Fragwürdiges Interview mit Dzongsar Jamyang Khyentse in "Buddhismus Aktuell"

  • Was macht also der endliche, sterbliche Guru, wenn er nun sich amoralisch verhält? Hat er das überhaupt nötig?

    Ich glaube, dass Du hier den Kern der Unterscheidung zwischen amoralisch und unmoralisch missverstehst. Man kann sich in der Welt der Phänomene nicht amoralisch verhalten. Worauf die tantrische Praxis abzielt, ist die von Dir auch genannte Ebene der Nicht-Dualität erfahrbar zu machen.


    Zitat

    wenn einer dies erkannt hat, wie das im Herzsutra ausgedrückt ist, braucht es den ganzen Firlefanz von Tantra oder Koan nicht

    Eben, WENN einer dies erkannt hat. (Erkennen ist nicht das Gleiche wie logisch verstehen!) Nun dienen aber Tantra und Koan genau dazu, dies zu erkennen. Und manche Menschen können aus auf dem Weg am besten oder manchmal überhaupt nur so erkennen.


    Zitat

    Wie ich schon an anderer Stelle sagte - eine Praxis, die einen Initiationsritus bietet und in Mysterien oder wie auch sonst welcher Art Riten einweist, führt zu merkwürdigen Verhaltensweisen bei den betreffenden Personen und solche Leute sind als Sekten geläufig, unterstehen aber auch dem bürgerlichen Gesetz.

    Im Unterschied zwischen dem, was man hier als "Initiationsritus" bezeichnen würde, ist die tantrische Einweihung oder Einführung in die Natur des Geistes kein Ritus, der etwas Geheimes vermittelt. In Gegenteil, worum es geht wird sowohl im Essenz-Mahamudra als auch im Dzogchen offen beschrieben. Aber gerade weil es eine Erfahrungsebene ist, die, wie Du auch sagst, in der Welt der Phänomene verborgen bleibt, reicht das bloße Verstandes-Verständnis bei den meisten nicht aus.


    Die Ethik der relativen Ebene wird aber als absolute Grundlage immer zuerst gelehrt. Oder sollte es zumindest. Und selbstverständlich muss man sich an die Gesetze halten.


    Schwierig wird es erst, wenn man solche alten Traditionen an andere Kulturen anpassen muss, deren Moral- bzw. Ethikverständnis ein anderes ist. Man darf dann nicht vergessen, dass man auch die Lehre an diese Dinge anpassen muss. Und dieser Prozess der Anpassung ist auch eine gute Chance, tradierte Gewohnheiten neu zu hinterfragen. Darauf, was angemessen ist, darauf was überhaupt notwendig ist, um das eigentliche Ziel zu erreichen. Mag sein Naropa oder Milarepa hatten sehr spezielle Bedingungen und daher waren auch sehr ungewöhnliche Methoden notwendig. Und es ist sicherlich gut, die Effektivität dieser Methoden im Hinterkopf zu behalten. Aber das heisst nicht, dass jeder heutige Lehrer sich im Westen so verhalten muss oder darf, wie es Tilopa oder Marpa damals taten.

  • Ich glaube, dass Du hier den Kern der Unterscheidung zwischen amoralisch und unmoralisch missverstehst. Man kann sich in der Welt der Phänomene nicht amoralisch verhalten. Worauf die tantrische Praxis abzielt, ist die von Dir auch genannte Ebene der Nicht-Dualität erfahrbar zu machen.

    Amoralis ist lateinisch für unmoralisch. Der also diesen Unsinn hier sprachlich verzapft hat, hat nicht kapiert, was er damit aussagen kann. Wer sich über die herrschende Moral hinwegsetzt, ist amoralisch - das ist so ähnlich im Gebrauch wie asozial. Aber vielleicht geht es ja dem DJK und dem Vajrayana um diese amoralische Haltung - sich also über eine herrschende Moral hinwegsetzen, sich über eine Gesellschaft erheben, sich außerhalb sehen und stellen - also das, was auch von Leuten, wie Andrew Cohen, dem amerikanischen Guru und sogenanntem Erleuchteten angesehen wird: man ist was besonderes, was außerhalb dem gemeinen Volk stehendes - ich brauch hier nicht betonen, dass das mit dem Zen nur hinsichtlich der D.T.Suzuki-Linie passt, also dem Rinzai oder auch Krieger-Zen - wie das bei Shimano der Fall war. Aber das ist eben nicht Dogen-Zen.


    Kommen wir zur Erfahrung und Erfahrbarkeit von Nicht-Dualität - genau das Herzsutra zeigt doch worum es geht: die Realität, die wir mit unseren Sinnen und Bewusstsein unterscheiden, ist eben sowohl vorhanden, als auch nicht-vorhanden. Nicht-Dualität, also das nicht unterscheidbare lässt sich auch nicht erfahren. Und es gibt keine Praxis, die das erfahrbar machen könnte. Was wird also erfahren?

    Was hat der Bodhisattva erfahren, von dem er ihm Herzsutra spricht? Er saß in tiefer Versenkung - im jijuyu samadhi, von Dogen im Bendowa beschrieben.

    Da heisst es:

    Zitat

    All dies jedoch erscheint nicht in der Wahrnehmung, weil es Ungeschaffenheit in Stille ist – es ist unmittelbare Verwirklichung. Wären Übung und Verwirklichung zweierlei, wie es gewöhnlichen Leuten erscheint, könnte jedes für sich erkannt werden. Aber was mit Erkennen erfasst werden kann ist nicht die Verwirklichung selbst, weil Verwirklichung nicht von einem getäuschten Geist erreicht werden kann. In der Stille fließen Geist und Objekt in Verwirklichung ineinander und gehen über Erleuchtung hinaus; trotzdem, weil du im Zustand des selbst-erfüllenden Samadhi bist, erweiterst du - ohne seine Qualität zu stören oder ein Atom zu bewegen - Buddhas große Aktivität, die unvergleichlich tiefe und subtile Lehre.

    Wir haben also einen getäuschten Geist, der Verwirklichung nicht erreichen kann - wir haben eine Verwirklichung, die nicht erkannt werden kann und wir haben die Beschreibung des Bodhisattva im Herzsutra, mit der er sein Staunen über ein Erlebnis darstellt - und er bringt dieses Erlebnis mit Begriffen seines Erfahrungshintergrundes zur Sprache:


    Zitat

    Sariputra! Alle Dinge sind in Wahrheit leer. Nichts entsteht und nichts vergeht. Nichts ist unrein, nichts ist rein. Nichts vermehrt sich und nichts verringert sich. Es gibt in der Leere keine Form, keine Empfindung, Wahrnehmung, geistige Formkraft und kein Bewußtsein,keine Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper oder Geist; es gibt nichts zu sehen, hören, riechen,schmecken, fühlen oder denken, keine Unwissenheit und auch kein Ende der Unwissenheit,kein Altern und keinen Tod, noch deren Aufhebung, kein Leiden und keine Ursache des Leidens, kein Auslöschen und keinen Weg der Erlösung, keine Erkenntnis und auch kein Erreichen. Weil es nichts zu erreichen gibt, leben Bodhisattvas Prajna Paramita und ihr Geist ist unbeschwert und frei von Angst


    Dies gilt auch für die Unwissenden - es gibt keinen Grund und keine Möglichkeit, keine Mittel, diese Erkenntnis als Erkenntnis weiter zu geben - als Worte - aber mit dieser Haltung ist es auch überhaupt kein Problem peinlichst auf die Einhaltung von moralischen Regeln und ethischen Geboten zu achten - besonders wenn sie als "Zumutungen" im Rahmen eines "Lehrverhältnisses" daher kommen.


    Gerade in der Einhaltung von moralischen Regeln zeigt sich aber der Grad der Verwirklichung dieser Erkenntnis von der Leerheit.

    :zen:

  • Amoralis ist lateinisch für unmoralisch. Der also diesen Unsinn hier sprachlich verzapft hat, hat nicht kapiert, was er damit aussagen kann.

    Dann müssen wir uns im Diskurs auf das beziehen, was gemeint war; wie ich es auch auf Anhieb verstanden habe, weil ich ja aus meiner Praxis weiß, worum es geht. Besser formuliert wäre es vermutlich mit "Jenseits von Moral" oder "Nicht-Dualistisch" wobei letzteres ja auch explizit die Dualität von "Gut und Böse" überwindet.

    Dabei ist es wichtig, zu verstehen, dass selbst in der Welt der Phänomene diese Dualität oft im Auge des Betrachters liegt. Im Grunde, auch wenn man in vielen Belehrungen zwischen absoluter und relativer Wirklichkeit unterscheidet, gibt es auch diese Trennung natürlich nicht. Es ist im Grunde nur eine andere Sichtweise auf die eine Wirklichkeit. So wie auch Erleuchtung nichts anderes ist, als eine andere Sichtweise auf die eine Wirklichkeit.


    Trotzdem darf es nicht passieren, dass die ethischen Grundregeln, die man als tantrische Grundlage lernt, verletzt werden. Dazu kommend noch die Gesetze des jeweiligen Landes (sofern diese nicht per se unethisch sind, was ja auch sehr häufig vorkommt). Es ist auch nicht logisch, zu sagen: "Ach es gibt ja kein Gut und Böse, also ist es egal wie ich handele". Wenn man so denkt, hat man eben die Nicht-Dualität in wesentlichen Punkten nicht verstanden, denn man negiert dann die Nicht-Dualität von absoluter und relativer Wirklichkeit.


    Hat man es verstanden, kann man gar nicht anders, als in heilsamer Weise zu handeln, denn man erkennt, dass man zwar vielleicht selbst die Dinge jenseits von Dualitäten sieht, aber die Wesen ohne erleuchtete Sichtweise können es nicht so sehen, leiden daher unter ihren Umständen und es macht einen Unterschied für sie, was sie erleben und wie man sie behandelt. Welcher Bodhisattva - und wir reden ja hier von Lehren des Mahayana, für die Bodhicitta die Grundhaltung für jegliches Handeln ist - welcher Bodhisattva könnte im Wissen um dieses Leid der Wesen sagen: "Ach, ist doch egal, ist doch eh alles das Gleiche"....?


    Was nun die Lehrer-Schüler-Beziehung angeht: Ich kann die Lehren schon verstehen, wenn ich mir die Geschichten von Naropa oder Milarepa anschaue. Und so schwierig ich diese Art von Beziehung finde, so sehr sie die Gefahr birgt, dass jemand sich da missbräuchlich verhält, so ist das doch immer noch die Ausnahme und diese Lehre hat ihre Berechtigung. Für mich selbst wäre das auch nichts, weswegen ich den Weg gewählt habe, mir auf der Basis des Gelernten und Erfahrenen meinen eigenen Weg zu bahnen. Nur mit Bücherwissen - von dem ich mehr als reichlich auch habe - wäre ich aber auch nicht weit gekommen, das weiß ich.

  • Gerade in der Einhaltung von moralischen Regeln zeigt sich aber der Grad der Verwirklichung dieser Erkenntnis von der Leerheit.

    Dazu habe ich eine andere Sicht. Je höher der Grad an Verwirklichung, umso weniger braucht man äußere Regeln jeglicher Art um zu wissen, was in einer Situation richtig ist und was nicht. Und zwar u.a. deswegen, weil man in der Erfahrung ist, dass "Du" und "Ich" Teile einer Ganzheit sind. Andere zu verletzen fühlt sich an, wie eine Selbstverletzung, da ist keine Trennung. Zu diesem Mitgefühl (Mitsein?) kommen die Weisheiten: zu erkennen, was jemand braucht, die Möglichkeiten der Situation zu sehen, etwas dazu beitragen zu können, und die Fähigkeit loszulassen, wenn man erkennt, dass man nichts tun kann. Moralvorstellungen und ethische Regelbücher sind da einfach überflüssig, weil man nicht mehr irgend einem Wortlaut oder einer konzeptuellen Vorstellung folgen muss, um zu wissen, was richtig ist. Nicht, um gegen diese Regeln zu handeln, sondern weil der Impuls direkt, spontan, unmittelbar mitfühlend ist.

    • Offizieller Beitrag

    Amoralis ist lateinisch für unmoralisch. Der also diesen Unsinn hier sprachlich verzapft hat, hat nicht kapiert, was er damit aussagen kann.

    Soso... :), ist das so, ja?


    Nach Duden bedeutet amoralisch auch: sich außerhalb moralischer Bewertung befindend. Und das ist genau das, was ich aussagen wollte.


    Ich habe diese Formulierung genutzt auch mit Seitenblick auf die Unterscheidung zwischen Atheismus und Antitheismus... Im Griechischen bedeutet die Vorsilbe a "ohne", bezweifelt also in diesem Fall die Existenz Gottes generell. Eine Spielart davon ist der Antitheismus, bei dem man einen Glauben an Gott explizit als sinnlos oder sogar als gefährlich ablehnt. Es geht beim Tantra ja nicht darum, gegen (anti) die Moral vorzugehen, sondern darum, das moralische Urteil, die moralischen Kategorien für eine gewisse Zeit (beispielsweise während der Meditation) außer Kraft zu setzen, um sich des Ursprungs der Energie bewusst zu werden, die eine unmoralische Handlung so attraktiv macht, um wiederum so die Kraft des unmoralischen Begehrens umzuwandeln und für den Erleuchtungsweg nutzbar zu machen. Man nimmt also für eine gewisse Zeit eine a-moralische Haltung ein, eine Haltung außerhalb moralischer Bewertung, löst sich also zeitweilig von kulturell determinierten Gewohnheiten, um offenen Geistes zu erfahren, welche Kraft in einer unheilsamen Handlung gebunden ist. Ein sehr realistischer und menschenfreundlicher Ansatz meiner Ansicht nach, sofern – und das ist entscheidend – er auf der soliden Basis einer ethisch gefestigten und von den sechs Paramitas geprägten Haltung ausgeübt wird.


    Um mich klar auszudrücken: Für mich ist ein psychischer oder physischer Missbrauch eines Schülers, einer Schülerin durch einen spirituellen Lehrer oder eine spirituelle Lehrerin vollkommen unakzeptabel. Zugleich bin ich mir bewusst, dass unmoralisches Handeln oftmals ungeheuer attraktiv ist, ja, dass das Begehren, das damit verbunden ist, eine massive und lebendige Kraft darstellt. Diese Kräfte werden oft genug durch moralische Gewohnheiten (die angenommen, aber in der Tiefe nicht begriffen sind) unterdrückt. Dieses Fernhalten und Eingrenzen braucht viel Energie und führt dazu, dass Menschen nur einen Teil ihrer Lebenskraft erfahren können. Zugleich führt es dazu, dass der Tabubruch genau dadurch so attraktiv wird, da man sich während dessen auf eine destruktive Weise außerordentlich lebendig, wie befreit fühlt. (Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert). In diesem Spannungsfeld bewegt sich Tantra meiner Ansicht nach: Wie kann ich die Kraft, deren kulturell determinierte Eingrenzung mich ständig Kraft kostet, in lebendige und produktive Energie umwandeln?


    Wie steht es nun mit den sexuellen Praktiken um traditionellen Tantra?


    Blicken wir noch einmal kurz in den Artikel aus dem Deutschlandfunk, den ich weiter oben verlinkt hatte (Hervorhebungen von mir):


    Zitat

    "Natürlich gibt es auch sexuelle Übungen. Aber auch die sind schon sehr früh visualisierbar. Das heißt, es ist nicht notwendig, dass man einen sexuellen Partner hat, um eine Visualisation durchzuführen. Das ist der Weg, den die meisten tibetisch-buddhistischen Schulen gegangen sind, dass sie diese Übungen verinnerlicht haben, in die Imagination, in die Vorstellung.

    Im Tantrismus gibt es eine Fülle von Übungen: Man meditiert, singt Mantras, übt Yoga. Man identifiziert sich mit einer Gottheit auf einer höheren geistigen Ebene. Ganze dreidimensionale Götterpaläste visualisierte man in der Vollstellungswelt. Sexuelle tantrische Übungen außerhalb der Imagination wären die absolute Ausnahme, sagt Sobisch.

    „Und wenn es tatsächlich noch vorkommt, geschieht das tatsächlich im Privaten. Und wenn jetzt ein buddhistischer Lehrer herkommen würde und einer Frau vorschlagen würde, die überhaupt völlig ungeübt ist und selbst keine hohe Verwirklichung hat, keine große meditative Erfahrung hat, die auffordert mit ihm in so eine tantrische Verbindung einzugehen, dann ist das eine Missbrauchssituation. Ganz einfach. Eine solche Form von tantrischer Sexualität kann nur stattfinden zwischen zwei hochentwickelten Persönlichkeiten. Das gilt für beide Seiten, da kann man nicht irgendwelche Schüler nehmen und sagen: Man macht jetzt hier irgendwie die höchste Tantra-Übung. Das geht einfach nicht.“

    Im Zweifel hilft eine Aussage des Dalai Lama weiter. Er hatte gesagt, dass er aktuell niemanden kenne, der befähigt sei, diese höchsten sexuellen tantrischen Rituale auszuüben.


    -> Quelle

  • Wie kann ich die Kraft, deren kulturell determinierte Eingrenzung mich ständig Kraft kostet, in lebendige und produktive Energie umwandeln?

    Auf diese Form des dukkha hatte Buddha eine präzise Antwort.

    Z.B.

    Majjhima Nikāya 2


    Und dann gibt es auch noch den Fuchs-Geist, der im Fall 2 des Mumonkan betrachtet wird.


    Was man bisher von den "Meistern" des Rigpa erfahren konnte, waren eher die destruktiven Kräfte, die natürlich auch lebendig sind. Man wird sie nur weiterhin machen lassen und reden lassen, schließlich sind wir ja in einer freien Kultur ohne wesentliche, determinierende Eingrenzungen. So tritt ans Licht, welcher Geist dort wirkt. Ursache und Wirkung kann nicht verdunkelt werden. Da muss niemand was rechtfertigen und auch nicht diskutieren. Das unterliegt dem bedingten Entstehen und Vergehen.

    :zen:

  • Nondualismus lässt sich nicht lehren und nondualistisch handeln geht schon gar nicht. In der Leere gibt es keine Moral, aber es gibt auch keinen moralisch oder amoralisch Handelnden, kein moralisches/amoralisches Subjekt und kein zugehöriges Objekt des Handelns. Jemandem, der sich der Zentradition zurechnet, sei dringend angeraten, sich insbesondere nach seinem ersten kensho eingehend mit Hyakujos Fuchs zu befassen. Entweder in der Koan-Arbeit mit einem/r qualifizierte/n Lehrer/in oder im Studium "mit ungeteiltem Körper und Geist", wobei Dogens Shobogenzo Daishugyo und Shobogenzo Jinshin Inga reichlich Hinweise geben. Und wenn man noch kein kensho erfahren hat, hält man zu dem Thema besser die Klappe, dann weiss man nämlich nicht, wovon man redet. Da hilft es auch nicht, wenn man das Herzsutra auswendig hersagen kann.


    Was die Deutschlandfunk-Sendung angeht - das ist das übliche ass-covering, was der Öffentlichkeit seit Jahrzehnten aufgetischt wird und dabei zunehmend fadenscheiniger und unglaubwürdiger wird. Sexuelles Tantra, Karmamudra nur als "Visualisierung". Diesen bullshit habe ich auch mal geglaubt - vor 20 Jahren. Die Realität, immer schön als 'Skandal' deklariert, als bedauerliche Fehltritte Einzelner, lehrt einen da eine realistischere Sicht. Ich weiss nicht, ob das früher in Tibet anders war und wie viel ungewollte Schwangerschaften es in der Umgebung der Klöster gab. Aber insbesondere im Westen gilt: wo ein Trog ist, sammeln sich die Schweine. Und der Trog ist randvoll mit Geld und der Bereitschaft zu sexuellen Gefälligkeiten, es braucht nur das passende Marketing dazu. Je exotischer, desto besser.


    Der Guru trinkt nicht nur Schnaps, der Guru ist auch geil. Wenn er Dir an die Wäsche geht, dann geht es dabei garantiert nicht um Deine Erleuchtung - so funktioniert das nun mal nicht. Und ein Herr Khyentse redet den Leuten ein, das sei nur ihre "Projektion". In der deftigen Sprache der Landbevölkerung hier gibt es dafür die Metapher "jemandem eine Fotze auf die Backe malen". Nein - Projektion ist da was ganz anderes. Nämlich der Glaube, jemand der Andere sexuell und/oder materiell ausbeutet, sie schlägt und vergewaltigt, sei erleuchtet und tue dies nur zu ihrem Besten. Und das ist keine heilsame Projektion. Es ist ein Witz - wäre er nicht ernst gemeint und wäre es nicht so traurig, dass es Leute zu Hauf gibt, die sich solch einen Blödsinn andrehen lassen, könnte man sogar darüber lachen.


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  • Da kann ich nicht mitgehen; denn in den allermeisten tibetischen Schulen und Gruppen mit besonderer Lehrer-Schüler Beziehung findet KEIN Missbrauch irgendeiner Art statt. Diese in Mithaftung zu nehmen ist eine unzulässige Vorverurteilung. Es sind tatsächlich eher die Ausnahmen, die natürlich auch leider besonders prominent zutage treten. Wer das pauschal auf alle Lamas überträgt, dem ist nicht bewußt, wieviele Lamas und Gruppen es im Westen tatsächlich gibt. Nur dass die, die sich nicht fehlverhalten, eher wenig wahrgenommen werden.


    Und in Bezug auf den Zen möchte ich - und das soll nicht relativieren, sondern einfach den Blickwinkel erweitern, denn es ist nicht gut, egal wo es passiert - noch erwähnen, dass es in Zenklöstern bzw. in deren Umfeld, besonders in Japan, auch reichlich sexuelle Fehltritte gibt. Zumindest, wenn man Janwillem van de Wetering Glauben schenkt. Offenbar braucht es dafür weder Exotik, noch Marketing, noch spezielle tibetische Praxisbedingungen, sondern einfach nur Menschen, die sich nicht im Griff haben.

  • @kilaya : mir ist nicht bewusst, dass ich hier eine Generalverurteilung von Lamas oder generell des tibetischen Buddhismus formuliert hätte. Es ging ganz konkret um Dinge, die Herr Khyentse in dem Interview rechtfertigt und verteidigt. Krassestes Beispiel:

    Zitat

    F: Was sollen Lernende tun, wenn ihr Meister [...] körperliche Gewalt gegen seine Schülerinnen und Schüler ausübt oder sie vergewaltigt?

    A: Wenn sie diesen Menschen [...] als ihren Guru angenommen haben, dann werden sie sein Verhalten [...] was auch immer er tut, nicht als unangemessen ansehen. Denn inzwischen hat sich ihre Projektion, ihre Wahrnehmung verändert.

    Also: Vergewaltigung ist nur eine "Projektion". Gut, dass das mal jemand sagt - könnte hilfreich sein, wenn man wegen sexueller Nötigung mal vor Gericht steht. Ob diese "Argumentation" da zieht, ist freilich eine andere Frage. Oder es ist halt nur eine "Wahrnehmung", die sich ändert, wenn man nach Prüfung einen Guru annimmt. So läuft und lief es ja auch offensichtlich bei den Rigpa-Mitgliedern, die jetzt Herr Khyentse dank seiner Fürsprache für Herrn Lakar unter seine Fittiche genommen hat. Machen wir uns nichts vor - da ist schlicht von Gehirnwäsche die Rede.


    Wer als Buddhist nicht deutlich auf Distanz geht, wenn solch ein menschenverachtender Unsinn und religiöser Obskurantismus als "Buddhismus" ausgegeben wird, den sehe ich in der Tat in einer Mithaftung. Gleich, ob er einer tibetischen Tradition angehört oder nicht.


    Was sexuellen Missbrauch in anderen buddhistischen Traditionen angeht, so stelle ich den nicht in Abrede. Das geht aber völlig an der Sache hier vorbei - das tibetische Vajrayana hat eine Sonderstellung insofern es da Lehrer gibt, die ihn nicht nur entschuldigen, sondern sogar als eine buddhistische Praxis rechtfertigen und sich dabei auf 'klassische' Texte berufen. Einer davon ist ganz konkret Herr Khyentse, um den es in diesem Thread geht.


    ARYA DHARMA : obwohl Du es ausdrücklich zitiert hast - offensichtlich hast Du in dem Satz das "nur" überlesen. Und ja, ich beschäftige mich schon lange genug mit dem Buddhismus um mich noch an Zeiten zu erinnern, wo öffentlich (z.B. in den 'Lotosblättern', Vorgänger der 'Buddhismus Aktuell') von 'Experten' behauptet wurde, den vamamarga gäbe es nur im hinduistischen Tantrismus, im buddhistischen würde sexuelles Tantra ausschließlich ("nur") in Form von Visualisierung praktiziert. Was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe ist der Eindruck bewusster Täuschung und Irreführung über dieses kontroverse Thema.


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  • mir ist nicht bewusst, dass ich hier eine Generalverurteilung von Lamas oder generell des tibetischen Buddhismus formuliert hätte.

    Du schriebst z.B.:

    Zitat

    Die Realität, immer schön als 'Skandal' deklariert, als bedauerliche Fehltritte Einzelner, lehrt einen da eine realistischere Sicht. Ich weiss nicht, ob das früher in Tibet anders war und wie viel ungewollte Schwangerschaften es in der Umgebung der Klöster gab. Aber insbesondere im Westen gilt: wo ein Trog ist, sammeln sich die Schweine. Und der Trog ist randvoll mit Geld und der Bereitschaft zu sexuellen Gefälligkeiten, es braucht nur das passende Marketing dazu. Je exotischer, desto besser.


    Das klingt schon wenig spezifisch und sehr danach, dass Du das System an sich kritisierst.

  • Also: Vergewaltigung ist nur eine "Projektion". Gut, dass das mal jemand sagt - könnte hilfreich sein, wenn man wegen sexueller Nötigung mal vor Gericht steht. Ob diese "Argumentation" da zieht, ist freilich eine andere Frage. Oder es ist halt nur eine "Wahrnehmung", die sich ändert, wenn man nach Prüfung einen Guru annimmt. So läuft und lief es ja auch offensichtlich bei den Rigpa-Mitgliedern, die jetzt Herr Khyentse dank seiner Fürsprache für Herrn Lakar unter seine Fittiche genommen hat. Machen wir uns nichts vor - da ist schlicht von Gehirnwäsche die Rede.

    Diese Aussagen finde ich auch völlig daneben. Da bin ich voll bei Dir.

  • Und ja, ich beschäftige mich schon lange genug mit dem Buddhismus um mich noch an Zeiten zu erinnern, wo öffentlich (z.B. in den 'Lotosblättern', Vorgänger der 'Buddhismus Aktuell') von 'Experten' behauptet wurde, den vamamarga gäbe es nur im hinduistischen Tantrismus, im buddhistischen würde sexuelles Tantra ausschließlich ("nur") in Form von Visualisierung praktiziert.

    Ich könnte mir vorstellen, dass man das gesagt hat, weil hier im Westen unter "Tantra" nur die Ebene der sexuellen Vereinigung bekannt war, und man verhindern wollte, dass die Leute deswegen haufenweise in tantrische Retreats rennen, obwohl sie gar kein Band zum tibetischen Buddhismus haben.


    Zusätzlich gibt es nur sehr sehr wenige Lehrer und Stellen im Westen, die überhaupt Vereinigungspraxis anbieten. Dort ist es aber immer eine Form von Paarretreat für Paare auf Augenhöhe. Wenn es um Sex zwischen Lehrern und Schülern geht, zumal wenn Lehrer ordiniert sind, dann hat das m.E. nichts mehr mit einer authentischen Vereinigungspraxis zu tun. Dann ist immer irgendeine Form von Gier und Irreführung dabei. Nun mag es durchaus Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern geben (ich verwende hier das generische Maskulinum), die, wenn sie als solche offen eingegangen werden und ein Lehrer, der ordiniert ist, dafür die Gelübde ablegt, dann finde ich das nicht verwerflich und das sollte unter Erwachsenen genauso gelebt werden können, wie in anderen Bereichen auch. Aber davon kann ja bei den Fehltritten einiger bekannter Lehrer nicht die Rede sein.

  • Und ja, ich beschäftige mich schon lange genug mit dem Buddhismus um mich noch an Zeiten zu erinnern, wo öffentlich (z.B. in den 'Lotosblättern', Vorgänger der 'Buddhismus Aktuell') von 'Experten' behauptet wurde, den vamamarga gäbe es nur im hinduistischen Tantrismus, im buddhistischen würde sexuelles Tantra ausschließlich ("nur") in Form von Visualisierung praktiziert. Was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe ist der Eindruck bewusster Täuschung und Irreführung über dieses kontroverse Thema.


    Das kann ich nachvollziehen. Ich denke aber, wenn man abseits von Kiosk Zeitschriften einen Blick riskiert, wird es sehr offensichtlich, dass es schon immer 2 Richtungen gab. Auch ist es natürlich gängig, dass man in der Praxis selbst diese 2 Richtungen auch zusammenführt. D.h. auch Praktizierende des "körperlichen Tantra" werden auch die andere Richtung praktizieren (müssen).


    Zur eigentlichen Problematik:


    Diese "Rituale" in körperlicher Form können nicht einfach so mit jedem ausgeführt werden - dies schließt ein regelmäßiges Vergehen an Schülerinnen oder Schülern aus. Echte Praktizierende haben fast immer einen festen Partner auf "spiritueller Augenhöhe", denn sonst macht das Ganze nicht wirklich einen Sinn, außer im Neo Tantra, wo es auf Orgasmen und hochjauchzende Leibesempfindlichkeit ankommt. Ich denke jedoch, man kann solche Lehrer/innen gut erkennen - Osho war z.B. so einer gewesen...Worte werden zu Taten.

  • Dort ist es aber immer eine Form von Paarretreat für Paare auf Augenhöhe.

    Echte Praktizierende haben fast immer einen festen Partner auf "spiritueller Augenhöhe",

    Ja. So kenne ich das von Lama Tilmann Lhündrup Borghardt, der das gemeinsam mit seiner damaligen Frau (bevor beide ordiniert wurden) unter Anleitung von Gendün Rinpoche praktiziert hat. Nicht mein Ding, aber davon abgesehen mE völlig in Ordnung. Aber: das ist dann auch kein Guru-Yoga. Und darum geht es hier - da ist eben keine "Augenhöhe". Und bei Guru-Yoga ist, wenn man Herrn Khyentse glaubt, alles erlaubt. Mein Freund Tenzin Peljor widerspricht hier (Link geht zu facebook), mit Verweis auf Quellen, leider nur auf Englisch. Aber der ist Gelug, und das sind ja bekanntlich notorische Spassbremsen ...


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  • Aber: das ist dann auch kein Guru-Yoga. Und darum geht es hier - da ist eben keine "Augenhöhe". Und bei Guru-Yoga ist, wenn man Herrn Khyentse glaubt, alles erlaubt.

    Dann muss man das erstmal deutlich trennen - Guru-Yoga hat nun wirklich nichts mit sexueller Vereinigung mit dem Guru zu tun. Und wenn DKR sexuelles Fehlverhalten des Lehrers als tolerierbaren oder gar wünschenswerten Vorgang darstellt, dann halte ich das für sehr gefährlich. Es ist aber tatsächlich auch der einzige Lama, von dem ich jemals solche Dinge gehört habe, wie das von Dir zitierte. Und er arbeitet sich ja schon länger am Thema Sexualität ab, wie man bei der MeToo-Debatte sehen konnte, und in seiner Parodie einer Einverständniserklärung für sexuelle Handlungen. Zunächst habe ich mir das noch halbwegs erklären können, aber das worin es jetzt gipfelt, da fällt mir schlicht auch nichts mehr zu ein...

  • Guru Yoga ist nicht das gleiche wie Tantra. Im buddhistischen Kontext gibt es 4 Tantra Klassen. Lediglich in der 4. Tantra Klasse (Annutarayoga Tantra),

    wird Guru Yoga praktiziert, das lediglich ein Teil (wenn auch ein wichtiger Teil) der Sadhana ist. Im Rahmen der Sadhana wird dann auch ggf. eine Vereinigungspraxis von weiblichen und männlichen Energien praktiziert, wobei davon ausgegangen wird, dass auch der Mann weibliche Energien hat und umgekehrt. Es ist eine sehr anspruchsvolle Praxis für Fortgeschrittene, die nicht umsonst mit Gelübden verknüpft ist. Oft meinen Praktizierende des Vajrayana, sie wären in der Lage, diese Praxis zu praktizieren. In Wirklichkeit machen sie sich aber was vor. Ich zitiere sinngemäß meinen Lehrer, Dagyab Rinpoche (Gelug Tradition). Als ich versehentlich bei einer Annutarayoga Tantra Einweihung "reingerutscht" bin, habe ich viele Erklärungen über Leerheit und Bodhicitta, Guru Yoga u.s.w. erhalten. Sexuelle Vereinigungspraxis wurde, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt.

  • Im Rahmen der Sadhana wird dann auch ggf. eine Vereinigungspraxis von weiblichen und männlichen Energien praktiziert, wobei davon ausgegangen wird, dass auch der Mann weibliche Energien hat und umgekehrt.

    Bevor das falsch verstanden wird: beim Guru-Yoga wird auf eine Form meditiert, die in sich die Anteile vereinigt hat. Beim 16. Karmapa wird das z.B. durch die Vajradhara-Haltung der Hände mit Dorje und Glocke symbolisiert. Es ist also explizit keine Vereinigungspraxis zweier Partner, sondern eine innere Übung. Ich denke das meinst Du auch, ich wollte es nur nochmal unmissverständlich aufgreifen.

    • Offizieller Beitrag

    Das Internet und seine Möglichkeiten haben viele Phänomene hervorgebracht. Eines dieser Phänomene ist eine Kultur der Empörung. Da Nachrichten binnen kürzester Zeit verbreitet werden können, besteht unentwegt Möglichkeit sich zu empören. Und es gibt ja auch genug Grund dazu. Missbrauchsskandale, Korruption, Betrug, unverantwortliches Handeln, Mord und Totschlag allerorts. Diese Fälle häufen sich scheinbar, immer mehr kommt ans "Licht" der Öffentlichkeit, und kann dem gerechten, persönlichen und öffentlichen Urteil zugeführt werden.


    Nun ist es so, dass vor allem die Nachrichten schnelle Verbreitung finden, die starke, vor allem negative Gefühle auslösen. Mir ist das besonders in den letzten Jahren bezüglich der katholischen Kirche aufgefallen. Hier finden sich fast ausschließlich negative Nachrichten: Missbrauch, Bigotterie, Prunksucht, Vertuschung, Lüge, etc. Die Konsequenz ist, dass die Kirchen massiv Mitglieder verlieren, und das Bild einer inakzeptablen, überkommenen und pervertierten Struktur geprägt wird, die abgeschafft werden sollte, einfach schon als Form gesellschaftlicher Hygiene.


    Nun gibt es über 1,3 Milliarden Mitglieder in der katholischen Kirche, über 400 000 Priester und nochmal weit über 800 000 Ordensleute. Ich frage mich, wie repräsentativ sind die Skandale um Missbrauch etc. für die gesamte Struktur? Ich frage mich, welcher Eindruck würde entstehen, wenn wir statt auf negative auf positive Emotionen mit dem Drang reagieren würden, eine entsprechende Nachricht zu verbreiten. Die 1.2 Millionen Funktionsträger innerhalb der katholischen Kirche haben sicherlich einen ungeheuer starken und positiven Einfluss auf die Welt, mit all den sozialen Projekten, der gelebten Nächstenliebe, der Arbeit in Krisenregionen, in caritativen Einrichtungen u.s.w.. Würden diese positiven Seiten die weltweiten Nachrichtenkanäle dominieren, würde wahrscheinlich ein sehr anderes Bild die öffentliche Meinung prägen.


    Oft höre ich, dass solch eine Sichtweise, die Taten der Einzelnen verharmlosen würden, dass es sich um strukturelle Probleme handeln würde. Je nach sich empörendem Milieu sind es mal die Muslime, mal die Männer, die Frauen, die Priester, die Reichen, die Armen, u.s.w. deren Verfehlungen auf generelle Probleme verweisen, die man nicht durch die Argumentation, es handele sich um Einzelfälle, verharmlosen dürfe. Von toxischer Männlichkeit ist da die Rede, von radikalen Parallelkulturen bei den Muslimen, von der Kirche als Ort der sexuellen Repression, von den asozialen Reichen, die die Armen dieser Welt ausbeuten, von den Armen, die den Sozialstaat missbrauchen, von Frauen, die alle bitches sind, u.s.w. Jeder wird wahrscheinlich eine Gruppe ausmachen können, die für ihn besonders in Zentrum der Empörung gerückt ist.


    Es stellt sich für mich die Frage: Schwarze Schafe oder Spitze des Eisbergs?


    Da die Resource Aufmerksamkeit begrenzt, die Masse der Nachrichten aber gewaltig ist, stelle ich bei mir selbst und anderen fest, dass die schlechten Nachrichten meine Wirklichkeitswahrnehmung dominieren. Schlechte Nachrichten erzeugen starke Emotionen, erzeugen starke Aufmerksamkeit erzeugen viele Klicks, erzeugen Geld. Starke Emotionen haben prägenden Charakter, prägen mein Bild von bestimmten Sachverhalten, Gruppen oder Entwicklungen. Daher neige ich intuitiv oft zur Eisbergsichtweise: Dies und das ist bestimmt kein Einzelfall – Es ist in Wahrheit noch viel schlimmer, es ist ein genereller Aspekt dieser oder jener Gruppe!


    Eine ähnliche Sichtweise beobachte ich bei mir in Bezug auf Personen. Ich beurteile einen Menschen automatisch nach prägenden Erfahrungen. Mag einer auch den größten Teil der Zeit friedlich und freundlich sein, so dass er mir nicht weiter auffällt, so wird sich mein Bild von ihm doch in dem Augenblick total wandeln, wenn er mich über anpöbelt, weil ich ihm die Vorfahrt genommen habe: Schlechter Tag oder Spitze des Eisbergs?


    Ich bin Morgens ein anderer als Abends, Montags ein anderer als Sonntags, heute ein anderer als von 30 Jahren. Ich habe im meinem Leben schon viele unheilsame Handlungen begangen, aber auch schon vieles Gute getan. Und das meiste war wahrscheinlich weder das eine noch das andere. Eisberg oder Einzelfall? Ich finde das wirklich fast unmöglich zu entscheiden.

  • Katholische Kirche: Chronologie sexueller Missbräuche - Politik - SZ.de


    Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche – Wikipedia


    Majjhima Nikāya 98


    Man ist Brahmane nicht durch die Geburt,
    Noch ist man Nicht-Brahmane durch Geburt.
    Durch seine Taten ist man ein Brahmane,
    durch seine Taten ist man Nicht-Brahmane.
     
    Denn Menschen sind Bauern nur durch ihre Taten,
    Und Handwerker sind sie nur durch ihre Tat;
    Und Menschen sind Händler nur durch ihre Taten,
    Und Diener sind sie auch nur durch ihre Tat.
     
    Und Menschen sind Räuber nur durch ihre Taten,
    Und Krieger sind sie auch nur durch ihre Tat;
    Und Menschen sind Priester nur durch ihre Taten,
    Und Könige sind sie nur durch ihre Tat."



    Wenn du morgens fischen gehst, bist du ein Fischer.

    Gehst du abends ins Kino, bist du ein Kinogänger.

    :zen:

  • Katholische Kirche: Chronologie sexueller Missbräuche - Politik - SZ.de


    Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche – Wikipedia

    Das ist ja bei weitem nicht Alles. Speziell zu dem "ungeheuer starken und positiven Einfluss auf die Welt, mit all den sozialen Projekten, der gelebten Nächstenliebe, der Arbeit in Krisenregionen, in caritativen Einrichtungen u.s.w." mal zwei Beispiele aus der jüngeren Geschichte, 20. Jahrhundert: die von der katholischen Kirche betriebenen irischen Verwahranstalten für ledige Mütter - ca. 15% der dort "betreuten" Kinder starben, über 9.000 insgesamt. Die aktive Beteiligung am kulturellen Genozid an den 'First Nations' in Kanada, wo man den Eltern die Kinder wegnahm und unter unmenschlichen Bedingungen in sog. 'residential schools' kasernierte. Erst letzen Monat wurde wieder ein Massengrab entdeckt, 751 tote Kinder, insgesamt schätzt man heute die Zahl der Opfer auf ca. 6.000. Gelebte Nächstenliebe. Lasset die Kindlein zu mir kommen ... Je tiefer man taucht, um so größer zeigt sich der Eisberg ...

    Dominiert das die Nachrichten? Den Eindruck habe ich nicht ...


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    OM MONEY PAYME HUNG

    • Offizieller Beitrag

    Je tiefer man taucht, um so größer zeigt sich der Eisberg ...


    Nun gut, dann sollten wir auch die Sportvereine schließen. Oder Vereine generell? Deren Rolle im 3. Reich war sehr zweifelhaft.

    Und auch gleich die Theater.

    Und die Zoos.

    ... Kitas ...

    ... oder gleich die Familien- und Freundeskreise...


    In allen Institutionen, privaten und öffentlichen, in denen Menschen leben und arbeiten, wird man menschliches Fehlverhalten finden.

    Wie auch anders?


    Zitat

    Potenzielle Täter und Täterinnen wählen häufig pädagogische oder therapeutische Berufe oder (ehrenamtliche) Betätigungsfelder, in denen es möglich ist, sich Kindern und Jugendlichen leicht und dauerhaft zu nähern. Sie nutzen die Autorität, die ihnen in anerkannten – etwa pädagogischen, sportlichen oder religiösen – Einrichtungen zukommt, und profitieren von dem Vertrauen, das Eltern ihnen entgegenbringen.


    -> Quelle


    Ist das ein katholisches Problem? Oder ein tantrisches?

  • Beim Thema Sexualität ist denke ich immer ein hohen Maß an Vorsicht angebracht. Auch Milarepa hat die jungen Praktizierenden ja schon davor gewarnt allzu naiv zu hohen Lehrern zu gehen.

    Trotzdem halte ich es für wichtig nicht generell in Frage zu stellen, das sexuelle Energie transformiert werden kann. Es ist halt wie bei jeder Art der sprituellen Verwirklichung. Man lernt so etwas nicht in einem Wochenendretreat.


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  • Vereinigungspraxis / sexuelle Handlungen / fucking for enlightenment: Woher kommt das eigentlich? Was sind die Ursprünge, wer hat's erfunden? War es zufällig ein männlicher "Erleuchteter", wann und wo hat er gelebt? :?