Hat Lesen auch meditativen Charakter?

  • Hallo,


    habe vor kurzem das Lesen wiederentdeckt. Habe ich früher mal eine Zeitlang gemacht, aber dann nicht weitergemacht. Es hat mich eher geschlaucht, weil ich Bücher der Weltliteratur lesen wollte um da Bescheid zu wissen und Ahnung zu haben. Das war keine heilsame Motivation.


    Jetzt lese ich wieder Bücher der Weltliteratur, aber zur Entspannung. Ich lese und stelle fest, dass ich den Author glaube zu verstehen. Jemand aus einer ganz anderen Kultur, der eine ganz andere Muttersprache hat. Schöne Sache.


    Zum Thema: Wenn man liest, ist man auf eine Sache konzentriert. Manche Authoren sind nicht leicht zu lesen, man muss aufmerksam lesen, sonst muss man immer wieder zurückspringen und nochmal durchlesen. Der Kopf ist also ganz beschäftigt und kann deswegen nicht in Gedanken umherschweifen. Das scheint mir auch eine Art Erholung für den Kopf zu sein ähnlich wie beim Meditieren. Man betrachtet beim Lesen zwar nicht die Gedanken und man hat so gesehen auch keine Lockerung des Geistes, aber der Geist kommt auch für eine Zeitlang zur Ruhe wie beim Meditieren.


    Bin ich hier allein, der das beim Lesen beobachtet hat oder lesen hier auch andere gern um dem Geist mal ein bisschen Urlaub zu gönnen?

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Lieber Anandasa, schön dich wieder zu lesen.


    Ja, ich habe diese Erfahrung bereits Mitte der 80er Jahre gemacht. Damals las ich Jiddu Krishnamurti. Das war wie Meditation. Es wurde auch von ihm behauptet, Krishnamurti lesen ist Meditation. Meine Beobachtung war und ist, dass beim achtsamen Lesen die Konzentration so groß ist, dass sie gleichzeitig dadurch, dass keine eigenen Gedanken den Fluss stören, zur völligen Entspannung führen bis hin auf eine andere Ebene, da der Inhalt des Textes von tiefer Weisheit getragen ist.


    Bei anderen Büchern wie Romanen führt das auch zur Entspannung.


    Mich erinnerten meine ersten Meditationen an eine Zeit, in der ich gepuzzled habe.


    Für mich sind das alles Techniken. Die Frage der Form und möglichen Auswirkungen hängt vom Ziel und Bewusstsein ab.

    So jedenfalls sehe ich das.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • So lese ich erst seit ein paar Jahren sehr viel.Es fing eigentlich erst mit meinem Studium an.


    Als Kind und Jugendliche stimmten die Umstände nicht.


    Doch geht es hierbei heute nicht um ,Meditation, wie diese vom Buddha gelehrt wurde, sondern um reine Information der Dinge.


    Und und ab und an ertappe ich mich dabei in eine Art abtauchen.

    Doch diese Art der Zufuhr, Infozufuhr fällt mir inzwischen sehr schnell auf und langweilt mich dann mehr...🙏

  • Zum Thema: Wenn man liest, ist man auf eine Sache konzentriert. Manche Authoren sind nicht leicht zu lesen, man muss aufmerksam lesen, sonst muss man immer wieder zurückspringen und nochmal durchlesen. Der Kopf ist also ganz beschäftigt und kann deswegen nicht in Gedanken umherschweifen. Das scheint mir auch eine Art Erholung für den Kopf zu sein ähnlich wie beim Meditieren. Man betrachtet beim Lesen zwar nicht die Gedanken und man hat so gesehen auch keine Lockerung des Geistes, aber der Geist kommt auch für eine Zeitlang zur Ruhe wie beim Meditieren.


    Bin ich hier allein, der das beim Lesen beobachtet hat oder lesen hier auch andere gern um dem Geist mal ein bisschen Urlaub zu gönnen?

    Ich erfahre, dass Lesen mehrere Aspekte haben kann: Bloße Informationsverarbeitung, aber auch Veränderung der Wahrnehmung. Bei der bloßen Informationsverarbeitung verweile ich in der gewohnten 'ich'-Perspektive und die Begrifflichkeiten vermitteln Objekte für 'mich'. Wenn ich die Perspektive eines Erzählers annehme (was tatsächlich ja nicht der Fall ist, aber es kann sich anfühlen als ob), ist das eine Wahrnehmungsveränderung, denn ich rücke ja etwas von der gewohnten 'ich'-Perspektive ab.


    In Abhängigkeit vom Text muss ich mich konzentrieren oder ich konzentriere mich ganz natürlich und anstrengungslos. Ersteres geschieht im Falle der Informationsverarbeitung und Letzteres im Falle eines inneren Interesses am Geschriebenen. Dabei können durchaus meditative Zustände erreicht werden, indem ich ganz Text"botschaft" werde und alles andere "vergesse". So kann es durchaus zu bedeutsamen Einsichten beim Lesen kommen, Einsichten, die ich beim beabsichtigten Streben nach Einsicht u. U. nie erlangen würde.

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)

  • Lieber Anandasa

    ich lese auch gerne, schon seit dem ich lesen kann, habe öfter als Jugendliche lange Nachts gelesen. Oder als Kind, als ich mit meinem Vater und Großvater in HH unterwegs war, saß ich hinten im Auto und habe Dr. Doolittle gelesen, statt mir die Erklärungen der Erwachsenen zu der Gegend anzuhören. Na ja das war nicht gerade meditativ, aber spannend !:grinsen:

    Man kann auch das Lesen von Heiligen Texten z.B. die Anussatis zum Meditieren verwenden, also die Erinnerungen an Buddha, Dhamma, Sangha, die Tugenden, das Loslassen, an die verschiedenen Götter....


    Lieben Gruß

    Gabi

    "Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das hat für mich kein Selbst"

  • Jedenfalls habe ich letztens was gelesen von Biblio-Therapie: Romane lesen, um Traumata zu überwinden. Hab da jetzt nicht in die Details hineingelesen, aber ich dachte: Was für eine interessante Idee!


    Und ich erinnere mich an Bücher, die meine Sicht verändert und manchmal sogar eine Transformation bewirkt haben. Auf jeden Fall kann ich mir das Lesen gut als heilend vorstellen - nur wie Therapeut*in und Patient*in das passende Buch finden können, stelle ich mir schwierig vor. Es gibt ja auch viel Kram zu lesen, der einen trotz der dringendsten Empfehlung nicht berührt.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Zitat

    Auf jeden Fall kann ich mir das Lesen gut als heilend vorstellen - nur wie Therapeut*in und Patient*in das passende Buch finden können, stelle ich mir schwierig vor.

    Ja, das sehe ich auch als Schwierigkeit. Ich habe eine Vorliebe für Südamerika. Deswegen schauen ich nach großen Authoren von diesem Kontinent. Wenn mir ein Buch nicht zusagt, lege ich es einfach weg. Egal wie berühmt der Author ist. Vor einiger Zeit habe ich Isabel Allende entdeckt. Das Haus der Geister mochte ich sehr. So las ich weitere Bücher von ihr. Das erste Buch von Vargas Llosa mochte ich auch und so hatte ich schon einen weiteren Author, von dem ich mir weitere Bücher hole. Wichtig ist einfach, dass ich lese, wenn mir nach geistiger Entspannung ist und nicht weil ich jetzt das nächste Buch lesen muss. Das wird dann Anhaftung, was bekanntlich unheilsam rauskommt ;-).

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  • Oh lesen ist extrem entspannend und meditativ.

    Allerdings führt Technik manchmal dazu, dass man in der eigenen Faulheit mithilfe der Technologie ein wenig entgegen kommen kann (ohne dass das negativ gemeint ist).......... und so geht man schonmal dazu über, von früher noch 1200 Seiten Stephen Kings "Es" und dutzenden anderen guten Büchern, die Reise des Hobbit in Herr der Ringe nun als Hörbuch zu geniessen:


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    Kann ich nur empfehlen!

    Da kann man nebenbei relaxen und meditieren und es anhören, oder aber auch am PC arbeiten und es sich anhören.


    Südamerika ist genauso wildromantisch und exotisch wie Australien, wo ich kürzlich einen traumhaften Fotobildband der exotischsten Landschaften die ich je gesehen habe, beim Media Markt entdeckt habe. Warst Du schonmal dort in Südamerika, oder was verbindet Dich damit?

    Heute im Flugsimulatorforum habe ich passend zu Deiner Vorliebe für Südamerika einen schönen Eintrag von vor einigen Monaten gefunden, von dem ich sogar einen Screenshot gemacht habe weils so schön zu lesen war, wo es um die Mentalität der Leute Brasiliens ging.

    Es gefällt Dir vielleicht das zu hören.

    Der Thread-Ersteller umschreibt seine Landsleute als verspielt, leichtsinnig, aber stets freundlich, niemals arrogant oder kaltherzig.

    Da ich über Südamerika so gut wie nichts weiss, ausser wo es liegt, war es sympathisch das zu lesen :)

  • Ja, das ist möglich. In den 80ern habe ich J. Krishnamurti gelesen, z.B. "Einbruch in die Freiheit".

    Diese Lektüre wurde als meditativ bezeichnet, weil man sich sehr konzentrieren konnte.


    Andere Lektüre oder der PC können sich auch so auswirken, haben jedoch meist keine so befreiende Wirkung, weil es z.B. beim Herrn der Ringe auch um Mord und Totschlag geht, also keine gute Lektüre im buddhistischen Sinne.

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Kommt sehr drauf an, was man liest ...



    Aber Lesen fördert Konzentrationsvermögen und das ist ja eine Aufgabe der Meditation.

  • Lesen kann unterhalten oder informieren und über bestimmte Inhalte kann man kontemplieren, also tiefergehende Betrachtungen anstellen, wie bei Lehrreden des Buddha.

  • Da kann man nebenbei relaxen und meditieren und es anhören, oder aber auch am PC arbeiten und es sich anhören.

    Das würde ich nun eher "Zerstreuung" nennen oder Rauschen im Hintergrund. Ich glaube nicht, dass man von einem Inhalt alles mitbekommt, wenn man nebenbei was anderes macht; es wird immer das eine oder das andere mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Allerdings habe ich es mit Hörbüchern nicht so, ich höre auch ungern Radiosendungen.


    Lesen ist für mich in der Tat eine meditative Angelegenheit, ich lese gern und entspanne mich dabei total, bin ganz fokussiert - das gilt auch für Krimis und Thriller. :D


    Im Internet hingegen erlebe ich jedoch das Gegenteil: Im Netz zu surfen und zu lesen macht mich nach einiger Zeit dump im Kopf und ich fühle mich unkonzentriert. Am PC schaffe ich es auch selten, einen längeren Text konzentriert zu lesen.

  • Ich lese zwar nicht viel, aber ich lese gerne.

    Durch die Konzentration verstärkt sich manchmal Samadhi in meinem Herzen.

    Aber gleichzeitig entstehen Bilder, Vorstellungen über das gelesene. Ich mag zum Beispiel die Bücher lieber als ihre Verfilmungen.

    Ich habe dutzende male ein Buch über das Leben des Buddhas gelesen.

    Ich bin eingetaucht in die Beispiele und Belehrungen. Der Kopf konnte nicht alles verstehen, deshalb habe ich das gelesene in mein Herz mitgenommen.

    Diese Geschichten und Belehrungen der Arahats wirkten manchmal unerreichbar für mich.

    Aber als ich durch die Ruhe mein Herz mit geduld, mit Liebender Güte behandeln und heilen konnte, konnte ich einige dieser Wahrheiten in meinem Herz finden.


    Lesen von buddhistischen Büchern hat mich inspiriert und mein Herz ruhig werden lassen. Ein Hilfsmittel von vielen.


    Später habe ich das gelesene mit dem Herzensinhalt verglichen.

    Wo alles wegfällt und die Stille spricht, findet man jenen, der nicht denkt und der nicht ist.


    Ein Hilfsmittel von vielen...



    Mögen wir alle Frieden finden!

  • Andere Lektüre oder der PC können sich auch so auswirken, haben jedoch meist keine so befreiende Wirkung, weil es z.B. beim Herrn der Ringe auch um Mord und Totschlag geht, also keine gute Lektüre im buddhistischen Sinne.

    Nicht beim ersten Teil ;) da geht es nur um die Hobbits, um deren Freundschaft und beim Herumstreunen auf welch seltsame und mystische Charaktere die so treffen.

  • Guten Morgen NightCat,

    natürlich kannst Du lesen, was Dir gefällt. Das tue ich auch.


    Es war nur nicht mein Bestreben, solange ich auf der Suche auf Befreiung war, auf der Suche nach der richtigen Religion, auf der Suche nach meinem Lebenssinn. Ich habe seit den 70er Jahren spirituelle Lektüre verschlungen. Und es hat sich gelohnt. Ich bin angekommen. Nur das zählt für mich.


    Wenn ich also heute spannende Lektüre lese oder Filme schaue, dann nur deshalb, weil ich gefestigt bin und mich das nicht zurückwirft. Ich und andere Schüler haben sich mal Anfang der 90er über einen großen Lehrer gewundert, der jeden Morgen die Zeitung las, weil wir das für überflüssig hielten. Das ist möglich, wenn der Geist gefestigt ist - aber nicht notwendig. Notwendig ist das Lesen - jedenfalls aus meiner Sicht für Dich - von guter spiritueller bzw. buddhistischer Lektüre. Zumal Du ein ziemlich oberflächliches Wissen über die Lehre hast.


    Aber es bleibt Dir natürlich selbst überlassen, was Dich weiterbringt. Irgendwann wirst Du es (vielleicht) wissen.

    _()_

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    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Bin ich hier allein, der das beim Lesen beobachtet hat oder lesen hier auch andere gern um dem Geist mal ein bisschen Urlaub zu gönnen?

    Nein, wie schon viele anderen geschrieben haben. :) Ich lese ebenfalls gerne und liebe es, wenn ich mich ganz auf den Inhalt eines Buch konzentriere und es nur noch das für mich gibt.
    Dabei geht es mir allerdings auch so, dass ich bestimmte Inhalte meinen Geist nicht ständig zumuten kann oder will. Ich habe früher oft Thriller- und Horrorliteratur genossen und habe daraufhin beobachtet, dass mein Geist sich in viel Unheilsamen verstrickt hat.
    So weit bin ich noch nicht, dass ich das mit kompletter Gelassenheit nehmen könnte (das Gleiche ist es bei bestimmten Filmen und Serien, weshalb ich damit heute deutlich achtsamer umgehe).

    Am liebsten lese ich Sachbücher, weil ich mich dort ganz auf den Inhalt einlassen kann. Vor allem über Geschichte, Buddhismus oder Religion/Philosophie generell. Manchmal auch den einen oder anderen Liebesroman, aber das ist für mich eher Zerstreuung.

  • @Anandasa

    Ich bin mir nicht sicher ob Meditation das richtige Wort ist.

    Wenn du beim Lesen völlig die Zeit vergisst und die Leute dich stupsen müssen damit du wieder in der Realität bist, dann kann man das wohl als eine Form der Meditation/Versenkung verstehen.


    Bei manchen Büchern ist es mir so ergangen.

    Ich wurde komplett aus der Realität genommen und war Teil des Buches, der Handlung.

    Das ist ein Kopfkino, das jeden noch so guten Film in den Schatten stellt.


    Diese Art von Versenkung funktioniert aber auch in anderen Bereichen.


    Als ich mal einen Ring anfertigte, stellte ich bei Fertigstellung fest, das ich gute 11 Stunden daran gearbeitet hatte ohne das ich es bemerkt hätte.


    Da gab es nur noch das Metall, den Edelstein, die Werkzeuge und meine Idee.

    Alles andere war ausgeblendet.

    11 Stunden Schneidersitz! Aua;)


    Ich glaube viele Menschen kennen Meditation, ohne sich dessen bewusst zu sein.


    Lesen ist wohl die häufigste Art der unbewussten Meditation.

  • Deine Erfahrungen ähneln meinen Erfahrungen.


    Aber erstmal ein herzliches willkommen, lieber harasem.

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    Ayya Khema

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  • Buddhas Art der Meditation ist fast genau so.

    Vielleicht ist das eine meiner Arten das ich meine Sinne meist offen lasse. Mein Verlangen nach Realität der Welt darf bei mir nicht durch mich bewusst gewollt ausgeschaltet werden. Wenn die Welt einfach so verschwindet, kein Problem.

    Aber ich hab gemerkt, wenn die "Welt" nicht einfach so verschwindet, sondern ich sie ausschalte fange ich an zu träumen und das hilft mir eben auch, nur wenn ich das will.

    Meine Meditation ist einfach nur sitzen mit allem, was ich wahrnehme, irgendwann nehme ich nicht mehr wahr, sondern betrachte. Aber das ist schon OT.