Weshalb sich Palibuddhisten nicht mit Vajrayanabuddhisten vertragen

  • Helmuth von Glasenapp ein deutscher Buddhismusforscher hat mir endlich erklärt, weshalb hier so oft Streit über buddhistische Schulen entstehen. Sie sind z.T. diametral verschieden !


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    Zitat

    von Helmuth von Glasenapp


    Mit dem Wort «Vajra-yana» (Diamantfahrzeug) bezeichnet man die dritte und letzte Phase, welche der Buddhismus in Indien durchlief, bevor er dem Untergange in seinem Heimatland anheim fiel. Der älteste Buddhismus des «kleinen Fahrzeugs» (Hina-yana) war eine Weisheitslehre gewesen, welche wenigen durch die Läuterung in Tausenden von Wiedergeburten dafür reif gewordenen Asketen die Erlösungdurcheine selbständige in harten Kampf gewonnene Erkenntnis verhiess;

    das «Grosse Fahrzeug» (maha-yana) hatte denen, die sich zu schwach fühlten, aus eigener Kraft den Weg zum Heil zu beschreiten, die Hilfe von gnädigen Buddhas und Bodhisattvas in Aussicht gestellt, welche die Hindernisse bei der Gewinnung der Erleuchtung beseitigen;

    das Diamantfahrzeug setzte diesen beiden Heilswegen einen dritten zur Seite, der an Leichtigkeit nicht mehr überboten werden konnte: es lehrte das die Buddhaschaft durch das Rezitieren von Zauberworten (Mantra) und die Ausführung bestimmter magischen Handlungen erreicht werden könne [….]

    Obwohl das Vajrayana über 500 Jahre lang in Indien bestanden hat und heute noch auf das religiöse Leben Ostasien und den lamaistischen Ländern einen nicht unbedeutenden Einfluss ausübt, haben sich bisher nur wenige europäische Forscher eingehender mit ihm beschäftigt.

    Gleichwohl verdient es in hohem Masse das Interesse des Historikers. Denn es tut in gerade einzig dastehender Weise dar, dass sich eine Lehre innerhalb von einem Jahrtausend so völlig ändern kann, dass sie ungeachtet der Beibehaltung äusserer Formen und Formeln in vielen Punkten geradezu zum diametralen Gegenteil von dem wird, was ihr Gründer beabsichtigt hatte […]


    Betrachtet man diese Extreme, so scheint es, als ob die Vorstellungen des Vajrayana so völlig von denen des Pali-buddhismus verschieden sind, dass eine Verbindung von denselben nicht denkbar ist; sie sind einander so heterogen, das die einen nur als direkte Umkehrung des anderen gewertet werden können.......

    5 Mal editiert, zuletzt von Punk ()

  • Punk

    Hat den Titel des Themas von „Wehalb sich Palibuddhisten nicht mit Vajrayanabuddhisten vertragen“ zu „Weshalb sich Palibuddhisten nicht mit Vajrayanabuddhisten vertragen“ geändert.
  • Hallo punk,

    was ist denn jetzt an der Änderung anders ?:?


    und danke für die Zitate von Glasenapp !_()_

    "Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das hat für mich kein Selbst"

    • Offizieller Beitrag

    Der Artikel geht auf einen Aufsatz von 1936 zurück, von daher würde man wohl einiges mit dem heutigen Wissensstand anders schreiben.

  • Trotzdem kanns ne Gemeinsamkeit geben. Und das ist die freundliche Gesinnung.

    Wenn man weiss, wie andere ticken, lässt sich Streit vermeiden. Es gibt kein Richtig oder Falsch, nur Missverständnisse

  • Ich bin froh, dass ich kein Buddhismusforscher bin. Das wär mir viel zu viel Zeit der Beschäftigung mit der Vergangenheit, mit Strömungen, Abspaltungen, an Staatsapparate und Regierungen angebiederte Religions- und Philosophieverständnisse.


    Wie schön, wenn man einfach nur praktizieren kann und nicht so viel Zeit verplempern muss. Ein Hoch aufs Hinsetzen und Maul halten! _()_:badgrin:


  • Auch wenn ein Palibuddhist einen etwas anderen Weg geht als ein Vajrayanabuddhist, wäre er ein schlechter Buddhist wenn er sich partout nicht mit diesen Praktizierenden vertragen wollte. Was ja nicht ausschließt auf friedliche und respektvolle Art verschiedene Meinungen auszutauschen.

  • Über Helmuth von Glasenapp, dem ich meine ersten Kenntnisse über indische Weisheit verdanke, will ich auch nicht herziehen. Nur, ist er einen der Wege die er beschreibt selber gegangen? Wenn man im Westen in der spirituellen Wüste des 20. Jahrhunderts lebt, kann es ein wenig peinlich anmuten über spirituelle Hochkulturen ein Urteil abzugeben nachdem man sie mit dem Verstand seziert und analysiert hat, ohne eigene Erfahrung des Beschriebenen.

  • Über Helmuth von Glasenapp, dem ich meine ersten Kenntnisse über indische Weisheit verdanke, will ich auch nicht herziehen. Nur, ist er einen der Wege die er beschreibt selber gegangen? Wenn man im Westen in der spirituellen Wüste des 20. Jahrhunderts lebt, kann es ein wenig peinlich anmuten über spirituelle Hochkulturen ein Urteil abzugeben nachdem man sie mit dem Verstand seziert und analysiert hat, ohne eigene Erfahrung des Beschriebenen.

    Das ist genau mein Punkt !


    Will man sich vom Verstand oder vom Gefühl leiten lassen ? Wer ist Herr im Haus ? Beide sind unvollkommen.


    Wobei der achtfache Pfad eher auf den Verstand setzt, meine ich.

  • Wobei der achtfache Pfad eher auf den Verstand setzt, meine ich.

    Ich finde persönlich, der Achtfache Pfad setzt auf die Praxis.


    Aber es stimmt, viele haben für sich entschieden, dass es um den Verstand geht. Da kann man dann lange darüber nachdenken und diskutieren, was beispielsweise Rechte Rede bedeutet, statt auszuprobieren und zu beobachten, was für einen selbst und andere heilsam ist, und was nicht.


    Und spätestens dann "vertragen " sich auch verschiedene Traditionen nicht miteinander. Weil man an seinem Mindset hängt, obwohl der Weg zu 90% der selbe ist.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Will man sich vom Verstand oder vom Gefühl leiten lassen ? Wer ist Herr im Haus ? Beide sind unvollkommen.

    Dem kann ich nur zustimmen.


    Wobei der achtfache Pfad eher auf den Verstand setzt, meine ich.

    Dem kann ich nicht zustimmen, den achtfachen Pfad sehe ich eher als eine pragmatische Gebrauchsanleitung.

  • Der achtfache Pfad ist der mittlere Weg durch den Buddha Sakyamuni das Nibbana erreicht hat wie es zu Beginn von Samyutta Nikaya 56.11 heißt. Die Aspekte des achtfachen Pfades kann man nun wiederum den drei Höheren Schulungen von Ethik, Konzentration und Weisheit zuordnen.


    Höhere Schulung der Ethik rechter Lebenserwerb

    rechtes Handeln

    rechte Rede


    Höhere Schulung der Konzentration rechte Sammlung


    Höhere Schulung der Weisheit rechte Anstrengung

    rechte Vergegenwärtigung

    rechte Ansicht
    rechtes Denken


    Der achtfache Pfad bezieht sich also auf alle drei Höheren Schulungen, die eine Zusammenfassung des Buddha-Dharma sind. Dies wird sowohl in der Palitradition als auch im Sutrayana als auch im Vajrayana so gesehen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Meine Heimat ist im Vajrayana-Buddhismus. Ich habe aber auch 12 Jahre lang sehr eng mit einer Zen-Lehrerin zusammen gearbeitet und viel von ihr gelernt und auch einige Zen-Retreats besucht. Ich schätze die Retreats von Charlie Pils und bin gern im Haus der Stille oder auch im Waldhaus am Laacher See - alles keine Vajrayana-Lehrenden oder -zentren.


    Ich möchte sowohl die Unterweisungen als auch die Praxis nicht missen. Aber auch, wenn sie sich in der Sprache und Ausführung unterscheiden mögen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie auch im Vajrayana gelehrt werden und großer Wert auf sie gelegt wird.


    Tillmann Borghardt/Lama Lhündrup, Ursula Flückinger und Fred von Allmen haben ein Buch zusammen geschrieben, dass aus 2 gemeinsam geleiteten Gruppenretreats in Beatenberg entstanden ist., Mahamudra und Vipassana.

    Vorworte wurden von Jack Kornfield und Tsoknyi Rinpoche verfasst.


    Die Einführung hat den Untertitel Im Geiste gegenseitiger Wertschätzung. Ich finde keine Leseprobe leider, aber der hier nachlesbare Klappentext vermittelt einen Geschmack: Mahāmudrā und Vipassanā – Norbu-Verlag


    Meine persönliche Meinung ist, dass es nicht "der Vajrayana-Buddhismus" und "der Palibuddhismus" ist, die sich einander gegenüberstünden. Wenn sie das tun, findet das meiner Meinung nach im eigenen Geist statt. Meine Erfahrung ist: Mit ein bißchen Offenheit kann man sehr viel aus anderen Traditionen lernen, auch wenn man in einer bestimmten verwurzelt bleibt.


    Aber das sind nur meine persönlichen Einschätzungen und Ansichten.

    Einmal editiert, zuletzt von user9999 ()

  • _()_

    wer einen Herren im Haus sucht der wird nicht fündig werden.


    der verstand kann rational erfassen was sich Ihm zeigt doch fehlen Ihm al zu oft die unterbewusten dibge die erst als nicht wichtig erscheinen und erst im grossen zusammenhang im unterbewustsein eine alarm glocke auslösen.


    Der körper kann das unterbewustsein in gefühle zum ausdruck bringen und kann ohbe logische argumente entscheidungen beeinflussen die auf fiel subtilerer ebene wahrgenomen werden.


    Durch meine Krankheit kann ich aus erfahrung sagen das der verstand nicht immer die bessere urteilsfähigkeit hat als der körper ubd ungekehrt.....


    wer einen Herren sucht der wird den Herren "Lehr" vorfinden und Körper und Geist steuern Ihn in den meisten fällen abwechslungsweise, bei weisen jedoch wird der Herr von beiden geneinsam bedräbgt doch rr läst sich nicht mehr steuern. Und entscheidet dan zum wohle aller nachdem er beide ideen gehört hat.


    Was die unterschiedlichen Lehren angeht so wird die befreiung durch manche dinge möglich sein. Den selbst der Buddha hat ja gesagt das sogar die Lehre dem wandel unterworfen ist._()_

  • Sili


    Es geht mir nicht darum ob Körper/Geist ( um in deinem Modell zu bleiben) nun in einer bestimmten Situation ein Himbeereis statt ein Schokoladeneis bevorzugt.


    Es geht darum rechte Erkenntnis zu erlangen. Ein einfaches Beispiel:


    Das „Gefühl“ und die unmittelbare Beobachtung der Sonne suggeriert uns jeden Tag, dass sich die Sonne um die Erde dreht, was unwahr ist, eine Täuschung, falsche Erkenntnis.


    Jeder weiss heutzutage, dass sich die Erde entgegen unserem Gefühl in Wahrheit um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.

    Diese und andere Erkenntnisse kann nur der Verstand erfassen, das Gefühl leitet uns da regelmässig in die Irre.

    -> optische Täuschungen etc.


    Man sollte sich abgewöhnen Gefühlen zu folgen, denn sie sind nicht vertrauenswürdig.


    Das hat übrigens bereits Buddha so gelehrt:


    Zitat

    Itivuttakam 53 : Das Wohlgefühl ist als leidig, das Wehgefühl als Pfeil, das Weder-wohl-nochweh-Gefühl als unbeständig zu betrachten.

    Wer die Gefühle so betrachtet, den nennt man einen recht sehenden edlen Mönch: abgeschnitten hat er den Durst, gesprengt die Fessel, durch völlige Dünkeleroberung dem Leiden ein Ende gemacht.


    Zitat

    S36

    Diese drei Gefühle, ihr Mönche, gibt es. Welche drei? Wohlgefühl, Wehgefühl, Wederwohl-noch-weh-Gefühl. Das sind nun, ihr Mönche, die drei Gefühle:


    Geeinigt und auch klar bewußt gar achtsam Buddhas Jünger ist: er weiß, was die Gefühle sind und wie Gefühl zustande kommt,


    auch wie Gefühle untergehn, den Pfad, der zum Versiegen führt. Der Mönch, bei dem Gefühl versiegt, gestillt, erlischt bei ihm der Wahn".

    4 Mal editiert, zuletzt von Punk ()

  • Hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ist aber eine interessante und halbwegs überschaubare Übersicht. Kürzlich gefunden.... Leider geht die Grafik nicht auf den Zeitrahmen ein, wann die Schulen jeweils entstanden sind.

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

  • Jeder weiss heutzutage, dass sich die Erde entgegen unserem Gefühl in Wahrheit um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.


    Woher weisst DU das denn? Das kannst du nicht wissen, sondern nur glauben, aus deinem Gefühl heraus.

  • Hier ist noch so eine Grafik von faszination-asien-de kopiert, die Seite gibt es jetzt aber nicht mehr.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

  • Leider geht die Grafik nicht auf den Zeitrahmen ein, wann die Schulen jeweils entstanden sind.

    Franz-Johannes Litsch hat dazu sehr erhellende Grafiken inklusive Zeitrahmen und Orten:

    Die Schulen des Buddhismus in Asien


    Die philosophischen Schulen des Buddhismus

    Das finde ich insofern spannend, als dass es zeigt, dass alle Niederschriften lange nach Buddhas Zeit geschehen sind. Während Theravada ca. im 2. Jh vuZ entstanden ist, entstand Mahayana im 1. Jh vuZ, also nicht viel später, aber beide Richtungen Nikaya und Mahayana entstanden aus den gleichen ersten Niederschriften der Konzile, lange nach Buddhas Lebenszeit. Während also "Frühbuddhisten" sich vielleicht noch auf die ersten beiden Konzile vor der Teilung beziehen könnten, kann Theravada nicht von sich behaupten, authentischer in Bezug auf die Urlehre Buddhas zu sein, als der Mahayana. Am Ende denke ich muss das Pferd von hinten aufzäumen und die Lehren daran bemessen, ob sie es den Praktizierenden ermöglichen, dem Ziel, das Buddha gezeigt hat, näherzukommen oder es zu erreichen.

  • Jeder weiss heutzutage, dass sich die Erde entgegen unserem Gefühl in Wahrheit um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.


    Woher weisst DU das denn? Das kannst du nicht wissen, sondern nur glauben, aus deinem Gefühl heraus.

    Naja, die Entdeckung der Gravitation (erst nach Galileo) ist schon ein starkes Argument. Allerdings ist aus dieser Sicht beides falsch, die einfachste Beschreibung ist, dass sich beide um den gemeinsamen Schwerpunkt drehen.


    Die traditionelle Frage, wer sich um wen dreht, hatte auch wenig mit Physik, aber viel mit Ontologie zu tun.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Die grafischen Darstellungen zeigen ja sehr schön die Vielfalt des Buddha-Dharma. Sie ist ja nicht dadurch entstanden, weil immer irgendwer etwas dazu gedichtet hat, sondern hat ja ihre Wurzel in der Vielfalt der Suttas/Sutras, die der Buddha ja immer in Abhängigkeit vom Verständnisvermögen der Zuhörenden gegeben hat.


    So sollte jeder schauen, welche Lehren des Buddhas, die ja alle auf den vier edlen Wahrheiten beruhen, seinen eigenen spirituellen Wünschen und geistigen Fähigkeiten am besten entsprechen. Diese kann er als die für ihn am besten geeigneten Lehren auffassen. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass auch Lehren des Buddha gibt, die in dem Sinne für andere am besten geeignet sind.


    Palibuddhisten vs. Vajrayanabuddhisten ist ja wie @svea schrieb eine Konstruktion des eigenen Geistes, die man dann für richtig hält und die man dann dementsprechend sprachlich äußert. Solche gedanklichen Konstruktionen sind aber nicht hilfreich. Sie entsprechen nicht der Realität und säen nur Zwietracht.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Allerdings ist aus dieser Sicht beides falsch, die einfachste Beschreibung ist, dass sich beide um den gemeinsamen Schwerpunkt drehen.

    Ich lese gerade, dass der Gravitationsmittelpunkt des Sonnensystems nicht im Zentrum der Sonne liegt, sondern auf deren Oberfläche, da dieser durch die Planeten mit beeinflusst wird. Das Sonnensystem wiederum wandert auch um einen wiederum massiveren Mittelpunkt herum. Die Galaxie mit ihrem Gravitationsmittelpunkt, dem Supermassereichen Schwarzen Loch, wird irgendwann in kosmisch absehbarer Zeit mit ihrer Nachbargalaxie "zusammenstoßen". Wobei nicht klar ist, wozu das genau führt, vermutet wird aber, dass beide sich vereinigen könnten. Das wirbelt natürlich einiges auf. Ob unser kleines Sonnensystem das überlebt, ist fraglich.


    Ich finde es interessant, wie viel wir wissen können, und wie ahnungslos wir doch auch sind. "Wir" als Menschheit gesprochen.