„Buddhismus ist hoffnungslos“

  • Ein paar Interessante Gedanken finde ich im Nachfolgenden Artikel aber auch ein paar merkwürdige Thesen: „Im Gegensatz zur jüdisch-christlichen Gemeinschaft zielt der Buddhismus auf totale Selbstgenügsamkeit. Alle buddhistischen Traditionen sind sich außerdem einig, dass das „nirvana" ein Zustand der Freiheit von allem Leiden ist. Papst Benedikt dagegen betont, dass Liebe notwendigerweise die Möglichkeit des Leidens beinhaltet. Daraus würde folgen, dass die erleuchtete Person im Buddhismus nicht liebesfähig ist. Wenn ein Buddha nicht leiden kann, dann ist er schlicht unfähig sich verletzlich zu machen und folglich unfähig, ein Risiko einzugehen, wie es wahre Liebe notwendig macht. Indem der Buddhist das Ende allen Leidens zum Ziel macht, muss er auch das Ende der Liebe zum Ziel haben.

    Paul Williams: Der Buddhismus ist hoffnungslos
    Der Buddhismus-Forscher Paul Williams erklärt, warum der Dalai-Lama die christliche Tugend bewundert, welchen Missverständnissen der Westen aufsitzt und warum…
    www.diepresse.com

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Wenn ein Buddha nicht leiden kann, dann ist er schlicht unfähig sich verletzlich zu machen und folglich unfähig, ein Risiko einzugehen, wie es wahre Liebe notwendig macht. Indem der Buddhist das Ende allen Leidens zum Ziel macht, muss er auch das Ende der Liebe zum Ziel haben.

    Puhhh. So ein Unsinn... Liebe ist doch was anderes als Bedürftigkeit. Bedürftigkeit, wenn ich also Liebe und Abhängigkeit verwechsle, beinhaltet das Risiko, die Unterstützung (z.B. durch Bestätigung des Ego) durch den "geliebten" Menschen zu verlieren und so "verletzlich" zu werden, nicht aber Liebe. Aber das wird leider sehr oft verwechselt. Im Gegenteil ist es das Ende der Bedürftigkeit, das Ende des eigenen Seins als Mangelwesen, das echte Liebe, die auf Mitfreude, Geduld, Freigebigkeit und nicht auf Gier und Hass und Egozentrik beruht, erst möglich macht.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Indem der Buddhist das Ende allen Leidens zum Ziel macht, muss er auch das Ende der Liebe zum Ziel haben.“

    Das Ende einer a n h a f t e n d e n Liebe (z.B. erotische Liebe/Eros) ist sicher gewissermaßen auch Ziel (oder eher eine "Nebenwirkung") der Praxis, da diese Form ja Leiden verursacht.

    Metta (Liebende Güte), die von Buddhisten entwickelt wird, erscheint mir jedoch der "wahren Liebe" (Agape) tatsächlich in ihrer Universalität näher zu stehen, als die oft personenbezogene, "romantische" Liebe, die den Anderen besitzen und mit ihm "verschmelzen" möchte.



    "Buddhismus ist hoffnungslos"

    In Bezug auf den Glauben, dass es ein "Ich" oder eine unsterbliche Seele gibt, welche nach dem Tod weiterbesteht und wiedergeboren wird (wiederaufersteht), ist der Buddhismus tatsächlich recht hoffnungslos, aber dafür macht er Hoffnung auf ein leidfreies Leben VOR dem Tod...

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Apropos Liebe. Oft wird ja geschrieben oder gesagt, Liebe setze unbedingtes Vertrauen voraus. Erst dann könne man sich "fallen lassen". Das Risiko ist dann: Der andere "missbraucht" mein Vertrauen, indem er oder sie Dinge macht, die mich enttäuschen. Meist bestehen diese Enttäuschungen darin, dass sich der andere verändert und Dinge tut, die nicht in mein Bild passen, das ich mir von der anderen Person gemacht habe. Und mit all diesen Querelen und Missverständnissen kann der Buddhismus wunderbar aufräumen, sodass Platz für Liebe entsteht:


    1. Vertrauen, das darauf basiert, dass der andere sich nicht verändert, sondern so bleibt, wie ich ihn oder sie haben möchte, ist kein Vertrauen, sondern Angst vor Veränderung – und das in einer Realität, in der sich ständig alles verändert. Wenn ich jemanden liebe, so werde ich keine Angst davor haben, dass er oder sie sich verändert, sondern Veränderungen eher unterstützen und willkommen heißen.


    2. Enttäuschung hat vorwiegend damit zu tun, dass zuvor eine Täuschung da war, eine Vorstellung oder ein Bild, wie der oder die andere zu sein hat. Eine Enttäuschung kann da eine sehr heilsame Wirkung entfalten, denn Liebe beginnt da, wo ich den anderen nicht mehr in meine Bilder oder Vorstellungen einsperre.


    3. Was heißt es, wenn ich sage, "ich kann mich fallen lassen"? Ich kann schwach sein, mich gehen lassen, und der andere wird mich halten und tragen? Das mag in Krisenzeiten vorkommen. Eher verstehe ich aber unter Liebe, dass ich zumindest den größten Teil der Zeit stark und autonom genug bin, um den anderen nicht zu meinen Zwecken instrumentalisieren zu müssen – eben kein Mangelwesen. Und letzteres ist wahrscheinlich eine der Kernkompetenzen des Buddhismus: Nicht dauernd irgendetwas oder irgendwen zu (miss-)brauchen, um dem ständigen Gefühl der Frustration und der Unbefriedigung zu entkommen.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • "Wer hundert Liebe hat, Visākhā, hat hundert Leiden... Wer keine Lieben hat, hat kein Leiden. Er hat keinen Kummer, ist unbefleckt und frei von Bedrängnis, sage ich."

    - https://suttacentral.net/ud8.8/de/sabbamitta

    Das ist sogar wahr. Aber wegen so einem Spruch gebe ich doch das Lieben nicht auf, das Mitfühlen ist auch Leiden, usw. Da haben doch wieder die Aufschreiber dran gedreht. Hoffnungslosigkeit und Gefühlsleere füllt die Schatullen der Heilsverspecher.

    Glaubt nicht an Götter und vor allem nicht an von anderen ernannten Heiligen. Das versaut einem das ganze Leben.

  • Aber wegen so einem Spruch gebe ich doch das Lieben nicht auf,

    Das finde ich sehr erfreulich!

    :like: :)

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Hier ein Text zum Thema aus den Berzin-Archives: -> Klick


    Und ein Video vom Ende dieses Artikels:


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • "Liebe" ist ein sehr schwammiger Begriff.


    Wenn Papst Benedikt von Liebe spricht, dann spricht er gemäß seiner Enzyklika "deus caritas est" wahrscheinlich von "Karitas" - dem uneigennützigen

    Wohlwollen also so einer groben Entsprechung von Metta.


    "Wer hundert Liebe hat, Visākhā, hat hundert Leiden... Wer keine Lieben hat, hat kein Leiden. Er hat keinen Kummer, ist unbefleckt und frei von Bedrängnis, sage ich."

    - https://suttacentral.net/ud8.8/de/sabbamitta

    Während die Lieben die hier gemeint sind ja eben nicht bedingungslos ist sondern auf tiefen Beziehungen fusst. Gemeint ist geschlechtliche Liebe, Liebe zu Eltern Kindern und Verwandten, Freundesliebe usw. Solche weltliche Liebe ist dadurch mit Leiden verbunden, dass sie Bedingungen stellt , die jederzeit wegbrechen können was einen dann in Kummer und Bedränhnis zurück lässt.


    Während so etwas wie Metta oder Karitas nur insofern mit Leiden verbunden ist, als man für sie Opfer bringen muß.


    Aus einer Gandhi Biographie ist mir eine Stelle in Erinnerung wo Gandhi sich von seiner Familie trennt, weil er eben für alle Inder gleichsam da sein will.


    Das Leiden das mit so etwas unbedingten wie Metta oder Karitas verbunden ist, liegt also eher im Aufgeben der bedingten und beschränkten Formen der Zuneigung. Ich schätze auch Buddha litt als er noch kein Befreiter war von dem Abschied von Frau und Sohn.


    Von daher ist zwar der Weg zu so etwas mit der Fähigkeit verbunden auch Leid und Verzicht hinzunehmen aber jemand der alles aufgegeben und hingegeben hat, ist natürlich in einer Situation wo alle Liebesfähigkeit realisiert ist und somit als Liebespotential fehlt.

  • Oft wird ja geschrieben oder gesagt, Liebe setze unbedingtes Vertrauen voraus. Erst dann könne man sich "fallen lassen". Das Risiko ist dann: Der andere "missbraucht" mein Vertrauen, indem er oder sie Dinge macht, die mich enttäuschen.


    3. Was heißt es, wenn ich sage, "ich kann mich fallen lassen"? Ich kann schwach sein, mich gehen lassen, und der andere wird mich halten und tragen? Das mag in Krisenzeiten vorkommen. Eher verstehe ich aber unter Liebe, dass ich zumindest den größten Teil der Zeit stark und autonom genug bin, um den anderen nicht zu meinen Zwecken instrumentalisieren zu müssen – eben kein Mangelwesen.

    Ohne ICH ist kein Mangel.

    Ohne ICH ist reines Vertrauen.


    Missbrauch kommt da nicht vor.Missbrauch ist ein Hassfaktor im Geist welcher aus Angst hervorgerufen wird.


    Und so ist es auch nicht Verstand der dieses Gefühl erfährt.


    Es ist das Herz welches dieses warme Gefühl weiter-/geben-/ leben kann.


    Denn es empfängt die notwendige Hingabe ohne den Zweifel des Verstandes.


    In Metta🙏

  • Ich kann schon verstehen, was Williams am Buddhismus abgeht. Ein Monotheist kann ja mit seinem Gott wirklich eine innige, tiefe Beziehung haben wo man sich "gemeint" und getragen fühlt. Gott tritt als ein Vater auf der an dem Wohl seiner Kinder Anteil nimmt. Jesus ruft den Zölnerl er Zachäus - der im Maulbeerbaum sitzt herunter und sagt ihm, dass auch er persönlich angesprochen ist und das Jesus gedenkt bei ihm einzukehren.


    Wenn man das unter"Liebe" versteht wird man im Buddhismus weniger fündig. Er ist

    durchaus Mitgefühl, Freundlichkeit und Heiterkeit durchzogen ist aber nicht davon ist "persönlich" adressiert.


    Aber vielleicht ist das nur Einbildung. Der einzelne mag sich einen liebenden Gott als einen herzlichen Vater vorstellen aber wenn ein Mensch bedingungslose Nächstenliebe tatsächlich realisiert dann kann diese doch durch die Bedingunglosigkeit nicht anders sein als unpersönlich. Der Barmherzige Samariter hilft dem Notleidenden ohne nach dessen Namen zu fragen. Die Idee Gott habe bei seinen Milliarden von Sprösslingen gerade zu einem selbst einen besonderen Draht kann doch nichts anders sein als eine ( durchaus als heilbringend angesehene) Illusion sein.


    Und umgekehrt kann man sich natürlich auch im Buddhismus als geschicktes Mittel (upaya) Vorstellungen machen die der Idee eines sorgenden Gottes nahe kommen. Gerade Avalokiteshvara als tausendarmige Kannon kann ja als jemand gesehen, der auf die Gebete der Menschen mit tätiger Anteilnahme reagiert. Im Lotussutra gibt es ja sogar ein Gleichnis vom verlorenen Sohn.

  • Wenn da nicht ein anderer Mensch wäre auf den dieser Mensch reagiert wäre es richtig.

  • Ein Monotheist kann ja mit seinem Gott wirklich eine innige, tiefe Beziehung haben wo man sich "gemeint" und getragen fühlt. Gott tritt als ein Vater auf der an dem Wohl seiner Kinder Anteil nimmt.

    Gott als "Projektionsleinwand" , funktioniert aber meist nur solange, wie man sich ein "kindliches Gemüt" bewahrt hat und nichts oder wenig hinterfragt. Mit dem "Erwachsenwerden" kommt irgendwann die Theodizee-Frage ins Spiel, wo man zweifelt, wie ein liebender, allwissender und allmächtiger Gott so eine leidvolle Welt erschaffen und zulasssen konnte. Findet man darauf keine befriedigende Antwort, sucht man woanders die Wahrheit....

    Übrigens fühlt sich der gläubige Christ als "Kind Gottes" oft auch nur so lange wohl und persönlich bestätigt, wie es ihm psychisch und physisch gut geht. Ich erlebte als junger Mensch, wie fassungslos nahe Verwandte (die sich als "gute Christen" und von Gott entsprechend geliebt/ "belohnt" empfanden) reagierten, als sie schlimme medizin. Diagnosen erhielten ("Wie konnte Gott das nur zulassen, was habe ich denn verbrochen??"). Die sich anschließenden Zweifel erschwerten hier gar den Umgang mit den Erkrankungen.....Das ist natürlich individuell verschieden, andere fühlen sich von dem Gedanken "getragen", bald "zum Vater heimzukehren"....

    wenn ein Mensch bedingungslose Nächstenliebe tatsächlich realisiert dann kann diese doch durch die Bedingunglosigkeit nicht anders sein als unpersönlich. Der Barmherzige Samariter hilft dem Notleidenden ohne nach dessen Namen zu fragen.

    Ja, das würde ich auch so sehen. Ayya Khema (Theravada-Nonne,1923-1997) betonte, wie viele Andere, auch immer die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Religionen - gerade in Bezug auf Nächstenliebe und Verbundensein.

    Und umgekehrt kann man sich natürlich auch im Buddhismus als geschicktes Mittel (upaya) Vorstellungen machen die der Idee eines sorgenden Gottes nahe kommen. Gerade Avalokiteshvara als tausendarmige Kannon kann ja als jemand gesehen, der auf die Gebete der Menschen mit tätiger Anteilnahme reagiert.

    Ja, als "Übender auf dem Weg Buddhas" gerät man manchmal auch in schwere Lebenskrisen und braucht etwas mehr "Stütze", gerade auch, wenn man, wie häufig im Westen, "christliche Wurzeln" aufweist.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Bedingungslose Nächstenliebe? Das funktioniert nur, wenn Mitgefühl beim Umgang mit den Fremden etabliert ist. Mitgefühl kann nur entstehen, wenn man sich bewusst wird, dass man bedingungslos einen Menschen liebt. Dabei ist egal, in welcher Zeit das im eigenen Leben gewesen ist, mit dem Erkennen der einen Liebe kommt die Befreiung, dass man alle Menschen der Vergangenheit geliebt hat.

    Dieses so geliebt haben, dass die Liebe erhalten bleibt, egal wieviel es an Widrigkeiten gegeben hat, bleibt bestehen und ist die Grundlage für Mitgefühl mit allen jetzt Menschen.

    Nächstenliebe, bedingungslos, macht mich sehr verletzlich, denn es bedeutet, dass ich den Nächsten, der mich verletzen will, lieben muss.

    Nein, das ist nichts für mich. Ich halte nicht mal die andere Wange hin.

  • Gott habe ich schon als achtjähriges Kind als Illusion erkannt. Dieses kindliche Wissen habe ich mir bewahrt und mich dem kindischen Glauben der Erwachsenen angeschlossen. Glaubt doch, was ihr wollt, ich spiel’ mit, denn nicht mitspielen bedeutet ausgeschlossen oder verachtet werden. Das hab ich schnell gemerkt.

  • Dass die Lehre des Buddha keine Hoffnungen erweckt, ist das Beste daran. Mir hat es ganz andere Qualitäten geweckt.

    Leben mit dem, was jetzt eben so ist, macht viel mehr Freude, als sich vorstellen, wie es sein könnt.

    Hoffnung wird geweckt durch die Abneigung gegen das Jetzt.

  • Bedingungslose Nächstenliebe? Das funktioniert nur, wenn Mitgefühl beim Umgang mit den Fremden etabliert ist.

    Was war zuerst? Die Liebe oder das Mitgefühl?

    Nächstenliebe, bedingungslos, macht mich sehr verletzlich, denn es bedeutet, dass ich den Nächsten, der mich verletzen will, lieben muss.

    Du "musst" ihn nicht lieben, du "wirst" ihn lieben.

    Wenn du "in der Liebe" und voll Mitgefühl bist, kannst du nicht wirklich verletzt werden, u.a., weil du ihn zutiefst verstehst.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Der Artikel ist bereits 10 Jahre alt und Paul Williams Unsinn und Irrtümer werden in Sujatos Blog ausführlich gewürdigt.

    Contentment and Hope: or, Why Paul Williams is Wrong About Buddhism
    In 2002, the Buddhist academic Paul Williams published a book in which he detailed how and why he decided he could not longer be a Buddhist, and instead became…
    sujato.wordpress.com


    Eine Übersetzung ins Deutsche gibt es auch:

    https://www.dhamma-dana.de/files/Dhamma%20Dana/Buecher/sujato/Zufriedenheit_und_Hoffnung.pdf


    Williams hat einfach ein Problem mit seiner Identität - und es ist für ihn wichtig, irgendwie eine religiöse Heimat zu finden und eben nun im Katholizismus eine neue Heimat gefunden zu haben. Da die anglikanische Kirche auch "katholisch" geblieben ist, außer dass sie das Oberhaupt gewechselt hat, hat sich für Williams nicht viel geändert. Es erinnert mich ein wenig an "Oh, wie schön ist Panama" - .


    Sujato macht ja die Irrtümer bezüglich des Buddhismus in seinem Artikel deutlich, aber es ist ja der tibetische Buddhismus - und nicht der Buddhismus an sich. Andererseits kennt gerade der Mahayana den Unterschied von Buddha und Bodhisattva.


    Christlich gewendet wäre das der Unterschied von Gott und Mensch - der Mensch als von Gott gesandt - und hier gilt für das Judentum die Hoffnung auf den Messias, der "von Gott" Gesalbte - auf dessen Kommen gründet sich die Hoffnung Israels. Mit dem Christus, dem Gesalbten, ist für Christen diese Hoffnung erfüllt - und sie hoffen nun auf die Wiederkunft des Auferstandenen. Weil sie den Auferstandenen nicht sinnlich erfahren können, glauben sie daran - der Glaube an die Auferstehung ist das Fundament des christlichen Glaubens - so Paulus. Und die Hoffnung bezieht sich auf die Gemeinschaft mit Gott durch die Auferstehung.


    Es ist ganz klar, dass der Buddhismus diesbezüglich eine christlich-jüdische Hoffnung nicht kennt, bzw. sie für den Dharma nicht braucht. Es ist also unsinnig, sie dann dort zu suchen und auch ihr Fehlen zu beklagen.

    Das Problem liegt m.E. in der Suche nach Identität - und da kommt man dann beim Buddhismus an den Punkt, wo diese Identität auch zur Disposition steht. An diesem Punkt ist Williams dann eben wieder umgekehrt. Das war ihm dann die Sache nicht Wert.

    :zen:

  • Bedingungslose Nächstenliebe? Das funktioniert nur, wenn Mitgefühl beim Umgang mit den Fremden etabliert ist.

    Was war zuerst? Die Liebe oder das Mitgefühl?

    Nächstenliebe, bedingungslos, macht mich sehr verletzlich, denn es bedeutet, dass ich den Nächsten, der mich verletzen will, lieben muss.

    Du "musst" ihn nicht lieben, du "wirst" ihn lieben.

    Wenn du "in der Liebe" und voll Mitgefühl bist, kannst du nicht wirklich verletzt werden, u.a., weil du ihn zutiefst verstehst.


    Mitgefühl kann nur entstehen, wenn man sich bewusst wird, dass man bedingungslos einen Menschen liebt. Dabei ist egal, in welcher Zeit das im eigenen Leben gewesen ist, mit dem Erkennen der einen Liebe kommt die Befreiung, dass man alle Menschen der Vergangenheit geliebt hat.

    Also ist die Frage nach was zuerst vollkommen sinnloser Hirnfick.

  • Mitgefühl kann nur entstehen, wenn man sich bewusst wird, dass man bedingungslos einen Menschen liebt.

    EINEN Menschen??

    Mitgefühl entsteht, meines Erachtens, wenn man sich selbst im Anderen erkennt (und umgekehrt), wodurch eine Verbundenheit zustandekommt und Grenzen aufgelöst werden können. Dafür muss man ihn nicht "bedingungslos lieben", aber zumindest respektieren, im Sinne von wertschätzen/anerkennen.
    Eine Grundhaltung von Metta erleichtert das Mitgefühl auch mit Wesen, die einen verletzen (wollen).

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Ein paar Interessante Gedanken finde ich im Nachfolgenden Artikel aber auch ein paar merkwürdige Thesen: „Im Gegensatz zur jüdisch-christlichen Gemeinschaft zielt der Buddhismus auf totale Selbstgenügsamkeit. Alle buddhistischen Traditionen sind sich außerdem einig, dass das „nirvana" ein Zustand der Freiheit von allem Leiden ist. Papst Benedikt dagegen betont, dass Liebe notwendigerweise die Möglichkeit des Leidens beinhaltet. Daraus würde folgen, dass die erleuchtete Person im Buddhismus nicht liebesfähig ist. Wenn ein Buddha nicht leiden kann, dann ist er schlicht unfähig sich verletzlich zu machen und folglich unfähig, ein Risiko einzugehen, wie es wahre Liebe notwendig macht. Indem der Buddhist das Ende allen Leidens zum Ziel macht, muss er auch das Ende der Liebe zum Ziel haben.

    https://www.diepresse.com/7607…ddhismus-ist-hoffnungslos

    Gefällt mir im Großen und Ganzen sehr gut, was dieser Mann sagt. Obgleich das von dir ausgewählte Zitat mir weniger gefällt, da er da auf dem Holzweg ist mit "Daraus würde folgen, ..." bzgl. "Liebe". Wenn Benedikt das wirklich so gesagt hat, dann kommt es natürlich auf den Kontext an und der ist im Christentum natürlich immer Jesus Christus und damit das Kreuz und so gesellt sich Leiden zu Liebe. Im Christentum ist Leiden nichts Schlechtes, das es zu überwinden gilt, sondern eine Gabe Gottes, welche die Seele läutert.

    Auch Hoffnung hat eine ganz andere Bedeutung im Christentum als im Buddhismus. Im Christentum ist es eine theologische Tugend (neben Glaube und Liebe), während es im Buddhismus mMn doch eher für Anhaften steht und verpönt ist. Auf jeden Fall sind die drei theologischen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe im Christentum Faktoren des Pfades (!), welche doch im achtfachen Pfad des Buddhismus überhaupt nicht vorkommen.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Für die jüngeren unter unseren Teilnehmern - über Herrn Williams wurde hier schon 2016 ausführlich diskutiert. Hier: Re: Christ und Buddhist sein (ab Beitrag #336) geht's los. Da ich nicht nur eitel, sondern auch faul bin, zitiere ich mal mein Fazit (in Beitrag 443):


    Der 'Fall' Williams weist für mich ein paar Merkwürdigkeiten auf, wobei die sich daraus für mich ergebenden Fragen mich nun allerdings auch nicht so sehr umtreiben, dass ich die Zeit investieren würde, sein Buch 'The Unexpected Way' zu lesen. Aber interessant ist der 'Fall' allemal. Zunächst einmal darf man Williams sicherlich ein für einen Laien weit überdurchschnittliches theoretisches Verständnis des Buddhismus bescheinigen. Wobei ich einschränkend anmerken muss, dass ich in akademischen Arbeiten schon gelegentlich auf Aussagen stoße, die sich mit meinem Verständnis nicht decken. Nicht immer führt das zu einer Revision meines Verständnisses - manchmal auch zu der Einschätzung, dass da schlicht die buddhistische Praxis als Korrektiv rein theoretisch gewonnener Ein- und Ansichten fehlt. Hier liegt übrigens auch der Grund, warum ich auf den Punkt 'buddhistischer Lehrer' solches Gewicht gelegt habe. Voraussetzung für eine solche Bezeichnung ist eben nicht nur ein hinreichendes theoretisches Verständnis, sondern auch eine hinreichende praktische Erfahrung. Die Kriterien, was 'hinreichend' ist, sind nach Tradition formal unterschiedlich. Wie die Kriterien in der von Williams gewählten Gelug-Tradition aussehen, habe ich ja kurz angerissen. Dass zumindest in Bezug auf die praktische Erfahrung die Zeitdauer, die für sie aufgewandt wurde, kein Kriterium dafür ist (jedenfalls kein entscheidendes), ob sie 'hinreichend' ist, sondern ihre Qualität (die wiederum zu beurteilen ein berechtigterweise anerkannter 'buddhistischer Lehrer' die Kompetenz hat), dürfte zumindest einem Buddhisten klar sein.


    Williams jedenfalls darf man sicher auch unterstellen, dass er sich tatsächlich etwa 20 Jahre lang ernsthaft bemüht hat, seine theoretischen Einsichten praktisch umzusetzen. Konkret im Lamrim Chenmo, der allerdings erklärtermaßen eine breite Auswahl von Zugängen - von einfacher Devotion bis hin zu Mahamudra - für Menschen unterschiedlicher Befähigung bietet. Wie nun Williams' Lehrer dessen Befähigung eingeschätzt und welche konkrete Praxis er ihm 'verordnet' hat, weiss ich nicht und will auch nicht darüber spekulieren. Der entscheidende Punkt ist natürlich auch nicht, ob die praktische Erfahrung, die Herr Williams in diesen zwei Jahrzehnten mit der buddhistischen Lehre gemacht hat, hinreichend für eine Qualifikation als buddhistischer Lehrer ist, sondern dass sie seine Erwartungen nicht erfüllt hat. Wobei natürlich die Erwartung auch darauf gerichtet sein konnte, sich als buddhistischer Lehrer (und nicht nur akademischer Lehrer für Buddhismus) zu qualifizieren. Aber das ist rein spekulativ und ich will das Williams auch nicht unterstellen.


    Dabei ist es nach meiner Auffassung gar nicht einmal entscheidend, welche Erwartungen Herr Williams gehegt hat, als er Zuflucht genommen hat. Allzu abwegig dürften sie aufgrund seines theoretischen Wissens auch gar nicht gewesen sein. Was mich etwas merkwürdig berührt (eine der eingangs erwähnten Merkwürdigkeiten), das ist, dass nach 20 Jahren buddhistischer Praxis (wobei ich nicht einmal in Frage stellen will, dass es eine intensive Praxis war) überhaupt noch Erwartungen vorhanden waren, die enttäuscht werden konnten. Wo lag also Williams' Problem? Genau das ist doch der Punkt, der den 'Fall' Williams nicht nur für Katholiken, sondern auch für Buddhisten bemerkenswert macht. Wobei sich die Gründe des Interesses durchaus unterscheiden. Auf der einen Seite: warum wird so jemand zum Katholiken? Auf der anderen Seite: warum wendet sich so jemand vom Buddhadharma ab?


    Natürlich kann man darüber, wo denn das Problem auf der 'buddhistischen Seite' lag, nur spekulieren. Die Spekulation, dass das Problem darin liegt, dass der Buddhismus eine Irrlehre ist, kann man dabei ruhig der katholischen Seite überlassen. Diese theoretische Möglichkeit mal beiseite gelassen - naheliegend ist jedenfalls der Schluss, dass es an der Praxis lag. Nur spekulieren kann man auch darüber, ob die Praxis nun falsch oder zu nachlässig ausgeübt wurde (dann läge die 'Schuld' bei Williams selbst) oder ob sie falsch gewählt bzw. zu nachlässig supervidiert war (was die 'Schuld' Williams' Lehrer zuweisen würde). Aber um Schuldzuweisung geht es selbstredend nicht. Es ist einfach nur merkwürdig (sic!), dass ein hochintelligenter Mann sich mit falschen Erwartungen auf eine bestimmte Lebensweise einlässt und dann zwei Jahrzehnte für die Einsicht benötigt, dass er damit eine falsche Entscheidung getroffen hat, die revidiert werden muss. Besonders bedauerlich empfinde ich, dass ich zumindest aus den mir vorliegenden Informationen nicht entnehmen konnte, dass Williams diese zwei Jahrzehnte Lebenserfahrung als nutzbringend für seinen jetzigen Lebensweg als Katholik ansieht. Möglicherweise ist das ja dem literarischen Genre der Konversionsgeschichten geschuldet, zu deren Standardtopoi nun einmal 'Irrweg' und 'Umkehr' gehören - ansonsten wären zwei mit einem Irrweg vergeudete Lebensjahrzehnte eine ziemlich traurige Angelegenheit.


    Ich weiss nicht viel über Lamrim-Praxis. [...] Was sich für mich - bei aller Oberflächlichkeit der Betrachtung - abzeichnet, ist, dass Williams' Konversion nicht auf einer Einsicht beruht, dass anatman und sunyata 'falsche' Konzepte, Gott und Seele hingegen die 'richtigen' Konzepte sind. Seine Einsicht war wohl die, dass er ohne telos bzw. ohne die Hoffnung, dieses als Person zu verwirklichen, nicht leben wollte. Das telos des Erwachens (wenn es denn überhaupt eines ist) ist kein persönliches (und das der 'Wiedergeburt', wie Williams ja ausführlich darstellt, ebenfalls nicht) - das der Wiederauferstehung hingegen schon.


    Dies als zutreffend vorausgesetzt, wäre die Diagnose einfach: trotz 20 Jahren buddhistischer Praxis gescheitert an der Überwindung schon der ersten 'Fessel' (saṃyojana) - dem Persönlichkeitsglauben. Ermutigend ist das bei den von Williams mitgebrachten Voraussetzungen - hohe Intelligenz, tiefe theoretische Kenntnis des Buddhadharma - nicht. Vielleicht ist es aber auch gerade umgekehrt ermutigend - zeigt es doch, dass hohe Intelligenz und tiefe theoretische Kenntnis des Buddhadharma nicht unbedingt hilfreich sind. Ich muss bei so etwas immer an Shurihandoku denken ...


    Nur sind einfache Diagnosen selten uneingeschränkt plausibel. Die Merkwürdigkeit dabei ist ja wiederum, wie jemand, der immerhin intensiv über buddhistische Philosophie allgemein und Madhyamaka speziell gearbeitet hat, die Erwartung oder Hoffnung hegen kann, persönlich bodhi zu erfahren und dann auch noch 20 Jahre braucht, um zu merken dass eine solche Hoffnung notwendig enttäuscht werden muss. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass an dieser ganzen Konversionsgeschichte irgendetwas grundsätzlich nicht stimmt - ohne nun genau den Finger darauf legen zu können.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Zitat

    „Aller Kummer, alle Klagen und die zahllosen Arten von Leiden in der Welt treten wegen unserer Lieben auf; wenn wir keine Lieben haben, treten sie nicht auf.

    Darum sind die, die in der ganzen Welt überhaupt keine Lieben haben, glücklich und frei von Gram. Daher strebe den unbefleckten Zustand an, wo kein Kummer herrscht, und hab in der Welt überhaupt keine Lieben.“

    Visākhāsutta—Sabbamitta


    Wenn man hier Lieben mit Anhaften oder Idee der Erfüllung unserer Wünsche durch andere übersetzt, macht das absolut Sinn.

  • Mitgefühl kann nur entstehen, wenn man sich bewusst wird, dass man bedingungslos einen Menschen liebt.

    EINEN Menschen??

    Mitgefühl entsteht, meines Erachtens, wenn man sich selbst im Anderen erkennt (und umgekehrt), wodurch eine Verbundenheit zustandekommt und Grenzen aufgelöst werden können. Dafür muss man ihn nicht "bedingungslos lieben", aber zumindest respektieren, im Sinne von wertschätzen/anerkennen.
    Eine Grundhaltung von Metta erleichtert das Mitgefühl auch mit Wesen, die einen verletzen (wollen).

    Früher als Christin war Mitgefühl etwas, das ich mir geistig immer wieder ins Gedächtnis rufen musste. Es war ein nur Wort, das nicht mit Herz gefüllt war, denn es war "ein Muss".


    Erst durch die buddhistische Lehre war es kein leeres Wort mehr.

    Dest mehr ich erkannte, wie schwer es ist, Erkanntes umzusetzen, Einsichten wirken zu lassen, bekam ich Mitgefühl mit allen Menschen. Wenn schon wir, die wir unseren Geist trainieren, Schwierigkeiten haben, wieviel schwerer ist es dann für jene, die nicht in der Ttiefe forschen, "ihr eigenes Gesicht nicht erkennen" und nicht über so gute Mittel verfügen wie wir.


    Ich muss mich seither nicht mehr darum bemühen. Es wächst von alleine.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)