Rechte Anstrengung

  • Konzentration, Achtsamkeit, Meditation sind nicht die Lösungen, sondern Instrumente, durch die Lösungen möglich werden.

    Sie sind Hilfsmittel, die geübt werden müssen, so wie das körperliche Training nicht der Erfolg ist, sondern der Weg dahin.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Vollkommen über die drei Daseinsmerkmale bewusst zu sein bedeutet für mich das Ende des Leids.


    Na ja, ich habe das so gelernt, dass es erst der Anfang ist, denn wenn die Welt in Formationen aufgelöst wurde und man in deren Daseinsmerkmale sieht. Werden zunächst verschiedene Erfahrungen gemacht.


    Zum Beispiel, dass aus diesen Formationen niemals echtes Glück entstehen kann (Augenmerk auf Merkmal Dukkha),

    dass man diesen Formationen komplett ausgeliefert ist (Denn man kann ja nicht sagen, eine Formation solle so oder so sein. Augenmerk auf Anatta). etc.


    Daraus erst bildet sich der Erlösungswunsch, der die Voraussetzung/Bedingung mit sich bringt, den Geist von den Formationen abwenden zu können.


    Erst dann soll der Geist in der Lage sein sich Nibbana zuzuwenden, um es zu erfahren. Hierbei werden gleichzeitig das Prinzip der 4 Edlen Wahrheiten und das Prinzip der Paticca Samupada vollständig erkannt.


    Erst so hat der Geist eine Alternative zu den leidhaften Formationen (nämlich nibbana) und ist auf diese nicht mehr angewiesen..


    Gruß

    Sven

  • Na ja, ich habe das so gelernt, dass es erst der Anfang ist, denn wenn die Welt in Formationen aufgelöst wurde und man in deren Daseinsmerkmale sieht. Werden zunächst verschiedene Erfahrungen gemacht.

     

    Na ja, ich habe das so gelernt,....

    Da hatte ich sofort den Gedanken: Das ist nicht entscheidend, hat er das Gelernte geübt, geprüft oder nur gelernt?

  • Mir kam dieser Satz auch gleich suspekt vor.


    Lieber Sven, entscheidend sind nicht irgendwelche Richtlinien oder Formationen. All das sind Hilfsmittel, so wie Wegweiser.

    Es gibt verschiedene Menschentypen, die auf ganz eigene Weise zur Befreiung kommen. Zum Beispiel


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich sehe da keinen Widerspruch, zuerst analysiert man das Dasein und versteht dass alles bedingt entsteht, dann wendet man das Verstandene so lange an bis man vollkommen bewusst darüber ist.

  • Na ja, ich habe das so gelernt,....

    Da hatte ich sofort den Gedanken: Das ist nicht entscheidend, hat er das Gelernte geübt, geprüft oder nur gelernt?

    Um eure Spekulationen zu beenden. Es war eine reine Höflichkeitsfloskel.

  • Ich kann aus den Texten nicht ableiten, dass es sich um verschiedene Wege handelt, sondern nur um verschiedene Menschentypen, bei denen jeweils andere Aspekte (bzw. auch Erkenntnistiefen) auf demselben Weg betont sind.


    Siehe dazu auch hier:
    Anguttara Nikaya IX.42-93


    (*1) In Erklärung der drei vorhergehenden Texte: Als 'Körperzeuge' (kāyasakkhi) gilt derjenige, der eine oder mehrere Vertiefungen ganz und gar meistert, der also in Geisteruhe (samatha) stark entwickelt ist, nicht aber im Hellblick (vipassanā). - Auch der 'Wissensrlöste' (paññā-vimutta) mag - wenn auch nicht notwendigerweise - die Vertiefungen teilweise oder ganz erreichen, meistert sie aber keineswegs in dem Grade wie der Körperzeuge; sein Vorzug besteht eben im Hellblick. - Im 'Beiderseitserlösten' (ubbhatobhāga-vimutta) sind sowohl die Vorzüge des Körperzeugen als auch des Weisheitserlösten vollkommen vertreten


    Siehe auch hier eine Übersicht:
    Sechste Reinheitsstufe 243-253

  • rechte Anstengung

    Dazu kam heute die Erkenntnis, dass es eben nicht anstrengend sein darf und auch nicht ohne Energie. Bei körperlicher Anstrengung kommt es auch darauf an, sie mit Energie zu machen und nicht mit Kraftanstrengung.

    Rechte Anstrengung ist ein Hinweis darauf, das ich bedenken soll, ob die Anstrengung, die ich aufwende, angemessen ist. An meine Konstitution.


    Bei Meditation versagt Anstrengung sofort, führt manchmal zu Hocherlebnissen, aber wenn ich lerne rechte Anstrengung zu befolgen, bleiben die Hochgefühle aus, aber auch die Tiefgefühle.

    Streng ich mich an, kämpfe ich oder werde ich gelähmt und schläfrig, das kann mit rechter Anstrengung geübt werden.

  • Ich kann aus den Texten nicht ableiten, dass es sich um verschiedene Wege handelt, sondern nur um verschiedene Menschentypen, bei denen jeweils andere Aspekte (bzw. auch Erkenntnistiefen) auf demselben Weg betont sind.

    Danke Sven für die Links.


    Ich meinte auch nicht, dass sie andere Wege gehen, sondern dass es unterschiedliche Auffassungsgaben gibt.

    Es gibt Praktizierende, die jahrzehntelang üben, Texte rezitieren, aber dennoch nicht "ankommen".

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Es gibt im Palikanon zwei Stellen wo es um große Anstrengung geht, die widersprüchlich erscheinen.


    Erste Stelle:


    Zitat

    Ich dachte: 'Angenommen, ich werfe den Geist mit dem Herzen nieder, zwinge ihn zu Boden und überwältige ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge.' Also warf ich den Geist mit dem Herzen nieder, zwang ihn zu Boden und überwältigte ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge. Während ich das tat, rann Schweiß aus meinen Achselhöhlen. So wie ein starker Mann einen schwächeren Mann am Kopf oder an den Schultern packen und ihn niederwerfen, zu Boden zwingen und ihn überwältigen könnte, so warf auch ich den Geist mit dem Herzen nieder, zwang ihn zu Boden und überwältigte ihn mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge, und Schweiß rann aus meinen Achselhöhlen. Aber obwohl unerschöpfliche Energie in mir hervorgebracht wurde und unablässige Achtsamkeit in mir verankert war, war mein Körper überreizt und unruhig, weil ich von dem schmerzhaften Bemühen erschöpft war. (M.100, M.36, M.85)


    Zweite Stelle:


    Zur Überwindung unheilsamer Gedanken kann man die Aufmerksamkeit auf was anderes richten, wenn das nicht klappt die Gedanken nicht beachten, wenn das auch nicht klappt die Gedanken zur Ruhe bringen, wenn das alles nicht funktioniert, dann:


    Zitat

    Wenn er mit zusammengebissenen Zähnen und an den Gaumen gepreßter Zunge den Geist mit dem Herzen niederwirft, ihn zu Boden zwingt und überwältigt, dann werden jegliche üble, unheilsame Gedanken, die mit Begierde, mit Haß und mit Verblendung verbunden sind, in ihm überwunden und verschwinden. Mit dem Überwinden dieser Gedanken wird sein Geist innerlich gefestigt, beruhigt, zur Einheit gebracht und konzentriert. Dieser Bhikkhu wird dann ein Meister der Gedankengänge genannt. Welchen Gedanken er auch immer denken will, den wird er denken, und welchen Gedanken er auch immer nicht denken will, den wird er nicht denken. Er hat Begehren abgeschnitten, die Fesseln abgeworfen, und mit der vollständigen Durchdringung des (Ich-)Dünkels hat er Dukkha ein Ende bereitet. (M.20)


    Für den Buddha war also das Niederzwingen des Geistes nicht zielführend, aber den Mönchen empfiehlt er es, wenn auch als letzte Methode, aber eben doch. Das Niederzwingen das er selber erfolglos praktiziert hat ist vielleicht nicht dasselbe Niederzwingen das er empfiehlt, obwohl die selben Worte verwendet werden. Ich denke mal dass es mitunter anwendbar ist um schädliche Gedanken zurückzuweisen, dass es aber nicht dazu geeignet ist den Geist samt und sonders mit einem Mal und für immer unter Kontrolle zu bringen. Denn der Buddha hat das ja in einem sehr fortgeschrittenen Stadium versucht, nach der Schulung bei seinen zwei Lehrern, um die letzte Hürde zum Erwachen zu überwinden. Dabei hat er sich dann noch fast zu Tode gefastet, bis er schließlich den mittleren Weg gefunden hat und endgültig erwacht ist.


    Auf einer einfachen Laien-Ebene klappt ja manchmal bei schlechten Gedanken ein energisches Dagegenhalten "Schluss jetzt mit dem Unfug!" Aber gewöhnlich und auf die Dauer hilft das Unterdrücken nicht. Da mache ich die Erfahrung dass mich sozusagen der Geist in einen Kampf verwickelt der nicht zur Ruhe führt und auch dass er ein übermächtiger Gegner ist, wie denn auch die Psychologie feststellt, dass Unterdrückung nur Neurosen hervorbringt. Ich ziehe demnach das Durschauen vor, wenn man erkennt was unheilsam ist und was letztlich zu Leiden führt, geht man dem nicht mehr nach. Ich bin ja auch kein Mönch der sich an Regeln halten muss, davor habe ich große Achtung, aber ich schaffe das nicht mehr. So weit ich komme, dort werde ich den Weg im nächsten Leben fortsetzen, so stelle ich mir das vor.

  • Ich denke mal dass es mitunter anwendbar ist um schädliche Gedanken zurückzuweisen, dass es aber nicht dazu geeignet ist den Geist samt und sonders mit einem Mal und für immer unter Kontrolle zu bringen.

    Ich denke, dass das nur zwingend notwendig ist, wenn ich zum Beispiel voller Hass bin und jemandem den Schädel einschlagen möchte.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich denke mal dass es mitunter anwendbar ist um schädliche Gedanken zurückzuweisen, dass es aber nicht dazu geeignet ist den Geist samt und sonders mit einem Mal und für immer unter Kontrolle zu bringen.

    Ich denke, dass das nur zwingend notwendig ist, wenn ich zum Beispiel voller Hass bin und jemandem den Schädel einschlagen möchte.

    _()_

    Dann ist es jedenfalls bestimmt eine brauchbare Notbremse.

  • Das Sacca-Saṃyutta handelt von den vier edlen Wahrheiten und bei den meisten der 131 Lehrreden steht am Ende:


    Zitat

    Daher habt ihr euch, meine Mönche, also anzustrengen, um zu erkennen: 'Das ist das Leiden, das ist die Leidensentwicklung, das ist die Leidensauflösung, das ist das zur Leidensauflösung führende Vorgehen'.


    Anstrengung um die Wahrheit vom Leiden zu durchschauen, die Wahrheit von der Leidensentwicklung zu überwinden, die Wahrheit von der Leidensauflösung zu verwirklichen, die Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Vorgehen zu entfalten. (S.56.11.)


    Das ist meines Erachtens kein Dogma an das man glauben muss, es sind Wahrheiten die erkannt werden müssen wenn man Befreiung vom Leiden will, auch wenn man nicht Mönch oder Nonne ist. Je mehr man sie erkannt hat desto mehr wird man sich bemühen den achtfachen Pfad zu praktizieren. Bei dem steht ja die rechte Erkenntnis an erster Stelle und das ist grundsätzlich die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten. Sie sind das Fundament und sind verbunden mit allen Einzelheiten der Lehre, hat man sie erkannt, hat man alles erkannt.


    Man erfährt Leiden aber versteht nicht dass Leiden untrennbar mit dem Dasein verbunden ist. Wenn ein Leiden vorüber ist oder halbwegs erträglich fährt man deshalb fort mit der Leidensentwicklung. Man strengt sich nicht an die Ursache des Leidens zu erkennen und aufzulösen. Leid ganz zu beenden wird gewöhnlich für unmöglich gehalten, man bekämpft es nur wenn es gerade stattfindet und wenn man verhindern will dass es entsteht, geht man nicht auf die Wurzel der Leidensentstehung zurück. Z.B. kann man bei einem Magenleiden bestimmte Dinge nicht essen, aber damit das Leben lebenswert bleibt gibt es ja noch tausend andere Dinge zu genießen. Das menschliche Dasein wird nicht als eine kostbare Möglichkeit erkannt das Leid zu beenden sondern mit ständig neuen Begehren vergeudet. Das ist doch eigentlich ganz verkehrt und verhängnisvoll aber die wirklich kostbare Wahrheit wird in der Welt gering geschätzt und so ist es nicht immer leicht umzudenken und anders zu handeln.

  • "Das ist das Leiden"

    Ich betrachte diese Übersetzung als zu überspitzt. Der Begriff "Leiden" führt zu überbordenden Phantasien, wie in diesem Thread mannigfach geäussert.


    Dukkha sollte man deshalb richtig, nämlich wörtlich als "schwer zu ertragen" übersetzten. Das vereinfacht das Verständnis der Lehre ungemein.

  • "Das ist das Leiden"

    Ich betrachte diese Übersetzung als zu überspitzt. Der Begriff "Leiden" führt zu überbordenden Phantasien, wie in diesem Thread mannigfach geäussert.


    Dukkha sollte man deshalb richtig, nämlich wörtlich als "schwer zu ertragen" übersetzten. Das vereinfacht das Verständnis der Lehre ungemein.

    Was Dukkha ist wird ja beschrieben:


    Zitat

    Geburt, Alter, Krankheit, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung, vereint sein mit Unliebem, getrennt sein von Lieben. was man verlangt, nicht erlangen. Kurz gesagt: die fünf Faktoren des Ergreifens sind Dukkha. (S.56.11.)


    Für all das ist das deutsche Wort "Leiden" gebräuchlich. Z.B. "Er leidet an einer Krankheit". Ich finde das weder überspitzt noch sehe ich in diesem Thread überbordende Phantasien und hoffe niemandes Gemüt zu verletzen.


    Der renommierte Indologe Klaus Mylius übersetzt Dukkha in seinem Pali-Deutsch Wörtebuch so: "Med u. Psych Ungemach, Plage, Pein, Unbehagen, Leid, Kummer."

    Nyanatiloka übesetzt Dukkha in seinem Buddhistischen Wörterbuch so: "Leiden, Leidunterworfensein, Unzulänglichkeit, Elend, Übel, Schmerz, Verletzung, Unbefriedigtheit: Wörtlich "schwer zu ertragen".


    Ob leiden oder schwer zu ertragen, es läuft für mich auf dasselbe hinaus. Oft verwende ich einfach "Dukkha".

  • "Das ist das Leiden"

    Ich betrachte diese Übersetzung als zu überspitzt. Der Begriff "Leiden" führt zu überbordenden Phantasien, wie in diesem Thread mannigfach geäussert.


    Dukkha sollte man deshalb richtig, nämlich wörtlich als "schwer zu ertragen" übersetzten. Das vereinfacht das Verständnis der Lehre ungemein.

    Hallo Punk,

    es geht ja nicht darum, was wirklich Leiden bedeutet. Wenn ich z.B. Querdenker im Interview höre, dann leiden sie schon darunter, dass die Gesellschaft vertreten durch die Politik Sozialverhalten fordert, obwohl wir uns in diesem Land doch nicht wirklich beklagen können - jedenfalls sehe ich das so, wenn ich bedenke, wie es vor 60, 70 und mehr Jahren war.


    Wichtig ist bei der Beschreibung von Dukkha, die auch selbst der Buddha vornimmt, dass einem klar wird, dass wir hier nicht einfach völlig unbeschwert wie im Paradies leben können. Dass uns klar wird, dass allein die Tatsache, geboren zu sein, bereits alle Leiden beinhaltet, die auf das neue Lebewesen zukommen können.


    Übe ich mich aber in der Geistesschulung, dann erreiche ich möglicherweise einen Zustand, in dem ich unabhängig von Samsara von Nirvana eine Ahnung bekomme - es ist ein innerer Zustand.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Wichtig ist bei der Beschreibung von Dukkha, die auch selbst der Buddha vornimmt, dass einem klar wird, dass wir hier nicht einfach völlig unbeschwert wie im Paradies leben können. Dass uns klar wird, dass allein die Tatsache, geboren zu sein, bereits alle Leiden beinhaltet, die auf das neue Lebewesen zukommen können.


    Übe ich mich aber in der Geistesschulung, dann erreiche ich möglicherweise einen Zustand, in dem ich unabhängig von Samsara von Nirvana eine Ahnung bekomme - es ist ein innerer Zustand.

    _()_

    Das sehe ich auch so. Abgesehen von dieser oder jener Übersetzung ist wohl das Wesentliche was man unter dem Begriff versteht, also die Bedeutung von Dukkha. Darum geht es ja bei der Anstrengung die Wahrheit von Dukkha zu durchschauen.


    Die zusammenfassende Erklärung ist dass die fünf Daseinsgruppen an denen angehaftet wird Dukkha sind. Nachdem das Dasein aus nichts anderem als diesen fünf Gruppen besteht, ist die erste edle Wahrheit auch schlicht übersetzt worden mit: "Das Leben ist Leiden". Oder wenn man übersetzt "Das Leben ist schwer zu ertragen", dann mag man doch in beiden Fällen auf den ersten Blick nicht zustimmen, weil das Leben nicht immer leidvoll oder schwer erträglich ist sondern auch eine Menge Freuden bietet. Genauer betrachtet schlummert aber in den Freuden der Keim von Dukkha, das sich entfaltet wenn die Freude vergeht - falls man daran anhaftet.

    Nach meiner Wahrnehmung muss sich niemand um Anhaftung extra bemühen, sie wird bei der Geburt gleich mitgeliefert. Die Daseinsgruppen werden als "Ich und Mein" erlebt und wenn der Buddha sagt dass den Wesen nichts lieber ist als das eigene Selbst, hat er wohl damit recht. Weil aber die Daseinsgruppen ständiger Veränderung unterworfen sind, hat man über sich selbst letztlich keine Kontrolle und das ist Dukkha.

  • Wie wenig Kontrolle man über sich und sein Selbst hat, wird deutlich, wenn die Kraft durch Krankheit oder Alter geschwächt ist.

    Das gibt dann einen Vor-Geschmack darauf, dass wir nicht ein "geschlossenes ICH" sind, das über alle Sinne bestimmen kann.

    Und deshalb ist es so wichtig, die Geistesschulung in gesunden und scheinbar glücklichen Umständen voranzutreiben.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Nachdem das Dasein aus nichts anderem als diesen fünf Gruppen besteht, ist die erste edle Wahrheit auch schlicht übersetzt worden mit: "Das Leben ist Leiden"

    Die Übersetzung "Leben ist Leiden" halte ich für völlig falsch. Diese Übersetzung setzt Leben und Leiden gleich; sie suggeriert, das Leben und Leiden identisch sind. Derartiges steht aber nicht in den vier edlen Wahrheiten. Diese Gleichsetzung von Leben und Leiden bedeutet, dass das Leben aufhört wenn wir mittels des achtfachen Pfaden das Leiden aufgegeben haben. Warum sollten wir dann die dritte edle Wahrheit verwirklichen wollen?

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Diese Gleichsetzung von Leben und Leiden bedeutet, dass das Leben aufhört wenn wir mittels des achtfachen Pfaden das Leiden aufgegeben haben. Warum sollten wir dann die dritte edle Wahrheit verwirklichen wollen?

    Eben damit das Leben aufhört:


    Zitat

    Es ist nicht ein Bruchteil gegenüber der früheren Leidensmasse, die versiegt und aufgebraucht ist, nämlich höchstens noch 7 Leben für den, der erkennt: 'Das ist das Leiden, das ist die Leidensentwicklung, das ist die Leidensauflösung, das ist das zur Leidensauflösung führende Vorgehen'. Da habt ihr euch, meine Mönche, dafür anzustrengen. S.56.49-57

  • Wenn auch der Buddha von einem Nicht-Wiederkehrer spricht, so hört doch für den nicht nur das Leiden, sondern auch das Leben auf.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Die Übersetzung "Leben ist Leiden" halte ich für völlig falsch...


    Einmal davon abgesehen, ob es als Übersetzung richtig ist, als Aussage ist sie es.


    Ich habe folgende Aussage aus den Lehrreden hier schon früher zitiert: "bhavanirodho nibbānaṁ - das Verlöschen von bhava ist nibbāna". Im Dhammapada heißt es: "nibbānaṁ paramaṁ sukhaṁ - nibbāna ist höchstes Glück".


    Also,

    Nibbāna ist sukha.

    Sukha ist das Gegenteil von dukkha.

    Nibbāna ist Nicht-bhava.


    Daraus folgt,

    Dukkha ist bhava.


    Bhava wird von Bodhi definiert als: "concrete sentient existence". Was nichts anderes als Leben ist, beseelte Existenz.


    Also,

    Dukkha ist Leben.


    Dies kann man umformulieren in: Leben ist Leiden.


    Dukkha als Daseinsmerkmal ist so eine Art kosmische Hintergrundstrahlung. Selbst wenn es gerade nicht schmerzt, ist es da.

  • Das Leben bzw. das Dasein ist jedenfalls mit Dukkha verbunden, daher kann Dukkha nur erlöschen wenn das Dasein erlischt. für diese Ansicht gibt es viele Gründe, einige wurden schon genannt und ein weiterer ist der Satz am Ende einiger Lehrreden:


    Zitat

    Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden musste, darüber hinaus gibt es nichts mehr. (Z.B.M.112)


    Das Paliwort für Geburt ist jāti, zum Unterschied von "Werden" (bhava). In M.141 (Die Darlegung der Wahrheiten) ist unmissverständlich erklärt was unter Geburt zu verstehen ist:


    Zitat

    Die Geburt der Wesen in die verschiedenen Klassen der Lebewesen, ihr Geborenwerden, Herausstürzen aus dem Schoß, Erzeugung, die Manifestation der Daseinsgruppen, das Erlangen der Sinnesgrundlagen - dies wird Geburt genannt.


    Nun gibt es ohne Geburt kein Leben, wenn Geburt zu Ende gebracht ist dann ist das Leben zu Ende gebracht. Das bedeutet natürlich nicht dass ein Erwachter sogleich tot umfällt, aber sein Dasein bedeutet ihm nichts mehr, "das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden musste". Allenfalls belehrt er andere, wie es Gotama Buddha zu unserem Glück getan hat.