Rezi

  • Frieden-und-Freude:

    Ist es nicht wirklich besser, das Verlangen und seine Wirkungen zu beobachten, statt eine "Ich bereue"-Formel zu rezitieren?


    Können Rezitationen auch eine Form von Anhaftung sein?
    (Stichwort: silabbatupadana)

    Eines der Hindernisse die Buddha gelehrt hat: Anhaften an Riten und Ritualen.

  • Morpho:

    @ festus
    .......Iwo ist das immer dasselbe. Ich stell spontan ne Aussage und ne Frage in den Raum, was kommt? Mag ich, mag ich nicht, in allen möglichen, doch vorhersehbaren Varianten, anstatt dass mal einer einfach sagt, ich interpretiere jene Zeile so und so; nein, es muss die Tradition, hier in Form eines Sutra, einer Haltung, einer Einstellung, in Abrede gestellt werden. Ich bin nicht auf Diskurs aus.


    Du stellst eine Frage und bekommst eine Antwort. Du stellst eine Aussage in den Raum und andere reagieren. Mehr passiert nicht.
    Alles im grünen Bereich.


    Wenn du keine Reaktionen willst, solltest du einfach nicht schreiben. Wenn du nur bestimmte Reaktionen willst, sag einfach wie du sie dir vorstellst. Vielleicht klappt es ja.


    Und mit dem Rest musst du leben. Jeder reagiert genau so, wie er im Moment reagieren kann. Und einige können nur intellektuell reagieren, andere reagieren eher gefühlsmäßig, aus dem Bauch heraus. In diesem Spannungsfeld bewegen sich alle Reaktionen.


    Auch du reagierst so.


    Die wenigsten bleiben bei sich mit ihren Antworten.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Varadinno:

    Das ist mir persönlich zu kompliziert. Da bleibe ich lieber bei "da ist Begehren. So fühlt es sich an.". Und wenn ich diesem Begehren nachgebe: "das ist die Wirkung". Und wenn ich ihm nicht nachgebe: "das ist die Wirkung". Dann weiß ich, was los ist und kann entscheiden: Upadana oder Loslassen. Yoniso manasikara - weises Abwägen.

    Die Rezitation dieser Reueformel ist sehr viel unkomplizierter als z.B. die in Deiner Tradition übliche des Patimokkha. Die Funktion ist dieselbe - es geht um eine (Neu-)Verankerung und (Wieder-)Ausrichtung der Praxis. Ohne die Auswirkungen eines bestimmten Tuns achtsam beobachtet zu haben (das, was Du beschreibst), wäre es ziemlich sinnfrei, Gelübde abzulegen, sich eben dieses Tuns zu enthalten. Bei der Rezitation der Reueformel ruft man sich dann sein vergangenes Verhalten ins Bewusstsein, überprüft dessen Übereinstimmung mit den Gelübden und richtet sein Bewusstsein neu auf die Einhaltung der Gelübde aus. Wie schon geschrieben - absolut vergleichbar mit der patimokkha-Zeremonie an uposatha, nur, dass es sich um andere Gelübde handelt.


    Dazu eine Anmerkung: es ist natürlich allenfalls (falls überhaupt) von sekundärem Interesse, was an einem solchen Ritus nun "authentisch" ist. Von Interesse ist vielmehr seine Funktion - also, wozu er gedacht ist - und ob er dieser Funktion gerecht wird.


    Im Kontext der Ausgangsfrage wäre nun von Interesse, ob die Praxisgemeinschaft, in der eine solche Reueformel rezitiert wird, den in ihr Übenden tatsächlich auferlegt (oder meinetwegen ihnen auch nur empfiehlt), das Empfinden von sexuellem Verlangen als Versagen gegenüber einer Selbstverpflichtung / einem Gelübde zu bereuen.


    Wenn das nicht so ist, dann ist der Ritus in dieser Form nicht funktional, dann ist das leerer Ritualismus ohne Bedeutung. Das ist die Fessel śīlavrata-paramārśa, auf die schon @Frieden_und_Freude und Noreply hingewiesen haben. Wenn dem aber so ist, dann stellt sich die Frage, ob eine solche Funktion - also Menschen dazu zu bringen, ihr sexuelles Verlangen zu bereuen - sinnvoll bzw. heilsam ist.


    Ich persönlich hielte das in einem solchen Fall in etwa so sinnvoll, wie das Empfinden von Hunger zu bereuen. Sexuelles Verlangen ist eine normale Körperfunktion, die bei einem geistig und körperlich gesunden Menschen endokrinologisch gesteuert unvermeidlich auftritt. So etwas zu bereuen ist nicht nur Quatsch - das ist , wie man heute aus langer Erfahrung mit religiös motivierter sexueller Verklemmtheit weiss, psychisch ungesund. Eine andere Frage ist, wie man mit sexuellem Verlangen umgeht. Ein Buddhist beantwortet diese Frage grundsätzlich mit der Art seiner Selbstverpflichtung - den Gelübden, die er bei seiner Initiation hinsichtlich seines Verhaltens ablegt bzw. empfängt. Als Laie wird er sich zumindest auferlegen, sexuellem Verlangen nicht auf unheilsame Weise nachzugehen. Als Vinaya-Ordinierter legt er sich auf, dieses Verlangen zu sublimieren oder zu unterdrücken - wobei sich letzteres häufig pathologisch, also durchaus nicht heilsam auswirkt. 'Bereuen' ist da jedenfalls in keinerlei Hinsicht hilfreich.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG


  • Sehr klar auf den Punkt gebracht!
    Da kann ich nur zustimmen.


    _()_

  • Sudhana:

    Wieauchimmer - das Reuebekenntnis in 'Zen Liturgy. Korean Sŏn Practice Forms' listet 10 schlechte Handlungen, die in diesem Ritus bereut werden. Sicher nicht zufällig sind die genau auf die 10 großen Gelübde des Brahmajala Sutra (kor. Pŏmmang kyŏng, jap. Bonmō kyō) bezogen, also die ostasiatische Tradition der Bodhisattvaordination. Im Rezitationsbuch der Kwan Um Schule finden sich an der Stelle seltsamerweise nur 9 Übertretungen, die sich nur teilweise mit den Bodhisattvagelübden decken und ansonsten wohl ausschließlich authentische Kwan-Um-Tradition sind.


    Ich kann dich nur nochmal auffordern, deine 'spitzen' Bemerkungen mit entspr. Zitaten zu unterlegen, so dass der geneigte Leser selbst vergleichen kann, die Gefahr einer blossen An,- und Aufnahme ohne Prüfung reduziert wird. Ich finde es äusserst bedauerlich, wenn um Gelübde und Sila ein Rabatz gemacht wird.


    Du weisst doch auch genau, dass es unterschiedliche Formulierungen im "Spannungsfeld" 'offen und geschlossen', Vinaya und Brahmajala gibt; es wäre dir 'an sich' möglich dies zu berücksichtigten.



    Ansonsten mag ich mich hier auch nicht weiter beschäftigen; Reizen, Anzüglichkeit, Antipathien, ad personam Thesen ... alles entgegen den Sila; das muss einfach nicht. Cu

  • Sudhana:

    Auffällig ist jedenfalls der erhebliche Unterschied der Versionen des "Thousand Eyes and Hands Sūtra" (Ch'ŏnsu-kyŏng) hier und hier. Ich vermute mal, dass ersteres die 'klassische' Form im Jŏgye-Orden ist, während das zweite eine für die Kwan Um Schule angepasste und sehr stark modifizierte Form ist.


    Ich hab gerade meine koreanischen Sutren-Hefte (Jogye Orden) rausgesucht. Da steht der Text in Chinesisch mit koreanischer Umschrift. Stimmt mit der Romanisierung in "Zen Liturgy. Korean Sŏn Practice Forms" exakt überein.
    Woraus oben zitiert wird, ist ein reines Kwan-Um Ding.

  • @Morpho
    Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das auch nicht verstehe.
    Warum soll ich bereuen, dass etwas ganz menschliches in mir aufkeimt? Das geschieht doch einfach.
    Ich könnte höchstens bereuen, wenn ich dadurch Leid erzeuge, dass ich dem Verlangen blind nachgejagt bin.
    Wenn es hieße "Mein Verlangen nach Sex macht mich demütig", dann würde es für mein Verständnis Sinn machen.


    Es ist ja auch immer die Frage, ob es bei der Übersetzung auch andere Alternativen als "Reue" gegeben hätte.
    Im Christentum beinhaltet die Reue ja auch den Aspekt, dass man einen Schatten der Gnade Gottes überantwortet, um eine Wandlung zu ermöglichen. Das passt hier aber m.E. auch nicht.

  • Moosgarten:

    Ich hab gerade meine koreanischen Sutren-Hefte (Jogye Orden) rausgesucht. Da steht der Text in Chinesisch mit koreanischer Umschrift. Stimmt mit der Romanisierung in "Zen Liturgy. Korean Sŏn Practice Forms" exakt überein.
    Woraus oben zitiert wird, ist ein reines Kwan-Um Ding.


    Danke für's nachschauen. Ich habe mittlerweile auch Paul Dōch‘ŏng Lynchs verschwiegene Quelle ausfindig gemacht: es ist nicht das Original, sondern die Übersetzung des Ch'ŏnsu Kyŏng im Anhang (S. 236-240) von Robert E. Buswell Jr., The Zen Monastic Experience: Buddhist Practice In Contemporary Korea, Princeton University Press 1992. Wörtlich abgekupfert (wie gesagt, ohne Quellenangabe), mit nur einer leichten Umstellung. Der Reue-Abschnitt ('Repenting from the Ten Evil Actions') ist offensichtlich ein Einschub, er gehört nicht zum eigentlichen Sutra, was ich ja schon vermutet hatte. Das Sange Mon hingegen schon. Zu dem Übersetzer Buswell: er ist nicht nur Professor of Buddhist Studies an der UCLA (Department of Asian Languages and Cultures) sowie Gründer und Direktor des dortigen Centers for Buddhist Studies and Center for Korean Studies, er war auch 1974 - 1979 Mönch am Songgwang-sa und dort Schüler von Kusan Sunim. So viel zu "Authentizität".


    Wie schon angemerkt, handelt es sich auch nicht um ein Sutra - in der Taisho-Edition des Tripitaka heisst das Ding komplett "Dhāraṇī des Bodhisattva mit tausend Händen und Augen, der die Klänge der Welt wahrnimmt und unermessliches, vollständiges und ungehindertes Mitgefühl empfindet" (千手千眼觀世音菩薩廣大圓滿無礙大悲心陀羅尼經, T 1060.20.105–112). Im Tripitaka Koreana hat es die Nummer K 294. Kerntext ist natürlich das eigentliche, in einem mittelindischen Dialekt mit koreanischer respektive japanischer Aussprache rezitierte Dhāraṇī. Im Japanischen Zen ohne das ganze 'Drumherum' als Daihi Shin Darani bekannt.



    ()

    OM MONEY PAYME HUNG


  • Dito.


    Vielleicht ist morpho ja einer Nonnengemeinschaft beigetreten... 8)

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)


  • "Walle walle manche Strecke dass zum Zwecke Wasser fließe..." :lol:

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • @ Holzklotz
    "Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das auch nicht verstehe.
    Warum soll ich bereuen, dass etwas ganz menschliches in mir aufkeimt? Das geschieht doch einfach."


    Ja, das seh ich auch so. Begehren ist Begehren. Wir wollen dauernd was und was anderes wollen wir nicht. Andererseits hat Begierde immer auch mit Gedanken und Vorstellungen über/an "Objekte" (vermeintlicher Befrie(di)gung) zu tun.
    Gedanken und Verlangen (wie auch Widerwillen ) besteht nicht unabhängig voneinander. Wie manisch das 'ganze' werden kann, auch zu einer Gewohnheiten und Neigung, weiss man ja. Sieht man ja sogar hier.
    Vermutlich stammt die Formulierung aus dem zölibateren Kontext her.


    "Ich könnte höchstens bereuen, wenn ich dadurch Leid erzeuge, dass ich dem Verlangen blind nachgejagt bin."
    Vielleicht ist es deswegen eher besser gleich an der Wurzel anzusetzen; wenn das Kind in den Brunnen fällt, 'fällt' es eben.

  • Morpho:


    "Ich könnte höchstens bereuen, wenn ich dadurch Leid erzeuge, dass ich dem Verlangen blind nachgejagt bin."
    Vielleicht ist es deswegen eher besser gleich an der Wurzel anzusetzen; wenn das Kind in den Brunnen fällt, 'fällt' es eben.


    Also meiner bisherigen Erfahrung nach funktioniert das selektive Umbauen von Mustern nicht. Wir können uns vielleicht dafür öffnen, dass Regungen transformiert werden, aber machen können wir das nicht - und vmtl. wird nie alles transformiert (und erst recht nicht so, wie wir das wollen). Das einzig sinnvolle und alltagstaugliche erscheint mir, immer wieder zum Atem zurück zu kehren und die Phänomene ihren vergänglichen Lauf nehmen zu lassen. So steigt mit der Zeit ein tiefer verwurzeltes Vertrauen, dass man nichts nachzujagen braucht und die Phänomene verlieren ihre Schärfe. Sie tauchen zwar immer wieder auf, aber ihre Macht schwindet - die Identifikation löst sich.
    Im Endeffekt sollte es aber gleichgültig sein, ob eine Neigung transformiert wird oder nicht. Ich verlasse mich da lieber auf die ganz einfache Übung, ohne spezielle Punkte gezielt zu bearbeiten. Ansonsten habe ich das Gefühl, dass ich mich wieder gegen ein Stück Leben zur Wehr setzen würde und dann ist die natürliche "Transformationskraft" blockiert. Wir können sie ja nicht benutzen, sondern nur gewähren lassen.

  • Ich bereue nichts, was einfach so entsteht, denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.


    Aufkeimendes Begehren zu bereuen halte ich auch für Quatsch. Es kommt auch nicht unbedingt aus dem Kopf, denn es ist durchaus eine natürliche körperliche Regung, die unabhängig von Gedanken "daran" entstehen kann, einen sozusagen überfällt wie die Drossel bei frühlingshaften Temperaturen im November.
    Ich glaub nicht, dass sie zuvor daran gedacht hat. :D

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

    Einmal editiert, zuletzt von Monikadie4. ()

  • Monikadie4.:
    Ellviral:

    Eines der Hindernisse die Buddha gelehrt hat: Anhaften an Riten und Ritualen.


    Ich bereue nichts, was einfach so entsteht, denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.
    _()_

    Jawohl! Ich weiss das Du das nicht Anhaften an erkannte Hindernisse schon lange praktizierst. :like::rose:

  • Ellviral:
    Monikadie4.:

    Ich bereue nichts, was einfach so entsteht, denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.
    _()_

    Jawohl! Ich weiss das Du das nicht Anhaften an erkannte Hindernisse schon lange praktizierst. :like::rose:


    :D

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)



  • Bereuen nach sexuellen Verlangen ...
    Man kann es auch als ein Bekenntnis, bzw. eine Annerkennung der ersten der 4 edlen Wahrheiten sehen....D.h. man erkennt an, dass das Leben letztendlich leidvoll ist. Da ist sexuelles Verlangen...dadurch bedingt ist Geburt,Altern, Krankheit, Tod...... Sexuelles Verlangen gehört zum Leben ...Das Leben ist aber letztendlich leidvoll... Das Leiden ist bereuen..Dukkha ist Reue...
    Man muss Reue ja nicht unbedingt in christlicher Manier, als ein Schuldgefühl mit schlechtem Gewissen sehen. Sondern Reue ist dann eben ganz wertfrei die Konsequenz, die sich aus bestimmter Tat (Karma) ergibt. Ein "Schuldiger", ein Täter, ist dabei allerdings nirgends zu finden und dementsprechend auch kein reumütiges Opfer.

    3 Mal editiert, zuletzt von Sunu ()

  • Monikadie4.:

    Ich bereue nichts, was einfach so entsteht, denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.


    Nett. Und was sind die Bedingungen für das Entstehens? Also, was ist die Nahrung für Verlangen und Begierde?
    http://www.palikanon.com/angutt/a10_061_070.html#a_x61


    Zitat


    Aufkeimendes Begehren zu bereuen halte ich auch für Quatsch. Es kommt auch nicht unbedingt aus dem Kopf, denn es ist durchaus eine natürliche körperliche Regung, die unabhängig von Gedanken "daran" entstehen kann, einen sozusagen überfällt wie die Drossel bei frühlingshaften Temperaturen im November.
    Ich glaub nicht, dass sie zuvor daran gedacht hat. :D


    Ich bin keine Drossel. Mich überfällt daher auch kein Verlangen. Ungezügelte Sinne sind kein Schicksal, sondern die Praxis besteht ja auch darin sich zu zügeln. Richtig ist, dass Verlangen körperlich ist und eine Empfindung - das bedeutet, wie Dogen es sagte, Leiden. Empfinden ist Leiden. Aber es ist nicht "mein" Leiden, sondern körperliches Leiden.

  • Vielen Dank für das Zitat.


    Zitat

    ... denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.


    Anders denken und handeln kann ich ja nur, wenn ich die Werkzeuge in der Hand habe, meine Sinne zu zügeln.


    Zitat

    Ich bin keine Drossel. Mich überfällt daher auch kein Verlangen.


    Ja, das hab ich schon als 16jährige festgestellt, es gibt Menschen, die werden nicht von Verlangen gequält. Und dann gibt es welche, z.B. ich, die unter diesem Verlangen seit der Pubertät gelitten haben. Ich habe mich damals sehr schlecht und schuldig gefühlt, konnte aber nichts dagegen unternehmen. Als ich dieses Verlangen durch ein einschneidendes Erlebnis verlor, fühlte ich mich von einer großen Last befreit. Das ist jetzt fast 40 Jahre her. Aber ich habe nie vergessen, dass es ein Leiden sein kann, wenn man sich ständig nach sexueller Erfüllung sehnt. Jeder, der klugscheißt, ist ohne Mitgefühl und ohne Erfahrung, also auch verblendet.


    Es geht Morpho aber um das Bereuen und nicht um das Zügeln und wie das geht. Denn das ist sowohl ihr als auch mir hinreichend bekannt.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Um es noch einmal klar zu formulieren: mir geht (und ging) es hier und in anderen Threads nicht um das Herabwürdigen oder Herabsetzen anderer Traditionen, Religionen oder "Zugängen" zu etwas Heilsamem. Ich rede hier immer (oder versuche es zumindest) von meiner - sehr subjektiven - Warte aus.
    Wie ich das Thema "Sexualität" generell und im Rahmen meiner Tradition sehe, beziehungsweise bei mir selbst beobachte - das habe ich weiter oben schon dargelegt. Deshalb gehe ich da mit Sudhana konform (danke übrigens für deine Darstellung). Das funktioniert für mich auch ganz gut so. Verdrängte oder unterdrückte Sexualität ist m. E. durchaus mit potentiellen Gefahren verbunden. Gefühle und Gedanken sind Energien, die ich heilsam und unheilsam "nutzen" beziehungsweise "ausnutzen" (oder gar "ausbeuten") kann. Wenn ich sie persönlich nehme, habe "ich" natürlich ein Problem damit (oder halt auch nicht - je nach "Programmierung" oder Perspektive oder kultureller Konditionierung).

  • Allgemein:



    Was nicht notwendig ist,
    ist,sich an dem Wort 'Reue' aufzuhängen.'Zen' suhlt sich ja nun gerade nicht im 'Bekennen und Bereuen', da von der Zazen-Praxis umfasst. M.M.n. sollte sich der "Laie" (plödes Wort) aber am Sangha orientieren, heisst "entsagendend" (wie -friedfertig und hasslos- eben nun mal Aspekt 'rechter Gesinnung' ).
    Warum sollte man jene Aktivitäten des Geistes "ausblenden" welche mit körperlichen Regungen oder umgekehrt einhergehen ?

  • Monikadie4.:


    ... denn es ist ja bedingtes Entstehen - und dem bin ich unterworfen, kann aber anders denken und handeln.


    Anders denken und handeln kann ich ja nur, wenn ich die Werkzeuge in der Hand habe, meine Sinne zu zügeln.


    Die Werkzeuge hast du ja.


    Tychiades:

    Ich bin keine Drossel. Mich überfällt daher auch kein Verlangen.


    Das bezog sich gerade auf die Tatsache, dass Tiere mit ihrem Verlangen anderes umgehen, als Menschen. Der Werkzeugkasten des Menschen ist etwas größer.


    Zitat


    Es geht Morpho aber um das Bereuen und nicht um das Zügeln und wie das geht. Denn das ist sowohl ihr als auch mir hinreichend bekannt.
    _()_


    Dir ging es ja darum, dass du nicht bereust. Bereuen bezieht sich ja darauf, dass man die Sinne nicht zügeln will. Nun kann man sagen, man könne ja auch nicht. Sexuelles Verlangen sei ja körperlich und also naturgegeben - :) - aber das bereuen bezieht sich ja darauf, dass man bereut Handlungen nicht unterlassen zu haben, also die Sinnestore nicht ausreichend bewacht hat. Die Sinne (auch Vorstellungen) schaffen ja den Kontakt, aus dem Gefühl (Empfinden) folgt und daraus dann eben Verlangen.
    Wenn dogen sagt, dass Empfinden Leiden sei, dann bedeutet es auch, das Leiden nicht im Verlangen (Gier, Hass, Verblendung) auszuleben und weiter zu geben, sondern es bei sich auszulöschen.
    Da hat man als Werkzeug den Atem und die Satipatthana-Übung.

  • Tychiades:

    Ich bin keine Drossel. Mich überfällt daher auch kein Verlangen.


    Das bezog sich gerade auf die Tatsache, dass Tiere mit ihrem Verlangen anderes umgehen, als Menschen. Der Werkzeugkasten des Menschen ist etwas größer.


    Und mein Vergleich bezog sich darauf, dass Gefühle nicht aus dem Denken kommen müssen. Lediglich der Mensch ist in der Lage, durch Reflektieren und Einsicht eine andere Haltung anzunehmen und anders zu denken und zu handeln.


    Zitat


    Dir ging es ja darum, dass du nicht bereust. Bereuen bezieht sich ja darauf, dass man die Sinne nicht zügeln will. Nun kann man sagen, man könne ja auch nicht. Sexuelles Verlangen sei ja körperlich und also naturgegeben - :) - aber das bereuen bezieht sich ja darauf, dass man bereut Handlungen nicht unterlassen zu haben, also die Sinnestore nicht ausreichend bewacht hat. Die Sinne (auch Vorstellungen) schaffen ja den Kontakt, aus dem Gefühl (Empfinden) folgt und daraus dann eben Verlangen.
    Wenn dogen sagt, dass Empfinden Leiden sei, dann bedeutet es auch, das Leiden nicht im Verlangen (Gier, Hass, Verblendung) auszuleben und weiter zu geben, sondern es bei sich auszulöschen.
    Da hat man als Werkzeug den Atem und die Satipatthana-Übung.


    Warum sollte ich bereuen, was ich vor 20, 30, 40, 50 Jahren gefühlt habe? Das ist Samsara auf ganz natürliche Weise.
    Du erscheinst mir sehr kategorisch.
    Wo ist das Unterscheidungsvermögen? Es gibt nicht nur entweder/oder. Wenn ich nicht bereue, ein normaler Mensch gewesen zu sein, schließt das ja nicht aus, dass ich im Laufe meines Lebens durchaus zum "Zügeln" in der Lage war und bin.

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:
    Tychiades:

    Ich bin keine Drossel. Mich überfällt daher auch kein Verlangen.


    Das bezog sich gerade auf die Tatsache, dass Tiere mit ihrem Verlangen anderes umgehen, als Menschen. Der Werkzeugkasten des Menschen ist etwas größer.


    Und mein Vergleich bezog sich darauf, dass Gefühle nicht aus dem Denken kommen müssen.


    Gefühle entstehen durch Kontakt - der IST körperlich-geistig, also auch aus dem Denken. Ohne Wahrnehmung gibt es auch keine Berührung, kein Kontakt.

    Zitat


    Lediglich der Mensch ist in der Lage, durch Reflektieren und Einsicht eine andere Haltung anzunehmen und anders zu denken und zu handeln.


    Korrekt. Dazu muss er aber auch zur Einsicht gekommen sein. Und diese Einsicht gewinnt er durch die Reue. Dass jemand was richtig gemacht hat, dazu braucht es keine Einsicht - aber zu sehen, wie und weshalb man was falsch gemacht hat, diese einsicht nennt sich eben Reue.


    Zitat


    Warum sollte ich bereuen, was ich vor 20, 30, 40, 50 Jahren gefühlt habe? Das ist Samsara auf ganz natürliche Weise.


    Es geht nicht darum, sich daran zu erinnern, was man gestern gefühlt hat. Das wäre noch nicht einmal samsara. Sich erinnern heißt JETZT zu fühlen und zur Einsicht zu kommen, wie sich dies wiederholt. Wodurch sich dies nicht wiederholt. etc.

    Zitat


    Du erscheinst mir sehr kategorisch.
    Wo ist das Unterscheidungsvermögen? Es gibt nicht nur entweder/oder. Wenn ich nicht bereue, ein normaler Mensch gewesen zu sein, schließt das ja nicht aus, dass ich im Laufe meines Lebens durchaus zum "Zügeln" in der Lage war und bin.


    Es gibt auch noch die sehr breite Grauzone, in der leben die normalen Menschen, wie? Es muss doch zur Einsicht auch das Unterscheidungsvermögen kommen - also ja oder nein. entweder-oder. Wenn man sich nicht im "Zügeln" übt, dann ist man auch nicht in der Lage, wenn's drauf ankommt, die Zügel in der Hand zu behalten. Im Zen gibt es die Ochsenbilder. Da ist die Zähmung des Ochsen eins davon. Die Zen-Praxis braucht ja die Zurücknahme an einen stillen Ort und dies regelmäßig und stetig. Das führt dann auch zur Schärfung der Sinne und zu einem feineren Unterscheidungsvermögen und damit auch zur Einsichtsfähigkeit. Reue ist dabei eine bestimmte Form der Einsicht, nämlich zu sehen, was man als Handlung getan hat und was man unterlassen sollte. Handlungen sind dabei Denken, Reden und Tun. Und letztlich läuft es dann immer wieder auf den Willen hinaus. Wenn ich also nicht bereuen will, dann will ich eben nicht.

    Zitat

    »Den Willen, ihr Mönche, nenne ich die Tat (kamma, Wirken; siehe Karma), denn ist der Wille aufgestiegen, so wirkt man die Tat, sei's in Werken, Worten oder Gedanken.

  • Zitat

    »Den Willen, ihr Mönche, nenne ich die Tat (kamma, Wirken; siehe Karma), denn ist der Wille aufgestiegen, so wirkt man die Tat, sei's in Werken, Worten oder Gedanken.

    ...denn ist der Wille aufgestiegen, zur Vorstellung der Handlung, so wirkt man die Tat mit der Vorstellung, sei's....

  • @ tychiades: :like:
    @ holzklotz. danke für den beitrag. du hast recht, meinerseits. du sprichst von der unkonventionellen, nicht- unterscheidenden, formlosen seite; zen hat auch noch eine konventionelle und formale seite, welche auch 'yoniso manasikara' (erwägen, erinnern...)- von mir aus "unterscheidung" einschliesst.
    der unterschied zu anderen "buddhismen" scheint mir ne art "bewertungsneutralität". reue ist dann 'nur-reue', nicht mehr, nicht weniger, und so hat es auch buddha "gelehrt".