Erste Wahrheit. Ich leide nicht.


  • Das sehe ich auch - jemand, der sich für glücklich oder nicht-leidend ansieht, der muss nicht mit einem Gedankengebäude "beglückt" werden, dass ihm das Gegenteil weiss machen will.


    Zitat


    Infolge dessen war ich der Ansicht, es reiche (fürs Erste), ihn darauf aufmerksam zu machen, wann es leicht ist, überzeugt zu sein, nicht zu leiden, (siehe mein Beitrag: z.B. bei Abwesenheit von Alter, Krankheit, Tod etc.), anstatt ihm direkt die Sache mit den drei Arten des Leidens incl. ihrer Ursachen (Unwissenheit, Begierde, Hass, Verblendung), die Lehre des Nicht-Ich, der Leerheit, des bedingten Entstehens usw. aufs Auge drücken.


    Ich tippe auf einen nicht ernstgemeinten Beitrag - vielleicht ein Troll? - aber das ist auch nicht so wichtig, denn wir greifen ja alles auf, um dann unsere eigenen Debatten durch zu ziehen :D .
    Ich denke mal, jeder, der im Internet ein buddhistisches Forum findet und dann hinein posaunt - ich aber leide nicht - der weiß, dass es aber andere gibt, die leiden und wenn der Nachrichten guckt, dann sieht er auch, dass andere leiden. Und allein das Leid der anderen schmälert ja schon das eigene Glück. Also kann seine Ansicht nicht auf Erleben beruhen, sondern ist nur reine Behauptung.

    Zitat


    PS: Solange Plan A noch anders lautet, könnte Plan B (für Krisensituationen) das (bereits angefangene) Studium des Dharma sein.


    Ich denke, er sollte erstmal richtig urteilen lernen, dann fängt er vielleicht an und kümmert sich um das Leiden anderer. Das wäre dann Studium des Dharma in Reinstkultur.

  • mkha':


    Ich weiß, dass es in unserer Welt einige Mitmenschen gibt, die mit Deiner Sicht der Dinge nichts anzufangen wissen. So etwas tangiert sie nicht.


    Buddha ging es ja auch mal so - und dann kam er doch mit dem Leiden - d.h mit der Vergänglichkeit - in Berührung. Dieser Kontakt löste ein Gefühl aus und ab da konnte er nicht mehr loslassen, er musste dieser Frage auf den Grund gehen. Andererseits gibt es natürlich Menschen, die sich so abpuffern oder so abgestumpft sind, weil sie es nicht aushalten könnten, dieses Gefühl und die Erkenntnis der Vergänglichkeit. Solche brauchen unser Mitgefühl, also jemanden, der an ihrer Stelle fühlt und dann mit fühlt. Wenn man quasi eingefroren ist, dann muss man langsam auftauen, damit man sich an das wirkliche Leben gewöhnt.


  • Dann leidest Du halt nicht. Auch okay.
    Man muss ja nicht alles sofort verstehen, was man grad mal so liest. :) Du hast Äonen von Wiedergeburten Zeit, es später mal zu erfassen, was gemeint ist.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Benson:

    Ich bin ganz glücklich mit meinem Leben.


    Das kommt aber nur, weil du so bescheiden bist. -)
    Da kann man nur hoffen, das es lange so bleiben möge.
    Glück ist natürlich auch vergänglich. Das ist das Leiden am Glück.

  • Ein Bekannter von mir, der Psycho-Therapeut ist, sagte mal zu mir, dass er fast nur Patienten im Alter über 40 hat. Irgendwann ab 40 steht jeder vor der Situation, dass irgendwelche wichtigen Lebensziele nicht erreicht wurden oder sich als Illusionen herausgestellt haben. Oder es gab in der Summe sonstwelche Enttäuschungen, die aufs Gemüt drücken. Und dann geht das Leiden los und man braucht Hilfe um sie los zu bekommen.


    Mir hat auch nie das Argument der christlichen Kirchen gefallen, dass wir arme Sünder sind und nur mit der Hilfe von Gott zu gutem Menschen werden können. Das mit dem Leiden in der Lehre Buddhas ist im Gegenteil dazu aber eine reale Sache. Niemand ist ohne Gier, Anhaftung, Wut/Ärger. Und deswegen muss auch jeder etwas dagegen tun, will er nicht irgendwann in ein ernstes Problem mit Leiden reinrennen oder eine Eintrübung in der Klarheit seines Geistes in Kauf nehmen. Wenn man sich mal im Altersheim umschaut wie viele alte Leute dort nicht mehr klar sind im Kopf, ist das ziemlich real.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Wer in Frieden und Wohlstand aufgewachsen ist, wer nicht von dem Gedanken an eine Wiedergeburt oder eine andersartige religiöse Hölle geplagt wird, wer vom Kastensystem und von Erinnerungen an einen Krieg verschont bleibt, dem erscheint die erste der viel edlen Wahrheiten nicht gleich offenbar zu sein. Die Menschheit hat inzwischen alles mögliche getan, um Leid zu vermindern. Schmerz und Krankheit werden von Spezialisten in Krankenhäusern behandelt, das Sterben, der Tod und das Siechtum sind nur für die Betroffenen und die direkten Angehörigen ein Thema (oder das Pflegepersonal). Mitleid ist auch ein abstraktes Moment geworden - im schlimmsten Fall wenn zur besten Fernseh-Sendezeit über Elend und Gemetzel in fernen Ländern berichtet wird. Ich kann diese Frage von Benson wohl nachvollziehen, denn einige meiner Bekannten, die davon hören denken so. Leid ist bei uns etwas für die Alten, die Armen, die Schwachen geworden, die, die Trost in der Religion suchen. Damit will man sich nicht identifizieren.
    Das Leid, von dem der Buddha sprach, ist aber vor allem das Leid eines jeden Menschen, der sein Ich und sein Dasein als exklusiv gegeben und fest gefügt betrachtet. Das wird doch in den anderen drei Wahrheiten ganz gut und schlüssig erklärt?

  • 1. Buddha war so ziemlich alles egal.
    2. Dem Buddhismus ist alles nicht egal worueber Buddha laechelte
    3. Leiden ist vorhanden, man kann es zwischendurch beenden, es kommt wieder. Man kann es akzeptieren oder dauernd dagegen ankaempfen.

  • Anandasa:

    Ein Bekannter von mir, der Psycho-Therapeut ist, sagte mal zu mir, dass er fast nur Patienten im Alter über 40 hat. Irgendwann ab 40 steht jeder vor der Situation, dass irgendwelche wichtigen Lebensziele nicht erreicht wurden oder sich als Illusionen herausgestellt haben. Oder es gab in der Summe sonstwelche Enttäuschungen, die aufs Gemüt drücken. Und dann geht das Leiden los und man braucht Hilfe um sie los zu bekommen.


    Vermutlich wird vielen im mittleren Alter ("mid life crisis") klar, dass das jetzt die Hälfte gewesen ist und rückblickend erscheint dann vieles, wenn nicht alles, als im negativen Sinne 'sinnlos' im Kontext der Projektion 'wenn das so weitergeht bis ich sterbe'. Die Betriebsamkeit des alltäglichen Lebens mit all seinen Zwängen und Notwendigkeiten erscheinen im Kontext der eigenen Endlichkeit so negativ 'sinnlos', erscheinen so fahl und heuchlerisch. Bis dahin dachte man vielleicht 'Dies und das, das wird sich alles schon noch ergeben' aber nun wird klar, dass sich das nicht ergeben hat und jenes auch nicht, und es auch vollkommen unklar ist, ob es sich jemals noch ergeben wird bevor das Leben vorbei ist und schlimmer noch, jetzt wo einem der eigene Tod ins Gesicht springt, erscheint auch dies und das auf das man gehofft hat, all die Erwartungen an das Leben, so negativ 'sinnlos'.
    Das ist der Einbruch der von Anfang an alles durchziehenden Sinnfreiheit in das Leben, ein Leben, das bislang so sicher schien, aber doch keinerlei Schutz bietet gegen das bedrohliche Nichts, das alles zu zerschmettern droht: Ziele, Ehepartner, Kinder, Beruf, Erfolg, Gesundheit, Glück etc. Alles ist bedeutungslos und so sehr man sich auch an einen Sinn klammert, er zerrinnt in der eigenen Hand, die bald verfaulen wird.
    In so einer Phase kommt dann doch der Buddhismus wie gerufen (als Alternative zum Psychotherapeuten), oder? Schreibt er doch der Sinnfreiheit einen Sinn zu. :lol:;)

  • Die Frage hat mich angeregt zu versuchen "Leben ist Leiden" mal von einem andern Verständnis anzugehen. Denn wenn das was Buddha mit Leiden beschreibt und ich bin voll Vertrauen in Buddhas Lehre, dann muss in meinem Verstehen etwas nicht stimmen. "Leben ist 'Leiden" ist zu teilen. Es gibt Leiden des Lebenden die nicht zu verhindern sind, die vollkommen durch die Bedingtheit des Lebenden in der Bedingtheit aller Erscheinungen entstehen und die letztendlich zu seinem Sterben, Zerfallen führen.

    Zitat

    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=14991#p300750 JazzOderNie hat geschrieben:"Das ist die edle Wahrheit vom Leiden: Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, von Lieben getrennt sein ist Leiden, mit Unlieben vereint sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Leiden. Kurz, die fünf Gruppen des Anhaftens sind Leiden."

    Die mit Gier, Hass und Verblendung(ich nicht sehen wollen, Du nicht sehen sollen) motivierten Handlungen macht aus Diesem Dukkha Leiden des Menschen. Das ist die Lehre Buddha: Wie vernichtet der Menschen das Leiden des Menschen um das Dukkha als Lebewesen zu lindern? Den achtfachen Weg handeln und sich von Gier, Hass und Verblendung motiviertem Handeln befreien.

  • Wir werden geboren, wir altern, wir sterben und wieder von vorne. Beim "leben" erleben wir Anhaftungen, Verblendung, Angst - Hass, was wiederrum leiden ist.
    Mitleid = Leid usw.
    So kann man in etwas das Leiden definieren und man kommt immer an den Punkt.
    Erst mit der Erleuchtung und dem Ausbruch aus diesem Kreislauf, wird das Leiden enden.
    Klar, es gibt Phasen, wo man zufrieden ist, aber das Thema bleibt bestehen.

  • Uhltak:

    Wir werden geboren, wir altern, wir sterben und wieder von vorne. Beim "leben" erleben wir Anhaftungen, Verblendung, Angst - Hass, was wiederrum leiden ist.
    Mitleid = Leid usw.
    So kann man in etwas das Leiden definieren und man kommt immer an den Punkt.
    Erst mit der Erleuchtung und dem Ausbruch aus diesem Kreislauf, wird das Leiden enden.
    Klar, es gibt Phasen, wo man zufrieden ist, aber das Thema bleibt bestehen.

    Welche Erkenntnis soll die Erleuchtung denn beleuchten, aufklären? Aus welchem Kreislauf ausbrechen? Welches Leiden wird beendet?
    Wo ist die Beziehung zu den Sinnesobjekten, bisher sehe ich nur Gedankengebäude, wunderbare Gestaltungen deiner Gedanken, Sinnesobjekte, etwas das ich nur mit den Sinnen wahrnehmen kann ohne mein Nachdenken zu aktivieren, die diese bestätigen erkenne ich nicht.

  • Ich finde die Erklärung von Muho in dem Youtubeclip ziemlich daneben. Als Beispiel für Leiden nimmt er Zappen im TV. Das Leiden entsteht dann, wenn dem Zuschauer ein Programm nicht mehr gefällt und er umschaltet. Dann hebt Muho auf die Einstellung des Bodhisattva ab, der das Leiden der anderen beheben will. Da kommt mir gleich der Gedanke: Also soll der andere für ihn die Fernbedienung drücken.
    Witz.
    Wenn der andere aber bloß am TV-Programm leidet, also bitte, was soll da die große Bodhisattva-Attitüde?


    Ich habe Leiden so verstanden: Alles vergeht. Eben auch die Lust an einer Sendung. Das ist ganz normal. An dieser Vergänglichkeit ist nichts zu ändern. Aber man kann etwas daran ändern, dass einem das was aus macht. Trotzdem wird man umschalten, wenn man gelangweilt ist. Dass man nicht mehr gelangweilt oder irgendwie bewegt wird von den Umständen, erscheint mir zombiehaft und nicht erstrebenswert. In dem Film bringt eine Frau diesen Einwand: Die Welt würde nicht vorankommen ohne einen solchen Antrieb. Er könnte zum Beispiel dazu führen, dass man selbst zu einem besseren TV-Programm beiträgt.


    Welches Leiden meint Muho wohl im Sinne eines Bodhisattva bei anderen beheben zu können? Das wird nicht klar. Meines Erachtens bestätigt das Filmchen den Benson, der nicht leidet. Wer nicht leidet, hat sozusagen kein Problem. Dem kann auch nicht geholfen werden. Da steht der Bodhisattva halt mal im Regen.

  • Selbst:


    Welches Leiden meint Muho wohl im Sinne eines Bodhisattva bei anderen beheben zu können? Das wird nicht klar.


    Ich habe nicht gehört, dass der Bodhisattva das Leiden der anderen beheben könnte. Muho meinte, zunächst hat mein sein Leiden im Blick und versucht sein Leben zu bewältigen und wenn man damit klar gekommen ist, also sein Leiden tragen kann, dann endet es ja nicht, sondern dann kommt das Leiden des anderen in den Blick.

  • Monday:

    Ich habe nicht gehört, dass der Bodhisattva das Leiden der anderen beheben könnte.


    Ich schon. Muho sagte: "was man Bodhisattva nennen würde im Buddhismus - du kümmerst dich darum, was kann ich eigentlich dafür tun, dass sich andere Leute besser fühlen ..."

  • Selbst:

    Ich finde die Erklärung von Muho in dem Youtubeclip ziemlich daneben. Als Beispiel für Leiden nimmt er Zappen im TV. Das Leiden entsteht dann, wenn dem Zuschauer ein Programm nicht mehr gefällt und er umschaltet. Dann hebt Muho auf die Einstellung des Bodhisattva ab, der das Leiden der anderen beheben will. Da kommt mir gleich der Gedanke: Also soll der andere für ihn die Fernbedienung drücken.
    Witz.
    Wenn der andere aber bloß am TV-Programm leidet, also bitte, was soll da die große Bodhisattva-Attitüde?


    Ich habe Leiden so verstanden: Alles vergeht. Eben auch die Lust an einer Sendung. Das ist ganz normal. An dieser Vergänglichkeit ist nichts zu ändern. Aber man kann etwas daran ändern, dass einem das was aus macht. Trotzdem wird man umschalten, wenn man gelangweilt ist. Dass man nicht mehr gelangweilt oder irgendwie bewegt wird von den Umständen, erscheint mir zombiehaft und nicht erstrebenswert. In dem Film bringt eine Frau diesen Einwand: Die Welt würde nicht vorankommen ohne einen solchen Antrieb. Er könnte zum Beispiel dazu führen, dass man selbst zu einem besseren TV-Programm beiträgt.


    Welches Leiden meint Muho wohl im Sinne eines Bodhisattva bei anderen beheben zu können? Das wird nicht klar. Meines Erachtens bestätigt das Filmchen den Benson, der nicht leidet. Wer nicht leidet, hat sozusagen kein Problem. Dem kann auch nicht geholfen werden. Da steht der Bodhisattva halt mal im Regen.


    Der Bodhisattva steht nicht im Regen, er freut sich über jeden, der nicht leidet.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Der Bodhisattva steht nicht im Regen, er freut sich über jeden, der nicht leidet.


    Freut er sich auch über die, die irgendwie gerne leiden? Die gibt es ja auch. Ich pflege zum Beispiel hin und wieder meine Melancholie. Aber das ist ja noch gar nichts.

  • Zitat

    Freut er sich auch über die, die irgendwie gerne leiden? Die gibt es ja auch. Ich pflege zum Beispiel hin und wieder meine Melancholie. Aber das ist ja noch gar nichts.


    Niemand leidet gerne. Das ist Selbsttäuschung.
    Da sind aber Gier und Festhalten. Also Gier nach der Emotion des Schmerzes und das Festhalten an dieser Emotion. Eine Emotion zu "pflegen", bedeutet ja, sie nicht verlieren zu wollen, an ihr zu haften.
    Das gehört zu den unzähligen Facetten der Verblendung.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Niemand leidet gerne. Das ist Selbsttäuschung.


    Ich glaube, jetzt erliegst du deinen eigenen Prämissen oder Vorurteilen (oder denen deiner Religion). Gerade habe ich dir gesagt, dass es so ist. Man kann sich auch einfach der Melancholie und anderem Leiden hingeben oder "überlassen", ohne festzuhalten. So wie du dich vielleicht meinst, dem Loslassen hinzugeben. Sonst würdest du ja am Loslassen haften.


    So kann man das doch nicht machen, einfach behaupten, die Wahrnehmungsrealität eines anderen, der zum Beispiel gern leidet, sei eine Täuschung, aber die eigene nicht.

  • Selbst:
    Doris Rasevic-Benz:

    Niemand leidet gerne. Das ist Selbsttäuschung.


    Ich glaube, jetzt erliegst du deinen eigenen Prämissen oder Vorurteilen (oder denen deiner Religion). Gerade habe ich dir gesagt, dass es so ist. Man kann sich auch einfach der Melancholie und anderem Leiden hingeben oder "überlassen", ohne festzuhalten. So wie du dich vielleicht meinst, dem Loslassen hinzugeben. Sonst würdest du ja am Loslassen haften.


    So kann man das doch nicht machen, einfach behaupten, die Wahrnehmungsrealität eines anderen, der zum Beispiel gern leidet, sei eine Täuschung, aber die eigene nicht.


    Dem Loslassen kann man sich weder hingeben noch kann man an ihm haften.


    Ich glaube Dir gerne, dass Du Deine Melancholie magst. Damit stehst Du nicht alleine. Nur, wenn Du schreibst, Du würdest sie pflegen, dann impliziert das, dass Du diese Emotionen magst und sie gerne beibehältst, sie womöglich sogar zu erzeugen suchst. Das sind per definitionem Gier und Anhaften.


    Emotionen zu mögen oder nicht zu mögen ist Anhaftung. Man kann das natürlich und froh sein z.B. über die Emotion Freude. Nützlich ist es, nicht nach Emotionen zu gieren. Die stellen sich ohnehin von alleine ein … um dann auch wieder zu vergehen: Jetzt bin ich froh, eine Minute später zornig, daraufhin ängstlich … das ist nicht steuerbar. Das Gehirn erzeugt das einfach nach seinen eigenen Gesetzen. Alles nichts Besonderes.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Zitat

    Emotionen zu mögen oder nicht zu mögen ist Anhaftung.


    Warum hast du denn Angst vor dieser Art von Anhaftung? Jemanden zu lieben ist zum Beispiel sehr angenehm, und ich mag das. Das liegt auch am Hirn und ist, wie du schreibst, nichts Besonderes. Aber wieso sollte man denn nicht an jemandem anhaften, den man furchtbar gern hat, und sich in diesem Gefühl suhlen? Wo ist das Problem? Davon schreibt doch auch Benson: Solange es gut ist, ist es gut. Und das hat seine Berechtigung an sich. Dann tritt es in einen anderen Zustand über, und der hat dann auch seine Berechtigung.


    Ist die ganze Motivation für Buddhismus vielleicht bloß die Angst vor dem Leiden, vor diesem anderen Zustand, der auf das Glück folgen kann, den Anhaften bedeuten kann?

  • Selbst:
    Zitat

    Emotionen zu mögen oder nicht zu mögen ist Anhaftung.


    Warum hast du denn Angst vor dieser Art von Anhaftung? Jemanden zu lieben ist zum Beispiel sehr angenehm, und ich mag das. Das liegt auch am Hirn und ist, wie du schreibst, nichts Besonderes. Aber wieso sollte man denn nicht an jemandem anhaften, den man furchtbar gern hat, und sich in diesem Gefühl suhlen? Wo ist das Problem? Davon schreibt doch auch Benson: Solange es gut ist, ist es gut. Und das hat seine Berechtigung an sich. Dann tritt es in einen anderen Zustand über, und der hat dann auch seine Berechtigung.


    Ist die ganze Motivation für Buddhismus vielleicht bloß die Angst vor dem Leiden, vor diesem anderen Zustand, der auf das Glück folgen kann, den Anhaften bedeuten kann?


    Dein Kopfkino … :D
    Ich habe keine Angst vor dem Anhaften, aber ich hafte an, ständig an irgendwas.
    Ja, lieben kann angenehm sein. Anhaften kann den Menschen nutzen und es ist nicht das Ziel einen Zombie aus sich zu machen. Aber darum geht es gar nicht.
    Erst mal ist es wichtig, sich das alles anzusehen, ohne Bewertung. Nur ansehen und analysieren. Die Entscheidung, ob das für mich dann in Ordnung ist oder ob ich da noch mal genauer hinsehen muss, fällt erst danach. Das ist also der zweite Schritt, nicht der erste. Sich hinzustellen und zu sagen: "Lieben ist schön!" und deshalb diesen Punkt nicht zu untersuchen, wäre Ausblenden einer sehr wichtigen Facette unseres Daseins. Schließlich geht es um die Selbsterforschung. Gerade die offensichtlich angenehmen Erfahrungen mit einem Untersuchungstabu zu belegen, halte ich für fatal, da sich ausgerechnet hier, unsere tiefsten Abgründe auftun können.


    Als ich mich dem Dharma zugewendet habe, war ich glücklich, mir fehlte nichts, ich wollte nichts anders in meinem Leben. Schmerzen und Leiden kannte ich, das war mir vertraut, und ich wusste damals schon, dass ich mit allem klar kommen würde. Also war das sicher nicht die Motivation.


    Ich habe lange gebraucht um zu verstehen, dass das Leiden nicht einfach nur in großen schmerzlichen Emotionen besteht, sondern dem Leben immanent ist und sich daher in allen Dingen und äußerst subtil äußern kann. (Die Leute, die im Forum schon lange dabei sind, kennen die Diskussionen mit mir.)
    Eigenartigerweise geschieht folgendes je mehr ich mein persönliches Leiden in allen Momenten erkennen kann: Ich leide weniger und lache noch mehr. Sobald ich merkte, dass ich dem Leiden nicht entkommen kann, dass es überall ist, und in den tollsten Verkleidungen daherkommt, wird es lustig. Weil ich nämlich damit aufhören kann dem Leiden zu entkommen. So kann ich aus dem Hamsterrad der Leidvermeidung aussteigen. Und weil das Leid dazu neigt immer wieder zu kommen, muss ich das von Augenblick zu Augenblick tun (wahrscheinlich solange ich lebe, weil ich erst am Anfang stehe und ich ziemlich doof bin). Gelingt mir noch lange nicht, aber manchmal schon. Diese paar "gelungenen" Momente genügen mir aber, um diese Erfahrung beschreiben und einordnen zu können. Ich weiß also, dass Leid nicht nur im Offensichtlichen wohnt.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.


  • Das ging mir auch so. Bis ich anfing zu praktizieren, Vergänglichkeit erlebte und "die dunkele Nacht der Seele" einbrach. Nach meiner Erfahrung war dann was kaputt, das vorher allerdings auch keine Berechtigung hatte. Manche mögen das Maya (Illusion) nennen. Doch auch diese Nacht endet, wenn man weiter macht.

  • Ich finde das schön, dass Du nicht leidest. Das freut mich sehr - wenn es denn stimmt.


    http://ndwb.hinews.cn/html/2012-10/26/content_540823.htm


    Auf dem vorangestellten Link hat eine Kindergärtnerin die ihr anvertrauten Kinder gepiesackt und davon Bilder ins Internet gestellt. Sie wollte sich und anderen wohl einen kleinen Scherz machen - wurde dafür allerdings ins Gefängnis gesteckt (Karma reift manchmal sehr schnell). Obwohl die Bilder ziemlich garstig sind, wurden ihre Aufnahmen von der Obrigkeit als Warnung genutzt: Es hat einen solch prägnanten Fall danach nicht mehr gegeben.


    Bei mir und wohl auch bei Dir werden die Aufnahmen sicher großes Mitleid und tiefes Mitgefühl auslösen. Das Leid anderer zu teilen, das ist eine Variante des Leides.

  • Zitat

    Bei mir und wohl auch bei Dir werden die Aufnahmen sicher großes Mitleid und tiefes Mitgefühl auslösen. Das Leid anderer zu teilen, das ist eine Variante des Leides.


    Aber nein, Mitleiden ist ein Aspekt von Mitgefühl und Gleichmut - darunter leidet man nicht- was niemanden ausschließen kann, auch nicht "die Kindergärtnerin", nicht ihre Gefängniswärter, nicht die Eltern von wem auch immer, die Kinder sowieso nicht, und allgemein nicht ein einziges fühlendes Wesen, und wir freuen uns mit über jede Erleichterung (jedes Glück) was diese erfahren.