Fragwürdiges Interview mit Dzongsar Jamyang Khyentse in "Buddhismus Aktuell"

  • In der neuesten Ausgabe der „Buddhismus Aktuell“ Nr. 3/2021 "Was trägt?" findet sich ein Interview mit Dzongsar Jamyang Khyentse, Autor von Büchern wie „Warum Sie (k)ein Buddhist sind“ (das auch auf meinem Bücherregal steht) und „Der Guru trinkt Schnaps?“.Hier zwei Auszüge über die ich - milde ausgedrückt - "gestolpert" bin: (die Hervorhebungen sind von mir)


    Zitat

    Frage: Sie schreiben, ein wohlwollender Diktatur könnte für sein Land vorteilhafter sein als eine demokratische Regierung. Sollten westlich-demokratische Länder ihre Regierungssysteme in wohlwollende Diktaturen umwandeln?


    Antwort: Meine Auffassung trifft nicht nur auf den Westen, sondern auch auf den Osten, den Süden und den Norden zu. Wenn unser Verdienst irgendwo, wo auch immer wir sind, einen wohlwollenden Diktator beschert, dann sollten wir unser Regierungssystem binnen 24 Stunden in eine wohlwollende Diktatur umwandeln. Unbedingt! Das ist gar keine Frage.


    Zitat

    Frage: Was sollten Lernende tun, wenn ihr Meister nicht nur Schnaps trinkt oder sie bittet, eine Prinzessin zu ärgern – Sie erzählen da eine entsprechende Geschichte in Ihrem Buch -,sondern körperliche Gewalt gegen seine Schülerinnen und Schüler ausübt oder sie vergewaltigt?


    Antwort: Wie gesagt, Wenn Sie diesen Guru nicht geprüft haben und wenn Sie sich nicht entschieden haben, ihn vollständig als Ihren Guru anzunehmen, dann sollten Sie die Polizei rufen und sein Verhalten öffentlich machen. Wenn Sie aber nach intensiver Prüfung diesen Menschen vollständig als Ihren Guru angenommen haben, dann werden Sie sein Verhalten in diesem Augenblick, wenn er Schnaps trinkt, eine Prinzessin ärgert oder was auch immer tut, nicht als unangemessen ansehen. Denn inzwischen hat sich Ihre Projektion, Ihre Wahrnehmung verändert.


    Damit endet das Interview kommentarlos bzw. mit einem schnöden: „Vielen Dank für dieses Interview“, was ich wie einen Schlag ins Gesicht empfinde.


    Ich muss gestehen, nach dem Lesen dieses Interviews denke ich ernsthaft darüber nach, mein Buddhismus-Aktuell-Abo zu kündigen. In Zeiten von Me too und der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs wie z. B. innerhalb der Katholischen Kirche und auch in buddhistischen Sanghas und in Zeiten, in denen die Demokratie bei vielen anscheinend immer unattraktiver wird und das Raunen und Rufen nach einem starken Mann wieder losgeht, finde ich es schon eine ziemliche Chuzpe und Gedankenlosigkeit, sowas einfach mal so nebenbei zwischen verschiedenen anderen Artikeln zu drucken.


    Ein wohlwollender Diktator? Hallo? Wie definiert sich das „wohlwollend“ und für wen ist er „wohlwollend“? So nach dem Motto: „Ich will ja nur euer Bestes“? Ein Diktator ist nicht wohlwollend und wäre er es, würde er innerhalb 24 Stunden eine Demokratie ausrufen, die bei allen Schwächen, die sie hat, immer noch die beste Staatsform ist!


    Und wenn sich meine Projektion und Wahrnehmung verändern, darf mich mein Guru vergewaltigen und schlagen und das ist dann ganz toll und richtig und cool? Das ist so eine Frechheit gegenüber allen Menschen, die Opfer solcher und ähnlicher Gewalt geworden sind!


    Die Fragen sind schriftlich gestellt worden. Die Art der Fragen impliziert doch schon etwas und wenn ich solche Antworten kriege, würde ich das Zeugs entweder in den Papierkorb schmeißen oder zumindest die Aussagen kritisch beleuchten und aber sowas von groß hinterfragen! Jeder darf seine Meinung äußern, aber wenn etwas mit der Würde des Menschen und mit unseren rechtssaatlichen Prinzipien und Gesetzen nicht vereinbar ist, dann sollte zumindest ein kritischer Diskurs angehängt werden. Muss man alles kritiklos abdrucken, nur weil es von einem anscheinend wichtigen und anerkannten buddhistischen Lehrer kommt? Muss man so jemandem und solchen Aussagen eine Plattform bieten, zumal nach allem, was zuvor z. B. mit dem Diamantweg war?


    Sowas will ich ehrlich gesagt nicht finanziell unterstützen.



  • Was Dzongsar Jamyang Khyentse hier sagt, ist absolut nicht fragwürdig. Nur weil dein Geist total in der Moderne hängt, verstehst du die Aussagen nicht, das ist aber dein Problem, kein buddhistiches.

  • Ein "wohlwollender Diktator" ist sowas wie eine Idealvorstellung. Sowas wie die "perfekte Demokratie".


    Obladi Oblada

    Wie wäre es mit einem Leserbrief an Buddhismus Aktuell?

  • Die perfekte Demokratie ist sachlich unwahrscheinlicher als ein erleuchteter Diktator. Da es kaum möglich ist, dass von z.B. 60 Millionen Wahlberechtigten, 60 Millionen die Folgen des CO2 Ausstoßes Naturwissenschaftlich begreifen können. Wahrscheinlicher ist einfach, das ein gebildeter Mensch das versteht.



    Dzongtar Khyentse Rinpoches Heimatland ist Bhutan. Bhutan ist keine Diktatur. Aber es ist dort fast jeder Erwachsene geimpft, weil der verehrte König es so wünschte. Der einzelne Bauer musste dazu nicht viel verstehen. Er versteht, dass der König versteht, was gut ist.

    Ich denke, diese Richtung meint DJKR.


    Es erspart halt viele Situationen wie z. B. Leute in der Öffentlichkeit, die erzählen sie sein Sophie Scholl und müssten sich jetzt für Freiheit von Masken einsetzen. Sowas schlaucht die Menschen neben Arbeit, Kinder, Pandemie und privaten Problemen.

  • Da ist es wieder - dieses "nach intensiver Prüfung als Guru angenommen" ... Das hat, (sofern ich mich recht erinnere), Dzongsar Jamyang Khyentse in ähnlicher Weise auch damals (ich meine bei der Sache um Sogyal) geäußert. Er setzt offenbar voraus, dass ein jeder Mensch in der Lage ist, den "Guru" komplett zu (über-)prüfen, (im Prinzip also auch: zu schauen, wes Geistes Kind er (hier im Westen geworden) ist), bevor sie sich ihm anvertrauen ... Zum anderen nimmt er an, dass es einem und einer jeden möglich sein muss, nein zu sagen, wenn man etwas nicht möchte ...


    Quasi-Fazit - so verstehe ich die Aussage Dzongsar Jamyang Khyentses: Hat der Schüler den Lehrer nicht korrekt überprüft, (findet er ihn so großartig, dass er ihm "blind" folgt), wird er in seiner Verblendung alles akzeptieren - (möglicherweise) bis ihm selbst, oder auch nur anderen, plötzlich dämmert: da kann etwas nicht stimmen - und dann ...?

    Das ist auch mein Verdacht, dass so was da gedanklich dahinter steckt. Aber wie auch immer - es müsste dies von der Fragestellerin dann im Nachhinein hinterfragt oder geklärt werden.

  • Obladi Oblada

    Wie wäre es mit einem Leserbrief an Buddhismus Aktuell?

    Nein danke - die Leserbriefe werden mit Namen und Wohnort veröffentlicht. Darauf hab ich keinen Bock. Gibt zu viele Spinner auch in diesem Bereich und meine Adresse ist so schon leicht zu googeln, wenn man meinen Namen kennt. Versteh mich nicht falsch: Ich glaub nicht, dass mich einer niedersticht, aber ich kann mir schon vorstellen, blöd angeredet zu werden, z. B. an meinem Arbeitsplatz, wo viele Menschen ein- und ausgehen. Und mit meinen Interessen etc. geh ich nicht hausieren, das ist absolute Privatsache für mich.

  • Dzongtar Khyentse Rinpoches Heimatland ist Bhutan. Bhutan ist keine Diktatur. Aber es ist dort fast jeder Erwachsene geimpft, weil der verehrte König es so wünschte. Der einzelne Bauer musste dazu nicht viel verstehen. Er versteht, dass der König versteht, was gut ist.

    Ich denke, diese Richtung meint DJKR.

    Ich finde die bhutanesische Königsfamilie süß.:verliebt:Ja, auch in mir gibt es einen Hang zur Verehrung und royaler Romantik. ;)

    Dass der König Respekt und einen guten Einfluss genießt ist das Eine - was Anderes wäre es, wenn Zwang ausgeübt werden würde, damit sein Wille durchgesetzt wird. Aber dies scheint in Bhutan nicht der Fall zu sein? Allerdings will ich jetzt auch keine Diskussion über Bhutan.

  • Dzongtar Khyentse Rinpoches Heimatland ist Bhutan. Bhutan ist keine Diktatur. Aber es ist dort fast jeder Erwachsene geimpft, weil der verehrte König es so wünschte. Der einzelne Bauer musste dazu nicht viel verstehen. Er versteht, dass der König versteht, was gut ist.

    Ich denke, diese Richtung meint DJKR.

    Ich finde die bhutanesische Königsfamilie süß.:verliebt:Ja, auch in mir gibt es einen Hang zur Verehrung und royaler Romantik. ;)

    Dass der König Respekt und einen guten Einfluss genießt ist das Eine - was Anderes wäre es, wenn Zwang ausgeübt werden würde, damit sein Wille durchgesetzt wird. Aber dies scheint in Bhutan nicht der Fall zu sein? Allerdings will ich jetzt auch keine Diskussion über Bhutan.

    Na ja, wenn Du einen Autor kritisierst, der aus Buthan kommt dann ist es schon von Vorteil sich auch mit seinem soziokulturellen Hintergrund zu befassen.

  • Hallo Obladi Oblada,


    ich finde die Art und Weise wie das Interview in der Buddhismus Aktuell präsentiert wird auch nicht gut. So etwas kann wirklich leicht zu Missverständnssen führen.


    Ich finde aber auch wir sollten nicht gleich alle Lehrer auf eine schwarze Liste setzen , nur weil sie mit dem was sie tun gegen unsere Normen verstoßen.

    Und wenn Dzongtar Rinpoche hier sinngemäß sagt, man solle als Durchschnittsschüler in so einem Fall die Polizei rufen, dann macht er ja deutlich, das er hier schon eine gravierende Grenzverletzung sieht.


    _()_ Phönix

  • Dzongtar Khyentse Rinpoches Heimatland ist Bhutan. Bhutan ist keine Diktatur. Aber es ist dort fast jeder Erwachsene geimpft, weil der verehrte König es so wünschte. Der einzelne Bauer musste dazu nicht viel verstehen. Er versteht, dass der König versteht, was gut ist.

    Ich denke, diese Richtung meint DJKR.

    Ich finde die bhutanesische Königsfamilie süß.:verliebt:Ja, auch in mir gibt es einen Hang zur Verehrung und royaler Romantik. ;)

    Dass der König Respekt und einen guten Einfluss genießt ist das Eine - was Anderes wäre es, wenn Zwang ausgeübt werden würde, damit sein Wille durchgesetzt wird. Aber dies scheint in Bhutan nicht der Fall zu sein? Allerdings will ich jetzt auch keine Diskussion über Bhutan.

    Nein, in Bhutan gibt es keinen Zwang zur Impfung. In China wird jetzt verbale Gewalt angewendet. Naja, ich kann das nicht belegen, stand in einem Artikel, den ich nicht suchen möchte. Man kann sich ja vorstellen, dass das stimmt. "Setzen! Ärmel aufrollen"

    Also wenn man das 100 Prozent und nur falsch findet, braucht man sich ja ab jetzt nicht mehr aufregen über Idioten, die sich nicht Impfen lassen wollen, weil sie glauben, dass sich die Flüssigkeit im Körperinneren zu einem Chip zusammensetzt, mit dem man dann überwacht wird.

  • Mir kommt das alles sehr gestellt vor.


    Diese Art der Fragestellung,

    dazu diese ‚spirituellen‘ Antworten.


    Die im übrigen jeden Anfänger gleich weit wegbringt ....weghaut kann man ebenso sagen.

    Da wird wohl kaum ein Anfänger ein

    rechtes Interesse am Dhamma entwickeln.


    Steh nicht auf solche Art von Gesprächen deren Fragen-Antworten auf völlig unterschiedlichen Ebenen zu nichts führen.Außer zu Verwirrung.


    Das ist mir irgendwie zu flach und hat für mich wenig mit rechter, mitfühlender Rede zu tun.


    Sonnige Grüsse🔆🙏

  • Wahrscheinlich ist mein Gleichmut im Moment nicht ausgeprägt genug, aber:


    Hier sagt ein hoher Vertreter des tibetischen Buddhismus, dass es nicht als unangemessen anzusehen ist, wenn ein gewählter Guru "körperliche Gewalt gegen seine Schülerinnen und Schüler ausübt oder sie vergewaltigt".


    Und daraus ergibt sich hier die Diskussion, ob der König von Bhutan ein netter, liebenswerter Mensch ist? Naja, so lange man über knuddelige Könige reden kann, muss man nicht über den Elefanten reden...


    Grüße,

    Aravind.


    Nebenbemerkung: Hitler war für einen großen Teil der Deutschen mindestens bis 1940 so ein wohlwollender Diktator. Halt nicht für alle, aber wo gehobelt wird, da fallen Späne. /s, vorsichtshalber.

  • Wahrscheinlich ist mein Gleichmut im Moment nicht ausgeprägt genug, aber:


    Hier sagt ein hoher Vertreter des tibetischen Buddhismus, dass es nicht als unangemessen anzusehen ist, wenn ein gewählter Guru "körperliche Gewalt gegen seine Schülerinnen und Schüler ausübt oder sie vergewaltigt".


    Und daraus ergibt sich hier die Diskussion, ob der König von Bhutan ein netter, liebenswerter Mensch ist? Naja, so lange man über knuddelige Könige reden kann, muss man nicht über den Elefanten reden...

    Die Diskussion über den König von Bhutan ergab sich nicht aus dem Zitat über körperliche Gewalt. Sondern aus dem Zitat über wohlwollende Diktatur.

    • Offizieller Beitrag

    Sowas will ich ehrlich gesagt nicht finanziell unterstützen.

    Die DBU ist ein Spiegel für den Buddhismus in Deutschland und dann natürlich auch ein Ort an dem dann solche Konflikte aufscheinen. Von daher ist es ja vielleicht sinnvoll, dass da auch so eine Sicht wie die von Khyentse Dzongsar Jamyang erscheint, aber sie sollte auf keinen Fall unwidersprochen bleiben. Ein Ziel könnte seine, dass in der nächsten Ausgabe der "Buddhismus aktuell" etwas steht, was das gerade rückt.


    Aus meiner Perspektiv wäre es es für den Dialog nicht gut, wenn man in einem Anfall von "Cancel Culture" jetzt Khyentse Dzongsar Jamyang zur Unperson erklären würde und keine Interviews mehr mit ihm bringt. Aber es ist auch schlecht, wenn solche Ansichten unwidersprochen dastehen und dann liberalere Buddhistinnen wie du Feld räumen. Es ist etwas, was thematisiert und höflich aber bestimmt ausdiskutiert gehört.


    In der Februarausgabe von "Ursache und Wirkung" hat sich ja Hans-Günther Wagner sogar direkt auf Khyentse Dzongsar Jamyan und die problematischen Seiten den Projekts "Crazy Wisdom" bezog. Die Frage "Dürfen Heilige verrückt sein?" hat ja einen inneren Zusammenhang zu der Frage "Dürfen Gurus alles?". Ichbinderichbin hatte ja dazu sogar einen Thread gestart.


    Als wundertätiger Thaumaturg und gleichzeitig Schnapstrinker sowie polyamouröser Erotiker ist es seine tantrische Kompetenz, die ihn weit außerhalb der moralischen Normen der in ihrer Dualität befangenen Weltlinge stellt. „Hütet euch, der Weisheit des Vajrayana menschliche Moral in die Quere kommen zu lassen“, verkündet Khyentse Dzongsar Jamyang, einer der glühendsten Verfechter dieser Praxis in der Gegenwart. Bernhard Pörksen bezeichnete in „Buddhismus aktuell“ die Tradition des „crazy wisdom“ kürzlich sehr zutreffend als „eine weihevoll formulierte Form von bullshit.“ Und er hat wohl recht mit seiner Vermutung, dass diejenigen, die sie am lautstärksten vertreten, am allerwenigsten daran glauben. Der „verrückte Heilige“ fungiert vor allem als doktrinäres Machtinstrument, um die innere Stabilität der religiösen Gruppen zu sichern, die diesem Leitbild folgen.

    Der Herausgeber von "Ursache und Wirkung" Frank Henrik Hortz ist ja auch Gründer der AG säkularer buddhismus in der DBU. Wenn du also keinen Brief an DBU oder Buddhismus aktuell schreiben willst, wäre das sicher eine Stelle wo man so einen Unmut kanalisieren könntest.


    Und wollte die DBU nicht erst seit kurzem Ansprechspartnerinnen für Missbrauchsfälle im Buddhismus geschaffen? Fällt man diesen nicht in den Rücken wenn man sagt, dass Mißbrauch nur bei besonders gut geprüften Lehrern ok ist, bei denen man das dann auch nicht melden soll. Wenn ich so eine Ansprechsperson wäre ich ziemlich sauer.


    Und wenn man als DBU bei Ole Nydahl jede frauenfeindliche Zote bemängelt, dann aber sowas duldet, macht man sich unglaubwürdig wenn hier für den gut-gerpüften Guru alles ok ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass z.B Tenzin Peljor, der ja auch im Rat der DBU sitzt, im Bezug auf viele Lehrer von "verrückter Weisheit" warnt, aber dann hier die Worte von Khyentse Dzongsar Jamyang gut finden wird.

  • Aus meiner Perspektiv wäre es es für den Dialog nicht gut, wenn man in einem Anfall von "Cancel Culture" jetzt Khyentse Dzongsar Jamyang zur Unperson erklären würde und keine Interviews mehr mit ihm bringt. Aber es ist auch schlecht, wenn solche Ansichten unwidersprochen dastehen und dann liberalere Buddhistinnen wie du Feld räumen. Es ist etwas, was thematisiert und höflich aber bestimmt ausdiskutiert gehört.

    :like:

    Der Herausgeber von "Ursache und Wirkung" Frank Henrik Hortz ist ja auch Gründer der AG säkularer buddhismus in der DBU. Wenn du also keinen Brief an DBU oder Buddhismus aktuell schreiben willst, wäre das sicher eine Stelle wo man so einen Unmut kanalisieren könntest.

    Hier könnten auch andere User, die keine Abonnenten sind, ihren Unmut oder ihr Unverständnis über das unkommentierte Interview äussern und einen Leserbrief an die Zeitschrift schreiben. Dass Leserbriefe nur mit Namen und Wohnort veröffentlicht werden, ist, denke ich, in der heutigen Zeit unverantwortlich.

    Liebe Grüsse. minestrone

    :)

  • Nur weil dein Geist total in der Moderne hängt, verstehst du die Aussagen nicht, das ist aber dein Problem, kein buddhistiches.

    Die Antwort aller Fundamentalisten jeglichen Glaubens, wobei das "buddhistisches" beliebig austauschbar ist.


    Ja denn nur Fundamentalisten können Fundamentalisten verstehen. Die anderen werden alle zugrunde gehen.


    Außerdem: Was kann denn Buddhismus Aktuell dafür? Kündigst du auch deine Zeitung, weil da was drin steht, was dir nicht gefällt? Bestimmt nicht, aber an Buddhisten, die völlig korrekte Aussagen treffen, wird dann das moralische Maßband dran gehalten. Am besten kündigen und nur noch Stern lesen.

    Einmal editiert, zuletzt von ARYA DHARMA ()

    • Offizieller Beitrag

    Was Dzongsar Jamyang Khyentse hier sagt, ist absolut nicht fragwürdig. Nur weil dein Geist total in der Moderne hängt, verstehst du die Aussagen nicht, das ist aber dein Problem, kein buddhistiches.

    Die Idee das manche höher und heiliger sind als andere und deswegen über den ethischen Normen steht ist ja ein sehr archaisches Denken. Zu Buddha Shakyamunis Zeiten äußerte sich dieses in einem Kastensystem in dem die Brahmanen und ihre Rituale als besonders edel ( "Arya") und heilig galten während man auf die Kastenlosen als sozial und spirituell minder herabsah.


    Buddha Skyamuni hing einem solchen Denken aber gerade nicht und für ihn war ein Edler ( "Arya") jemand der sich gerade durch Ethik als solcher erweist.


    Er etablierte in seiner Sangha keinen "wohlmeinenden Diktator" als Nachfolger sondern etablierte relativ egalitäre Strukturen. Und die Idee dass jemand so heilig ist, das jemand er über allen ethischen Normen steht verwarf er.

  • Das wollte ich auch gerade schreiben: Dass er sicherlich so etwas wie das buthanesische Königshaus meint. Aber der Begriff "Diktator" ist im Grunde negativ belegt, hätte er gesagt "ein/e mitfühlende/r und weise/r König oder Königin" würde man das leichter positiv belegen können. Insofern kann ich die Verwendung des Begriffs "Diktator" nur als Provokation werten, deren Nutzen ich aber nicht nachvollziehen kann.

  • Die Idee das manche höher und heiliger sind als andere und deswegen über den ethischen Normen steht ist ja ein sehr archaisches Denken.


    Ja. Es ist aber auch mit der Nachfolge des Lehrers/Guru verbunden (Guru Yoga). Da ich in buddh. Gemeinschaften nie war und dort keinen Einblick habe kann ich nicht sagen ob:



    Er etablierte in seiner Sangha keinen "wohlmeinenden Diktator" als Nachfolger sondern etablierte relativ egalitäre Strukturen.


    Ich kann es mir aber nicht vorstellen (und da kann ich mich irren), dass hochstehende Lehrer in Tibet usw. ständig Rede und Antwort stehen müssen, weil Schüler ihre Aussagen nicht teilen. Das widerspricht im Kern der Guru Rolle.




    Buddha Skyamuni hing einem solchen Denken aber gerade nicht und für ihn war ein Edler ( "Arya") jemand der sich gerade durch Ethik als solcher erweist.


    Das ist richtig. Die Kastenfrage ist ein großes Thema, ursprünglich war sie nicht dazu gedacht, Menschen zu unterdrücken, sondern die Rechte und Pflichten standesgemäß zu verteilen - so hatten die Kastenlosen auch Erleichterungen, da weniger Pflichten.




    Und die Idee dass jemand so heilig ist, das jemand er über allen ethischen Normen steht verwarf er.


    Im Sanatana Dharma gibt es den "Rang" des Avadhatu, der über allen Normen steht und den man sich auch anvertrauen kann. Die Frage könnte gestellt werden, ob so etwas nicht auch in den Buddhismus übernommen wurde.


    Es gibt in der Überlieferung zahlreiche "fadenscheinige" Lehrer, in allen Traditionen. Im Koran gibt es diesen mysteriösen Lehrer, der Kinder tötete. Im großen Bild machen diese Sachen Sinn (natürlich nur im individuellen Verhältnis und nicht als Norm).


    Im Endeffekt widerspricht Dzongsar Jamyang Khyentse nicht dem Sanatana Dharma und tätigt korrekte Aussagen. Ob diese Aussagen im buddhistischen Dharma korrekt sind könnte man hinterfragen - obwohl ich dann sehr erstaunt wäre, wenn solche Aussagen offen dem buddhistischen Dharma widersprechen würden, den Dzongsar Jamyan Khyentse hat ja einen gewissen Rang.

  • Dazu noch ein interessanter Fund:


    Zitat

    Die späteren Mahayana-Lehren des Buddha würden von den Anhängern der Aschenputtel-Lehren nicht anerkannt, ebenso wie Mahayana-Anhänger die Lehren des Vajrayana nicht anerkennen würden. Das Vajrayana trage darum allein die Last, alle Lehren des Buddhismus anzuerkennen, schätze es doch auch die frühen Belehrungen des Buddha als unverzichtbare Grundlage des Dharma. Im Gegensatz zu den Aschenputtel-Lehren habe der Buddha jedoch Non-Dualität, wie sie im Vajrayana gelehrt werde, wirklich gemeint, so Dzongsar Khyentse Rinpoche.



    Und alleine die folgenden Punkte bezeichnen das, was ich auch meinte: Die Moderne bildet ein Problem für die authentischen Lehren:


    Zitat

    „Vajrayana-Buddhismus in der modernen Welt“ lautete der Titel seines Vortrags, in dem er laut Ankündigung auf mehrere zentrale Fragen eingehen wollte. Diese Fragen lauteten:

    * Was ist das Einzigartige an der Vajrayana-Tradition und wie kann sie in der modernen Welt am besten praktiziert werden?

    * Wie können angesichts der aktuellen sozialen und politischen Trends Missverständnisse in Bezug auf den Vajrayana-Pfad vermieden werden?

    * Welche Vorkehrungen können getroffen werden, um die spirituelle Qualität der Guru-Schüler-Beziehung zu wahren?


    Es gibt also Ansprüche von modernen Menschen (Demokratie, Kritikfähigkeit, moralische Zwänge) die mit den überlieferten Lehren in Konflikt kommen.



    VERANSTALTUNG & KOMMENTAR: Missbrauch – Missverständnisse

  • Vielleicht ist das der Punkt, wo ich das neue Buch von Dzongsar Jamyang Khyentse posten sollte. Man kann es sich als PDF herunterladen:

    Poison is Medicine Dzongsar Khyentse Rinpoche.pdf


    Warum? Weil ich glaube, dass es für die Interessierten hilfreich sein könnte.


    Ich denke, es könnte wahrscheinlich noch Erhellendes zur Thematik beitragen. Ich denke das, weil ich es selbst erst seit gestern besitze und bisher nur einige Seiten überflogen habe. :grinsen:

  • Er etablierte in seiner Sangha keinen "wohlmeinenden Diktator" als Nachfolger sondern etablierte relativ egalitäre Strukturen. Und die Idee dass jemand so heilig ist, das jemand er über allen ethischen Normen steht verwarf er.

    Buddha etablierte gar nichts - er sagte, seid euch selbst Zuflucht, seid euch selbst eine Insel - und verwies damit auf die Verantwortung jedes Einzelnen. Anders geht es auch gar nicht. Es ist nicht möglich, sich auf einen anderen zu stützen - aber das ist das Bemerkenswerte dieser Ausgabe von Buddhismus- Aktuell - Was trägt? - nur das Buddhadharma.


    "Sei Dir selbst eine Insel" – Selbstvertrauen durch die Buddhalehre in herausfordernden Lebenssituationen entwickeln | Bodhi Vihara

    Zitat

    Darum, Anando, weilt euch selber zur Leuchte3, selber zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht. Wie aber, Anando, weilt der Mönch sich selber zur Leuchte, sich selber zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht?

    Da wacht, Anando, der Mönch

    • beim Körper über den Körper,

    • bei den Gefühlen über die Gefühle,

    • beim Bewusstsein über das Bewusstsein,

    • bei den Geistesformationen über die Geistesformationen,

    unermüdlich, klar bewußt, achtsam, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Trübsinns. So weilt, Anando, der Mönch sich selber zur Leuchte, sich selber zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre zur Leuchte, die Lehre zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht.

    Die da also, Anando, jetzt eben oder nach meinem Verscheiden, sich selber zur Leuchte verweilen, sich selber zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre zur Leuchte, die Lehre zur Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die werden, Anando, oberhalb des Dunklen meine Mönche sein, die da eifrig Übung lieben”.


    Es ist fahrlässig - als erwachsener Mensch - anderen Menschen zu vertrauen, wenn ich noch nicht einmal mir selbst voll vertrauen kann. Daher kann nur einer dem anderen eine Zuflucht sein, der selbst Zuflucht für sich geworden ist. So jemand braucht keine "Schüler" und so jemand muss auch nicht der Guru eines anderen sein. So jemand ist nichts anderes als einer, der gewissenhaft auf einen Anderen achtet, damit dem nichts Übles geschieht. Solange es noch rechtsstaatliche Grundsätze gibt und eine Verfassung, die die Würde des Einzelnen achtet, ist der Willkür Grenzen gesetzt, wenn Menschen in einer Notlage auf andere angewiesen sind.


    Das Interview ist so aus der Zeit gefallen, dass ich überhaupt nicht verstehen kann, wie so ein Interview noch möglich ist. Aber: wir sind ja offensichtlich auf einem Weg des Rückschritts - und da findet man dann wenig dabei, wenn über wohlwollende Diktaturen gefasel wird.


    SN 47.19 das Sedakam sutta


    Zitat

    Die rechte Vorgehensweise dabei, sprach der Erhabene, ist folgende: “Wie Medakathalikā, die Gehilfin, dem Meister gesagt hat:

    • ‘Ich werde auf mich achten’, so sind die Pfeiler [Grundlagen] der Achtsamkeit (satipatthāna), ihr Mönche, zu pflegen:

    • ‘Auf den anderen werde ich achten, so sind die Pfeiler [Grundlagen] der Achtsamkeit zu pflegen.

    • Auf sich selber achtend, ihr Mönche, achtet man auf die anderen.

    • Auf die anderen achtend, achtet man auf sich selber.

    Und wie, ihr Mönche, achtet man, auf sich selber achtend, auf den anderen?

    • Durch Pflege, durch Entfaltung, durch häufiges Tun.

    So, ihr Mönche, achtet man, auf sich selber achtend, auf den anderen.

    Und wie, ihr Mönche, achtet man, auf den anderen achtend, auf sich selber?

    • Durch Geduld (khanti),

    • durch Gewaltlosigkeit (avihiṃsā),

    • durch Liebe (mettacitta),

    • durch [An-]Teilnahme (anudaya).

    So, ihr Mönche, achtet man, auf den anderen achtend, auf sich selber.

    :zen:

  • Danke svea.

    Da braucht es nur das Schlusskapitel, um das Anliegen und die Intention zu erkennen.


    Zitat

    In spite of the scandals, misunderstandings, miscommunications,

    shortage of facilities and outright mistakes that have been made over

    the years, I would say that the overall profit on Buddhadharma in the

    West’s balance sheet stands at about 80%. This high level of success

    is a result of the tremendous blessings of the unequalled Vajrayana

    tradition, the great lineage holders and the dharmapalas.


    Er hat schon sehr das westliche Profitdenken internalisiert. :grinsen:


    Im übrigen heißt im Englischen der Ausdruck "poison as medicine" - das ist schon ein wesentlicher Unterschied zu dem Buchtitel.


    Mich erinnert das ganze Bemühen um das Verstehen einer geheimnisvollen Lehre, die unter Schweigen auch verborgen bleiben soll, an die Katholische Kirche und deren Klerus, die durch ihre Schweigegelübde den ganzen Laden an die Wand gefahren haben, weil sie sich sicher glaubten vor der Öffentlichkeit und vor Strafverfolgung. Hier ist es dann in einer freien Welt möglich, dem ganzen Treiben durch das Austrocknen der Geldzuflüsse und den Entzug von Anerkennung ein vorläufiges Ende zu bereiten. Nicht dass es immer wieder Menschen gibt, die Kulte und Sekten suchen, aber Transparenz und Gesetze können hier helfen.


    Mich kotzt das inzwischen auch nur noch an.

    :zen:

    Einmal editiert, zuletzt von Leonie ()

  • 'was auch immer ein Guru tut ... man wird es nicht als unangemessen sehen, weil sich ihre Wahrnehmung verändert hat' - Wenn es wirklich so ist, dass sich die Wahrnehmungen der Schüler und Schülerinnen so verändert, dass ein patentierter Guru sag ich mal so was auch immer tun kann, und man wird es immer auf eine Weise einschätzen: kein unangemessenes Verhalten. Dann verändert die sich so, dass sie nicht mehr richtig unterscheiden kann. Und voreingenommen, also wahrnehmungsverändert jedes Verhalten von diesem patentierten Guru als nicht unangemessen betrachten wird. Hört sich gruselig für mich an.