als Wesen, die im Samsara verhaftet sind.

    Einmal editiert, zuletzt von mooncake ()

  • das repräsentiert auf jeden Fall eine spätere Sicht. Es ist aber plausibler dass das frühe Mahāyāna eine Art Laienbewegung / Subkultur in der damaligen Sangha war.

    Zu Buddhas Zeit war ja die Idee die, dass es quasi eine weltliche Gesellschaft gibt - Familien, Staat, Kastenregeln und die Bhikkus aus der Welt in die Entsagung fortgehen.


    Gerade durch Ashoka , der ja so 300 v Chr den Buddhismus und Jainismus förderte, hat sich viel verändert. Er ließ Klöster und Stupas bauen und sandte buddhistische Missionare in so weit entfernte Länder wie Ägypten und ließ viele Menschen ordinierten.

    Der Herrscher war ein Laie der Krankenhäuser für Mensch und Tier erbaute und die Ordinierten ernährten. Und die Klöster dienten dem Gemeinwesen indem sie im Multi ethnischen Reich für Frieden und Mitgefühl standen und die Erwartung an sie gestellt wurde , gutes Karma für das Gemeinwesen zu produzieren. Ich denke es war diese neue Konstellation die im Buddhismus bestimmte Ideen hervorbrachte.


    Gerade die Figur des Bodhisattva ist ja da eine gute ideologische Brücke, die weltliches Gemeinwohl und buddhistische Ziele einander annähert. Der Herrscher und die Laien versorgen den Buddhismus und der Buddhismus dient dem Wohle des Landes und der Menschen. Diese Bewegung ins Soziale kann ja auf verschieden Weise gesehen werden. Sympathisierend als eine Einbeziehung des Buddhismus in die Gemeinschaft oder als Korrumpierung des Buddhismus und ein Abdriften in weltliche Belange - die das Schwert der Entsagung stumpf zu machen droht.

  • Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Arhats und Boddhisattvas. Jedes Wesen, das Befreiung erlangt hat, hilft allen anderen Wesen unwillkürlich. Indem es zB. keinen Unterschied zwischen Mahayana und Theravada macht, oder auf eine andere Weise in der Welt wirkt als Wesen, die im Samsara verhaftet sind.

    Hallo mooncake, im Grunde stimme ich Dir zu, aber hier wird um Unterschiede diskutiert. Auch der Buddha wies auf Unterschiede hin. War ER also nicht der Erwachte?

    _()_Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Dem Buddha ging es ja eigentlich um Dukkha. Das ist der Kern seiner Lehre:.

    ...

    Alles dreht sich darum – um die Überwindung von Dukkha.

    Im Mahāyāna dagegen scheint Dukkha kaum noch eine Rolle zu spielen. Stattdessen redet man lieber von Leere, Bodhicitta und irgendwelchen späteren Zusätzen.

    Oftmals ist es ja die, dass einem besonders die Unterschiede auffallen, und sie einem dann als das Wesentliche vorkommen. Von daher kann man sich ja z.B mal anschauen, was zum Beispiel Schüler der tibetischen Gelug-Schule anfangen. Mit Leerheit? Mit Mantren? Mit Visualisierung. Stimmt alles nicht


    Hier ist ein Überblick über das Lamrim Lernprogramm von Tsenshap Serkong Rinpoche :

    • Die beste Art eine kostbare menschliche Wiedergeburt zu nutzen
    • Positives Potenzial, welches aus dem Verhalten in früheren Leben resultiert, als Grundlage für Erfolg in dieser Lebensspanne
    • Für künftige Leben sorgen
    • Sich destruktivem Verhaltens zu enthalten als Weg zum Glück in künftigen Leben
    • Unkontrollierbar wiederkehrende Probleme in allen Leben
    • Vertrauen in das Wort Buddhas gewinnen
    • Entsagung – die Entschlossenheit von allen Problemen frei zu sein
    • Unbeständigkeit
    • Die Vier Edlen Wahrheiten
    • Mitgefühl entwickeln
    • Bodhichitta

    Du kannst auf die Seite gehen und da zu einer ausführlichen Übersicht der einzelnen Lernblöcke des Lamrim kommen - des traditionellen Lernprogramm des Todes vermischen Buddhismus kommen. Ich denke man wird da auch Theravadin weniger Punkte finden, die einem ganz fern stehen, und man wird da im Yajrayana zumindest einen "buddhistischen Kern" sehen, auch wenn man andere Praktiken ( Mantras, Rituale) wohl eher als etwas Fremdes, Unbuddhistisches sehen mag, das diesen Kern überkrustet wie Muscheln einen Schiffrumpf. Aber man wird sich freuen dass unter den Muscheln ein Schiff ist.

  • Das ist wirklich eine sehr seltsame Diskussion.


    Das Mitgefühl für alle leidenden Wesen war im Theravāda sehr stark verankert.


    Siehe dazu Bhikkhu Analayo: „Mitgefühl und Leerheit (in der frühbuddhistischen Meditation)“, Edition Steinrich, 2020. Sehr empfehlenswert! :like:

    Das lese ich gerade ... ;) Liegt auf meinem Nachttisch.

  • nd man wird da im Yajrayana zumindest einen "buddhistischen Kern" sehen, auch wenn man andere Praktiken ( Mantras, Rituale) wohl eher als etwas Fremdes, Unbuddhistisches sehen mag, das diesen Kern überkrustet wie Muscheln einen Schiffrumpf. Aber man wird sich freuen dass unter den Muscheln ein Schiff ist.

    Das sogenannte Vajrayāna hat ähnliche Methoden wie die Bihar School of Yoga. Es geht dort um Nāḍī, Kuṇḍalinī und den ganzen okkulten Kram, den man im Theravāda absolut nicht findet. Der historische Buddha hatte damit nichts zu tun; in keiner Biografie ist so etwas zu finden. Nach Schmidt, den ich an anderer Stelle schon zitiert habe, hat diese Richtung den Buddhismus verfälscht und ins Gegenteil verkehrt.


    Und da wir uns hier in der Rubrik „Kontrovers“ befinden, ist das meine eigene Position – und dazu stehe ich.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das wird sicher eine Rolle gespielt haben. Ich glaube aber dass auch der Mainstream Buddhismus der Zeit etwas gedriftet ist in eine gewisse „jenseitigkeit“. Ist der Buddha Gautama im Pali Kanon noch in der Lage durch Lehrreden Menschen spontan erwachen zu lassen so setzt sich später ein kompliziertes System durch. Bodhi ist nicht mehr in diesem Leben „machbar“ und wenn dann nur für die bikkhus unf bhikkhunis. Ich denke dass das der Beweggrund war der zur Entwicklung des bodhisattva Ideals führte. Wenn bodhi unerreichbar scheint, den Mönchen vorbehalten scheint, dann ist eine Orientierung auf etwas wie das bodhisattva ideal, auf erleuchtungsgeist etwas was einem Haushalter oder einfachen Mönch handlungs- und partizipationsoptionen bietet im „aktuellen“ Leben.


    Das später auch das organisiere Mahayana wieder die Deutungshoheit in die monastischen Bereiche verschob ist wiederum ein Phänomen institutionalisiertert Religion.

  • Das sogenannte Vajrayāna hat ähnliche Methoden wie die Bihar School of Yoga. Es geht dort um Nāḍī, Kuṇḍalinī und den ganzen okkulten Kram, den man im Theravāda absolut nicht findet. Der historische Buddha hatte damit nichts zu tun; in keiner Biografie ist so etwas zu finden. Nach Schmidt, den ich an anderer Stelle schon zitiert habe, hat diese Richtung den Buddhismus verfälscht und ins Gegenteil verkehrt.


    Und da wir uns hier in der Rubrik „Kontrovers“ befinden, ist das meine eigene Position – und dazu stehe ich.

    Man kann natürlich bequem den Vajrayana bekübeln und gekonnt ignorieren dass im Theravada und in Theravada Sangha so manche Praxis existiert die man getrost als „okkult“ tadeln könnte.


    Es gab ein paar Reformbewegungen die versucht haben entsprechende Praktiken zurückzudrängen aber zu behaupten diese spielten im Theravada keine Rolle ist historisch nicht richtig.

    Southern Esoteric Buddhism - Wikipedia

  • nd man wird da im Yajrayana zumindest einen "buddhistischen Kern" sehen, auch wenn man andere Praktiken ( Mantras, Rituale) wohl eher als etwas Fremdes, Unbuddhistisches sehen mag, das diesen Kern überkrustet wie Muscheln einen Schiffrumpf. Aber man wird sich freuen dass unter den Muscheln ein Schiff ist.

    Das sogenannte Vajrayāna hat ähnliche Methoden wie die Bihar School of Yoga. Es geht dort um Nāḍī, Kuṇḍalinī und den ganzen okkulten Kram, den man im Theravāda absolut nicht findet. Der historische Buddha hatte damit nichts zu tun; in keiner Biografie ist so etwas zu finden. Nach Schmidt, den ich an anderer Stelle schon zitiert habe, hat diese Richtung den Buddhismus verfälscht und ins Gegenteil verkehrt.

    Die Sorge die Rolf im Ausgangsbereich ausdrückt ist, ob am Mahayana überhaupt etwas buddhistisch ist. Und darauf eingehend habe ich eben ein Einführung zum Lamrim zitiert aus der hervorgeht, dass Grlug-Schüler selbstverständlich mit sehr ähnlichen Grundlagen ( Ethik, Vergänglichkeit, vier edle Wahrheiten) starten und diese ausführlich studieren. Hinzu kommen eben dann andere yogischen Technik die Buddha eher fremd waren. Obwohl natürlich einer sei er Schüler - Mahakassapa als großer Asket galt, dem zahllose iddhis/suddhis - übersinnliche Fähigkeiten zugeschrieben wurden. Also eben genau okkulte Fähigkeiten:

    The books contain numerous references to Mahā Kassapa - he is classed with Moggallāna, Kappina, and Anuruddha for his great iddhi-powers. E.g., S.i.114;

    Aber es war ja er der nach Buddhas Tod das erste buddhistische Konzil führte, das dann den ersten Schritt zur Kodifizierung des Palikanons darstellte. Das ein "Mahasiddhi" der Taufpate des Palikanons war ist nicht ohne Ironie.


    Aber eins fällt auf. Weder wird das was man später wohl als als "yogische Kräfte" gesehen hätte in sich als besondere Leistung auf dem Weg zur Befreiung gesehen aber es wurde von Buddha nicht als Schritt in die falsche Richtung gesehen sondern eher als "nicht so wichtig". Als eine Nebenwirkung. Es hätte die Verdienste und die Bedeutung von Mahakassapa nicht geschmälert wenn er kein großer Yogi mit Siddhis gewesen wäre. Es ist irrelevant.

  • Mein Varianz-Theorem lautet: ein schlechter Lehrer des einen Fahrzeugs ist immer noch schlechter als der gute Lehrer eines anderen Fahrzeugs, selbst wenn man das andere Fahrzeug als „minder“ betrachtet.


    Wer andere Fahrzeuge als „minder“ bezeichnet, scheint viel Zeit für Sektierertum zu haben und man fragt sich warum die nicht in die eigene Praxis investiert wird.

    Dann war der Buddha wohl so einer 😂

  • ber zu behaupten diese spielten im Theravada keine Rolle ist historisch nicht richtig.

    Kann sein:



    Zitat

    Aus dem Mahayâna entwickelte sieh etwa 500 Jahre später, also um die Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus, eine weitere Form des Buddhismus, das Vajrayāna, das Diamant- oder Donnerkeil-Fahrzeug. Es besteht in einem verwickelten System von Zaubersprüchen und Zauberriten, durch die man Wunderkräfte in sich zu entfalten glaubte. Von den Anhängern dieser Richtung wurde als höchstes Wesen der Buddha Vairocana verehrt. Der Kultus artete schliesslich aus zu einem rituellen Geschlechtsverkehr. Der Theorie nach soll bei diesem Akt keine sinnliche Lust erstrebt, sondern jenseitige Erkenntnis erweckt werden. Der Handelnde «soll sich seiner Identität mit der ewigen Weltkraft bewusst werden, in welcher alle Zweiheit aufgehoben und die Wonne des All-Einen, Absoluten verwirklicht ist. Indem er die Frau ‚erkennt‘, gewinnt er die übersinnliche Erkenntnis, dass alles individuelle Denken im Schoss der ‚Leere‘ vergeht und dass jedes scheinbare Selbst in einer höheren Einheit aufgehoben wird». (FN 1) Im Vajrayāna hat sich der Buddhismus in sein Gegenteil verkehrt.

    Geschichtlicher Überblick

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Kurt Schmid hat das 1947 geschrieben, als das Wissen über den tibetischen Buddhismus nicht sehr groß und viel von den Werken des Tibetologen Albert Grünwedel geprägt,dass den tibetischen Buddhismus als entartet Sexualmagie zeichnete und der heute nicht mehr als seriös sondern als Symptom seiner beginnenden geistigen Unnachtung gilt. Wovon Zeitgenossen wie Kurt Schmid die ihn einfach als Mitglied der berühmten Turfan Expedition achteten, nicht wußten.


    Erst 1960 brachte dann Lama Angarika Govinda, der sich ja sowohl in Varayana als auch mit Theravada vertraut war, nuanciertes Wissen mit.

  • Muss ich noch dazu sagen, dass der Vajrayana einfach massiv vom Bön geprägt ist?

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6n

    Gerade weil der Vajrayana heute viel als "tibetischer Buddhismus" tituliert wird, nehmen viele an, dass dass sich der Vajrayana auch dort entwickelt habe - und da ist dann die Annahme er habe unter dem Einfluß spezifischer tibetischer Traditionen wie eben Bön zu seiner spezifisch Form gefunden. Aber das ist nicht der Fall. Der Vajrayana entstand hauptsächlich in Indien und selbst die Texte des Kalachakra Tantra wurden vom Sanskrit ins tibetische übersetzt. Vielen ist heute nicht mehr bewusst, welche große räumliche Verbreitung der Vajrayana einst hatte - gerade in Kambodscha, Indonesien und Sumatra. Von daher nimmt man heute an, dass es umgekehrt der Vajrayana war, der einen starken Einfluß auf Bön hatte.


    Inon daher vertritt heute eigentlich niemand mehr die These ,Vajrayana sei aus dem Bön hervorgegangen. Betont wird dagegen natürlich der viel naheliegender hinduistische Tantrismus der gleichzeitig entstand

  • Muss ich noch dazu sagen, dass der Vajrayana einfach massiv vom Bön geprägt ist?

    Rolf82 .


    Ich praktiziere Yoga schon sehr lange. Beim Vergleich von Sarasvati und der Hatha-Yoga-Pradipika mit dem Werk von Lama Thubten Yeshe (Inneres Feuer) fällt auf, dass es dabei stark um die geheimnisvolle Kundalini geht – verbunden mit subtilen sexuellen Anspielungen. Darin liegt für mich eindeutig die Wurzel des sexuellen Missbrauchs im tibetischen Buddhismus.


    Die Studien von W. Britton über massive Nebenwirkungen gerade in dieser Richtung bestätigen das ebenfalls und sind für mich ein weiterer Beweis. Damit ist das Thema für mich abgeschlossen. _()_


    Ja, "Bon". Dazu gibt es auch das Buch Den feinstofflichen Körper aktivieren von T. W. Rinpoche – das stimmt.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    Einmal editiert, zuletzt von Igor07 () aus folgendem Grund: editiert

  • Als Glaubenssystem ist Mahayana selbstverständlich buddhistisch.

    Die Glaubenssysteme/Weltansichten stellen Erscheinungen immer als Überweltlich begründet dar. Es ist immer entweder beständiges oder zufriedenes oder Ich-geist-sein oder Mischungen vorhanden, von zweien oder sogar allen.


    Mahayana beschreibt die Festkörpermechanik. Unbeständigkeit, annica (Sravakasbuddhas betrachtet von mir)

    Hinayana beschreibt die Elementarmechanik. Unzufriedenheit, dukkha (Sravakasbuddhas betrachtet von mir)

    Die eine Lehre beschreibt die Quantenfeldmechanik. Wesenlosigkeit, anatta (Buddhas betrachtet von mir)

    Diese drei Systeme sind in sich widerspruchsfrei, wenn man bei einem bleibt und beim Wechsel in ein anderes System keine Daten in das andere verschleppt oder ein System mit einem anderen zu interpretieren versucht. Es ist unmöglich, dauerhaft bei einem System zu bleiben, eine Trennung ist also notwendig. Ich muss erkennen, in welchem System ich gerade agiere, um nicht verwirrt zu werden.

    Einzig im Glaubenssystem ist Sicherheit, in die der Weltmensch fliehen kann und immer wieder aus eine der drei Welten flieht.


    annica, kann nicht mit dukkha oder anatta erklärt werden.

    dukkha, nicht mit annica oder anatta und

    anatta nicht mit annica oder dukkha.

    Kein Daseinsmerkmal, ist mit einem oder allen fest verbunden, einzig als sich wechselseitig beeinflussende Felder erkennbar.

    Wie ein Wasserstoffatom: Ein Proton, ein Elektron, ein Raum. Das betrachtet als unbeständige Kugel erscheint oder als Fläche (Foto), in der nicht bestimmt werden kann, wo einer der Bestandteile ist.


    Das Problem erkenne ich bei der Physik: Die Quantenfeldmechanik erklärt nicht die Elementarmechanik, die Elementarmechanik nicht die Feststoffmechanik, die Feststoffmechanik nicht die Objekterscheinungen, die Objekterscheinungen nicht die Glaubenswelt.


    Die Glaubenswelt kann der Weltmensch nicht verlassen, weil sie ihm Sicherheit gibt, durch den Glauben, dass etwas Beständiges existiert, das ihm Zufriedenheit gibt. Weil seine Erfahrung anders ist, erkennt er sein Leiden daran, dass Unbeständigkeit oder Unzufriedenheit erscheint, und das bringt ihn dazu, sich an seiner Meinung nach Beständigem, Befriedendem, Ich-Geist-Dasein festzuhalten.


    Bekleidungen (die Mechaniken oder Glaubenswelt) sind, egal ob selbst gemacht oder gegeben: Buddha, Pratyekabuddha, Sravakasbuddha, Mahayana, Hinayana, Christ usw., Weltmensch, Persönlichkeit, Ich-bin/Individuum. Doch was die Bekleidungen bedecken, kann nur jeder Kleiderträger selbst erkennen, und kein anderer wird es ihm glauben, auch ein anderer, der sich als nur bekleidet Wissender nicht. Der Dieb erkennt einen Dieb, warum, weiß er nicht.

    5 Mal editiert, zuletzt von Qualia ()

  • Bekleidungen sind, egal ob selbst gemacht oder gegeben: Buddha, Pratyekabuddha, Sravakasbuddha, Weltmensch, Persönlichkeit, Ich-bin/Individuum. Doch was die Bekleidungen bedecken, kann nur jeder Kleiderträger selbst erkennen, und kein anderer wird es ihm glauben, auch ein anderer, der sich als nur bekleidet Wissende nicht. Der Dieb erkennt einen Dieb, warum, weiß er nicht.

    Wow, das ist eine unglaublich präzise und differenzierte Darstellung. Hut ab für diese Klarheit! Du bringst deutlich auf den Punkt, wie die verschiedenen Systeme jeweils ihre eigene Tatsache vertreten, und wie leicht Verwirrung entsteht, wenn man deren „Daten“ durcheinanderbringt. Besonders gefällt mir die Analogie zum Wasserstoffatom, sie veranschaulicht wunderbar, dass Perspektiven und Ebenen nicht einfach ineinander aufgehen, sondern jeweils ihr eigenes Feld bilden.


    Dein Gedanke, dass Menschen an der Sicherheit der Glaubenswelt festhalten, ist sehr treffend. Gerade diese Beobachtung zeigt, wie subtil die Orientierung der Menschen immer wieder in Erklärungsmodellen, Rollen und „Bekleidungen“ verankert ist, selbst wenn sie es wissen.


    Wenn die User wirklich bereit wären, die Sichtweisen der anderen zu verstehen und respektvoll damit umzugehen, könnten unzählige endlose und meist fruchtlose Diskussionen vermieden werden. Statt sich an vermeintlichen Widersprüchen festzubeissen, würde mehr Verständnis entstehen, jeder darf aus seiner eigenen „Systemwelt“ sprechen, ohne dass sofort ein Interpretations- oder Überzeugungskampf beginnt.

    Nichts muss, alles darf (:

  • Wenn sich jemand vornimmt Unwissenheit und Leid vollkommen zu beenden, geht er einen Weg, der dieses Ziel verspricht. Wenn Unwissenheit und Leid abnehmen, ist es ein guter Weg, wenn das irgendwann nicht mehr das Fall ist, geht er auf einem anderen Weg weiter.


    Was mir jetzt richtig erscheint, mag sich einmal als falsch herausstellen und was mit jetzt falsch erscheint, als richtig. Solange es noch Unwissenheit gibt, kann ich andere Wege nur subjektiv beurteilen: so passt es gegenwärtig für mich und so nicht. Erhebe ich das zu einer absoluten Wahrheit, hafte ich an Vorurteilen.

    Mögen wir alle den Weg zur vollkommenen Befreiung finden.

  • Mein Varianz-Theorem lautet: ein schlechter Lehrer des einen Fahrzeugs ist immer noch schlechter als der gute Lehrer eines anderen Fahrzeugs, selbst wenn man das andere Fahrzeug als „minder“ betrachtet.


    Wer andere Fahrzeuge als „minder“ bezeichnet, scheint viel Zeit für Sektierertum zu haben und man fragt sich warum die nicht in die eigene Praxis investiert wird.

    Dann war der Buddha wohl so einer 😂

    Der Buddha ist ja erstmal eine literarische Figur. Was das historische Vorbild meinte ist vermutlich ohne Zeitmaschine unergründlich.


    Dass irgend ein Abt beim Ringen um Mitglieder dem Buddha den ein oder anderen Satz in den Mund gelegt hat ist verständlich aber nicht unbedingt authentisch, insbesondere wenn Aussage (Suttas) gegen Aussage (Sutras) steht.

  • Genau, wie es beim PaliK. bewiesen ist. Als Zen-Buddhist ist man eben auf der Seite des Mahayana, da auch schon Bodhidharma mit der Kritik eingestiegen ist. Der Hinayana wird auch im Zen als "minderwertig" gesehen, zumindest wenn man sich an die Texte der Meister hält und in den Sutras wird das auch wiedergegeben. Das ist sicher kein Zufall. Ob der Buddha das gesagt hat, oder ob der Pali-Kanon sich da was bei seinen späteren Editierungen was zugedichtet oder bewusst ausgelassen hat ist erstmal zweitrangig. Fürs Mahayana gelten die Mahayana Texte so oder so.

  • Hinayana gilt als kleines oder Enges Fahrzeug/ Weg und ist nicht "minderwertig" (!).

    Theravada ist einfach Theravada. :shrug:

    in meiner ganzen Zeit hier hab ich meines Wissens nie erlebt dass Zennies,Mahayanis oder Tibeter/Tantrikas so gegen Theravadins Sturm gelaufen sind....was is'n Euer Problem ????

    Einmal editiert, zuletzt von Samten ()

  • In bestimmten Mahāyāna Texten gilt ja auch das mahayana als minder gegenüber dem Ekayana. Manchmal habe ich das Gefühl Anhänger von Theravada, Zen, Mahayana etc. behandeln die lehrtraditionen wie Fußballclubs und leben klassisches Fandom aus, mit gelegentlichen Tendenzen zum Hooliganismus.

  • Das Problem ist, dass man das überhaupt erwähnen muss. Wenn ein Buddha in den Mahayana Sutras sagt, der Mahayana ist das größte Fahrzeug und das einzige was er am Ende lehren möchte, da das andere mangelhaft sei und man nur die Mahayana Sutras huldigen soll, ist das nichts wo man irgendwie groß ruminterpretieren muss. Wenn dann auch Bodhidharma da einsteigt, genau wie die anderen Meister, dann ist das auch nicht misszuverstehen. Das man heute davon nicht mehr hört, sagt einem eigentlich schon genug darüber, wieviel noch von der originalen Lehre übrig geblieben ist. Manche wollen solche Tatsachen wohl lieber ignorieren, da weiße ich gerne auf diese Fakten und Zitate des Buddhas hin :)


    Auch orthodoxe Hinayana-Anhänger haben eigentlich keinen Bock auf die andere Seite der Sangha. Da wurde früher der Mahayana systematisch ausgemärzt. Wenn man meint man pflückt sich jetzt aus beiden Traditionen das beste raus und versucht das zu verbinden kann man das machen, die Wiedersprüche lösen sich damit aber nicht und es ist auch nicht die Intention. Das sind zwei unterschiedliche Dinge und ich würde mir wünschen manche Leute hätten mehr Respekt vor der Einzigartigkeit eines Mahayana-Buddhismus. Verbindungsversuche sind mMn. die Schmähung der Tradition.

  • Solche Diskussionen erwecken bei mir immer wieder den Eindruck, dass noch nicht genügend verstanden wurde, dass Theravada und Mahayana eine gemeinsame inhaltliche Grundlage haben: nämlich die Lehrreden des Buddha Sakyamuni, die im Pali- als auch im Sanskritkanon überliefert sind.


    Theravada und Mahayana schließen sich also nicht gegenseitig aus, aber sie unterscheiden sich in einigen Punkten. Ein wichtiger Punkt ist, dass sich die beiden Traditionen, die auch selbst nicht homogen sind, von der Motivation und der Zielsetzung her unterscheiden. Aber die Bodhisattvas schulen sich auch in Übungen der Sravakas und Pratyekabuddhas.


    Das lässt sich gut am Lamrim, auf den void hingewiesen hat aufzeigen. Ich habe da eine etwas andere Strukturierung der Übungen:

    1. Das kostbare Menschenleben nutzen
    2. Tod und Vergänglichkeit meditieren
    3. Die Leiden der niederen Bereiche erkennen
    4. Zufluchtnahme
    5. Das Gesetz von Handlung und Wirkung erkennen
    6. Die allgemeinen Leiden Samsaras meditieren
    7. Die besonderen Leiden des menschlichen Bereiches meditieren
    8. Die vier edlen Wahrheiten erkennen und meditieren
    9. Bodhicitta entwickeln
    10. Die sechs Vollkommenheiten praktizieren
    11. Die Vereinigung von Samatha und Vipasyana verwirklichen

    Von (1) bis (11) bauen die Schulungen in dieser Reihenfolge aufeinander auf.


    Die ersten acht Schulungen sind die Schulungen die auch von Theravadins durchgeführt werden. Die letzten drei Schulungen sind Schulungen der Bodhisattvas. Um aber die letzten drei Schulungen üben zu können, muss der Bodhisattva auch die acht vorherigen Stufen üben.


    Natürlich hat es teils heftige Debatten zwischen Hinayana- und Mahayana-Traditionen gegeben. Dabei ging aber nicht so sehr um die Praxis, sondern vielmehr darum wie die Phänomene existieren. Alle Dharma-Traditionen haben anerkannt, dass die Phänomene nicht so existieren wie sie uns erscheinen. Die Antworten darauf wie die Phänomene existieren fielen allerdings recht unterschiedlich aus. Ein Bild von diesen Debatten kann man sich machen mittels Nagarjunas Mulamadhyamakakarika, Candrakirtis Madhyamakavatara oder Santidevas Bodhisattvacaryavatara. Auch wenn es dabei manchmal recht heftig zuging, hat man sich aber nicht gegenseitig abgesprochen, Dharmapraktizierender zu sein.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • “Shariputra, the Thus Come Ones have only a single Buddha vehicle […] They do not have any other vehicle, no second one or a third one.” — Lotus Sūtra, ch. 2 (Burton Watson tr.).

    “Follow not the state realized and enjoyed by the Śrāvakas and Pratyekabuddhas […] which rises from imagination […].” — Laṅkāvatāra Sūtra (D. T. Suzuki tr.)