Die weltlich Genießenden

  • Ah ok, kann ich nachvollziehen.


    Freude wäre für mich feiner als Genuß.


    ...


    Daß er sich selber glücklich und froh macht, aus diesem zweiten Grunde ist er zu loben.


    ...

    Anguttara Nikaya X.91-100


    Liebe Grüße


  • Lieber Raphy,


    der Buddha sagt doch in dem Kama-bhogi Sutta, das du selbst zitiert hast:

    Zitat

    Daß er, während er sein Vermögen genießt, nicht daran hängt, nicht davon betört wird, nicht davon eingenommen ist, da er das Elend merkt und den Ausweg kennt, aus diesem vierten Grunde ist er zu loben.


    Da ist keine Anhaftung mehr. Wieso hat "hat er noch nicht die Kraft von heute auf morgen aufzuhören" ?

    :rainbow:

  • Lieber Rudolf.


    Da fragst du den Richtigen, wenn ich das wüßte.


    Ich vermute dass die Anhaftung eben noch nicht vollkommen weg ist, wie bei einem Arahant. Ab Stromeintritt kann es im schlimmsten Fall noch sieben Leben dauern.


    Der Drogenvergleich ist nur ein Bild. Die Entwöhnung von der Sinnlichkeit ist ein ganz anderes Kaliber.

    Das ist die Übersteigung von allem was man kennt und für was man sich hält.

    Etwas Ultimativeres gibt es nicht. Und gleichzeitig ist es nichts Besonderes.


    Auf der einen Seite Sinnlichkeit nicht haben wollen (Gier), aber auf der anderen Seite Sinnlichkeit auch nicht weg haben wollen (Ablehnung).

    Der mittlere Weg, zwischen den Extremen.

    Letztendlich mit dem Verstand nicht lösbar und mit dem Willen nicht machbar.


    So eine relative Lockerung der Anhaftung bei der Sinnlichkeit kenne ich auch hin und wieder.

    Gerade nach Zeiten intensiver und guter Praxis.

    Wenn man vorher durch kleine und große Höllen gegangen ist.


    Die reinigende Kraft des stillen Sitzens und des Aushaltens der Stille.

    Einfach mit dem sein was hier ist.


    Aber diese Zustände sind noch vergänglich bei mir. Ich muß weiter praktizieren im Alltag und auf dem Kissen, wenn ich nicht wieder zurückfallen will.

    Und da ist natürlich die Gefahr, in den schönen Bereichen von Samsara stecken zu bleiben.


    Das wäre so meine Ansicht dazu, kann aber auch Quatsch sein.


    Liebe Grüße

    4 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Hi, Rudolf , weiß du, als ich dein Zitat gelesen hatte, ich hatte fast vom Lachen mich verschluckt. Scherz...

    Also, warum so viel Trubel und so viel Lärm? Wegen nichts....

    Das sei doch klar. Geniesssen ist nicht verboten, sehr milde ausgedrückt.

    Nichts Freude per se oder das Geniessen schaffen das Leid, sondern nur das Anhaften, das Klammern. Also, die lange Rede, der kurzer Sinn, der Hacken liegt darin, nur nicht daran zu hängen, nichts betörend "eingenommen" zu sein.

    Aslo, man braucht keine Askese, das wäre doch dann folglich kein Mittlerer Weg.


    Und das alles macht doch rein praktschen Sinn. Wenn ich eine Tafel Schokolade vertilge, das geht schon, die zweite....besser nichts. Zu Viel "geniessen", egal über was es geht, schaft nur den Gegenteil. Der Ekel, oder die Abneigung.


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Und das alles macht doch rein praktschen Sinn. Wenn ich eine Tafel Schokolade vertilge, das geht schon, die zweite....besser nichts. Zu Viel "geniessen", egal über was es geht, schaft nur den Gegenteil. Der Ekel, oder die Abneigung.


    Warum wählst du ausgerechnet eine Tafel Schokolade? Genügt nicht eine Scheibe Brot, wenn du Hunger hast (Vollkornbrot is nebenbei auch gesund)?

    Oder hast du gar kein Hunger, isst aber trotzdem eine Tafel Schokolade, um mal eben ohne Anhaftung zu genießen? Ist ja nicht schlecht das genießen, nicht wahr?


    Also: ich glaube dir nicht, dass du freiwillig Schokolade isst ohne Anhaftung. 8)

    :rainbow:

  • Also: ich glaube dir nicht, dass du freiwillig Schokolade isst ohne Anhaftung.


    Das Problem was ich hier in dieser spannenden Diskussion noch sehe:


    Wie definieren wir überhaupt Anhaftung? Was wäre "anhaftungsfreies Genießen"?

  • Die Lehrrede A.X.91 ist zu Anāthapindika gesprochen. Nachdem er den Buddha getroffen hat, hat er nicht mehr nach Reichtum gestrebt sondern allmählich sein ganzes Vermögen gespendet.


    Wenn die Suche nach Vermögen auf gesetzliche und nicht gewaltsame Weise geschieht, ist das lobenswert sagt der Buddha. Lobenswert sind Geschenke und gute Werke, und lobenswert ist nicht am Vermögen zu hängen während man es genießt.

    Wenn man nicht daran hängt kann man es auch verschenken wie Anāthapindika, und wenn es dann nicht mehr da ist kann man es auch nicht mehr genießen. Das macht einem dann ja nichts aus, wenn man nicht daran angehaftet war. Wenn man es dagegen nur für sich genießen will und daran hängt, dann ist das eben zu tadeln.


    Wenn man etwas mit Absicht sucht um es zu genießen, dann ist das schon Begehren oder Durst (tanha) denke ich. Das Gute ist wenn man sich dabei an die Gesetze hält und keine Gewalt anwendet. Noch besser ist wenn man zur Einsicht kommt dass begehrliches Genießen mit Elend verbunden ist und sich daher davon löst.

  • Hallo ARYA DHARMA.


    Kann ich alles nachvollziehen und sehe ich teilweise auch so.


    Ich denke Anhaftung ist nicht nur schwarz oder weiß.

    Also entweder null komma null Anhaftung oder immer vollkommen tiefste Anhaftung.


    Es gibt ja auch noch alles dazwischen. Und dort befinden sich die Meisten, vermute ich.


    Das ist das Schöne an der Buddhlehre, dass man die Anhaftungen auch schrittweise lösen kann und das Ergebnis ist dann eine schrittweise Verringerung von Dukkha. Was dann auch schrittweise in mehr Freude/Glück und/oder mehr Zufriedenheit/innerem Frieden und/oder im Frieden/Glück der Loslösung resultiert.


    Man kann den Segen der Lehre am eigenen Leib erfahren und muß nicht nur auf Worte und Versprechungen vertrauen. Die Lehre kann hier und jetzt positive Wirkungen entfalten.


    Und entsprechend dieser verringerten Anhaftung begegnet man dann auch der Sinneswelt weniger angehaftet.

    Aber vollkommen nicht angehaftet wird wohl nur ein Arahant sein. Also jemand der vollkommen befreit ist.

    Ab Stromeintritt ist zumindest der Vorteil, dass man nichtmehr zurückfallen kann und die vollkommene Befreiung sicher ist.


    Den Schriften nach.


    Von daher sehe ich diese Sutta als einen Hinweis darauf.


    Natürlich muß jemand der nicht nur auf vergängliches Glück in Samsara aus ist, dabei schauen, dass er nicht vom Weg Richtung vollkommene Befreiung abkommt. Das ist aber immer die Standard-Gefahr. Dass man sich täuschen läßt. Gehört zum Spiel.


    Die letzten 2 Lehrer Buddhas vor seinem vollkommenen Erwachen, hatten, der Überlieferung nach, die beiden höchsten Bereiche in Samsara verwirklicht. Und die dachten vermutlich auch, dass es das Höchste ist was es gibt und womöglich dachten sie auch dass sie von Samsara befreit sind.


    Und nach seiner Befreiung dachte er zuerst daran diese beiden zu belehren. Das zeigt dass es Leute waren mit hohen Fähigkeiten. Also selbst denen können solche Täuschungen passieren.


    Leider waren sie schon tot, so dass Buddha sie nicht lehren konnte.


    Rudolf


    Ist vielleicht auch für deine Frage nach der Anhaftung von Relevanz.

    Also dass Anhaftung nicht nur schwarz oder weiß ist, sondern dass es auch Zwischenstufen von mehr und weniger Anhaftung gibt.


    Wie gesagt letztendlich kann ich auch nicht abschließend sagen wie die Worte in der Sutta gemeint sind.


    Ich kann nur meine Ansicht und Interpretation darlegen.


    Liebe Grüße

  • Wie definieren wir überhaupt Anhaftung? Was wäre "anhaftungsfreies Genießen"?

    Vielleicht dass man den Genuss nicht extra sucht, wenn er da ist gibt es eben ein angenehmes Gefühl das man nicht ablehnt, man haftet aber auch nicht dran und wenn es wieder weg ist strebt man nicht danach es wieder zu bekommen.

  • Wie definieren wir überhaupt Anhaftung? Was wäre "anhaftungsfreies Genießen"?

    Anhaftungsfreies Genießen verstehe ich als Erfahrung eines Geschmacks, wenn man etwas isst z.B.

    Denn dass man einen Geschmack empfindet, wenn man ein Stück Brot isst, das bleibt ja nicht aus. Der Geschmack stellt sich automatisch ein.

    Und wenn es kein verdorbenes Essen ist, ist es jedenfalls schon mal nicht abstoßend, nicht unangenehm.

    In dem Sinne wird der in A.X.91 von Buddha beschriebende Genießende seine sinnlichen Erfahrungen wahrgenommen haben, wenn er nicht dran hing, nicht eingenommen war von diesem Geschmack und sogar das Elend darin gesehen hat (dass alle Sinnlichlichkeit Leiden ist, das alleine die Körperlichkeit an sich Leiden ist: die fünf Skandas sind Leiden, sagt der Buddha)


    Deswegen wird der in A.X.91 vom Buddha geschilderte Mensch auch keinen Unterschied machen zwischen einem Stück Brot und .... ja was eigentlich? Was schmeckt für solch einen Menschen besser als Brot oder ein Glas Wasser?


    Sobald man Unterscheidungen trifft beim "Genießen", ist Anhaftung dabei, in welchem Grad auch immer ( Raphy).

    :rainbow:

  • Vielleicht dass man den Genuss nicht extra sucht, wenn er da ist gibt es eben ein angenehmes Gefühl das man nicht ablehnt, man haftet aber auch nicht dran und wenn es wieder weg ist strebt man nicht danach es wieder zu bekommen.


    Ok, untersuchen wir das einfach mal ganz sachlich mit dem Beispiel der Schokolade:


    Es gibt ja einen Grund, warum ich zur Schokolade greife und nicht zum Maiskolben. Es könnte das Dessert sein, es könnte wegen dem Seretonin sein, es könnte einfach wegen dem Geschmack sein usw.


    Alle diese Dinge wären aber schon nach meiner Einschätzung des Sutras und der Lehre, streng genommen, Gier - man brauch sie ja nicht unbedingt. Trotzdem will ich sie, wegen den Eigenschaften, habe also ein klares Begehren nach diesem bestimmten Objekt Schokolade - so wie ich das verstehe, und das sind ja dann klitzekleine Nuancen bzw. Prozesse, die man fast gar nicht abtrennen kann, hafte ich schon an dem Objekt. Und ich hafte an dem Objekt bereits VOR dem Verzehr.


    Gut kann man das ja sichtlich machen, wenn man einem Kind den Schokoriegel an der Kasse kauft, ihn aber danach in die eigene Tasche steckt und dem Kind statt dessen den Maiskolben in die Hand drückt - das Kind wird wütend, wird schreien, wird weinen.


    Soweit so gut. Dann esse ich die Schokolade. Habe ich sie gegessen, dann kann man m.M.n. gut davon reden (sich vormachen), dass man daran keine Anhaftung hat - "die Tafel ist leer, ich gehe jetzt nicht wieder in ein Geschäft und kauf mir direkt ne neue...". Aber diese "falsche" Anhaftungslosigkeit kommt doch nur daher, dass ich gerade genossen habe und alle Vorteile daran geschmeckt habe, oder?


    Worauf ich deuten möchte, ist der Zeitpunkt der Anhaftung - er ist quasi immer vor dem Verzehr, eigentlich ja schon wenn ich den Gedanken denke und ihn anfange, in die Tat umzusetzen (ich krame in der Schublade ob da noch Schoki rumliegt).


    Wie sind eure Gedanken dazu?

  • Anhaftungsfreies Genießen verstehe ich als Erfahrung eines Geschmacks, wenn man etwas isst z.B.

    Denn dass man einen Geschmack empfindet, wenn man ein Stück Brot isst, das bleibt ja nicht aus. Der Geschmack stellt sich automatisch ein.


    Kann man dies wirklich als "Genießen" definieren? Ich denke der Geschmack ist eine Eigenschaft, welches das Lebensmittel natürlicherweise mitbringt und dieser Geschmack ist dann die einfache Sinnesdeutung. Wenn ich dich richtig deute, dann meinst du, dass Geschmack zwar immer da ist, aber man sollte nicht weiter spinnen im Sinne von "Sehr gutes Brot, aber das Brot vom Bäcker XY war viel besser und außerdem hab ich gelesen, dass Vollkornbrot mit Hanfsamen jetzt der absolute Bringer ist, also muss ich...."

  • Rudolf . Mir gefällt deine Sicht. Ehrlich. Aber die Frage , eigentlich , sehr subtiler , als sie erscheint. Denn nach Abhidharma , wenn ich sogar etwas nur wahrnehme, das heisst, ich begehre es. Sofort.

    Nach Jesus Ausdruck über die Frau. Jeder doch weiss es. Die Grenze sei doch wirklich fliessend und manchmal wir überstreiten sie, und bewusst wir haben keinen Schimmer davon.

    Klar, man wollte nur mehr den besten Sex, z.B. Aber was passiert, wenn ich 2 , 3 oder mehr mal vö---e.... Das macht keinen Spass mehr.

    Das war im Radio , ich erinnere mich ein französiches Hörspiel von einem berühmten Existenzionalisten. Und dann es ginge darum, ein junger mann wollte Sex. Das erste mal war alles super. Und er wollte es wiederholen. Die Freundin war nichts besonders begeistert, aber die hatte es zugestimmt. Und dann er wollte es das dritte Mal. Die Frau hatte es strickt abgelehnt. Also der arme wichste, masturbierte, wie es noch heisst...

    Und , das war echt spannend, er wollte es wieder.... dann wieder...

    Das Ende war echt entsetzlich. Er blutet total, sein Hodensack ist zerplatzt, und er stirbt ....buchstäblich. Der Schmerz ist schier unerträglich.

    Das ist doch sehr guter Beispiel , über das innere Wesen von Begehren. Ich denke, also, als dieser junge mann das erste mal er machte, das begehren war schon drin, das war anwesend.

    Also, wenn ich meine Schokolade esse, geniesse es, ohne Anhaftungen, oder ich ich begehre es, sofort?

    Du verstehst doch, was ich damit meine, Rudolf ?

    Aber ich kann doch nichts essen....egal was. dann ich verhungere. Hm?


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • [lz

    Worauf ich deuten möchte, ist der Zeitpunkt der Anhaftung - er ist quasi immer vor dem Verzehr, eigentlich ja schon wenn ich den Gedanken denke und ihn anfange, in die Tat umzusetzen (ich krame in der Schublade ob da noch Schoki rumliegt).


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    ARYA DHARMA .


    Ja, genau das. Nur wenn ich daran denke, ich leite den Prozess ein. Es läuft alles weiter schon automatisch ab. Das praktishe Umsetzen ist dann unausweichlich. Und ich bin schon gefangen.


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Kann man dies wirklich als "Genießen" definieren? Ich denke der Geschmack ist eine Eigenschaft, welches das Lebensmittel natürlicherweise mitbringt und dieser Geschmack ist dann die einfache Sinnesdeutung.


    Ich denke der Buddha hat "Genießen" in diesem Sinn gebraucht in A.X.91.

    Das ist vielleicht aber nur meine eigene erweiterte, allgemeinere Definition von "Genießen", wenn da Geschmack ist, der wenigstens nicht faul oder unangenehm ist.

    Nur so ist Genießen ohne Anhaftung zu verstehen, finde ich.

    Und nur so kommt es nicht dazu, dass man in der Folge Anhaftung entwickelt, wenn man mal etwas als "besonders lecker" beurteilt hat.

    Man muss zu einer Art neutralen Empfindens kommen bei welchem Geschmack oder sinnlichem Empfinden auch immer.


    Daher bleibe ich dabei: "Hm, dies schmeckt besser als das von gestern, lecker, welch ein Genuß": das ist Anhaftung.

    :rainbow:

  • Ja, genau das. Nur wenn ich daran denke, ich leite den Prozess ein. Es läuft alles weiter schon automatisch ab. Das praktishe Umsetzen ist dann unausweichlich. Und ich bin schon gefangen.


    Nein nicht unbedingt - unsere karmischen Tendenzen drängen uns zwar dazu, und man könnte dies natürlich auch als "Zwang" sehen, aber wir können in diesen Prozess bewusst eingreifen - darum machen wir ja Geistestraining. Wäre dies nicht möglich, wäre keine Befreiung möglich. Das dies jedoch ein Prozess ist, der nicht von Heute auf Morgen geht und dass wir innerhalb dieses Prozesses ständig scheitern, ist wohl eine allgemeine menschliche Erfahrung - aber darum praktizieren wir ja. Erkenntnis alleine genügt leider nicht, wir müssen tatsächlich auch eingreifen, mit den Dämonen ringen, uns reinigen, Zuflucht suchen.

  • Wie definieren wir überhaupt Anhaftung? Was wäre "anhaftungsfreies Genießen"?

    Vielleicht dass man den Genuss nicht extra sucht, wenn er da ist gibt es eben ein angenehmes Gefühl das man nicht ablehnt, man haftet aber auch nicht dran und wenn es wieder weg ist strebt man nicht danach es wieder zu bekommen.

    :like:


    Liebe Grüße



  • :like: Passt für mich soweit ersteinmal. :)


    Liebe Grüße

  • Zitat

    ein angenehmes Gefühl das man nicht ablehnt,


    Bedeutet dies: unangenehme Gefühle würde diese Person aber ablehnen?

    Das wäre dann wohl Hass (dosa), im Gegensatz zur Gier (lobha) nach angenehmen Gefühlen. Ich denke aber dass dafür schon ein gewisser Grad an Verblendung (moha) geschwunden sein muss, also die Persönlichkeitsansicht, die Identifikation - 'Ich genieße' oder 'Ich leide'. Der Sotapanna hat diese Ansicht nicht mehr, hat aber noch keine vollständige Verwirklichung davon, die ist erst beim Arahant. Anāthapindika, zu dem die Kāmabhogī Sutta gesprochen wurde, war Sotapanna heißt es.

  • Zitat

    ein angenehmes Gefühl das man nicht ablehnt,


    Bedeutet dies: unangenehme Gefühle würde diese Person aber ablehnen?

    Nein.


    Da geht man analog genauso vor.


    Hass, Wut, Angst, Trauer, Schmerz sucht man nicht extra. Wenn sie da sind gibt es eben ein unangenehmes Gefühl das man nicht ablehnt, man haftet aber auch nicht dran und wenn es wieder weg ist strebt man nicht danach es wieder zu bekommen.


    Man muß keineswegs verwirklicht sein um so zu praktizieren.


    Jede/r Interessierte kann das.


    Es ist die Grundlage jeder Meditation die auf Befreiung ausgerichtet ist, mit unangenehmen und angenehmen Fühlen klar zu kommen.


    Es ist auch eine grundlegende Eigenschaft für ein gelingendes weltliches Leben, da ist auch nicht immer alles angenehm.


    Wir machen das also eigentlich sowieso schon den ganzen Tag.


    In der formalen Meditation/Sitzen wird es sich nur genauer angeschaut.


    Man fängt langsam an mit kleinen Unannehmlichkeiten und steigert sich mit der Zeit.

    Wenn Kraft, Mitgefühl, innerer Frieden und Leidensfähigkeit zugenommen haben.


    Hier eine schöner Überblick über diese Praxisform:

    Liebe Grüße

    4 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Da geht man analog genauso vor.


    Hass, Wut, Angst, Trauer, Schmerz sucht man nicht extra. Wenn sie da sind gibt es eben ein unangenehmes Gefühl das man nicht ablehnt, man haftet aber auch nicht dran und wenn es wieder weg ist strebt man nicht danach es wieder zu bekommen.


    "Wenn sie da sind gibt es eben ein unangenehmes Gefühl ...."

    Ja, und wenn Angenehmes da ist gibt es eben ein angenehmes Gefühl ......


    Dies sind ziemlich klar Bewusstseinszustände wo man nichts will, wo kein Streben, kein Lebensdurst, kein Verlangen, kein Ergreifen mehr da ist.

    Und wenn man das öfter erfolgreich praktiziert, dann wundere ich mich schon über deine Ansicht:

    Jede/r Interessierte kann das.


    Dies kann man mit milden angenehmen und unangenehmen Gefühlen wohl mal versuchen zu üben, aber eine weltlich reiche Person, die ihr "Vermögen genießt" wird wohl keinen Anlaß sehen, dieses zu praktizieren. Und jede Person, die nicht intensiv Nirvana anstrebt gerät da wohl schnell an ihre Grenzen.


    Deswegen meine ich, dass dieser Gleichmut bei Empfindungen wohl nur mit einer prinzipiellen dauerhaften Realisierung von "nicht eingenommen sein" und "das Elend merken" funktioniert in Bezug auf Reichtum und all die Genüsse, die man durch ihn erwerben könnte.

    :rainbow:

  • Sehe ich nicht so und ist in meiner täglichen Praxis auch nicht so. Ich denke du überschätzt die Fähigkeiten die man dafür braucht.


    Wie gesagt, das benötigt man schon für das normale tägliche Leben sich nicht von angenehmen und unangenehmen Fühlen hin und her schicken zu lassen. Zum Beispiel jemand der einer täglichen Arbeit nachgeht, wird möglicherweise Tage haben wo er keine Lust dazu hat und trotz eventuellem unangenemen Fühlen wird er da hin gehen und arbeiten.


    So ist es auch möglich auf dem Kissen mit unangenehmen Fühlen klar zu kommen.


    Man braucht tatsächlich keine Verwirklichung um mit dieser Praxis anzufangen.

    Easy to learn, hard to master. (Leicht zu lernen, schwer zu meistern.)


    ...


    Und wenn man das öfter erfolgreich praktiziert, dann wundere ich mich schon über deine Ansicht:

    Jede/r Interessierte kann das.

    ...

    Und ich bleibe dabei. :)


    Natürlich, wer sich nicht dafür interessiert, wen diese Praxis nicht anspricht, wer eine bessere andere Praxisform hat, soll so auch nicht praktizieren.


    Ist nur ein Vorschlag von mir. Und diese Art zu praktizieren ist jetzt auch nichts Exotisches, wenn man sich Zen anschaut oder das verlinkte Video von Pema Chödrön.


    Wer sich unsicher ist, sollte sich Lehrer dafür suchen.

    ...


    Dies kann man mit milden angenehmen und unangenehmen Gefühlen wohl mal versuchen zu üben, ...


    ...

    Genau, so fängt man an in dieser Praxisform. Man fängt klein an und überfordert sich nicht. Und mit der Zeit kommt der Fortschritt, wie bei jeder Übung die man lange genug macht.


    ...


    aber eine weltlich reiche Person, die ihr "Vermögen genießt" wird wohl keinen Anlaß sehen, dieses zu praktizieren.


    ...

    Natürlich nicht. Hat auch niemand behauptet, soweit ich das mitbekommen habe. In der Sutta kommen verschiedene Personen vor. Und über die welche du hier sprichst wird gesagt:


    ...


    (9) Da, o Hausvater, sucht ein weltlich Genießender auf gesetzliche Weise und ohne Gewalt nach Vermögen; und hat er sich auf gesetzliche Weise und ohne Gewalt Vermögen verschafft, so macht er sich selber glücklich und froh, und er gibt auch Geschenke und tut gute Werke. Doch während er sein Vermögen genießt, hängt er daran, wird betört und ist ganz davon eingenommen, ohne daß er das Elend merkt und den Ausweg kennt.


    ...


    Anguttara Nikaya X.91-100


    Und bei den Vorherigen wird überhaupt nichts dazu gesagt ob sie daran hängen oder nicht.


    Das sind dann auch nicht die Höchsten der weltlich Genießenden. Trotzdem werden sie vom Buddha gelobt für die anderen Sachen die sie richtig machen oder sie werden garnicht gelobt und nur getadelt, wenn sie alles falsch machen.


    ...


    Diese zehn weltlich Genießenden, Hausvater, sind in der Welt anzutreffen. Derjenige aber unter diesen zehn weltlich Genießenden, o Hausvater, der auf gesetzliche und gewaltlose Weise nach Vermögen sucht und, nachdem er sich auf gesetzliche, gewaltlose Weise Vermögen verschafft hat, sowohl sich selber glücklich und froh acht, als auch Geschenke gibt und gute Werke tut und, sein Vermögen genießend, nicht daran hängt, nicht dadurch betört wird, nicht davon eingenommen ist, da er das Elend merkt und den Ausweg kennt - dieser gilt unter den zehn weltlich Genießenden als der Erste, der Beste, der Edelste, der Höchste und der Vorzüglichste.


    ...


    Anguttara Nikaya X.91-100


    ...


    Und jede Person, die nicht intensiv Nirvana anstrebt gerät da wohl schnell an ihre Grenzen.


    ...

    Genau. Je geringer der Wunsch nach Befreiung, desto eher gibt man sich mit vergänglichem samsarischen Glück zufrieden und desto eher gerät man an Grenzen.


    Es hängt nur davon ab was man will und was man bereit ist zu tun. Das ist eine Entscheidung die jeder für sich treffen muß. Ich verweise nur auf die Möglichkeit so zu üben.


    Die einzige Person die scheinbar in der Sutta intensiv Nibbana anstrebt ist die Letztgenannte, die Höchste unter den weltlich Genießenden.


    Das ist doch das was ich die ganze Zeit sage. Es ist ok sich selbst Freude und Glück zu bereiten und zu genießen. Vom Buddha wird man dafür gelobt, wenn man sich an die Silas hält.


    Das ist auch etwas was sich durch den Palikanon zieht. Der Buddha lehrt nicht immer allen die er trifft das höchste Nibbana.


    Je nach Potential des Gegenüber lehrt er auch mal nur den Weg zu einer guten Wiedergeburt im Menschenbereich oder bei den Devas.


    Und wenn dann jemand merkt wie gut die Praxis des Buddha wirkt, will er dann vielleicht irgendwann doch mehr als nur samsarisches Glück.


    Kenne jetzt keine Lehrrede dazu, aber könnte ich mir gut vorstellen.


    ...


    Deswegen meine ich, dass dieser Gleichmut bei Empfindungen wohl nur mit einer prinzipiellen dauerhaften Realisierung von "nicht eingenommen sein" und "das Elend merken" funktioniert in Bezug auf Reichtum und all die Genüsse, die man durch ihn erwerben könnte.

    Eben nicht. Nur für die höchste Stufe dieses Gleichmuts als Stromeingetretener oder als Arahant sind besondere Verwirklichungen nötig.


    Auf den unteren Stufen kann man einen gewissen Gleichmut, Loslösung, Leidfreiheit und inneren Frieden durchaus kultivieren und erleben.


    Und mit weniger Anhaftung auch mehr Freude an Samsara haben. So wie die Devas.


    Aber ohne Verwirklichung ist das alles eben vergänglich und nur ein Abglanz von dem was möglich wäre. Grob und gestaltet im Vergleich zu Nirvana/Nibbana.


    Wenn du das so meinst bin ich dabei.


    Danke für das nette Gespräch mal wieder. Ist ja nicht das erste Mal das wir uns über das Thema Anhaftung unterhalten. :)


    Und alles nur (m)eine unvollkommene, vergängliche Meinung.

    Liebe Grüße

    4 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()